Donnerstag, 8. August 2013

Predigt vom hl. Thomas v. Aquin - Auf das Fest der Kreuzerfindung

 (Aus dem Buch Des heiligen Thomas von Aquin, des englischen Lehrers, Predigten auf das ganze Kirchenjahr)

 

Auf das Fest der Kreuzerfindung 

 

Es sei aber ferne von mir, mich zu freuen, als im Kreuze unsers Herrn Jesu Christi. Gal. 6, 14.

 Man muß sich in dem Kreuze auf dreifache Weise rühmen. Man muß sich freuen im Kreuze, d.h. in der Liebe Christi; oder in den Gütern, die er uns am Kreuze erwarb; oder im Kreuze, d.h. in der Nachahmung.

 In Bezug auf den ersten Punkt ist zu bemerken, daß er uns in fünf Stücken vorzüglich seine Liebe am Kreuze zeigt. Zuerst, weil er uns mehr als die Mutter liebte, deren Schmerz er wegen uns verachtete. Zweitens, weil er uns mehr als sein eigenes Blut liebte, das er für unsere Abwaschung vergoß. Drittens, weil er uns mehr als seine Seele liebte, die er für unsere Erlöfung hingab; viertens, weil er uns mehr als sein Leben liebte, das er für unser Leben ließ. Fünftens, weil er uns mehr als seinen Leib liebte, den er dem Peiniger, damit der Mensch nicht gepeinigt würde, hingab. Hinsichtlich des ersten Punktes heißt es (Luc. 2.): "Auch deine Seele wird das Schwert durchdringen." Hinsichtlich des zweiten (Offenb. 2.): "Der uns liebte und in seinem Blute wusch." Hinsichtlich des dritten (Joh. 15.): "Eine größere Liebe hat Niemand als daß Jemand sein Leben hingibt." Hinsichtlich des vierten singt die Kirche: "Der unsern Tod durch seinen Tod überwand," und Isaias (53.) sagt: "Wegen der Laster meines Volkes schlug ich ihn."

 Hinsichtlich des zweiten Punktes ist zu bemerken, daß uns Christus vorzüglich fünf Güter am Kreuze erwarb. Zuerst, weil er uns von
der Hölle befreite; zweitens weil er die Kraft der Sünde schwächte; drittens, weil er den Teufel besiegte; viertens, weil er den Tod überwand; fünftens, weil er uns den Himmel eröffnete. Hinsichtlich des ersten und vierten Punktes heißt es (Ose. 13.): "Ich will Tod, dein Tod sein." Hinsichtlich des zweiten (Röm. 6.): "Unser alte Mensch ist gekreuzigt." Hinsichtlich des dritten (Hebr. 3.): "Daß er durch den Tod, den überwände, welcher die Macht über den Tod hatte, den Teufel." Hinsichtlich des fünften (Isai. 23.): "Ich werde ihm den Schlüssel Davids geben auf seinen Schultern." David ist Christus, der Schlüssel ist das Kreuz, den er buchstäblich auf seinen Schultern trug, wie Johannes (19.) sagt: "Und er trug sein Kreuz."

 In Bezug auf den dritten Punkt ist zu bemerken, daß er uns am Kreuze vorzüglich fünferlei zeigte, worin wir ihm nachahmen sollen. Zuerst in der Liebe (Joh. 15.): "Eine größere Liebe hat Niemand;" zweitens in der Demuth, drittens im Gehorfame. Der Apostel sagt (Phil. 2.): "Er demüthigte sich selbst, wurde gehorsam bis zum Tode, ja bis zum Tode am Kreuze." Viertens in der Geduld, wie Petrus von Christus (l. Br. 2.) sagt: "Welcher nicht wieder fluchte, da er verflucht wurde." Fünftens in der Sanftmuth, wie der Prophet (Jerem. 12.) sagt: "Ich bin wie ein sanftes Lamm, das zum Schlachten geführt wird ."

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