Montag, 3. Juni 2013

Catechismus Romanus - Von dannen er kommen wird, zu richten die Lebendigen und die Todten.

Römischer Katechismus (Catechismus). Nach dem Beschlusse des Conciliums von Trient und auf Befehl des Pabstes Pius V. herausgegeben. Passau, Druck und Verlag von Friedrich Winkler 1839

Achtes  Hauptstück  - Vom siebenten Artikel des apostolischen Glaubensbekenntnisses.

Von dannen er kommen wird, zu richten die Lebendigen und die Todten. 


I. Die Wohllhaten Christi gegen seine Kirche, und Bedeutung des siebenten Artikels.

 

Jesus Christus, unser Herr, hat drei ausgezeichnete Verrichtungen und Aemter, um seine Kirche zu schmücken und zu verherrlichen, nämlich das Amt der Erlösung, des Schutzes und des Gerichtes. Da wir aber aus den vorigen Artikeln wissen, dass er das Menschengeschlecht durch sein Leiden und Sterben erlöset, und durch seine Himmelfahrt unsere Vertheidigung und Beschulung auf ewig übernommen hat, so folgt in diesem Artikel die Erklärung seines Gerichtes; und der Sinn und die Bedeutung desselben ist diese, dass Christus der Herr an jenem grossen Tage über das ganze Menschengeschlecht Gericht halten werde.

 

II. Zweifache Ankunft Christi.

 

Die heiligen Schriften bezeugen eine doppelte Ankunft Jesu Christi; eine, da er um unserer Erlösung willen das Fleisch annahm, und im Schoose der Jungfrau Mensch geworden ist; die zweite, da er am Ende der Welt kommen wird, um alle Menschen zu richten. Diese Ankunft heisst in den heiligen Schriften 
der Tag des Herrn, von dem der Apostel sagt: Der Tag des Herrn wird kommen, wie der Dieb in der Nacht. [I. Thess. 5,2] Und der Erlöser selbst: Von jenem Tage und jener Stunde weiss Niemand etwas. [Matth. 24,36] Und deutlich spricht über jenen grossen Tag der Apostel: Wir werden Allen vor dem Richterstuhle Christi erscheinen müssen, damit Jeder empfange nach dem, wie er im Körperleben gehandelt hat, es sey gut oder böse. [II. Cor. 5,10] Die heilige Schrift ist voll von Zeugnissen, welche die Seelsorger allenthalben finden werden, nicht nur um diesen Gegenstand zu beweisen, sondern auch, um ihn den Gläubigen vor Augen zu stellen, dass, gleichwie vom Anfange der Welt an jener Tag des Herrn, wo er Mensch geworden ist, immer Allen der sehnlichst erwünschteste war, weil in diesem Geheimnisse die Hoffnung ihrer Erlösung beruhte, wir ebenso, nach dem Tode des Sohnes Gottes und nach seiner Himmelfahrt, den zweiten Tag des Herrn mit grösster Sehnsucht wünschen sollen, indem wir da die selige Hoffnung und die Ankunft der Herrlichheit des grossen Gottes erwarten. [Tit. 2,13]

 

III. Wie oft ein jeder Mensch von Christus gerichtet werde.

 

Das Gericht eines jeden Menschen ist zweifach; das besondere und das allgemeine.


Bei Erklärung dieses Gegenstandes muss der Seelsorger aufmerksam mächen, dass es zwei Zeitpunkte gebe, an welchen jeder Mensch vor das Angesicht Gottes kommen und Rechenschaft geben muss von jedem Gedanken, jeder That und jedem Worte, und dass er dann sogleich das Urtheil des Richters vernehmen werde. Der erste Zeüpunkt ist, wenn ein Jeder voii uns aus diesem Leben scheidet; denn sogleich wird er vor den Richterstuhl Gottes gestellt, und da wird Alles aufs Strengste untersucht werden, was er entweder gethan, oder gesagt, oder jemals gedacht hat. Und diess nennt man das besondere Gericht. Der zweite Zeitpunkt ist aber da, wenn an demselben Tage und an Einem Orte zugleich alle Menschen vor Gottes Richterstuhl stehen werden, damit ein Jeder, im Angesichte aller Menschen aller Jahrhunderte, erfahre, was über ihn beschlossen und abgeurtheilt worden ist. Dieser Urteilsspruch wird für die gottlosen und lasterhaften Menschen nicht der geringste Theil der Strafen und Peinen seyn; und im Gegentheile werden die Frommen und Gerechten eine nicht geringe Belohnung und Frucht daraus ziehen, indem da offenbar werden wird, wie Jeder in diesem Leben beschaffen war. Diess nennt man das allgemeine Gericht.

 

IV. Warum dem besondern Gerichte ein allgemeines folgen müsse.

 

Ursachen, warum dem besondern Gerichte ein allgemeines folgt. Die Belohnungen und Strafen der Todten vermehren sich, je nachdem sie dem Guten oder Bösen nachgestrebt haben. 


Hier muss nothwendig erklärt werden, welches die Ursache sey, dass ausser dem besondern Gerichte über jeden Einzelnen, auch noch ein zweites über alle Menschen abgehalten wird. Da die Eltern oft Kinder hinterlassen, welche ihnen nachahmen, da Einige Bücher und Schüler hinterlassen werden, welche Anhänger und Vertheidiger ihrer Beispiele, Reden und Handlungen sind, wodurch die Strafen der Verstorbenen nothwendig venmehrt werden; da ferner dieser Nutzen oder Schaden, der über Viele sich verbreitet, nicht eher endet, als bis der jüngste Tag kömmt, so war es billig, über diese allgemeine Beschaffenheit rechtschaffener oder böser Handlungen und Reden eine allgemeine Untersuchung anzustellen, was aber nicht anders geschehen konnte, ausser durch ein gemeinschaftliches Gericht über alle Menschen. Dazu kommt noch, dass der Ruf der Frommen oft leidet, die Bösen aber als unschuldig gelobt werden, und es fordert also die göttliche Gerechtigkeit, dass die Frommen, denen mit Unrecht die Hochschätzung der Menschen entrissen wurde, vor der öffentlichen Versammlung und dem Gerichte aller Menschen ihren guten Ruf wiedererlangen.
Da ferner die guten und die bösen Menschen, was sie immer in diesem Leben thaten, nicht ohne den Körper verrichteten, so folgt hieraus, dass die guten oder bösen Thaten auch den Körper angehen, der das Werkzeug ihrer Handlungen war. Sehr zweckgemäss ist es also, dass den Körpern zugleich mit ihren Seelen die verdienten ewigen Belohnungen oder Strafen zugetheilt werden, was ebenfalls ohne Auferstehung aller Menschen und ohne allgemeines Gericht nicht geschehen könnte. Endlich, weil gezeigt werden muss, dass im Glück und Unglück, das vermischt die Guten und Bösen trifft, nichts ohne Gottes unendlicher Weisheit und Gerechtigkeit geschehe, so war es billig, dass nicht nur den Guten Belohnungen und den Bösen Strafen in der zukünftigen Welt festgesetzt werden, sondern sie mussten auch in einem allgemeinen Gerichte beschlossen werden, damit sie dadurch Allen bekannter und glänzender wurden, und dass Gott von Allen das Lob der Gerechtigkeit und Vorsehung ertheilt wurde, da sogar oft heilige Menschen ungerechter Weise sich beklagten, wenn sie die Gottlosen in Reichthun und Ueberfluss und in Ehre und Ansehen lebend bemerkten. Der Prophet sagt: Beinahe haben meine Füsse gewankt, beinahe gleiteten meine Schritte aus, weil ich über die Gottlosen eiferte, da ich den Frieden der Sünder sah, [Ps. 72,2] und kurz darauf: Sehet, wie dieSünder Ueberfluss haben und Reichtimm in der Weltl; also habe ich ohne Ursache mein Herz von Unrecht bewahrt, und meine Hände unter Unschuldigen gewaschen, und war gegeisselt den ganzen Tag und meine Züchtigung war noch in der Frühe. [Galat. 72,13] Diess ward vielfach von Vielen beklagt. Es war daher nothwendig, dass ein allgemeines Gericht gehalten wurde, damit nicht vielleicht die Menschen sagen mögen: Gott gehe um die Angeln des Himmels herum, und sorge sich nicht um irdische Dinge. [Joh. 22,14] Diese Wahrheit ist mit Recht unter die zwölf Artikel des christlichen Glaubens gesetzt worden, damit dadurch die gestärkt werden deren Seelen im Glauben, an Gottes Vorsehung und Gerechtigkeit schwanken. Ueberdiess sollen durch die Vorstellung dieses Gerichtes die Guten ermuntert -und die Bösen erschreckt werden, damit jene, nachdem sie die Gerechtigkeit Gottes erkannt haben, nicht abfallen, diese aber durch die Furcht der kommenden ewigen Strafe vom Bösen abgehalten würden. Als daher unser Herr und Heiland vom jüngsten Tage sprach, erklärte er, dass einst ein allgemeines Gericht seyn werde, und beschrieb die Zeichen, wann diese Zeit herannahen wird, damit man einsehe, dass, wenn jene kommen, das Ende der Welt nahe sey; und dann, als er in den Himmel auffuhr, sandte er Engel, welche die Apostel, die über seine Abwesenheit trauerten, mit diesen Worten trösteten: Dieser Jesus, der vor euch in den Himmel hinauffuhr, wird ebenso kommen, wie ihr ihn in den Himmel hingehen gesehen habt. [Act. 1,11]

 

V. Christo ist nach beiden Naturen die Gewalt, das Menschengeschlecht zu richten, ertheilt.

 

Christus ist auch als Mensch zum Richter über Alle bestellt.


Die heiligen Schriften erklären, dass Christo dem Herrn nicht bloss als Gott, sondern auch als Menschen dieses Gericht übergeben sey. Denn obschon die Gewalt des Richteramtes allen Personen der Dreieinigkeit gemein ist, so schreiben wir sie doch besonders dem Sohne zu, weil wir ihm auch besonders die Weisheit zueignen. Dass er aber als Mensch die Welt rickten werde, wird durch das Zeugniss des Herrn bestätigt, welcher sagt: Wie der Vater das Leben in sich selbst hat, so hat er auch dem Sohne verliehen, das Leben in sich selbst zu haben, und er übergab ihm auch die Gewalt, Gericht zu halten, weil er des Menschen Sohn ist. [Joh. 5,26]

 

VI. Warum nicht auch dem Vater und dem heiligen Geiste dieses Gericht beigelegt wird. 

 

Christus wird als Richter mit körperlichen Augen gesehen werden köunen.

 
Vorzüglich desswegen muss dieses Gericht von Christus dem Herrn gehalten werden, damit die Menschen, wenn er über sie zu Gerichte sitzt, den Richter, mit körperlichen Augen sehen, und mit den Ohren das Urtheil, das gefällt wird, vernehmen, und das ganze Gericht mit den Sinnen auffassen können. Auch, ist es sehr billig, dass jener Mensch, welcher durch die ungerechtesten Urtheile der Menschen verurtheilt worden ist, von Allen als der Richter Aller auf dem Richterstuhle sitzend gesehen werde, desswegen fügte der Apostelfürst, nachdem er im Hause des Cornelius die Hauptstücke der christlichen Religion erklärt und gelehrt hatte, dass Christus von den Juden an das Kreuz geheftet und getödtet worden, am dritten Tage aber wieder zum Leben auferstanden sey, hinzu: Und er befahl uns, dem Volke zu predigen und zu bezeugen, dass er es ist, welcher von Gott zum Richter der Lebendigen und Todten aufgestellt ist. [Act. 10,42]

 

VII. An welchen Zeichen man erkenne, dass das jüngste Gericht bevorstehe.

 

Die heiligen Schriften erklären, dass vorzüglich diese drei Zeichen dem Gerichte vorangehen: Verkündigung des Evangeliums in der ganzen Welt, Abfall und Antichrist. Denn der Herr sagt: Dieses Evangelium vom Reiche wird in der ganzen Welt verkündet werden, zum Zeugnisse allen Völkern; und dann wird das Ende erfolgen. [Matth. 24,14] Und der Apostel ermahnet uns, damit wir uns von Niemanden verführen lassen, zu glauben, als stünde der Tag des Herrn bevor, weil das Gericht nicht seyn wird, ehevor nicht der Abfall gekommen ist, und der Mensch der Sünde entdeckt sey. [II. Thess. 3,3]

 

VIII. Wie das Gericht gehalten wird, und auf welche Weise über Alle das Urtheil gefällt wird. 

 

1) Form des Gerichtes, 2) Spruch des Richters, erfreulich den Frommen, schrecklich den Bösen. 


I. Die Form und die Art des Gerichtes kann den Seelsorger aus den Weissagungen des Propheten Daniel und aus der Lehre der heiligen Evangelien und des Apostel Paulus leicht ersehen. Ueberdiess muss der Urteilsspruch, der vom Richter ausgesprochen werden wird, genauer erwogen werden.
II. Christus, unser Erlöser, wird die zu seiner Rechten stehenden Frommen mit freudigen Augen ansehen, und mit der grössten Milde das Urtheil so über sie aussprechen: Kommt, ihr Gesegneten meines Vaters; nehmet das Reich in Besitz, welches euch vom Anfange der Welt her bereitet ist. [Matth. 25,34] Dass man nichts Lieblicheres hören kann, als diese Worte, werden jene einsehen, welche sie mit dem Verdammungsurtheile der Bösen vergleichen, und bei sich überlegen, dass durch diese Worte die Frommen und Gerechten von ihren Mühsalen zur Ruhe, aus dem Thale der Thränen zur höchsten Freude, aus dem Elende zu ewiger Glückseligkeit welche sie sich durch ihre Liebeswerke verdienten, berufen werden.

 

IX. Mit welchen Arten von Strafen, die zur Linken gestellten Bösen werden belegt werden.

 

1) Strafe des Verlustes. Strafe des Gefühles. 2) Die Theilhaber der Strafe werden die Peinen der Hölle nicht mildern. 3} Gerechtigkeit jenes so herben Richterspruches.

 
I. Dann wird sich der Herr zu denen, die zu seiner Linken sind wenden, und seine Gerechtigkeit gegen sie mit diesen Worten ergiessen: Weg von mir, ihr Verfluchten! in das ewige Feuer, welches dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist. Durch die ersten Worte: Weg von mir, wird die härteste Strafe angedeutet, mit der die Sünder bestraft werden, da sie die Anschauung Gottes beraubt weit weg Verstossen werden, und keine Hoffnung sie trösten kann, dass sie je einmal der Seligkeit geniessen. Diess nannten die Theologen Strafe des Verlustes, weil nämlich die Verworfenen in der Hölle ewig des Lichtes der göttlichen Anschauung beraubt seyn werden. Der Zusatz Verfluchte vermehrt ihr Elend und ihren Jammer unsäglich. Denn wenn sie, verbannt aus der göttlichen Gegenwart, doch wenigstens eines geringen Segens würdig erachtet würden, so hätte ihnen diess wahrlich zu grossem Troste gereichen können; aber da sie nichts dergleichen zu erwarten haben, was ihr Unglück mildern könnte, so wird sie mit vollem Rechte bei ihrer Verbannung die göttliche Gerechtigkeit mit allem Fluche verfolgen. Dann folgt: ins ewige Feuer, welche zweite Art der Strafe die Theologen Strafe des Gefühles nannten, und zwar desswegen , weil sie durch körperliches Gefühl empfunden wird, wie durch Schläge und Geissein und andere empfindlichere Gattungen von Peinen, unter welchen ohne Zweifel die Qualen des Feuers das grösste Schmerzgefühl bewirken werden. Da zu diesem Uebel noch hinzukömmt die ewige Dauer desselben, so erhellt daraus, dass sich alle Arten von Strafen auf die Verdammten zusammenhäufen. Diess erklären noch deutlicher jene Worte, welche im letzten Theile des Richtersprnches enthalten sind: das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist.
II. Wenn wir den Vergleich anstellen, dass wir alle Beschwerden leichter ertragen, wenn wir bei unserm Unglücke einen Gefährten und Theilnehmer haben, durch dessen Klugheit und Sanftmuth wir einiger Massen unterstützt werden können; wie gross wird der Jammer der Verdammten seyn, die sich bei solchen Leiden nie von der Gesellschaft der verworfensten, Geister losreissen können?
III. Und dieser Urtheilsspruch wird von unserm Herrn und Heiland auf die gerechteste Weise gegen die Gottlosen gefällt, da sie alle Werke der wahren Gottesfurcht vernachlässiget, und dem Hungrigen und Durstigen weder Speise noch Trank gereicht, den Fremdling nicht beherbergt, den Nackten nicht bekleidet, den Gefangenen und den Kranken nicht besuchet haben.

 

X. Ueber das Gericht soll den Gläubigen öfter geprediget werden.

 

Die Lehre" vom Gerichte Gottes soll den Gläubigen öfter eingeschärft werden. Denn die gläubig aufgenommene Wahrheit dieses Artikels hat die Kraft, die bösen Begierden des Gemülhes zu bezähmen, und die Mensehen von Sünden abzuhalten. Daher spricht der Ecclesiasticus: Bei allen deinen Verrichtungen bedenke das Ende, und du wirsf in Ewigkeit nicht sündigen. [Ecclesiastic. 7,40] Und wahrlich, es wird kaum Jemand so schnell zum Laster hingerissen, dass ihn nicht jener Gedanke zur Liebe der Frömmigkeit zurückliefe, der Gedanke nämlich, dass er einst vor dem gerechtesten Richter, nicht allein von allen seinen Thaten und Reden, sondern auch von den geheimsten Gedanken Rechenschaft ablegen, und die verdiente Strafe abbüssen müsse. Der Gerechte aber muss dadurch zur Liebe der Gerechtigkeit immer mehr ermuntert, und durch die höchste Freude erfüllet werden, wenn er auch sein Leben in Armuth,
Verachtung und Leiden hinbringen mag, wenn er an jenen Tag denkt, wo er vor allen Menschen nach dem Kampfe mit den Mühsalen dieses Lebens als Sieger wird erkläret und, aufgenommen in das himmlische Vaterland, mit jenen göttlichen und ewigen Ehren belohnet werden wird. Zum Schlusse sollen die Gläubigen ermahnet werden, dass sie ein frommes Leben führen, und mit allem Eifer sich in der Tugend üben, damit sie die Ankunft jenes grossen Tages des Herrn mit mehr Sicherheit erwarten, und sogar, wie es guten Christen geziemt, mit grösster Begierde darnach verlangen können.

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