Donnerstag, 29. August 2013

Predigt vom hl. Thomas v. Aquin - Achtzehnter Sonntag nach Pfingsten

Achtzehnter Sonntag nach Pfingsten 

 (Aus dem Buch Des heiligen Thomas von Aquin, des englischen Lehrers, Predigten auf das ganze Kirchenjahr)

Erste Rede

 

"Ich danke meinem Gott für euch wegen der Gnade Gottes, die euch in Christo Jesu gegeben ist, weil ihr in Allem in ihm reich geworden seid." 1. Cor .1, 4.

 

 Durch die Danksagung, welche der Apostel dafür abstattet, daß sie in ihm reich geworden sind, zeigt er, daß man nach Reichthum streben muß. Indem aber Christus den Reichen droht, sehen wir, daß man den Reichthum fliehen muß. Darum ist zu bemerken, daß es einen zeitlichen, einen geistigen und ewigen Reichthum gibt. Vom ersten sagt der Psalmist (61.): "Wenn der Reichthum groß wird, hänget euer Herz nicht daran." Vom zweiten spricht er gleichfalls: "Glückselig der Mann, welcher den Herrn fürchtet. Ehre und Reichthum ist in seinem Hause." Vom dritten heißt es (Sprichw. 4.): "Bei mir ist Reichthum (nämlich vorzügliche Güter), und Ehre (nämlich unaussprechliche), stolze Schätze und Gerechtigkeit nämlich nach Verdienst)."

 

  Den ersten Reichthum, nämlich den zeitlichen, soll man vorzüglich aus vier Gründen verachten. Zuerft weil er unnütz ist. Der Prediger (5.) sagt: "Wer den Reichthum liebt, wird keinen Nutzen davon haben," und in den Sprüchen (11.) heißt es: "Es nützt Reichthum nicht am Tage der Rache," l gleich als hieße es: Zeitlicher Reichthum nützt dem Menschen zum Heile nicht am Tage des Gerichtes, sondern die Gerechtigkeit, nämlich die guten Werke der Gerechtigkeit, befreit vom ewigen Tode. Der Siracide (5.) sagt: "Sohn, achte nicht auf ungerechte Besitzungen, und sage nicht: Ich habe ein hinreichendes Leben; denn sie nützen nichts zur Zeit der Rache und det Trübsal. Wir haben nichts in die Welt hereingebracht und werden auch nichts mitnehmen." Zweitens wegen der Nothwendigkeit ihn zu verlassen. "Sie schliefen ihren Schlaf, sagt der Psalmist (75.) und alle Männer des Reichthumes fanden nichts in ihren Händen." (Job. 20.) sagt: "Den Reichthum, den er verschlang wird er ausspeien, und von seinem Bauche wird ihn Gott herausziehen." Drittens, weil er den schlechten Besitzer zur ewigen Armuth führt, wie (Job. 27.) sagt: "Er wird nichts mit sich nehmem, er wird seine Augen öffnen, und nichts finden, und die Armuth wie Wasser ihn ergreifen." Viertens, weil die Verachtung desselben zum ewigen Leben führt. Christus spricht (Matth. 19.): "Wer immer sein Haus, oder Bruder oder Schwester, Söhne oder Aecker wegen meines Namens verläßt, wird Hundertfaches empfangen und das ewige Leben besitzen."

 

 Es iet aber zu bemerken, daß der Mensch hinsichtlich des Reimthumes auf vierfache Weise sündigt. Zuerst,i indem er ihn auf ungerechte Weise erwirbt, wie die Sprüche (28.) sagen: Wer Reichthum durch Wucher und Zinfen aufhäuft, sammelt ihn für den, der gegen den Armen freigebig ist," und wiederum (22.): "Wer über den Armen spottet, daß er seinen Reichthum aufhäufe, wird ihn einem Reichern, nämlich der Welt geben, und darben. Zweitens, indem er ihn mit Geiz besitzt. Der Prediger (5.) sagt: "Es ist auch eine andere sehr große Schwachheit, die ich unter der Sonne sah: Reichthümer aufbewahrt von ihrem Herrn zu seinem eigenen Schaden; denn es kommt ein großes Unglück, und fie schwinden dahin, den Sohn, den er erzeugt, wird in größter Armuth darben." Drittens, indem sie ihn schlecht anwenden. Es steht geschrieben (Sprichw. 31.): "Gib dein Vermögen nicht den Weibern hin, noch deinen Reichthmn dem, was Könige zn Grunde richtet;" d.h. beflecke dich nicht mit Lastern durch den Reichthum. Das Evangelium sagt vom verlornen Sohne (Luc. 15.): "Er nahm sein Vermögen, ging in die Fremde, und verschwendete dorf seine Habe durch Schwelgerei."  Viertens, wenn man darauf vertrauit und sich deßwegen rühmt. "Wer auf seinen Reichthum vertraut, - heißt es in den Sprüchen (11.) - wird fallen,  d.h. das ewige Leben verlieren. Oder wie jemand sagt: "Wer nach den Gütern der Gegenwart strebt und an die künftigen nicht denkt, wird am Ende der ewigen Güter entbehren." Und der Apostel ermahnt Timotheus (1. Br. 6.); "Den Reichen dieser Welt befiehl, nicht hoch zu denken, noch auf ungewissen Reichthum zu hoffen, sondern auf den lebendigen Gott, der uns Alles zum Genusse reichlich darbietet, Gutes zu thun, reich zu werden an guten Werken, gerne zu geben und mitzutheilen, sich einen Schatz als eine gute Grundlage für die Zukunft zu sammeln, damit sie das wahre Leben ergreifen."

 

 Der geistige Reichthum ist Wissenschaft und Tugend. Isaias (33.) sagt: "Die Reichthümer des Heiles sind Weisheit und Wissenschaft; die Furcht des Herrn ist selbst sein Schatz. Durch die Furcht wird die Sünde ausgetrieben. Die Gott fürchten, bereiten ihre Herzen vor und in seinem Augesichte heiligen sie ihre Seelen."  Sirach (1.) sagt: "DieWurzel der Weisheit ist Gott zu fürchten, und ihre Zweige sind langes Leben (d.h. wer ohne Gottesfurcht ist, kann nicht gerechtfertigt werden.) Die Furcht des Herrn treibt die Sünde aus." Die Wissenschaft bringt in uns Bescheidenheit und ehrbaren Wandel hervor; denn die Wissenschaft heißt das wissen, wie der Mensch sich zu Gott, zum Nächsten und zu sich selbst verhalten muß. Diese Wissenschaft lehrt uns der Herr, wenn wir uns enthalten von der Milch und den Brüsten des Vergnügens und der Begierlichkeit. Bei Isaias (28.) heißt es: "Wen will man Weisheit lehren, wem Lehre zu verstehen geben? Sind wir von der Milch Entlwöhnte, von der Mutterbrust Entnommene?" Wunderbar wenn der Mensch darin Bitterkeit findet, warum trennt er sich nicht davon, da der heilige Augustin sagt: "O Herr, meine Freuden hast du mit Bitterkeit bestreuet, damit ich ohne Bitterkeit zu leben suchte?" O Mensch, wen du vom Herrn belehrt sein willst, so trenne dich von dieser Lust, weil es im Buche der Weisheit (5.) heißt: "In eine böse Seele gehet die Weisheit nicht ein, noch wohnt sie in einem der Sünde unterworfenen Körper." Durch die Weisheit ist in  uns die Liebe Gottes, darum sagt der heilige Bernard: "Er mag lernen so viel er will; weise kann ich ihn nicht nennen, wenn er Gott nicht fürchtet und nicht liebt."

 

 Nach diesen Schätzen soll man aus drei Ursachen streben; zuerst, weil sie unermeßlich sind. Darum heißt es (Weish. 7.) von der Weisheit: "Sie ist ein unermeßlicher Schatz fiir die Menschen; denn die welche sie hatten wurden der Freundschaft Gottes theilhaft. - Niemanden liebt Gott, außer wer mit Weisheit ausgerüstet ist." "Sie ist kostbarer - sagen die (Sprüche 3.) - als alle Schätze, und Alles was man verlangt, läßt sich damit nicht vergleichen." Denn nicht nur irdischen, sondern auch himmlischenm Schätzen, selbst der Anschauung der Engel ist die Liebe vorzuziehen. Wer darum die Schätze der Weisheit gewinnt, fürchtet keinen Mangel. Zweitens wegen des Nutzens. Darum heißt es (Sprichw. 13.): "Mit seinem Reichthume kauft Mancher sein Leben los; wer aber arm ist hat keine Drohung zu erleiden." Im moralischen Sinne kann man dieß so verstehen: Wer seine Seele vom künftigen Zorne loskaufen will, soll sich Schätze guter Werke sammeln, weil der, welcher sie nicht hat, den Richterspruch des strengen Richters nicht zu ertragen vermag. Die Armen werden dort nicht verurtheilt, sondern nehmen an dem Segen der Erbschaft Theil. Drittens wegen der Würde, wie es in den Sprüchen (14.) heißt: "Eine Krone für die Weisen ist ihr Reichthum; Thorheit fiir die Thoren ist ihr Unverstand." Jemand erklärt dieses so: "Obwohl die Weisen einen zeitlichen Vortheil haben, so erlangen sie doch die Krone jenseits für ihre Tugend. Aber die Thorheit der Thoren ist vorzüglich die, daß sie statt sich um das Ewige zu kümmern, sfich vielmehr über zeitlichen Nutzen freuen.

 

 Nach dem ewigen Reichthume soll man streben, zuerst wegen seiner Wahrhaftigkeit und Wirklichkeit. Denn dieß ist ein wirklicher Reichthum. Der heilige Bernard sagt: "Brüder, wenn ihr wahrhaft reich werden wollet, so liebet wahren Reichthum." Zweitens wegen der Anmuth, wie es heißt (Ps. 149.): "Die Heiligen frohlocken in der Herrlichkeit und freuen sich in ihren Hütten." Und Isaias (33.): "Sie werden den König in seiner Zierde sehen." Drittens wegen der Ewigkeit, wie die Weisheit (5.) sagt: "Die Gerechten aber werden in Ewigkeit leben." Der Engel sprach (Luc. 1.): "Und seines Reiches wird kein Ende sein." Christus lehrt uns (Matth. 6.): "Sammelt euch nicht Schätze auf der Erde, wo der Rost und die Motte sie zerstören, wo die die Räuber ausgraben und stehlen."

 

Mit diesen drei Worten: Rost, Motte, Diebe, zeigt der Herr, daß auf der Erde kein sicherer Besitz möglich ist. Denn einige zerstört der Rost, wie Gold, Silber und die Metalle;, andere vernichtet nicht der Rost, sondern die Motte, wie kostbare Kleider; andere aber, welche der Rost unddie Motte nicht vernichtet, rauben und graben die Diebe aus, wie Edelsteine, Perlen. Darum ist unsere ganze leibliche Habe und der Besitz aller Dinge ungewiß. Der Herr ermahnt uns für den Himmel Schätze zu sammeln, wenn er sagt: "Sammelt euch Schätze für den Himmel, wo weder der Rost, noch die Motte zerstört, und wo die Diebe nicht stehlen und ausgraben." Indem man aber für den Himmel dadurch Schätze sammeln kann, daß man die zeitlichen vorausschickt, so können wir unter dem Roste, der Motte und den Dieben die Sünden des Geistes verstehen. Der Rost bedeutet den Stolz, welcher die Seelen, die er angreift, von dem Zustande ihrer Geradheit und Wahrheit abzubringen sucht. Wie nämlich der Rost sich immer äußerlich zeigt, so breitet auch der Stolz immer seine Blätter nach menschlichem Lobe aus. Unter der Motte versteht man den Neid, denn er zerstört, wie die Motte, das was er angreift und vernichtet es innerlich. Unter den Dieben versteht man die bösen Geistier, die darauf lauern, daß sie die Schätze der Seele ausgraben und rauben können. Denn im Himmel ist kein Rost, weil daaelbst der Teufel nicht ist, und der Teufel mit seinem Anhange schon herabgeworfen ist. Dort ist keine Motte, d.h. kein Neid, weil Niemand den Andern wegen seiner Glückseligkeit beneidet. Dort sind keine Diebe, d.h. Teufel, weil sie mit ihrem Haupte herabfielen. Der heilige Chrysostomus sagt: "Es gibt nur einen Dieb welcher den im Himmel hinterlegten Schatz raubt, nämlich der eitle Ruhm."

(2. Rede)

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen