Dienstag, 25. Juni 2013

Catechismus Romanus - Vom Sakramente der letzten Ölung.

Römischer Katechismus (Catechismus). Nach dem Beschlusse des Conciliums von Trient und auf Befehl des Pabstes Pius V. herausgegeben. Passau, Druck und Verlag von Friedrich Winkler 1839


Zweiter Theil - Sechstes  Hauptstück  - Vom Sakramente der letzten Ölung

 


 

I. Warum die Seelenhirten öfter über das Sakrament der letzten Oelung zum Volke sprechen sollen. 

 

Durch die Worte der heiligen Schriften: Bei allen deinen Werken gedenke an deine letzten Dinge, und du wirst in Ewigkeit nicht sündigen, [Ecclesiast. 7,40] werden die Seelsorger stillschweigend ermahnt, ja keine Gelegenheil vorübergehen zu lassen, das gläubige Volk zur beständigen Betrachtung des Todes anzumahnen. Weil aber das Sakrament der letzten Oelung innig mit dem Andenken an jenen letzten Tag verbunden ist, so ersieht man leicht, dass man oft davon sprechen müsse, nicht blos deshalb, weil es sehr vortheilhaft ist, die Geheimnisse jener Dinge, die die Seligkeit betreffen, darzulegen und zu erklären, sondern auch, weil die Gläubigen, wenn sie daran denken, dass alle Menschen dereinst sterben müssen, die bösen Begierden bezähmen werden, wodurch geschehen, wird , dass sie sich im Angesichte des Todes selbst weniger bestürzt fühlen, vielmehr Gott immerwährend Dank sagen, dass er, wie er uns durch das Sakrament der Taufe den Zutritt zum wahren Lehen eröffnet hat, so auch, auf dass wir bei'm Hinscheiden aus diesem sterblichen Leben einen bequemern Weg zum Himmel haben sollten, das Sakrament der letzten Oelung eingesetzt hat.

 

II. Warum dieses Sakrament letzte Oelung genannt werde. 

 

Um dasjenige, was zur Erklärung am notwendigsten ist, fast in derselben Ordnung, wie sie bei den andern Sakramenten beobachtet wurde, darzulegen, soll zuerst erklärt werden, diess Sakrament sey desswegen letzte Oelung genannt worden, weil diese von
allen heiligen Salbungen, die unser Herr und Heiland seiner Kirche anbefohlen hat, zuletzt ertheilet werden soll. Daher nannten unsere Vorfahren diese Salbung auch das Sakrament der Kranken - Salbung, und das Sakrament der Sterbenden , durch welche Benennungen die Gläubigen an ihre letzten Stunden erinnert werden.

 

III. Wie der letzten Öelung die eigentliche Wesenheit eines Sakramentes zukomme. 

 

Dass die letzte Oehlung ein Sakrament sey, erklärt Trid. Syn. sess. 14 de extrem. nuct. in proem. c. 1. can. 1. 2.

Vor Allem muss dargelegt werden, dass die letzte Oelung die eigentliche Wesenheit eines Sakramentes habe. Diess wird sich deutlich zeigen, wenn wir die Worte, mit welchen der heil. Jakobus das Gesetz dieses Sakramentes ausgesprochen hat, betrachten. Er sagt: Ist Jemand unter euch krank, so rufe er die Priester der Kirche, dass sie über ihn beten, und ihn salben im Namen des Herrn; und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken zum Heile seyn, und der Herr wird ihn aufrichten, und wenn er in Sünden ist werden sie ihm nachgelassen. [Jac. 5,14, 15.] Da nun der Apostel behauptet, die Sünden werden nachgelassen, so erklärt er hiedurch die Kraft und Natur des Sakramentes. Dass aber diess die beständige Lehre der katholischen Kirche von der letzten Oelung gewesen sey, bezeugen nicht nur mehrere Kirchenversammlungen, sondern es ist auch von der heil. Synode von Trient ausgesprochen worden, unter Androhung des Bannfluches gegen Alle, welche anders zu lehren oder zu denken wagen würden. Auch Innocenz der Erste hat dieses Sakrament allen Gläubigen sehr anempfohlen.

 

IV. Da hiebei mehrere Salbungen geschehen, soll man also nicht auch sagen, es seyen mehrere Sakramente da? 

 

Das Sakrament der letzten Ölung ist eines, obwohl es durch mehrere Salbungen ertheilet wird.

Die Seelsorger müssen standhaft lehren, die letzte Oelung sey ein wahres Sakrament, und zwar nicht mehrere, sondern ein einziges, obschon es durch mehrere Salbungen ertheilt werde; und bei jeder einzelnen müssen eigene Gebete, und eine besondere Form angewendet werden. Es ist aber ein einziges, nicht durch die Zusammenreihung der Theile, die nicht getrennt werden können, sondern durch seine Vollkommenheit dergleichen alles Uebrige ist, was aus verschiedenen Dingen besteht. Wie ein Haus, welches aus vielen und mannigfachen Dingen zusammengesetzt ist, nur durch Eine Form vollendet wird, so ist auch dieses Sakrament, obschön es aus mehreren Dingen und Worten besteht, doch nur Ein Zeichen, und hat die Wirksamkeit Einer Sache, die sie andeutet. Ueberdiess sollen die Seelsorger lehren, welche die Theile dieses Sakramentes seyen, nämlich das Element und das Wort, diess hat der heil. Jakobus nicht übergangen; und in jedem einzelnen Satze kann man seine Geheimnisse bemerken.

 

V. Welches die Materie der letzten Oelung sey. 

 

Nach dem Ausspruche der Concilien und vorzüglich des von Trient, ist ihr Element oder ihre Materie das vom Bischofe geweihte Oel; nämlich nicht jede beliebige Flüssigkeit von fetter und dichter Beschaffenheit, sondern nur das, aus den Beeren der Oliven gepresste, Oel. Sehr passend aber zeigt diese Materie das an, was durch die Kraft des Sakramentes innerlich in der Seele bewirkt wird; denn wie das Oel zur Stillung der körperlichen Schmerzen sehr dienlich ist, so auch vermindert die Kraft des Sakramentes die Traurigkeit und den Schmerz der Seele. Ueberdiess stellt das Oel die Gesundheit wieder her, erregt frohen Muth, uud verschafft dem Lichte gleichsam eine Nahrung; auch ist es zur Wiederherstellung der Kräfte eines ermüdeten Körpers sehr zweckdienlich. Diess Alles zeigt an, was in dem Kranken durch die göttliche Kraft bei der Ausspendung dieses Sakramentes bewirkt wird. Soviel ist genug von der Materie.

 

VI. Worin die Form dieses Sakramentes bestehe. 

 

Die Form dieses Sakramentes ist das Wort und jenes feierliche Gebet, welches der Priester bei jeder einzelnen Salbung verrichtet, indem er spricht: Durch diese heilige Salbung möge dir Gott verzeihen, was du durch die Augen, oder Nase oder durch das Gefühl gesündigt hast. Per istam sanctam unctionem indulgest tibi Deus, quidquid oculorum, sive narium, sive tactus vitio deliquisti. Dass aber diess die wahre und eigentliche Form dieses Sakramentes sey, deutet der heil. Jakobus an, da er sagt: und sie sollen über ihn beten... und das Gebet des Glaubens wird den Kranken aufrichten. [Jac. 5, 14. 15] Hieraus erfährt man, dass die Form in der Weise eines Gebetes ausgesprochen werden müsse, obscbon der Apostel nicht ausgedrückt hat, in welchen Worten dieselbe abgefasst seyn müsse. Dieses aber wissen wir aus der treuen Ueberlieferung der Väter, so dass alle Kirchen die nämliche Form beobachten, deren sich die Mutter und Lehrerin aller, die heilige römische Kirche, bedient. Wenn auch Einige manche Worte verändern, indem sie statt: Indulgeat tibi Deus (Gott möge dir verzeihen} setzen: Remittat. (er möge nachlassen) oder parcat (er möge schonen), manchmal auch sanet (er möge heilen), quidquid comisisti (was du gesündiget hast), es ist doch ausgemacht, dass von Allen die nämliche Form gewissenhaft beobachtet werde, weil dadurch der Sinn nicht, geändert wird.

 

VII. Warum die Form dieses Sakramentes in einem Gebete bestehe. 

 

1) Durch die letzte Oelung wird nicht blos die Seele, sondern zuweilen auch der Leib geheilt. Trid. Syn. sess. 14 de extrem., unc. c. 2. et can 2. 2) Warum bei diesem Sakramente so viele Gebete angewendet werden.

I. Es darf sich Niemand wundern, woher es komme, dass die Form der andern Sakramente entweder unbedingt anzeige, was sie wirkt, wie wenn wir sagen: Ich taufe dich; Ich bezeichne dich mit dem Zeichen des Kreuzes, oder gleichsam, befehlend ausgesprochenwerde, wie es bei der Ausspendung des Sakramentes der Priesterweihe heisst: Nimm hin die Gewalt; dass aber diese Form der letzten Oelung allein in einer Art Gebet bestehe. Es ist diess mit vollem Rechte so angeordnet worden, da dieses Sakrament desshalb angewendet wird, um ausser der geistigen Gnade, die es ertheilt, auch den Kranken die Gesundheit wiederherzustellen. Doch weil nicht immer erfolgt, dass die Kranken von ihren Krankheiten genesen, so wird es in Gebetsform ertheilt, um dadurch von der Liebe Gottes das zu erlangen, was die Kraft des Sakramentes nicht allzeit zu bewirken pflegt.
II. Es werden auch bei der Ausspendung dieses Sakramentes eigene Gebräuche angewendet, deren grösster Theil aber in Gebeten besteht, die der Priester für das Heil der Kranken verrichtet. Kein anderes Sakrament enthält bei seiner Ausspendung so viele Gebete und zwar mit Recht, da vorzüglich in jenen Umständen die Gläubigen durch fromme Fürbitten unterstützt werden sollen. Desshalb müssen alle Umstehenden und vorzüglich die Seelsorger Gott innigst bitten, und das Leben und Heil des Kranken seiner Barmherzigkeit eifrigst anempfehlen.

 

VII. Wer der Urheber dieses Sakramentes sey. 

 

I. Das Sakrament der letzten Oelung ist von Christus eingesetzt. II. Die Ausspendung der letzten Oelung ist vom Herrn den Aposteln anbefohlen worden.

I. Da nun bewiesen ist, dass die letzte Oelung, wahrhaft und eigentlich unter die Sakramente gezählt werden müsse, so folgt auch, dass ihre Einsetzung von Christus dem Herrn ausgegangen sey, die hernach vom heiligen Apostel Jakobus den Gläubigen gesetzlich bekannt gemacht worden ist.
II. In gewisser Weise scheint Christus selbst schon ein Beispiel dieser Oelung gegeben zu haben, da er seine Jünger je zwei und zwei vor sich hersandte, von denen es bei´m Evangelisten heisst: Sie gingen hin und predigten, dass sie Busse thun sollten; und sie trieben viele Teufel aus, und salbten viele Kranke mit Oel und heilten sie. [Marc. 6, 12. 13] Man muss also glauben, diese Oelung sey nicht etwa von den Aposteln erfunden, sondern vom Herrn befohlen, nicht mit irgend einer natürlichen Kraft begabt, sondern sie sey geheimnissvoll, viel mehr zur Heilung der Seelen, als zur Gesundmachung der Körper eingesetzt worden. Desswegen behaupten der heil. Dionysius, Ambrosius, Chrysostomns und Gregor der Grosse, man dürfe durchaus nicht daran zweifeln, dass diess eines von den sieben Sakramenten der katholischen Kirche sey, und mit der höchsten Ehrfurcht empfangen werden müsse.'

 

IX. Wem die letzte Oelung ertheilt werden müsse. 

 

I. Die letzte Oelung darf nicht allen ertheilt werden. Erstens sind ausgeschlossen die Kräftigen und Gesunden. II. Den Kranken soll diese Oelung bei Zeiten ertheilt werden. III. Einem Gesunden, der sich einer Todesgefahr u nterzieht, darf die letzte Oelung nicht ertheilet werden. Zweitens sind ausgeschlossen die Kinder und Wahnsinnigen.

I. Die Gläubigen sollen belehret werden, dieses Sakrament sey zwar für alle bestimmt, doch dürfe es einigen Gattungen von Menschen nicht ertheilt werden. Erstens darf es denen nicht ertheilt werden, die gesund und kräftig am Leibe sind. Diess lehrt der Apostel, da er sagt: Ist jemand unter euch krank; und auch die Vernunft zeigt es; da sie desswegen eingesetzt ist, um nicht nur der Seele, sondern auch dem Leibe ein Heilmittel zu verschaffen. Da aber nur jene einer Heilung bedürfen, die krank sind, so darf dieses Sakrament auch nur jenen ertheilt werden, welche so gefährlich krank sind, dass man ihren baldigen Tod befürchten muss.
II. Hierbei aber versündigen sich jene sehr schwer, welche mit der letzten Oelung so lange zaudern, bis alle Hoffnung des Lebens verloren ist, und der Kranke schon keine Empfindung und keine Besinnung mehr hat. Bekanntlich trägt es zum reichlichem Empfange der Gnade des Sakramentes sehr viel bei, wenn der Kranke mit dem heiligen Oele gesalbt wird, so lange er noch bei vollem Verstande ist, und den Glauben und einen frommen Willen mitbringen kann. Desshalb sollen die Seelsorger darauf Acht haben, dass sie diese himmlische Arznei, die zwar jederzeit vermöge ihrer Kraft sehr heilsam ist, vorzüglich zu jener Zeit darreichen, zu der sie durch die Frömmigkeit und Gottesfurcht derjenigen, die geheilt werden sollen, am nützlichsten erscheint.
III. Niemanden, der nicht schwer darniederliegt, darf also diess Sakrament ertheilet werden, wenn er sich auch einer Todesgefahr unterzieht, entweder weil er eine gefahrvolle Seereise unternimmt, oder in eine Schlacht geht, wo ihm sicher der Tod bevorsteht; oder auch wenn ein zum Tod Verurtheilter hingerichtet wird. Auch alle diejenigen, welche den Gebrauch ihrer Vernunft nicht haben, sind untauglich zum Empfange, dieses Sakramentes; so auch die Kinder, die keine Sünden begehen, deren Ueberbleibsel durch das Heilmittel dieses Sakrameates zu heilen nothwendig wäre; ebenso die Wahnsinnigen und Rasenden, wenn sie nicht zu Zeiten den Gebrauch der Vernunft besitzen, und in einem solchen lichten Zeitpunkte Zeichen eines frommen Sinnes darlegen, und bitten, mit dem heiligen Oele gesalbt zu werden. Wer von Geburt aus niemals seines Verstandes und der Vernunft mächtig war, darf nicht gesalbt werden; anders aber verhält sich die Sache, wenn der Kranke, da er noch bei voller Besinnung verlangte, dieses Sakramentes theilhaftig zu werden, später in Wahnsinn und Raserei verfällt.

 

X. Welche Theile des Körpers gesalbt werden müssen. 

 

Es sollen nicht alle Theile des Körpers gesalbt werden, sondern nur die, welche die Natur dem Menschen gleichsam als Werkzeuge der Sinne verliehen hat: die Augen wegen des Gesichtes, die Ohren wegen des Gehöres, die Nase wegen des Geruches, der Mund wegen des Geschmackes und der Sprache , die Hände wegen des Gefühles, das zwar im ganzen Körper gleicherweise vertheilt ist, aber doch vorzüglich in diesem Theile vorherrscht. Diese Art zu salben beobachtet die allgemeine Kirche, und sie ist auch für die Beschaffenheit dieses Sakramentes sehr passend; denn sie gleicht einem Heilmittel. Da man aber bei körperlichen Krankheiten, wenn auch der ganze Körper leidet, doch die Heilung nur auf jenen Theil anwendet, von welchem die Krankheit gleich einer Quelle ausgeht, so wird desswegen nicht der ganze Körper, sondern jene Glieder werden gesalbt, in welchen vorzüglich die Kraft des Gefühles liegt; auch die Lenden, als der Sitz der Geilheit und Wollust, und die Füsse werden gesalbt, well sie das Werkzeug des Gehens und der Bewegung von einem Orte an einen andern sind.

 

XI. Die letzte Oelung kann wiederholt werden. 

 

Hiebei muss beobachtet werden, dass der Kranke in der nämlichen Krankheit und bei der nämlichen Todesgefahr nur einmal dürfe gesalbt werden. Wird er nach dem Empfange dieser Salbung gesund, so kann ihm nachher das Schutzmittel dieses Sakramentes so oft ertheilt werden, als oft er in Lebensgefahr geräth. Hieraus erhellt, dass es unter die Zahl jener Sakramente gehöre, die wiederholt werden können.

 

XII. Mit welcher Ehrfurcht und Vorbereitung dieses Sakrament empfangen werden müsse. 

 

Erstens soll der Oelung das Sakrnment des Altars und der Busse vorangehen. Zweitens muss es mit festem Glauben empfangen werden. Drittens muss es bei Zeiten ertheilet werden.
Weil man aber mit allem Eifer darnach trachten muss, dass nichts der Gnade des Sakramentes im Wege stehe; dieser aber nichts hinderlicher ist, als das Bewusstseyn einer Todsünde; so soll die beständige Gewohnheit der katholischen Kirche beobachtet, und vor der letzten Oelung das Sakrament der Busse und des Altars ertheilet werden. Hernach sollen die Seelsorger den Kranken dahin zu vermögen suchen, dass er sich mit einem solchen Glauben der Salbung des Priesters unterziehe, wie einst jene, die zu den Aposteln kamen, um von ihnen geheilt zu werden. Vor Allem aber muss man um das Heil der Seele, hernach um Gesundheit des Leibes bitten mit dem Beisatze: Wenn sie zum ewigen Heile zuträglich, ist. Die Gläubigen dürfen aber nicht zweifeln, dass jene heiligen und feierlichen Gebete von Gott erhöret werden, da sich ihrer der Priester, nicht seine sondern der Kirche und unsers Herrn Jesu Christi Person vertretend, bedient. Hiebei sind sie auf das Eine sehr dringend aufmerksam zu machen, dass sie sich das Sakrament dieser so heilbringenden Oelung mit Andacht und ehrfurchtsvoll ertheilen lassen sollen, wenn der Kampf heftiger zu werden, und die Kräfte der Seele und des Leibes zu sinken scheinen,

 

XIII. Wer dieses Sakrament ausspenden dürfe. 

 

Der Priester ist Ausspender dieses Sakramentes anstatt Christi.

Wer der Ausspender der letzten Oelung sey, erfahren wir von dem nämlichen Apostel, der auch das Gesetz des Herrn verkündigt hat; denn er sagt: Er rufe die Priester; unter welchem Namen er nicht jene versteht, die im Alter vorgeschritten sind , wie weise die Synode von Trient auslegte, oder die unter dem Volke einen Vorrang inne haben, sondern die Priester, die von den Bischöfen durch Auflegung ihrer Hände rechtmässig geweiht sind. Dem Priester also ist die Ausspendung dieses Sakramentes übertragen. Doch nach dein Beschlüsse der heiligen Kirche ist nicht jedem Priester, sondern dem eigenen Seelsorger, welcher die Gerichtsbarkeit hat, oder einem andern, dem jener die Vollmacht, sein Amt zu verwalten, übertrug, dieses Sakrament auszuspenden erlaubt. Vorzüglich aber ist jenes wohl, zu beachten, dass der Priester bei ihrer Ausspendung, gleichwie auch bei den übrigen Sakramenten geschieht, die Person unsers Herrn Jesu Christi und der heiligen Kirche, seiner Braut vertrete.

 

XIV. Welche Früchte die Menschen aus dem Gebrauche dieses Sakramentes erlangen. 

 

I. Der erste Nutzen ist, dass es die Sünden tilgt. Zweitens stärkt es die Seele. II. Zu welcher Zeit dieses Sakrament empfangen werden müsse. Trid. Syn. ibid. c. 3. III. Drittens schützt es uns gegen die Angriffe des Teufels. IV. Viertens wird dadurch die Gesundheit des Leibes, wenn es uns nützlich ist, hergestellt. V. Glaube und Hoffnung der Kranken müssen nach dem Empfange dieses Sakramentes erwecket werden.

I. Auch müssen die Vortheile genauer dargelegt werden, die wir aus diesem Sakramente ziehen, damit die Gläubigen, wenn sie nichts anders zum Empfange desselben antreibt, doch wenigstens durch seinen Nutzen dazu bewogen werden; da es nun einmal so ist, dass wir fast alles nach dem Nutzen bemessen. Daher sollen die Seelsorger lehren, dieses Sakrament ertheile die Gnade, welche die Sünden, und vorzüglich die geringern, und wie man sie gemeiniglich nennt, die lässlichen, nachlässt; denn die Todsünden werden durch das Sakrament der Busse getilgt. Auch ist diess Sakrament nicht zunächst wegen der Nachlassung der schwereren Vergehen eingesetzt, sondern diess bewirken nur die Taufe und Busse durch ihre Kraft. Der zweite Nutzen der heiligen Oelung besteht darin, dass sie die Seele von der Schwäche und Krankheit, die sie sich durch die Sünden zugezogen hat, und von den andern Ueberbleibseln der Sünden befreit.
II. Die für diese Heilung gelegenste Zeit aber ist die, wenn wir schwer krank darniederlicgen, und dem Leben Gefahr droht. Dem Menschen ist es von Natur aus angeboren, unter allen menschlichen Dingen nichts so sehr zu fürchten, als den Tod; diese Furcht aber wird durch das Andenken an die begangenen Sünden sehr vermehrt; vorzüglich wenn uns unser Gewissen schwer anklagt; wie geschrieben steht: Furchtsam werden sie daher kommen im Andenken an ihre Sünden, und ihre Ungerechtigkeiten werden ihnen gegenüber stehen. [Sap 4,20.] Ferner ängstiget sehr jene Sorge und der Gedanke, dass man in kurzer Zeit vor dem Richterstuhle Gottes sich stellen müsse, von welchem über uns das gerechteste Urtheil, so wie wir es verdient haben, gefällt werden wird. Es ereignet sich auch oft, dass sich die Gläubigen, ergriffen von diesem Schrecken, furchtbar beunruhigt fühlen. Nichls aber trägt mehr zu einem ruhigen Tode bei, als wenn wir die Traurigkeit ablegen, mit freudigem Gemüthe der Ankunft des Herrn harren, und bereit sind, unser anvertrautes Talent, wenn er es immer von uns abfordern will, gerne zurückzustellen. Um also die Gemüther der Gläubigen von diesem Kummer zu befreien, und ihre Seele mit frommer und heiliger Freude zu erfüllen, hat der Herr dieses, Sakrament eingesetzt.
III. Überdiess erlangen wir durch dasselbe noch, etwas anderes, was mit Recht für das Höchste von allen Gütern gehalten werden kann. Obschon der Feind des Menschengeschlechtes, so lange wir leben, niemals aufhört, auf unsern Untergang und Verderben zu sinnen, so strengt er doch zu keiner Zeit, um uns zu verderben, und wenn es möglich wäre, uns die Hoffnung auf die göttliche Barmherzigkeit zu rauben, heftiger alle seine Kräfte an, als wenn er bemerkt, dass der letzte Tag des Lebens herannaht. Desshalb werden den Gläubigen durch dieses Sakrament Waffen und Kräfte dargeboten, wodurch sie den Andrang und die Kraft des Gegners schwächen, und ihm tapfer widerstehen können; denn der Muth des Kranken wird gehoben and aufgerichtet durch das Vertrauen auf die göttliche Güte, und dadurch gestärkt, erträgt er geduldiger die Unbequemlichkeiten der Krankheit, und entgeht leichter der Kunstgriffen und der Schlauheit des ihm nachstellenden Teufels.
IV. Dazu kömmt endlich auch die Gesundheit des Körpers, wenn sie zuträglich ist. Wenn diese zu unserer Zeit die Kranken weniger oft erlangen, so ist diess nicht die Schuld des Sakramentes, sondern es ist anzunehmen, dass diess vielmehr daher komme, weil ein grosser Theil sowohl von denen, die mit dem heiligen Oele gesalbt werden, als auch von jenem, die es ausspenden, zu schwach im Glauben ist. Der Evangelist bezeugt, der Herr habe bei den Seinigen nicht viel Wunder gewirkt wegen ihres Unglaubens. [Matth. 13,58] Doch kann auch als Grund hievon angeführt werden, dass die christliche Religion, seitdem sie so zu sagen in den Herzen der Menschen tiefere Wurzeln gefasst hat, jetzt weniger der Beihülfe von Wundern bedürfe, als vormals bei'm Anfange der aufkeimenden Kirche nothwendig schien.
V. Doch muss hiebei der Glaube sehr angefeuert werden, und mag sich, was die körperliche Gesundheit betrifft, nach dem Rathschlusse und Willen Gottes ereignen, was da wolle , so müssen doch die Glaubigen zuversichtlich hoffen, dass sie durch die Kraft dieses heiligen Oeles die geistige Gesundheit erlangen werden; und dass ihnen, wenn sie aus diesem Leben scheiden sollten, die Frucht jener herrlichen Verheissung zu Theil werde, worin es heisst: Selig die Todten, die im Herrn sterben. [Apoc. 14,13] Es ist hiemit zwar nur kurz vom Sakramente der letzten Oelung geredet, aber wenn diese Hauptsätze von den Seelsorgern weitläufiger und mit gehörigem Fleisse erkläret werden, so ist kein Zweifel, dass die Gläubigen aus dieser Lehre den grössten Nutzen der Gottseligkeit ziehen werden.

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