Dienstag, 4. Juni 2013

Catechismus Romanus - Von den Sakramenten im Allgemeinen

Römischer Katechismus (Catechismus). Nach dem Beschlusse des Conciliums von Trient und auf Befehl des Pabstes Pius V. herausgegeben. Passau, Druck und Verlag von Friedrich Winkler 1839


Zweiter Theil - Erstes  Hauptstück  - Von den Sakramenten im Allgemeinen


I. Auf den Unterricht in den Sakramenten muss der Seelsorger besondere Sorgfalt verwenden. 

 

Wenn schon jeder Theil der christlichen Lehre Kenntniss und Fleiss verlangt, so erfordert die Lehre von den Sakramenten, die nach göttlichem Befehle nothwendig und an Nutzen sehr reich ist, eine besondere Geistesanstrengung und Bemühung des Seelsorgers, damit durch deren genaue und oftmalige Vernehmung die Gläubigen so beschaffen werden, dass ihnen diese so vortrefflichen und heiligen Gegenstände würdig und fruchtbringend mitgetheilt werden können, und die Priester nicht jenem göttlichen Gebote entgegenhandeln, welches heisst: Reichet das Heilige nicht den Hunden, und werfet eure Perlen nicht den Schweinen vor. [Matth. 7,6]

 

II.Was das Wort Sakrament bedeute. 

 

1) Das Wort Sakrament hat mehrere Bedeutungen.
2) Ein Sakrament ist ein sichtbares Zeichen einer verborgenen und gottlichen Wirkung. 3) Der Name Sakrament wurde von den ersten Vätern der Kirche häufig gebraucht. 


I. Weil zuerst von allen Sakramenten im Allgemeinen gehandelt werden muss, so wollen wir von dem Inhalte und der Kenntniss des Namens selbst beginnen, und seine mehrfache Bedeutung darlegen, damit man leichter, begreift, welches hier die eigentliche Bedeutung dieses Wortes ist. Daher müssen die Gläubigen belehret werden, dass der Name Sakrament, von welchem hier die Rede ist, von den weltlichen Schriftstellern in einem andern Sinne genommen worden ist, als von den heiligen. Einige Schriftsteller wollten unter dem Namen Sakrament jene Verbindlichkeit verstanden wissen, durch welche die Geschwornen gleichsam durch ein Band der Dienstpflicht gebunden werden; daher nannte man den Eid, wodurch sich die Soldaten zum treuen Dienste gegen den Staat verpflichten, ein militärisches Sakrament. In dieser Bedeutung scheint es von den weltlichen Schriftstellern am öftesten gebraucht worden zu seyn.
II. Aber bei den lateinischen Vätern, welche über göttliche Dinge schrieben, bedeutet der Name Sakrament eine heilige Sache, die verborgen ist; und auch die Griechen bedienten sich zur Bezeichnung einer solchen Sache des Wortes Geheimniss.
In dieser Bedeutung also müssen wir das Wort Sakrament, nehmen, wenn es im Briefe an die Epheser heisst: Um uns das Geheimniss seines Willens bekannt zu machen. [Ephes. 1,9] Dann an Timotheus: Es ist ein grosses Geheimniss der Liebe. [I. Tim. 3,16] Ferner im Buche der Weisheit; Sie kannten nicht die Geheimnisse Gottes. [Sap. 2,22] In diesen und andern Stellen bemerkt man, dass Sakrament nichts anders bedeute, als eine heilige Sache, die geheim und verborgen ist. Daher waren die lateinischen Kirchenlehrer der Meinung, man könne sichtbare Zeichen, welche die Gnade, die sie wirken, zugleich auch äusserlich anzeigen und gleichsam vor Augen stellen, mit Recht und Fug Sakramente nennen. Der heilige Gregor glaubt, man könne sie desswegen Sakramente nennen, weil eine göttliche Kraft unter der Hülle körperlicher Dinge insgeheim das Heil bewirkt.
III. Doch glaube Niemand, dass diese Benennung, erst neuerlich in die Kirche eingeführt worden sey; wer den heiligen Hieronymus und Angustin liest, wird leicht ersehen, dass die alten Schriftsteller unserer Religion zur Bezeichnung der in Rede stehenden Sache sich sehr oft des Namens Sakrament, bisweilen aber auch des Ausdruckes Symbol, oder mystisches Zeichen, oder heiliges Zeichen bedient haben.
So viel von dem Namen Sakrament! Diess Alles bezieht sich auf die Sakramente des alten Bundes, wovon aber die Seelsorger nichts zu lehren brauchen, da sie durch das Gesetz und die Gnade des Evangeliums aufgehoben worden sind.

 

III. Was bei den katholischen Schriftstellern eigentlich das Wort Sakrament bezeichne. 

 

Von der eigenthümlichen Wirkung und Beschaffenheit der Sakramente. Ein Sakrament ist eine Sache, wodurch Heil und Gerechtigkeit erlangt wird. 


Ausser der Bedeutung des Namens, die bisher erklärt wurde, muss auch die Wirkung und Beschaffenheit der Sache sorgfältig erforscht, und den Gläubigen erklärt werden, was ein Sakrament sey. Niemand kann, zweifeln, dass die Sakramente Dinge der Art seyen, wodurch Heil und Gerechtigkeit erlangt wird. Obschön aber diese Sache auf verschiedene Weise erklärt werden kann, so gibt es doch keine deutlichere und fasslichere Beschreibung, als die des heiligen Augustin, welche später auch alle Kirchenlehrer angenommen haben. Er sagt: Ein Sakrament ist ein Zeichen einer heiligen Sache; oder um es mit andern Worten, die das Nämliche bedeuten, zu sagen: „Ein Sakrament ist ein sichtbares Zeichen der unsichtbaren Gnade, eingesetzt zu unserer Rechtfertigung."

 

IV. Abtheilung der sichtbaren Dinge, und was unter dem Worte Zeichen zu verstehen sey. 

 

1) Es gibt zweierlei Arten sichtbarer Dinge. 2)Beschaffenheit des Zeichens.


I. Damit die oben gegebene Definition des Sakramentes deutlicher werde, sollen die Seelsorger seine einzelnen Theile auslegen, und vor Allem lehren, das es zwei Arten von Dingen gebe, welche durch die Sinne vernommen werden können. Einige sind dazu da, um etwas anzuzeigen; andere aber sind da, nicht um ein anderes Ding anzuzeigen, sondern um ihrer selbst willen, unter deren Zahl fast alle Dinge, welche in der Natur bestehen, gerechnet werden können. In die Zahl der erstem Art sind zu setzen die Wörter, Schrift, Fahnen, Bilder, Posaunen und sehr viele andere solche Dinge. Denn nimmst du den Worten die Kraft ihrer Bedeutung, so ist die Ursache hinweggenommen, warum Worte erfunden wurden.
II. Diese also nennt man Zeichen im eigentlichen Sinne. Der, heilige Augustin sagt, das sey ein Zeichen, was ausser der Sache, die es den Sinnen vorstellt, auch bewirkt, dass wir aus ihr die Kenntniss einer andern Sache schöpfen, so wie wir aus einer Fussstapfe, die wir der Erde eingedrückt sehen, leicht erkennen, dass Jemand vorüber gegangen sey, dessen Fussstapfe sich zeigt.

V. Es wird gezeigt, wie die Sakramente unter eine Art Zeichen gezählt werden können. 

 

1) Warum die Sakramente unter Dinge, die etwas anzeigen, gezählt werden sollen. 2) Diess wird aus der Schrift bewiesen. 


I. Da diess sich so verhält, so erhellet deutlich, dass das Sakrament zu dieser Art von Dingen, welche eingesetzt worden sind, um etwas anzuzeigen, gezählt werden muss, da es durch äusserliches Ansehen und eine gewisse Aehnlichkeit uns erklärt, was Gott in unsern Seelen durch seine Kraft, welche durch die Sinne nicht vernommen werden kann, bewirkt. Wenn wir z. B. bei der Taufe unter gewissen feierlichen Worten äusserlich mit Wasser abgewaschen werden, so zeigt diess an, dass innerlich durch die Wirkung des heililigen Geistes jede Mackel von Sünde und jeder Flecken des Bösen ausgetilgt, und unsere Seele mit jenem herrlichen Geschenke der himmlischen Gerechtigkeit bereichert und ausgeschmückt werde; und es bewirkt diese Abwaschung des Körpers zugleich an der Seele das, was sie anzeigt, wie nachher an seinem Orte erklärt werden wird.
II. Aber auch aus der Schrift lässt sich deutlich beweisen, dass das Sakrament unter die Zeichen gerechnet werden, muss. Der Apostel Paulus schreibt über die Beschneidung, ein Sakrament des alten Bundes, die dem Abraham, dem Vater aller Gläubigen, befohlen worden ist, an die Römer, wie folgt: Und er empfing das Zeichen der Beschneidung zur Bekräftigung der Gerechtigkeit des Glaubens. [Rom. 4,11] Und ferner beweiset die Stelle, worin er behauptet, dass wir Alle, die in Jesus Christus getauft sind, auf seinen Tod getauft sind, [Rom. 6,3] dass die Taufe dieses anzeige, wie der nämliche Apostel sagt, dass wir mit ihm begraben sind durch die Taufe auf seinen Tod.
Es wird von nicht geringem Nutzen seyn , wenn das gläubige Volk einsieht, dass die Sakramente unter die Zeichen gehören; denn alsdann wird es sich leichter überzeugen, dass das, was sie anzeigen, enthalten und wirken, heilig sey und hocherhaben; und wenn es ihre Heiligkeit erkennt, so wird es mehr angeeifert werden, Gottes Güte gegen uns hoch zu schützen und zu verehren.

 

VI. Wie viele Arten von Zeichen es gebe. 

 

Wie man einsehe, dass das Sakrament ein Zeichen einer heiligen Sache sey, und wie viele Arten von Zeichen es gebe.


Es sollen nun die Worte, einer heiligen Sache, welche der zweite Theil der obigen Definition sind, erkläret werden. Damit aber diess mit Vortheil geschehen kann, so muss gründlich untersucht werden, was der heilige Augustin über die Verschiedenheit der Zeichen scharfsinnig und genau vorgetragen hat.
Einige werden natürliche Zeichen genannt, welche ausser sich selbst in unserer Seele die Kenntniss einer andern Sache hervorbringen, so wie man aus dem Anblicke eines Rauches sogleich schliesst, dass ein Feuer da sey. Und dieses Zeichen heisst desswegen ein natürliches, weil der Rauch nicht nach menschlichem Uebereinkommen ein Feuer anzeigt, sondern weil die Erfahrung bewirkt, dass Jeder, wenn er auch nur Rauch sieht, daraus schliesst, dass Feuer da seyn müsse, wenn es auch noch verborgen ist.
Einige Zeichen aber liegen nicht in der Natur, sondern sind festgesetzt und von den Menschen erfunden worden, um sich einander mitlheilen, Andern die Gefühle ihrer Seele ausdrücken, und dagegen die Meinung und die Urtheile Anderer vernehmen zu können. Wie verschiedenartig und vielfach aber diese sind, kann man daraus ersehen, dass sich einige auf den Gesichtssinn, andere auf den Gehörsinn; und die übrigen auf die andern Sinne beziehen. Wenn wir Jemandem etwas zusagen, und diess z. B. durch Erhebung einer Fahne anzeigen, so erhellt deutlich, dass sich diese Anzeige nur auf die Augen beziehe; ebenso bezieht sich der Schall der Trompeten, Flöten oder der der Zither, welcher nicht bloss zum Vergnügen, sondern vorzüglich um etwas anzuzeigen, hervorgebracht wird, auf den Gehörsinn: mit welchem Sinne aber vorzüglich die Worte vernommen werden. welche die bewunderungswürdige Kraft haben, die innersten Gedanken der Seele auszudrücken. Ausser diesen durch Uebereinkunft der Menschen festgesetzten Zeichen gibt es noch andere, welche von Gott angeordnet sind: doch sind sie nicht alle einerlei Art, wie Alle einstimmig behaupten.
Einige Zeichen sind von Gott bloss desswegen den Menschen gegeben, um etwas anzudeuten, oder um sie zu ermahnen; dergleichen waren die durch das alte Gesetz vorgeschriebenen Reinigungen, das ungesäuerte Brod, und viele andere, die sich auf die Zeremonien des mosaischen Gottesdienstes beziehen. Andere aber hat Gott eingesetzt, die nicht nur die Kraft haben, etwas anzudeuten, sondern die auch wirksam sind; und unter diese letztere Art müssen offenbar die Sakramente des neuen Bundes gezählt werden. Denn sie sind von Gott angeordnete Zeichen, nicht von Menschen erfunden, und wir glauben fest, dass sie die Kraft haben, eine heilige Sache, die sie anzeigen, auch zu wirken.

 

VII. Was bei der Feststellung des Begriffes vom Sakramente unter heiliger Sache zu verstehen sey. 

 

Heilige Sache heisst im eigentlichen Sinne die Gnade Gottes. Conc. Trident. sess. 7. e. 8.


Wie wir die Zeichen in ihrer Mannigfaltigkeit dargelegt haben, ebenso ist unter dem Ausdrucke heilige Sache nicht immer dasselbe zu verstehen. Was aber hier die Feststellung des Begriffes vom Sakramente betrifft, so verstehen die heiligen Schriftsteller unter heiliger Sache die Gnade Gottes, die uns heilig macht und uns mit allen göttlichen Tugenden ausschmückt. Sie glaubten mit Recht, dieser Gnade den Namen heilige Sache beilegen zu müssen, weil durch ihre wohlthätige Wirkung unsere Seele Gott geweiht und mit ihm vereinigt wird.

 

VIII. Ausführlichere Bestimmung des Sakramentes, und wie es siceh von den übrigen heiligen Zeichen unterscheide.



I. Um ausführlicher zu erklären, was ein Sakrament sey, soll gelehrt werden, dass es eine in die Sinne fallende Sache sey, welche nach göttlicher Einsetzung die Kraft hat, Heiligkeit und Gerechtigkeit, sowohl anzuzeigen als auch zu bewirken; und hieraus folgt, dass jedermann leicht einsehen kaun, die Bilder der Heiligen, die Kreuze und anderes dergleichen können, obwohl sie Zeichen von heiligen Sachen sind, desswegen doch nicht Sakramente genannt werden. Die Wahrheit dieser Lehre kann man leicht durch das Beispiel aller Sakramente beweisen, wenn man das, was wir oben bei der Taufe vortrugen, indem wir nämlich sagten, jene feierliche Abwaschung des Körpers sey ein Zeichen, und besitze die Wirkung einer heiligen Sache, die innerlich durch die Kraft des heiligen Geistes geschehe, auch auf die übrigen Sakramente anwenden will.
II. Diese gcheimnissvollen Zeichen, welche von Gott angeordnet sind, haben vorzüglich das Eigene, dass sie nach göttlicher Anordnung nicht blos eine Sache, sondern mehrere zugleich anzeigen. Diess kann man bei jedem einzelnen Sakramente erkennen, indem sie nicht allein unsere Heiligkeit und Gerechtigkeit, sondern insbesondere noch zwei andere, mit der Heiligkeit eng verbundene Dinge, anzeigen, nämlich das Leiden des Erlösers Christi, welches die Ursache der Heiligkeit ist, und das ewige Leben, und die himmlische Seligkeit, auf die sich unsere Heiligkeit, als unsern Endzweck, beziehen muss.
III. Da man dieses bei allen Sakramenten findet, so lehrten die heiligen Kirchenlehrer mit Recht, dass jedes Sakrament dreierlei anzeige; nämlich es bringt eine vergangene Sache wieder in Erinnerung, dann zeigt es eine gegenwärtige an und weist auf sie hin, und driittens sagt es eine zukünftige vorher. Der Beweis dieser Lehre liegt auch in der heiligen Schrift. Denn wenn der heilige Paulus sagt: Alle, die wir in Christus getauft sind, sind auf seinen Tod getauft, [Rom. 6,3] so zeigt er dadurch deutlich, dass die Taufe desswegen ein Zeichen genannt werde, weil sie uns an das Leiden und den Tod des Herrn erinnert. Wenn er daher sagt: denn wir sind mit ihm begraben durch die Taufe auf seinen Tod, damit auch wir, wie Christus von Todten auferstanden ist durch die Herrlichkeit des Vaters, in einem erneuerten Leben wandeln; so erhellt aus diesen Worten, dass die Taufe das Zeichen sey, wodurch die uns eingegossene himmlische Gnade angezeigt wird; durch welche uns verliehen ist, dass wir ein neues Leben beginnen, und alle Pflichten einer wahren Frömmigkeit leicht und willig ausüben. Wenn er endlich hinzufügt: Sind wir also gleichsam eingepfropft der Aehnlichkeit seines Todes, so werden wir es auch der Auferstehung seyn; [Rom. 6,5] so liegt klar vor Augen, dass die Taufe ein nicht undeutliches Bild der ewigen Seligkeit sey, die wir durch sie erlangen werden.
IV. Aber ausser diesen erwähnten verschiedenen Arten und Weisen der Andeutung ereignet es sich auch manchmal, dass ein Sakrament nicht blos Eine gegenwärtige Sache, sondern mehrere, anzeigt und bezeichnet. Diess kann man leicht erkennen, wenn man das allerheiligste Sakrament des Altars betrachtet, durch welches die Gegenwart des wahrhaftigen Leibes und Blutes des Herrn, dann die Gnade, welche diejenigen, die sich den heiligen Geheimnissen mit reinem Herzen nahen, empfangen, angezeigt wird.
Hierin liegt für die Seelsorger Stoff genug, zu zeigen, welche Macht der Gottheit, wie viele geheimnissvolle Wunder in den Sakramenten des neuen Gesetzes enthalten seyen, und allen an's Herz zu legen, dass man sie in tiefster Ehrfurcht verehren und empfangen müsse.

 

IX. Warum bei den Christen Sakramente eingesetzt worden mussten. 

 

1) Erstens um der Schwäche des menschlichen Verstandes zu Hülfe zu kommen. 2) Um die Trägheit im Glauben zu heben. 3) Um ein fertiges und gewisses Heilmittel zu geben gegen die Krankheiten der Seele, und zur Erlangung der Seligkeit. 4) Damit sie Symbole des Christenthums und der wahren Religion und Bande der heiligen Gemeinschaft seyen. 5) Sie sind Zeugnisse unsers Glaubens und eine bestimmte Darlegung desselben. 6) Sie sollen zum Glauben und zur Liebe anspornen. 7) Sie sind Werkzeuge, Demuth zu erwecken. 8) Schluss Gesammtinhalt. 


1. Nichts ist tauglicher, den rechten Gebrauch der Sakramente zu lehren, als wenn man die Ursache fleissig erforscht, warum die Sakramente eingesetzt werden mussten. Dergleichen Ursachen gibt es mehrere. Die erste davon ist die Schwache des menschlichen Verstandes. Dieser ist so beschaffen, dass wir zur Kenntniss derjenigen Dinge, welche vom Verstande und der Vernunft begriffen werden, nur durch solche Dinge gelangen können, die in die Sinne fallen. Damit wir nun das, was durch Gottes verborgene Kraft bewirkt wird, leichter fassen können, so machte der Schöpfer aller Dinge sehr weise diese Kraft vermöge seiner Güte gegen uns durch einige in die Sinne fallende Zeichen, uns bekannt. Hierüber spricht der heilige Chrysostomus vortrefflieb: Wenn der Mensch körperlos wäre, so wären ihm diese Güter nackt und ohne Hülle dargeboten worden; weil aber die Seele mit einem Körper verbunden ist, so war es nothwendig, dass er zur Kenntniss derselben von Dingen unterstutzt wurde, die in die Sinne fallen.
II. Die zweite Ursache ist, weil unser Gemüth nicht leicht bewogen wird, das zu glauben, was uns versprochen wird. Daher hat Gott vom Anfange der Welt an das, was er zu thun beschlossen hatte, zwar meistentheils gewöhnlich nur mit Worten angekündigt; manch mal aber, wenn er ein Werk vornehmen wollte, welches durch seine Grösse den Glauben an die Verheissung hätte untergraben können, verband er mit den Worten auch andere Zeichen, die zuweilen als Wunder erschienen. Als Gott den Moses zur Befreiung des israelitischen Volkes absandte [Exod. 3 4], und dieser selbst auf die Hülfe Gottes, der ihm die Befreiung auftrug, zu wenig Vertrauen setzte, und befürchtete, es möchte ihm eine zu schwere Last aufgelegt werden, als dass er sie ertragen könnte, oder das Volk möchte den göttlichen Aussprüchen und Worten keinen Glauben schenken; so bekräftigte der Herr seine Verheissung durch verschiedene Wunder. Wie also Gott im alten Testamente die Wahrheit einer grossen Verheissung mit Zeichen bestätigte; so hat auch Christus im neuen Gesetze, wenn er uns Verzeihung der Sünden, himmlische Gnade, die Mittheilung des heiligen Geistes verheissen hat, einige in die Sinne fallende Zeichen eingesetzt, durch welche er sich gleichsam wie durch Pfänder verbindlich machte; daher wir nicht mehr zweifeln könnten, dass er das Versprochene treu halten werde.
III. Die dritte Ursache war, dass sie, wie der heilige Ambrosius schreibt, als Heilmittel und Arzneien Samariters im Evangelium bereit seyen, die Gesundheit der Seele entweder wieder herzustellen oder zu bewahren. Denn die Kraft, welche aus dem Leiden Christi ausströmt, d. h. die Gnade, die er uns auf dem Altar des Kreuzes verdient hat, muss durch die Sakramente, wie durch einen Kanal, uns zugeleitet werden; eine andere Retluug gibt es nicht; daher wollte der mildreiche Herr die durch sein Wort und seine Verheissung eingesetzten Sakramente in der Kirche zurücklassen, von denen wir ungezweifelt glauben sollen, dass sie uns der Frucht seines Leidens wirklich theilhaftig machen, wenn wir nur fromm und gläubig uns dieses Heilmittels bedienen wollen.
IV. Eine vierte Ursache, warum die Einsetzung der Sakramente als nothwendig erscheint, ist die, dass sie uns als Merkmale und Symbole dienen, um die Gläubigen von andern zu unterscheiden, besonders da sich, wie der heilige Augustin sagt keine Versammlung von Menschen, weder unter dem Namen der wahren, noch einer falschen Religion, gleichsam in einen Leib vereinigen kann, wenn sie nicht durch ein Band sichtbarer Zeichen verbunden werden. Beides leisten die Sakramente des neuen Bundes; sie unterscheiden die Anhänger des christlichen Glaubens von den Ungläubigen, und verbinden die Gläubigen selbst unter sich durch ein heiliges Band.
V. Eine andere tief begründete Ursache für die Einsetzung der Sakramente liegt in den Worten des Apostels: der Glaube des Herzens macht gerecht; das Bekenntniss des Mundes aber macht selig. [Rom. 10,10] Denn durch die Sakramente bekennen wir unsern Glauben vor den Menschen , und machen ihn öffentlich bekannt. Desswegen bezeugen wir durch die- Taufe öffentlich, dass wir glauben, die Kraft des Wassers, mit dem wir im Sakramente abgewaschen werden, bewirke auch die geistige Reinigung der Seele.
VI. Ferner besitzen die Sakramente grosse Wirksamkeit, nicht blos den Glauben in unsern Gemüthern anzuregen und zu üben, sondern auch die Liebe zu entzünden, mit der wir uns wechselseitig lieben müssen, indem wir durch die Gemeinschaft der heiligen Mysterien erinnert werden, dass wir durch das engste Band mit einander verbunden, und Glieder eines Leibes sind.
VII. Endlich, was das Höchste ist beim Streben nach christlicher Frömmigkeit, sie bezähmen und unterdrücken den Stolz des menschlichen Gemüthes, und führen uns zur Demuth, indem wir gezwungen werden, uns sinnlichen Elementen zu unterwerfen, um Gott zu gehorchen, von dem wir früher treulos abgefallen sind, um den Elementen der Welt zu dienen.
VIII. Diess nun soll hauptsächlich vom Namen, der Beschaffenheit und der Einsetzung der Sakramente dem gläubigen Volke vorgetragen werden. Haben die Seelsorger diess genau erklärt, dann muss gelehrt werden, woraus jedes einzelne Sakrament bestehe, welches seine Theile sind, und überdiess, welche Gebräuche und Ceremonien mit jedem verbunden werden.

 

X. Die zxur Vollständigkeit eines jeden Sakramentes nothwendigen Theile. 

 

Jedes Sakrament besteht aus zwei Theilen.


Zuerst muss erklärt werden, dass die sichtbare Sache, von welcher oben bei der Bestimmung des Begriffes eines Sakramentes die RBede war, nicht blos Eine sey, obschon man glauben muss, dass dadurch nur ein Zeichen festgesetzt werde. Jedes Sakrament wird durch zwei Dinge vollendet, von denen sich das eine auf die Materie bezieht, und Element heisst, das andere aber auf die Form, und gemeiniglich Wort genannt wird. Allgemein bekannt ist hierüber jenes Zeugniss des heiligen Augustin: Das Wort verbindet sich mit dem Elemente, und wird ein Sakrament." Unter der Benennung der sichtbaren Sache also versteht man sowohl die Materie oder das Element, wie bei der Taufe das Wasser, bei der Firmung den Chrysam, bei der letzten Oelung das Oel, welche Dinge sichtbar sind; als auch überdiess die Worte, welche die Form ausmachen, und sich auf den Gehörsinn beziehen. Beides sprach der Apostel deutlich aus mit den Worten: Christus liebte die Kirche, und gab sich selbst für sie hin, um sie zu heiligen, indem er sie reinigte im Bade des Wassers durch das Wort des Lebens. [Ephes. 5,25] In dieser Stelle wird Materie und Form des Sakramentes deutlich genug ausgesprochen.

 

XI. Warum mit dem Elemente Worte verbunden werden. 

 

Kraft der Worte in den Sakramenten.


Zur Materie mussten Worte gefügt werden, um die Bedeutung der Sache, welche vollzogen wurde, in ein helleres Licht zu setzen. Die Worte haben unter allen Zeichen die grösste Wirksamkeit, und wenn sie fehlen, so wird dunkel bleiben, was die Materie der Sakramente bezeichnen und darstellen soll. So bei der Taufe. Da das Wasser eine zweifache Eigenschaft hat, nämlich zu erfrischen und abzuwaschen, und also das Sinnbild von beiden seyn kann, wenn nicht Worte damit verbunden werden, die anzeigen, was es bei der Taufe bedeutet, so wird wohl eine Muthmassung, aber nie eine feste Behauptung darüber aufgestellt werden können. Verbindet man aber Worte damit, so erkennen wir auf der Stelle, dass es die Bedeutung und Eigenschaft des Abwaschens habe.

XII.

Vortrefflichkeit der Sakramente des neuen Gesetzes.

Unsere Sakramente übertreffen die des alten Gesetzes vorzüglich darin, dass bei Ausspendung dieser keine bestimmte Form beobachtet wurde, wodurch auch geschah, dass sie sehr unbestimmt und dunkel waren; die unsrigen dagegen haben eine so genau vorgeschriebene Form, dass, wenn von ihr abgewichen wird, das Sakrament nicht gültig ist; daher treten sie auch in das hellste Licht, und geben keinem Zweifel Statt. Diese Theile also gehören zur Natur und Wesenheit der Sakramente, und aus ihnen muss nothwendig jedes Sakrament bestehen.

 

XIII. Wirkung und Beschaffenheit der Ceremonien bei den Sakramenten. 

 

1) Alterthum der Ceremonien. Conc. Trid. sess. 7. c. 13. 2) Wirkungen der Ceremonien.
I. Obwohl die Ceremonien ohne Sünde nicht unterlassen werden können, wenn nicht die Noth dazu zwingt, so wird doch durch deren Unterlassung, da sie nicht wesentlich nothwendig sind, die Vollständigkeit des Sakramentes nicht gefährdet. Doch sah man mit Recht schon seit den ersten Zeiten der Kirche darauf, dass die Sakramente in Verbindung mit einigen feierlichen Ceremonien ausgespendet wurden. Denn erstens ist es gewiss sehr schicklich, mit den heiligen Geheimnissen ehrfurchtsvoll umzugehen, um darzulegen, dass wir uns mit heiligen Dingen beschäftigen und
II. erklären die Ceremonien deutlicher, und legen gleichsam vor Augen, was durch die Sakramente bewirkt wird, und prägen die Heiligkeit dieser Dinge den Gemüthern der Gläubigen tiefer ein. Ferner erheben sie die Seelen derer, die sie betrachten, und sorgfältig beobachten, zur Kenntniss erhabener Dinge, und entzünden in ihnen Glaube und Liebe. Daher soll die grösste Sorgfalt und unermüdeter Fleiss darauf verwendet werden, den Gläubigen die Bedeutung der Ceremonien, welche bei jedem Sakramente vorkommen, zu erklären und bekannt zu machen.

 

XIV. Wie viele Sakramente die katholische Kirche habe. 

 

Es soll nun die Zahl der Sakramente erklärt werden, deren Kenntniss grossen Nutzen bringt, weil das Volk mit desto höherer Ehrfurcht alle seine Seelenkräfte zum Lobe und Preise der unendlichen Güte Gottes gegen uns anwendet, je mehrere göttliche Hilfsmittel zu unserer Bettung und Seligkeit es kennen lernt. Wie uns die Schrift beweisst, und die Väter überliefert haben, und das Ansehen der Kirchenversammlungen bestätigt, ist die Zahl der Sakramente der katholischen Kirche auf sieben festgesetzt.

 

XV. Warum es weder mehr, noch weniger Sacramente gebe. 

 

1) Die Natur selbst lehrt, dass es sieben Sakramente geben müsse. 2) Sieben Sakramente bedarf das menschliche Geschlecht, um das Leben gottselig zuzubringen. Conc. Constant. sess. 15. florent. in decreto dato Armenis. Trident. sess. 7.
I. Warum es weder mehr noch weniger als sieben Sakramente gebe, lässt sich mit Wahrscheinlichkeit
durch jene Dinge beweisen, welche sich durch ihre Aehnlichkeit vom natürlichen Leben auf das geistige beziehen.
II. Dem Menschen sind zum Leben zur Erhaltung des9 Lebens und zur Anwendung desselben zu seinem und des Staates Nutzen diese sieben Dinge nothwendig; nämlich, er muss geboren werden, wachsen, genährt werden; wenn er krank wird, muss er geheilt werden; die Schwäche seiner Kräfte muss gehoben werden; dann, was den Staat betrifft, dürfen nie Obrigkeiten fehlen, durch deren Ansehen und Leitung er regiert wird; und endlich muss er sich selbst und das Menschengeschlecht durch rechtmässige Fortpflanzung der Kinder erhalten. Da nun Alles diess jenem Leben, mit dem die Seele für Gott lebt, deutlich entspricht, so kann man hieraus leicht die Zahl der Sakramente entnehmen.
Das erste ist die Taufe, gleichsam die Thüre zu den übrigen, durch die wir in Christus wiedergeboren werden. Dann die Firmung, deren Kraft bewirkt, dass die göttliche Gnade in uns vermehrt wird, und wir ge stärkt werden. [Epist.????] Wie der heilige Augustin sagt, sprach der Herr zu den Aposteln , nachdem sie schon getauft waren: Bleibt in der Stadt, bis ihr mit der Kraft von Oben ausgerüstet seyd. [Luc. 24,40] Hierauf das Altarssakrament, durch welches, als durch eine wahrhafte Speise vom Himmel, unsere Seele genährt und erhalten wird. Von diesem Sakramente sagte der Heiland : Mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise, und mein Blut wahrhaft ein Getränkt [Joh. 6,34] Das vierte, ist die Busse, wodurch die verlorne Gesundheit der Seele wiederhergestellt wird, wenn wir durch die Sünden verwundet sind. Dann folgt die letzte Oelung, durch welche die Ueberbleibsel der Sünden ausgetilgt, und die Seelenkräfte gestärkt werden, was der heilige Jakobus von diesem Sakramente bezeugt, da er schreibt: Wenn er in Sünden ist, werden sie ihm nachgelassen. [Jac. 5,15] Nun folgt die Priesterweihe, wodurch die Gewalt verliehen wird, die öffentliche Ausspendung der Sakramente in der Kirche immerdar zu üben, und alle heiligen Verrichtungen zu vollziehen. Endlich ist die Ehe hinzugefügt, damit aus der rechtmässigen Verbindung eines Mannes und eines Weibes zum Dienste Gottes und zur Erhaltung des menschlichen Geschlechtes Kinder erzeugt, dieselben fromm erzogen werden.

 

XVI. Die Nothwendigkeit und Würde aller Sahramente ist nicht gleich. 

 

1) Von dem Vorzüge und Unterschied der Sakramente und dem Urheber derselben. 2) Drei Sakramente sind vor allen nothwendig. Erhabene Würde des Altarssakramentes.


I. Obschon alle Sakramente eine göttliche und wunderbare Kraft in sich haben, so muss doch vor Allem bemerkt werden, dass sie nicht alle gleich nothwendig sind, noch auch dieselbe Würde, und die nämliche Kraft der Bedeutung besitzen.
II. Drei Sakramente sind, wenn auch nicht aus demselben Grunde, doch vor den übrigen nothiwendig. Die Taufe ist nach dem Ausspruche des Erlösers jedem Menschen ohne Ausnahme unumgänglich nothwendig. Diess erklärte er mit diesen Worten: >Wer nicht aus dem Wasser und dem heiligen Geiste wiedergeboren ist, kann nicht in das Reich Gottes eingehen. [Joh. 5,5] Die Busse aber ist nur jenen nothwendig, welche nach der Taufe in eine Todsünde gefallen sind; denn sie können dem ewigen Verderben nicht entgehen, wenn sie nicht die begangene Sünde, wie vorgeschrieben ist, abgebüsst haben. Ferner ist die Priesterweihe, wenn auch nicht für jeden einzelnen Gläubigen, doch für die ganze Kirche unumgänglich nothwendig.
Betrachtet man aber die Würde der Sakramente, so übertrifft das Altarssakrament alle übrigen weit an Heiligkeit, an Zahl der Geheimnisse und an Erhabenheit. Diess Alles wird man leicht erkennen, wenn an seinem Orte jedes einzelne Sakrament erklärt werden wird.

 

XVII. Von wem wir diese heiligen und göttlichen Geheimnisse erhalten haben, und wer im Grunde sie ausspendet. 

 

1) Die wirkende Ursache oder der Urheber der Sakramente ist Gott durch Christus, und eben er ist's, der sie innerlich hauptsächlich ausspendet. Sess. 7. de sacramentis in genere, can. I. 


Nun folgt, darauf zu sehen, von wem wir diese heiligen und göttlichen Geheimnisse empfangen haben. Denn es ist unbezweifelt, dass der Werth eines kostbaren Geschenkes durch die Würde und Erhabenheit dessen, von welchem das Geschenk selbst herkömmt, sehr vermehrt werde. Diess ist nicht schwer zu erklären

klären. Da es Gott ist, der die Menschen gerecht macht, die Sakramente selbst aber wunderbare Werkzeuge sind, um die Gerechtigkeit zu erlangen, so ist es klar, dass Ein und derselbe Gott in Christas als Urheber der Rechtfertigung und der Sakramente anerkannt weiden müsse. Ueberdiess enthalten die Sakramente eine solche Kraft und Wirksamkeit, dass sie das Innerste der Seele durchdringen. Da es aber Gottes Macht allein eigen ist, auf die Herzen und Seelen der Mensehen Einfluss auszuüben, so ersieht man hieraus, dass die Sakramente von Gott selbst durch Christus eingesetzt seyen, gleichwie man mit bestimmtem und standhaftem Glauben für wahr halten inuss, dass sie auch von ihm innerlich ausgespendet werden. Der heilige Johannes behauptet, dieses Zeugniss von Gott erhalten zu haben, da er sagt: Der mich gesandt hat, im Wasser zu taufen, eben der hat mir gesagt: Ueber welchen du den heiligen, Geist herabsteigen und bleiben siehst, der ist's, welcher im heiligen Geiste tauft. [Joh. 1,33]

 

XVIII. Welcher Diener sich Gott bei Ausspendung der Sakramente bediene. 

 

Gott spendet die Sakramente durch Mensehen aus. 


Obschon Gott der Urheber und Ausspender der Sakramente ist, so wollte er sie in seiner Kirche doch, nicht durch Engel, sondern durch Menschen ausspenden lassen; es ist durch die ununterbrochene Ueberlieferung der heiligen Väter bestätigt, dass zur Vollständigkeit der Sakramente der Dienst der Ausspender ebenso nothwendig sey, als Materie und Form.

 

XIX. Der Ausspender kann durch seine Lasterhaftigkeit die Wirksamheit der sakramentalischen Gnade nicht hindern. 

 

Was Sache des Auspenders sey. Sess. 7. Conc. Trid. de sacramentis in genere, can. 11, 12.


Weil die Ausspender und Verwalter der Geheimnisse in diesem heiligen Amte nicht ihre, sondern Christi Person vorstellen, so geschieht dadurch, dass sie, mögen sie gut oder böse seyn, wenn sie sich nur der Form und Materie bedienen, welche die katholische Kirche nach der Einsetzung Christi immer beobachtet hat, und den Vorsatz machen, das zu thun, was die Kirche bei ihrer Verwaltung thut, wahrhaft und wirklich die Sakramente vollenden und ertheilen, so dass nichts die Wirkung der Gnade verhindern kann, ausser es betrügen sich diejenigen, die sie empfangen, selbst um ein so grosses Gut, und widerstehen selbst dem heiligen Geiste. Dass diess immer die bestimmte und ausgesprochene Meinung der Kirche gewesen ist, zeigte sehr deutlich der heilige Augustin in seinen Streitreden, die er gegen die Donatisten geschrieben hat. Verlangen wir hierüber auch Zeugnisse der heiligen Schrift, so hören wir den Apostel sagen: Ich habe gepflanzt; Apollo hat begossen; aber Gott gab das Wachsthum. Denn weder der ist etwas, der pflanzt, noch der, welcher begiesst, sondern Gott, der das Wachsthum gibt. [I. Cor. 3,6] Aus dieser Stelle sieht man deutlich, dass,x wie den Bäumen die Gottlosigkeit derer, durch deren Hand sie geplanzt wurden, nichts schadet, so auch fremde Schuld denen nicht zum Verbrechen gereichen kann, die durch den Dienst böser Menschen Christo sind eingepflanzt worden. Daher, wie unsere heiligen Väter aus dem Evangelium des heiligen Johannes gezeigt haben, hat auch Judas der Verräther Mehrere getauft, und wir lesen von Keinem, dass er wieder getauft worden sey, so dass der heilige Augustin gar schön darüber schrieb: "Judas ertheilte die Taufe, und man taufte nach ihm nicht wieder, wie nach Johannes, weil die vom Judas ertheilte Taufe Christi Taufe war; die Taufe aber vom Johannes war Johannis Taufe; wir ziehen nicht den Judas dem Johannes, sondern die Taufe Christi, wenn sie auch von den Händen des Judas ertheilt war, der Taufe des Johannes, wenn sie auch von Johannis Händen »ertheilt war, mit Recht vor."

 

XX. Was von denen zu denken sey, die mit unreinem Gewissen die heiligen Sakramente ausspenden. 

 

1) Wie verderblich es für die Auspender selbst sey, die Sakramente des neuen Bundes mit unreinem Gewissen zu verwalten, und von den Folgen für sie. 2) Mit heiligen Dingen muss man heilig umgehen; die Sakramente verlieren die ihnen inwohnende Gnade niemals. Sess. 7. Conc. Trid. de sacrament. in genere, can. 6. 


I. Wenn die Seelsorger und die übrigen Ausspender Sakramente dieses hören, so sollen sie nicht glauben, dass es hinlänglich sey mit Hintansetzung der Unbescholtenheit des Lebenswandels und der Reinheit des Gewissens, nur darauf zu denken, wie sie die Sakramente nach Vorschrift ausspenden: wenn man auch hierauf sorgfältig achten muss, so liegt doch darin noch nicht Alles, was zu ihrer Verwaltung gehört. Aber immerdar müssen sie sich erinnern, dass die Sakramente die göttliche Kraft, welche in ihnen ist, niemals verlieren; doch dass sie denen, welche sie mit unreinem Gewissen ausspenden, ewiges Verderben und ewigen Tqd zuziehen.
II. Heiliges muss, wozu jetzt und oft und immer ermahnt werden soll, heilig und ehrfurchtsvoll behandelt werden. Zu dem Sünder, wie bei'm Propheten geschrieben steht, sprach Gott: Warum rufst du meine Gerechtigkeit aus, und, nimmst meinen Bund in deinen Mund? Du aber hassest meine Zucht. [Ps. 49,17] Wenn es also einem sündhaften Menschen nicht erlaubt ist, von heiligen Dingen zu reden, welch grosses Verbrechen muss sich erst derjenige zu Schulden kommen lassen, der sich vieler Laster bewusst ist, und doch sich nicht scheut, die heiligen Geheimnisse mit schuldbeflecktem Munde zu vollbringen, oder in seine schändlichen Hände zu nehmen, sie zu berühren, und Andern darzureichen?
Auch bei'm heiligen Dionysius steht geschrieben, dass es den Sündern nicht einmal erlaubt ist, die Symbole, wie er die Sakramente nennt zu berühren. Die Ausspender heiliger Dinge sollen also vor Allem nach Heiligkeit streben, mit reinem Gewissen sich der Verwaltung der Sakramente nahen, und sich so sehr in der Gottseligkeit üben, dass sie aus ihrer oftmaligen Behandlung und; öfterm Gebrauche mit Gottes Beistand täglich, reichlichere Gnade schöpfen.

 

XXI. Von den zwei vorzüglichsten Wirkungen der Sakramente. 

 

Sie ertheilen insbesondere die rechtfertigende Gnade Sess. 7. Conc. Trid. de sacram. in genere, can. 5-8.
Nach Erklärung dieser Dinge soll gelehrt werden, welches die Wirkungen der Sakramente sind; denn diess wird der Bestimmung des Sakramentes, von der oben gehandelt wurde, nicht wenig Licht verschaffen. .Es lassen sich, vorzüglich zwei Wirkuhgen aufzählen. Den ersten Platz behauptet mit Recht jene Gnade, die wir nach der gewöhnlichen Benennung der heiligen Kirchenlehrer die rechtfertigende nennen; der Apostel lehrte diess ganz deutlich [Ephes. 5,25], da er sagte, Christus habe die Kirche geliebt, und er habe sich selbst für sie hingegeben, um sie zu heiligen, indem er sie reinigte durch das Bad des Wassers im Worte. Wie aber eine so erhabene und wunderbare Sache durch das Sakrament gewirkt werde, dass, wie nach dem Urtheile des heiligen Augustin bekannt ist, das Wasser den Körper abwäscht, und das Herz berührt, diess kann die menschliche Vernunft und Einsicht nicht begreifen. Denn es ist ausgemacht, dass keine sinnliche Sache vermöge ihrer Natur die Kraft besitze, in die Seele eindringen zu können. Jedoch durch das Licht des Glaubens werden wir inne, dass die Kraft des allmächtigen Gottes in den Sakramenten sey, wodurch sie das bewirken, was natürliche Dinge aus eigner Kraft nicht vollbringen können.

 

XXII. Wie die Wirkungen der Sakramente im Anfange der aufkeimenden Kirche wunderbar angezeigt worden sind. 

 

Auf dass kein Zweifel an dieser Wirkung in den Gemüthern der Gläubigen haften könne, so wollte Gott bei'm Beginne der Ausspendung der Sakramente das, was sie innerlich wirken, durch Wunderzeichen bekannt machen, damit wir fest glauben, sie geschehen immer innerlich, obschon wir sie durchaus nicht wahrnehmen. Um zu übergehen, dass bei der 'Taufe unsers Erlösers im Jordan sich der Himmel geöffnet habe, und der heilige Geist in Gestalt einer Taube erschienen sey, auf dass wir ermahnt würden, seine Gnade werde, während wir in der Quelle des Heiles abgewaschen werden, in unsere Seele eingegossen, um diese zu übergehen (denn es bezieht sich mehr auf die Bedeutung der Taufe, als auf die Verwaltung der Sakramente), lesen wir nicht, dass, als die Apostel am Pfingsttage den heiligen Geist empfingen, durch welchen sie nachhin zum Predigen der Glaubenswahrheit und zur Uebernahme von Gefahren für Christi Verherrlichung bereiter und muthiger waren, damals plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie ein Brausen eines herannahenden heftigen Sturmes entstand und über ihnen getheille Zungen wie Feuerflammen erschienen seyen? [Act. 2.3] Hieraus erkannte man, dass durch das Sakrament der Firmung uns der nämliche Geist mitgeiheilt werde, und zugleich die nämlichen Kräfte verliehen werden, wodurch wir dem Fleische, der Welt und dem Satan, unsern beständigen Feinden, kräftig entgegentreten und widerstehen können.
Diese Wunder sah man, so oft die Apostel die Sakramente ausspendeten, im Anfange der jungen Kirche so lange, bis sie nach Begründung und Feststellung des Glaubens zu geschehen aufhörten.

 

XXIII. Wie gross der Vorzug der Sakramente des neuen Bundes vor den Sakramenten des alten Bundes sey. 

 

Aus dem, was von der ersten Wirkung der Sakramente, nämlich von der rechtfertigenden Gnade, dargelegt worden ist, erhellet deutlich, dass die Kraft der Sakramente des neuen Bundes ausgezeichneter und vortrefflicher sey, als die, welche die Sakramente des alten Bundes einst hatten, da sie als schwache und dürftige Anfangsgründe die Schuldbefleckten zur RDeinigung des Fleisches, nicht der Seele heiligten. [Galat. 4,9] Daher waren sie nur als Zeichen von denjenigen Dingen, welche durch unsere Geheimnisse bewirkt werden sollen, eingesetzt. Aber die Sakramente des neuen Bundes, welche aus der Seite Christi fliessen, der durch den heiligen Geist sich selbst unbefleckt Gott dargebracht hat, reinigen unser Gewissen von den todten Werken zum Dienste des lebendigen Gottes, [Hebr. 9,14] und wirken so jene Guade, die sie anzeigen, durch die Kraft des Blutes Christi. Wenn wir sie also mit den alten Sakramenten vergleichen, so sieht man, dass sie, ausser dem Besitze einer grössern Wirksamkeit auch an Nutzen, reichhaltiger und durch Heiligkeit erhabner sind.

 

XXIV. Welche Sakramente einen Charakter (Merkmal) eindrücken, und was Charakter sey. 

 

Die zweite Wirkung der Sakramente ist, dass sie der Seele einen heiligen Charakter eindrücken.
Die. zweite, aber nicht allen gemeinsame, sondern nur dreien, der Taufe, der Firmung und der Priesterweihe eigenthümliche Wirkung der Sakramente ist der Charakter, den sie der Seele eindrücken. Denn wenn der Apostel sagt: Gott hat uns gesalbt, und bezeichnet, und das Pfand des Geistes in unsere Herzen gegeben, [II. Cor. 1,24] so beschrieb er mit dem Worte bezeichnet nicht undeutlich den Charakter, welchem es eigentümlich ist, etwas zu bezeichnen und durch ein Merkmal kenntlich zu machen.
Der Charakter ist gleichsam ein der Seele eingedrücktes Wahrzeichen, das niemals ausgetilgt werden kann, sondern beständig in ihr bleibt , worüber der heilige Augustin geschrieben hat Vermögen etwa, die christlichen Sakramente weniger, als dieses k»perliche Zeichen, womit der Soldat bezeichnet wird? Wenn ein Soldat zur Fahne, die er verlassen hat, zurückkehrt, so wird ihm diess nicht vom neuen aufgedrückt, sondern man erkennt und prüft ihn am alten.

 

XXV. Welches die Wirkung des Charakters sey, und warum die Sakramente, die einen Charakter eindrücken, nicht wiederholt werden dürfen. 

 

Der Charakter bewirkt, theils dass wir tauglich werden zum Empfange einer heiligen Sache, theils das wir durch ein Merkmal von einander uns unterscheiden.
Durch den Charakter der Taufe erlangen wir beides, nämlich dass wir zum Empfange anderer Sakramente tauglich werden, und dass dadurch das gläubige Volk sich von den Völkern, welche ungläubig sind, unterscheide.
Das Nämliche sieht man bei'm Charakter der Firmung und der Priesterweihe. Durch das eine davon werden wir, gleichsam als Streiter Christi, zum öffenlichen Bekenntniss und zur Vertheidigung seines Namens gegen unsern innerlichen Feind und gegen die geistige Bosheit in himmlischen Dingen bewaffnet und gerüstet und zugleich von denen, die erst neuerlich; getauft und gleichsam wie neugeborne Kinder sind, unterschieden; das andere aber ertheilt die Gewalt, die Sakramente zu vollbringen und auszuspenden, und zeigt auch den Unterschied derjenigen, die mit einer solchen Gewalt begabt sind, von der übrigen Versammlung der Gläubigen. Man muss also die Regel der katholischen Kirche beobachten, welche lehrt, dass diese drei Sakramente einen Charakter eindrücken, und dass sie niemals wiederholt werden dürfen.
Diess im Allgemeinen von den Sakramenten.

 

XXVI. Wie die Hirten bewirken können, dass dag Volk die Sakramente hochachte, und sie ehrfurchtsvoll empfange. 

 

Bei der Lehre von den Sakramenten sind vorzüglich zwei Dinge zu beobachten.
Bei der Erklärung des Inhaltes müssen die Hirten vorzüglich zwei Dinge mit allem Eifer zu bewirken sich bestreben. Erstens sollen die Gläubigen einsehen, welch grosser Ehre, Hochachtung und Ehrfurcht diese göttlichen und himmlischen Geschenke würdig sind; zweitens, dass man sie, weil sie vom mildreichen Gott zum gemeinsamen Heile aller Menschen angeordnet sind, fromm und gottselig empfangen müsse, und auf dass man dergestalt vom Verlangen nach christlicher Vollkommenheit, entzündet werde, dass man es für den grössten Verlust hält, wenn man einige Zeit des heilbringenden Empfanges vorzüglich der Busse und des Altarssakramentes entbehrt. Diess Können aber die Hirten leicht bewirken, wenn sie den Gläubigen öfter einprägen, was oben von der Göttlichkeit und dem Nutzen der Sakramente vorgetragen worden ist. Nämlich erstens, dass sie von unserm Herrn und Heiland, von dem nur das Vollkommenste kommen kann, eingesetzt worden, seyen; zweitens, dass bei ihrer Ausspendung die allwirkende Gottheit des heiligen Geistes, der das Innerste unsers Herzens durchdringt, gegenwärtig sey ferner, dass sie mit wunderbarer und untrüglicher Kraft, die Seelen zu heilen, versehen seyen; dann, dass durch sie jene unermesslichen Reichthümer des Leidens Christi auf uns geleitet werden.
Zuletzt endlich sollen sie zeigen, dass zwar das ganze christliche Gebäude unerschütterlich auf die Grundfeste des Ecksteines gegründet sey, aber dass man sehr fürchten müsse, es möchte, wenn es nicht durch das Predigen des Wortes Gottes und durch den häutigen Empfang der Sakramente auf allen Seiten gestützt wird, grösstenteils geschwächt zusammenstürzen;
denn wie wir durch die Sakramente zum Leben werden, so werden wir durch diese Speise gleichsam ernährt, erhalten und gestärkt.

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