Mittwoch, 5. Juni 2013

Catechismus Romanus - Vom Sakramente der Firmung

Römischer Katechismus (Catechismus). Nach dem Beschlusse des Conciliums von Trient und auf Befehl des Pabstes Pius V. herausgegeben. Passau, Druck und Verlag von Friedrich Winkler 1839


Zweiter Theil - Drittes  Hauptstück  - Vom Sakramente der Firmung



I. Warum man heutzutage die Kraft der Firmung besonders erklären müsse. 

 

1) Wie sehr die Geringschätzung des Sakramentes der Firmung um sich gegriffen habe. 2) Wann die Firmung vorzüglich geschehen soll.


I. Wenn je von den Seelsorgern gefordert werden musste, mit Sorgfalt dieses Sakrament zu erklären, so ist es gewiss jetzt nothwendig, dasselbe so viel möglich zu beleuchten, da in der heiligen Kirche dieses Sakrament von Vielen ganz und gar verabsäumt wird, und sehr wenige sich bemühen, eine so grosse Frucht der göttlichen Gnade daraus zu ziehen, wie es ihre Schuldigkeit wäre.
II. Daher sollen die Gläubigen über die Natur dieses Sakramentes, seine Kraft und Würde, sowohl am Pfingstfeste, wo es vorzüglich ausgespendet zu werden pflegt,
als auch an andern Tagen, wo es nach dem Gutachten der Seelsorger füglich geschehen kann, so belehret werden, dass sie einschen, man dürfe es nicht nur nicht vernachlässigen, sondern es müsse mit der grössten Frömmigkeit und Gottesfurcht empfangen werden, damit nicht aus ihrer eigenen Schuld zu ihrem grössten Schaden diese göttliche Wohllhat ihnen umsonst mitgetheilt zu seyn scheine.

 

II. Warum die Kirche dieses Sakrament Firmung nannte. 

 

Um von der Benennung anzufangen, muss gelehrt werden, dass die Kirche dieses Sakrament desswegen Firmung nenne, weil der Getaufte, da er von dem Bischöfe mit dem heiligen Chrysam gesalbt wird, unter den feierliehen Worten: Ich bezeichne dich mit dem Zeichen des Kreuzes und stärke dich mit dem Chryam des Heiles, im Namen des Vaters, und des Sohnes, und des heiligen Geistes. wenn der Wirksamkeit des Sakramentes nichts anderes hinderlich ist, durch die Kraft neuer Tugend mehr gestärkt, und so ein vollkommener Streiter Christi wird.

 

III. Die Firmung ist ein wahres Sakrament des neuen Bundes. 

 

Dass die Firmung wirklich ein Sakrament sey, wird bewiesen aus der Erblehre und aus der Uebereinstimmung der Kirchenväter. Sess. 7. Conc. Trident. de confirm. c. 1 et 2. 


Die katholische Kirche hat in der Firmung immer ein wahres und eigentliches Sakrament anerkannt, was auch der Pabst Melchiades und mehrere andere der heiligsten und ältesten Päbste offenbar erklären. Der heilige Clemens konnte die Lehre dieser Wahrheit nicht gründlicher beweisen, als da er schrieb: Alle müssen ohne Zaudern sich beeilen, Gott wiedergeboren und dann vom Bischöfe gefirmt zu werden, d. h. die siebenfache Gnade des heiligen Geistes zu empfangen, da sonst derjenige kein vollkommener Christ seyn kann, welcher ohne Ursache und aus freiem Willen, nicht aber durch die Nothwendigkeit verhindert, dieses Sakrament verabsäumt, wie uns der heilige Petrus befohlen, und die übrigen Apostel, auf Geheiss des Herrn, gelehrt haben. Eben diesen Glauben lehrten, wie aus ihren Dekreten ersehen werden kann, die Päbste Urbanus, Fabianus und Eusebius, die von demselben Geiste erfüllt für Christus ihr Blut vergossen.

 

IV.Heilige Kirchenlehrer, die dieses Sakramentes erwähnen. 

 

Dazu kömmt das übereinstimmende Ansehen der heiligen Väter. Unter diesen sagt Dionysius, der Areopagite, Bischof von Athen, in seiner Rede, wie dieses heilige Oel bereitet und angewendet werden müsse, wie folgt: Den Getauften bekleiden die Priester mit dem anständigen Kleide der Reinigkeit, um ihn vor den Bischof zu führen; jener aber bezeichnet den Getauften mit dem heiligen und wahrhaft göttlichen Oele, und macht ihn zum Theilhaber der geheiligten Gemeinschaft.[De Eccl. Hier. c.2]> Auch Eusebius von Cäsarea schreibt diesem Sakramente eine so hohe Kraft zu, dass er keinen Anstand nimmt, zu sagen , der Ketzer Novatus habe sich des heiligen Geistes nicht verdient machen können, weil er, da er in einer gefährlichen Krankheit getauft worden war, nicht mit dem Zeichen des Chrysams bezeichnet worden ist. Die deutlichsten Beweise hierüber besitzen wir vom heil. Ambrosius in dem Buche , welches den Titel hat: Von denen, welche eingeweiht werden; ferner vom heil. Augustin in den Schriften, die er gegen die Briefe des Donatisten Petilianus herausgab, welche beide so wenig Ursache fanden, über die Wahrheit dieses Sakramentes zu zweifeln, dass sie dieselbe auch aus den, Stellen der heiligen Schrift lehrten und bestätigten. Der Eine von ihnen behauptet, dass jene Worte des Apostels: Betrübet nicht den heiligen Geist Gottes, in dem ihr bezeichnet seyd; [Ephes. 4.30] der Andere aber, dass die Worte des Psalmes: Wie die Salbe auf dem Haupte, welche herabfliesst auf den Bart, den Bart Aarons; [Ps.132,2.] dann jene Stelle des Apostels: Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsern Herzen durch den heiligen Geist, der uns verliehen norden ist, [Rom. 5.5] sich auf das Sakrament der Firmung beziehen.

 

V. Welcher Unterschied zwischen der Taufe und Firmung sey. 

 

Worin der Unterschied zwischen beiden gesucht werden müsse.


Obschon Melchiades sagt, die Taufe sey mit der Firmung innig verbunden, so darf man sie doch nicht für das nämliche, sondern man muss sie für ein ganz verschiedenes Sakrament halten. Denn es ist bekannt, dass die Mannigfaltigkeit der Gnade, welche jedes Sakrament ertheilt, und die sichtbare Sache, welche die Gnade selbst andeutet, bewirken, dass es auch mannigfaltige und verschiedene Sakramente gebe. Da also durch die Gnade der Taufe die Menschen zu einem neuen Leben geboren, durch das Sakrament der Firmung, aber die, welche schon geboren sind, Männer werden, Ihr habet abgelegt, was kindisch war; [1. Cor. 13.11] so erkennt man hinlänglich, dass die Taufe, welche die Kraft der Wiedergeburt besitzt, von der Firmung, durch deren Wirkung die Gläubigen gestärkt werden, und eine vollkommene Seelenstärke erhalten, sich so weit unterscheide, wie sich im gemeinen Leben die Geburt von dem Wachsthume unterscheidet. Da ferner eine neue und verschiedene Gattung von Sakrament angeordnet seyn muss, wenn die Seele neue Schwierigkeiten zu bekämpfen hat, so kann leicht ersehen werden, dass es, wie wir die Gnade der Taufe bedürfen, um die Seele für den Glauben empfänglich zu machen, auch eben so zuträglich sey, die Seelen der Gläubigen durch eine andere Gnade zu stärken, damit sie durch keine Furcht von Strafen, Martern oder Lebensgefahr von dem Bekenntnisse des wahren Glaubens abgeschreckt werden. Da aber diess durch den heiligen Chrysam der Firmung bewirkt wird, so lässt sich daraus offenbar der Schluss ziehen, dass dieses Sakrament von der Taufe verschieden sey. Der Pabst Melchiades setzt den Unterschied zwischen beiden genau auseinander, indem er schreibt: „Bei der Taufe wird der Mensch zum Kriegsdienste angeworben, und in der Firmung wird er bewaffnet zum Kampfe. In der Taufquelle ertheilt der heilige Geist seine Gnadenfülle zur Unschuld; durch die Firmung aber verleiht er die Vollkommenheit zur Gnade. In der Taufe werden wir wiedergeboren zum Leben; nach der Taufe werden wir gestärkt, zum Kampfe; in der Taufe werden wir abgewaschen; nach der Taufe werden wir gekräftiget; die Wiedergeburt macht durch sich selig die, welche im Frieden die Taufe erhalten; die Firmung bewaffnet und rüstet zum Kämpfen." Diess ist aber nicht allein von andern Kirchenversammlungen gelehrt, sondern auch besonders von der heiligen Synode zu Trient entschieden worden, so dass man hierüber nicht blos nicht anders denken, sondern nicht einmal zweifeln darf.

 

VI. Wer der Urheber des Sakramentes der Firmung sey. 

 

1) Christus ist der Urheber der Firmung, 2) Alle Sakramente sind. von Christus eingesetzt.


I. Weil früher gezeigt worden ist, wie nothwendig es sey, überhaupt von allen Sakramenten zu lehren, von wem sie ihren Ursprung haben, so muss diess auch von der Firmung dargestellt werden, damit die Gläubigen durch die Heiligkeit dieses Sakramentes mehr angeeifert werden.
II. Die Seelsorger Sollen also erklären, dass Christus der Herr nicht blos sein Urheber gewesen sey, sondern dass auch er, nach dem Zeugnisse des römischen Pabstes Fabian , den Gebrauch des Chrysams und die Worte denen sich die katholische Kirche bei dessen Ausspendung bedient, anbefohlen habe. Diess kann jenen leicht bewiesen werden, welche bekennen, dass die Firmung ein Sakrament sey, da alle heiligen Geheimnisse die Kräfte der menschlichen Natur übersteigen, und daher von niemand andern, als von Gott eingesetzt werden können. Jetzt aber wollen wir von seinen Bestandtheilen, und zwar zuerst von der Materie desselben reden!

 

VII. Welche die Materie dieses heiligen Geheimnisses sey. 

 

Diese heisst Chrysam. Mit diesem Namen, der ursprünglich griechisch ist, bezeichnen zwar die profanen Schriftsteller jede Art von Salbe; jedoch die heiligen Schrifsteller wendeten ihn gemeiniglich nur auf jene Salbe an, welche aus Oel und Balsam besteht, und vom Bischofe feierlich geweiht wird. Daher besteht die Materie der Firmung aus zwei mit einander vermischten körperlichen Dingen, und sowie diese Zusammensetzung verschiedener Sachen die Mannigfaltigkeit der Gnade des heiligen Geistes, die den Gefirmten ertheilt wird, erklärt, eben so zeigt sie auch deutlich die Vortrefflichkeit des Sakramentes selbst. Dass aber diess die Materie dieses Sakramentes sey, lehrten beständig die Kirche und die Concilien ; und es ist auch vom heiligen Dionysius und mehreren andern sehr gelehrten Vätern überliefert worden, vorzüglich vom Pabste Fabian, welcher bezeugt, dass die Apostel die Bereitung des Chrysams vom Herrn überkommen, und uns hinterlassen haben.

 

VIII. Was in der Materie der Firmung das Oel bedeute. 

 

Um die Wirkung dieses Sakramentes anzuzeigen, konnte keine tauglichere Materie gewählt werden, als der Chrysam. Denn da das Oel fett ist, und vermöge seiner natürlichen Beschaffenheit sich anhängt, und auseinanderfliesst, so drückt es die Fülle aus, die durch den heiligen Geist vom Haupte Christus auf andere hinströmt, und sich ergiesst, welche herabfliegst auf den Bart Aarons, bis an den Saum seines Kleides; [Ps. 132,2.3.] denn Gott salbte ihn mit dem Oele der Freude vor seinen Gefährten; [Ps.44.8.] und von seiner Fülle haben wir Alle empfangen. [Joh. 1,16]

 

IX. Woran der mit Oel vermischte Balsam hier erinnere. 

 

Was soll aber der Balsam, dessen Geruch so lieblich ist, hier anders andeuten, als dass die Gläubigen, wenn sie, durch das Sakrament der Firmung ihre ganze Vollkommenheit erlangen, einen solchen Wohlgeruch aller Tugenden ausströmen, dass sie mit dem Apostel sagen können: Wir sind Gott ein Wohlgeruch Christi? [II. Cor. 2,15] Auch hat der Balsam die Kraft, das, was damit eingesalbt ist, vor Fäulhiss zu bewahren, was zur Bezeichnung der Wirkung dieses Sakramentes sehr angemessen erscheint, da bekannt ist, dass die Seelen der Gläubigen durch die himmlische Gnade, welche in der Firmung mitgetheilt wird, gestärkt, leicht sich vor der Ansteckung der Laster verwahren können.

 

X. Warum der Chrysam vom Bischöfe geweiht werden müsse. 

 

Der Chrysam wird vom Bischöfe unter feierlichen Ceremonien geweiht. Der Pabst Fabian, verherrlicht durch sein heiliges Leben und durch die Krone des Martyrthums, sagt, dass unser Heiland diess beim letzten Abendmahle gelehrt habe, da er den Aposteln die Art und Weise der Bereitung des Chrysams anbefohlen hat. Aber auch aus der Vernunft kann bewiesen werden, warum diess so geschehen musste.
Bei den meisten übrigen Sakramenten hat Christus ihre Materie so bestimmt, dass er ihr auch Heiligkeit mittheilte; denn er wollte nicht nur, dass das Wasser das Element der Taufe sey, da er sprach: Wer nicht wiedergeboren ist aus dem Wasser und Geiste, kann nicht in das Reich Gottes eingehen; [Joh. 3,5] sondern als er selbst getauft wurde, bewirkte er, dass es nachhin mit der Kraft, heilig zu machen, versehen war. Daher der Ausspruch des heil. Chrysostomus: Das Taufwasser könnte die Sünden der Gläubigen nicht austilgen, wenn es nicht durch die Berührung mit dem Leibe des Herrn geheiligt worden wäre. Da also der Herr die Materie der Firmung nicht durch eigenen Gebrauch und Berührung geheiligt hat, so ist es nothwendig, dieselbe durch heilige und fromme Gebete zu weihen, und die Zubereitung derselben kann niemand anderer vornehmen, als der Bischof, welcher der ordentliche Ausspender eben dieses Sakramentes ist.

 

XI. Welches die Form dieses Sakramentes sey. 

 

Auch der andere Bestandteil dieses Sakramentes, nämlich die Form und die Worte, welche mit der heiligen Salbung verbunden werden, soll erklärt werden; und die Glaubigen sind zu ermahnen, dass sie bei'm Empfange dieses Sakramentes besonders da, wann sie diese aussprechen hören, ihre Gemüther zur Liebe, zum Glauben und zur Gottesfurcht erheben sollen, damit kein Hinderniss der himmlischen Gnade im Wege stehe.
Die Form der Firmung besteht in folgenden Worten: Ich bezeichne dich mit dem Zeichen des Kreuzes, und stärke dich mit dem Chrysam des Heils, im Namen des Vaters, und des Sohnes, und des heiligen Geistes. Diese Wahrheit kann auch leicht aus der Vernunft bewiesen werden. Benn die Form eines Sakramentes muss alles enthalten, was die Natur und Substanz des Sakramentes selbst erklärt.

 

XII. Wie bewiesen wird, dass diess die vollständige Form dieses Sakramentes sey. 

 

1) Bei der Firmung sind drei Stücke zu beobachten. 2) Die Form der Firmung muss vermöge des Ansehens der Kirche beibehalten werden.


I. Bei der Firmung sind hauptsächlich drei Stücke zu beobachten: die göttliche Macht, welche als Grundursache bei'm Sakramente wirkt; dann die Stärkung der Seele und des Geistes, welche durch die heilige Salblung den Gläubigen zum Heile ertheilt wird; endlich das Zeichen, mit dem der bezeichnet wird, welcher zum Kampfe des chrisilichen Streites sich rüstet. Das erste nun erklären die Worte: Im Namen des Vaters, und des Sohnes, und des keiligen Geistes, welche am Schlusse stehen; das zweite die Worte: Ich stärke dich mit dem Chrysam des Heiles, welche in der Mitte stehen; das dritte die Worte, die am Anfange sich befinden: Ich bezeichne dich mit dem Zeichen des Kreuzes.
II. Wenn auch nicht aus der Vernunft bewiesen, werden könnte, dass diess die wahre und vollständige Form dieses Sakramentes ist, so lässt doch das Ansehen der katholischen Kirche, die uns immer so gelehrt hat, nicht zu, hierüber in Zweifel zu seyn.

 

XIII. Wer der ordentliche Ausspender des Sakramentes der Firmung sey.

 

Die Bischöfe sind die Ausspender der Firmung. Sess. 7. Conc. Trid. de confirm. c. 3 et sess 23. de sacram. ordinis, c. 4 et can. 7.


Die Seelsorger müssen lehren, wem vorzüglich die Ausspendung dieses Geheimnisses anvertraut ist. Denn da es nach dem Ausspruche des Propheten [Jer. 23.21] viele gibt, die daherlaufen, aber nicht gesendet sind, so ist es nothwehdig, darzulegen, welche die wahren und gesetzmässigen Ausspender seyen, damit das gläubige Volk das Sakrament und die Gnade der Firmung erlangen kann. Die heiligen Schriften zeigen, dass der Bischof allein die ordentliche Gewalt habe, dieses Sakrament zu verwalten. In der Apostelgeschichte lesen wir, nachdem die Bewohner von Samaria das Wort Gottes angenommen hatten, seyen Petrus und Johannes [Act.8,14.17.] zu ihnen gesandt worden, die für sie beteten, auf dass sie den heiligen Geist empfingen; denn er war noch über keinen von ihnen gekommen, sondern sie waren nur getauft. In dieser Stelle sieht man, dass der, welcher sie getauft hatte, nicht die Gewalt hatte sie zu firmen, da' er nur Diakon war; dieses Amt war vollkommnern Ausspendern, d. h. den Aposteln, vorbehalten. Allenthalben, wo die heiligen Schriften dieses Sakrament erwähnen, kann man das Nämliche beobachten. Es ermangelt zum Beweise dieser Sache auch nicht an den Aussprüchen der heil. Väter und Päbste; Urbanus, Eusebius, Damasus, Innozentius, Leo zeugten hierüber, wie man es aus ihren Dekreten ersehen kann. Auch der heilige Augustin klagt bitter über die verderbliche Gewohnheit der Aegyptier und Alexandriner, da es deren Priester wagten , das Sakrament der Firmung auszuspchden.
Mit Recht ward dieses Amt dem Bischöfe übertragen, was die Seelsorger durch folgendes Gleichniss erklären können. Wie beim Aufbaue von Häusern die Handwerksleute, welche untergeordnete Diener sind, den Mörtel, Kalk, Holz und die übrigen Materialien herrichten und zusammenfügen, die Vollendung des Werkes aber den Baumeister angeht, so muss auch dieses Sakrament, wodurch gleichsam ein geistiges Gebäude vollendet wird, auch allein vom hohen Priester ausgespendet werden.

 

XIV. Warum man bei der Firmung Pathen beizieht, und welche Verwandtschaft durch die Firmung entsteht. 

 

Es wird auch ein Pathe beigezogen, so wie bei der Taufe. Wenn diejenigen, die als Kämpfer im Gefechte auftreten wollen, Jemanden haben müssen, der sie durch seine Kunst und Einsicht unterweist, wie sie den Gegner durch Hiebe und Angriffe, ohne selbst beschädigt zu werden, aufreiben können; um wie viel mehr werden die Gläubigen, wenn sie durch das Sakrament der Firmung, wie mit den stärksten Waffen gerüstet, in den geistigen Kampf, dessen Lohn die Seligkeit ist, sich begeben, eines Führers und Rathgebers bedürfen! Mit Recht also müssen auch zur Ausspendung dieses Sakramentes Pathen erbeten werden, mit welchen ebenfalls eine geistliche Verwandtschaft geknüpft wird, die eine rechtmässige Ehe einzugehen hindert; wie wir oben lehrten, als von denen geredet wurde, welche zu Taufpathen gewählt werden sollen.

 

XV. Das Sakrament der Firmung ist nicht unumgänglich nothwendig; doch darf es nicht versäumt werden. 

 

Weil es sich oft zuträgt, dass die Gläubigen mit dem Empfange dieses Sakramentes zu voreilig, oder auch zu nachlässig und zaudernd sind (von denen, welche in der Gottlosigkeit so weit gekommen sind, dass sie sich getrauen, es gering zu schätzen oder zu missachten, wollen wir gar nicht reden); so sollen die Seelsorger erklären, welche, wie alt und mit welchem gottseligen Eifer diejenigen ausgerüstet seyn müssen, welche zur Firmung gehen. Vor Allem aber muss gelehrt werden, dieses Sakrament sey nicht so nothwendig, dass man ohne dasselbe nicht selig werden könnte. Obschon es, jedoch nicht unumgänglich nothwendig ist, so darf es doch nicht unterlassen werden, vielmehr man muss sich sehr in Acht nehmen, dass man sich in einer mit Heiligkeit erfüllten Sache, durch die uns die göttlichen Gaben so reichlich mitgetheilt werden, nicht Nachlässigkeit zu Schulden kommen lasse. Was Gott für Alle gemeinsam zur Heiligung bestimmt hat, muss auch von Allen mit grösstem Eifer umfasst werden.

 

XVI. Es wird bewiesen, dass das Sakrament der Firmung von Allen empfangen werden müsse. 

 

Als der heilige Lukas jene wunderbare Ausgiessung des heiligen Geistes schilderte, sprach er so: Und es entstand vom Himmel her plötzlich ein Brausen, wie das Brausen eines herannahenden heftigen Sturmes, und erfüllte das ganze Haus. [Act. 2,2] Dann fährt er nach einem kurzen Zwischenräume fort: Und Alle sind erfüllt worden vom heiligen Geiste. Aus diesen Worten kann man sehen, dass, weil jenes Haus ein Vorbild der ganzen Kirche war, das Sakrament der Firmung, welches von jenem Tage sich herleitet, auf alle Gläubigen sich erstrecke. Diess kann man auch leicht aus dem Endzwecke des Sakramentes selbst schliessen; denn, es müssen jene mit dem heiligen Chrysam gestärkt werden, denen geistiges Wachsthum nothwendig ist, und die zur Vollkommenheit in der christlichen Religion geleitet werden sollen. Diess aber bedarf jeder Mensch; denn wie die Natur beabsichtigt, dass die, welche zur Welt kommen, heranwachsen, und zu einem vollkommenen Alter gelangen, wenn sie auch bisweilen das nicht erreicht, was sie will; so wünscht die katholische Kirche, die gemeinsame Mutter Aller, sehr, dass an denen, welche sie durch die Taufe wieder geboren hat, die Gestalt, eines Christen vollkommen vollendet werde. Da aber diess durch das Sakrament der geheimnissvollen Salbung bewirkt wird, so ist deutlich, dass alle Christen dasselbe empfangen müssen.

 

XVII. In welchem Alter die Christen zu diesem Sakramente zugelassen werden sollen. 

 

Hiebei ist zu bemerken, dass zwar allen nach der Taufe das Sakrament der Firmung ertheilt werden könne, doch geschehe diess mit geringerm Nutzen, so lange die Kinder noch nicht zum Gebrauche der Vernunft gelangt sind. Wenn man daher nicht das zwölfte Jahr abwarten will, so wird es doch sehr vorteilhaft seyn, dieses, Sakrament bis zum siebenten Lebensjahre zu verschieben. Die Firmung ist zur Seligkeit nicht unbedingt nothwendig, sondern wir sollen mit ihrer Kraft wohl versehen und gerüstet werden, wenn wir für den christlichen Glauben in den Kampf treten müssen und hiezu möchte wohl Niemand unverständige Knaben für tauglich halten.

 

XVIII. Wie sich jene, welche schon erwachsen sind, zu diesem Sakramente vorbereiten sollen. 

 

Die Firmlinge sollen ihre begangenen Sünden bereuen. Hieraus folgt, dass die, welche im reifern Aller gefirmt werden, wenn sie anders nach der Gnade und den Gaben dieses Sakramentes verlangen, nicht blos Glaube und Gottseligkeit mitbringen, sondern auch schwere Sünden, die sie begangen haben, von Herzen bereuen müssen. Hiebei muss man dahin arbeiten, dass sie vorher ihre Sünden beichten, und sie sollen durch die Seelsorger zum Fasten und zu andern Liebeswerken ermahnet und angeeifert werden, jene lobenswürdige Gewohnheit der alten Kirche zu erneuern , und nur nüchtern dieses Sakrament zu empfangen. Dazu können die Gläubigen leicht bewogen werden, wenn sie die wunderbaren Gaben und Wirkungen dieses Sakramentes erkennen.

 

XIX. Wirkungen der Firmung. 

 

Die Seelsorger werden daher lehren, dass die Firmung mit den übrigen Sakramenten diess gemein habe. dass sie, wenn kein Hinderniss in den Weg gelegt wird, neue Gnade mittheilt. Es ist schon gezeigt worden, dass diese heiligen und geheimnissvollen Zeichen der Art seyen, die Gnade anzudeuten und zu bewirken; und daraus folgt, dass es auch die Sünden verzeihe und nachlasse, weil man an Gnade, da wo Sünde ist, gar nicht denken kann.
Aber ausserdem, was sie mit den andern Sakramenten gemein hat, wird erstens der Firmung das Eigenthümliche zugeschrieben, dass sie die Gnade der Taufe vollendet. Die, welche durch die Taufe Christen geworden sind, haben noch, gleich neugebornen Kindern, eine gewisse Schwäche und Weichlichkeit an sich; und sie werden durch das Sakrament des Chrysams gegen alle Angriffe des Fleisches, der Welt und des Teufels gestärkt, und ihr Geist wird im Glauben befestigt,kräftiger zum Bekenntniss und zur Verherrlichung des Namens unsers Herrn Jesu Christi: woher auch sonder allen Zweifel der Name Firmung seinen Ursprung hat.

 

XX. Woher' der Name Firmung genommen worden sey. 

 

Der Name Firmung wird nicht, wie einige eben so thöricht als gottlos sich einbildeten, daher geleitet, weil einst die Erwachsenen, die schon als Kinder getauft worden waren, vor den Bischof geführt wurden, dass sie den christlichen Glauben, den sie in der Taufe angenommen halten, bekräftigen sollen, so dass sich die Firmung von einer Katechese nicht unterscheide; für welche Gewohnheit man keinen Beweis anführen kann. Sie erhielt ihren Namen daher, weil Gott durch die Kraft dieses Sakramentes in uns das bekräftigt, was er durch die Taufe zu bewirken anfing, und uns zur Vollhommenheit der christlichen Standhaftigkeit führt. Sie stärkt nicht nur, sondern sie vermehrt auch; worüber Melchiades folgenden Beweis liefert: Der heilige Geist, welcher über das Taufwasser heilbringend herabstieg, ertheilt im Wasser die Fülle der Kraft zur Unschuld, in der Firmung verleiht er Wachsthum zur Gnade. Dann vermehrt es nicht nur, sondern es vermehrt auf eine wunderbare Weise. Diess bezeichnete und drückte die heilige Schrift sehr schön durch das Gleichniss eines Kleides aus; der Heiland sagte, da er von diesem Sakramente sprach: Bleibt in der Stadt, bis ihr mit der Kraft von Oben bekleidet seyd. [Luc. 24,49]

 

XXI. Die Kraft der Firmung muss am dem, was sich mit den Aposteln zutrug, erklärt werden. 

 

Wenn die Seelsorger die göttliche Wirksamkeit dieses Sakramentes darstellen wollen, (dass aber diess kräftig auf die Gemüther der Gläubigen einwirken werde, kann wohl Niemand bezweifeln), so wird es hinlänglich seyn, zu erklären, was sich mit den Aposteln selbst zutrug. Sie waren vor dem Leiden, oder auch während der Stunde des Leidens selbst, so schwach und niedergeschlagen, dass sie, als der Herr gefangen genommen wurde, sogleich die Flucht ergriffen; Petrus aber, welcher zum Felsen und zur Grundfeste der Kirche ausersehen war, und die grösste Standhaftigkeit und Seelenstärke bewiesen hatte, wurde durch die Stimme einer einzigen Weibes erschreckt, und läugnete nicht ein oder zwei, sondern dreimal, dass er ein Jünger Jesu Christi sey; und nach der Auferstehung hielten sie sich. Alle aus Furcht vor den Juden zu Hause verschlossen. Allein am Pfingsttage wurden sie Alle mit solcher Kraft des heiligen Geistes erfüllt, dass sie, indem sie das ihnen anvertraute Evangelium nicht nur im Lande der Juden, sondern in der ganzen Welt kühn und furchtlos ausbreiteten, nichts für wünschenswerther erachteten, als gewürdigt zu werden, für Christi Namen Schmach, [Act. 5,41] Bande, Todesqualen und den Kreuzestod zu erleiden.

 

XXII. Die Firmung drückt einen Character (Merkma) ein, und kann nicht wiederholt werden. 

 

Die Firmung besitzt überdiess die Kraft, einen Character einzudrücken; wodurch geschieht, dass sie niemals je wiederholt werden kann, was auch oben bei der Taufe bemerkt worden ist, und vom Sakramente der Priesterweihe ebenfalls an seinem Orte weitläufiger wird dargelegt werden. Wenn diess von den Seelsorgern öfters und genau erklärt wird, so wird es sich schwerlich ereignen, dass die Gläubigen, nach Erkenntniss der Würde und des Nutzens dieses Sakramentes, dasselbe mit grösster Sorgfalt heilig und ehrfurchtsvoll zu empfangen sich nicht bestreben sollten.
Es erübrigt nun, Einiges von den Gebräuchen und Ceremonien, deren sich die katholische Kirche bei der Ausspendung dieses Sakramentes bedient, kurz, zu berühren. Wie vorthellhaft diese Erläuterung seyn wird, werden die Seelsorger einsehen, wenn sie das, was oben bei der Abhandlung über diese Stelle gesagt worden ist, sich in's Gedächtniss zurückrufen wollen.

 

XXIII. Warum die Stirne der Firmfinge in der Form eines Kreuees gesalbt wird. 

 

Die, welche mit dem heiligen Chrysam gestärkt werden, werden an der Stirne gesalbt. Denn durch dieses Sakrament ergiesst sich der heilige Geist in die Herzen der Gläubigep, und vermehrt in ihnen die Kraft und Stärke, auf dass sie im geistigen Kampfe tapfer streiten, und den hartnäckigsten Feinden widerstehen, können. Dadurch wird erklärt, dass sie sich durch keine Furcht oder Schaam, deren Anzeichen vorzüglich an der Stirne zu erscheinen pflegen, von dem freimüthigen Bekenntnisse des christlichen Namens abschrecken lassen sollen. Zudem musste jenes Wahrzeichen, wodurch sich der Christ von den Uebrigen, gleichwie der Soldat durch gewisse Auszeichnungen von andern unterscheidet, an einem vornehmen Theil des Körpers ausgedrückt werden.

 

XXIV. Zu welcher Zeit dieses Sakrament soll vorzüglich ertheilt werden. 

 

In der Kirche Gottes ist auch gewissenhaft beobachtet worden, dieses Sakrament besonders am Plingstfeste auszuspenden, weil vorzüglich an diesem Tage die Apostel durch die Kraft des heiligen Geistes gestärkt und befestigt worden sind, und durch die Erinnerung an diese göttliche That sollen die Gläubigen ermahnt werden, welche und wie erhabene Geheimnisse bei der heiligen Salbung betrachtet werden sollen.

 

XXV. Warum der Bischof dem Gefirmten einen Backenstreich gibt, und ihm den Frieden wünscht. 

 

Damit sich der Gesalbte und Gefirmte erinnere, dass er gleich einem muthigen Kämpfer bereit seyn müsse, alle Widerwärtigkeiten für den Namen Christi mit ungebeugtem Muthe zu ertragen, schlägt ihn der Bischof mit der Hand leicht auf seinen Backen. Endlich wird ihm der Friedensgruss ertheilt, damit er einsehe, dass er die Fülle der himmlischen Gnade und den Frieden erlangt habe, welcher alle Begriffe übersteigt. [Philipp. 4,7]
Diess nun ist der Inbegriff dessen, was die Seelsorger über das Sakrament des Chrysams, nicht mit dürren Worten und Reden, sondern vielmehr mit einem von Gottseligkeit flammenden Eifer vortragen sollen, auf dass es in die Tiefen des Herzens und Gemüthes der Gläubigen eindringe.

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