Montag, 17. Juni 2013

Predigt vom hl. Thomas v. Aquin Auf das Fest des heiligen Jacobus.

(Aus dem Buch Des heiligen Thomas von Aquin, des englischen Lehrers, Predigten auf das ganze Kirchenjahr)

 Auf das Fest des heiligen Jacobus.


"Könnet ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde?" Matth. 20,22.

Unter dem Kelche versteht man das Leiden Christi. "Vater, wenn es möglich ist, sagt Christus (Matth. 26), so gehe dieser Kelch an mir vorüber." Dieser Kelch ist der bittere, berauschende und heilende Kelch. Hinsichtlich des ersten heißt es (Ps. 68.): "Sie gaben mir Galle zur Speise." Hinsichtlich des zweiten (Ps. 22.): "Mein berauschender Kelch, wie herrlich ist er?" Hinsichtlich des dritten (Ps. 113): "Den Kelch des Heiles will ich empfangen."

Der Kelch war aber bitter, weil er Essig, Myrrhe und Galle enthielt. diese drei gaben sie ihm zum Trinken, und drei Dinge machten das Leiden Christi bitter. Zuerst weil er von den Gottlosen litt. Christus (Marc. 14.) sagte vorher: "Der Menschensohn wird in die Hände der Sünder ausgeliefert werden." Zweitens weil er
für das Gute litt, wie der Heiland (Joh. 8.) sagt: "Viele gute Werke habe ich euch gethan, und darum wollt ihr mich steinigen?" Drittens weil er in einem unbefleckten Körper litt, wie der Apostel (I. Petrus. 2.) spricht: "Der keine Sünde beging." Er hat also keine verdorbenen und durch die Sünde abgetödteten Glieder.

Auf gleiche Weise ist der Kelch aus drei Gründen berauschend, Denn zuerst bewirkt er die Vergessenheit des Gegenwärtigen. In den Klageliedern (3.) heißt es: "Auch zu dir wird der Kelch, welcher die Seele berauscht, kommem," indem man den Reichthum verläßt und dem Herrn nachfolgt. Zweitens, indem er gegen den Schmerz unempfindlich macht. Der heilige Bernhard sagt: "Betrachtet die Schmerzen unseres Herrn, und ihr werdet eure Schmerzen leichter ertragen." Und der heilige Gregorius sagt: "Wenn wir uns an das Leiden unseres Herrn erinnern, so gibt es nichts so Hartes, was wir nicht so gelassen ertragen sollten. Darum wohnten die Heiligen in Felsen." Drittens indem er unsere Seele zum Kampfe rüstet, wie es (I. Macch.6.) heißt: "Und sie zeigten den Elephanten Trauben- und Maulbeerblut, um sie zum Streite anzueifern."

Ebenso heilt der Kelch von einer dreifachen Krankheit; zuerst von der Schuld der Erbsünde, wie der Apostel (Eph. 2.) sagt: "Wir waren alle Söhne des Zornes." Zweitens von der eigenen Schuld, wie der Prophet (Isai. 53) sagt: "Er ward zerschlagen wegen unserer Sünden; durch seine Wunden wurden wir gerettet." Drittens von der Strafe. "Er ertrug wahrhaft unsere Sünden." Darum spricht der Apostel Petrus (I. Br. 2.): "Der unsere Sünden an seinem Leibe auf dem Holze ertrug." Unter den Sünden verseht er die geerbte und die persönliche. Von der Schuld und Strafe dieser Sünden erlöse uns der Herr.