Montag, 3. Juni 2013

Catechismus Romanus - Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn

Römischer Katechismus (Catechismus). Nach dem Beschlusse des Conciliums von Trient und auf Befehl des Pabstes Pius V. herausgegeben. Passau, Druck und Verlag von Friedrich Winkler 1839

Drittes  Hauptstück  - Vom zweiten Artikel des apostolischen Glaubensbekenntnisses.

Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn

I. Vom zweiten Glaubensartikel und dem Nutzen seines Bekenntnisses.

 

Das Bekenntniss der ewigen Zeugung Christi ist die Grundlage unsers Heiles.


Wie wunderbar und überaus fruchtbringend der Nutzen sey, der aus dem Bekenntnisse und Glauben dieses Artikels dem Menschengeschlechte zuströmt, beweist jenes Zeugniss des heiligen Johannes: Wer bekennt, dass Jesus der Sohn Gottes ist, in dem bleibt Gott, und er in Gott, [Joh. 4,15] und auch jener Lobspruch der Seligkeit beweiset es, welchen Christus dem Apostelfürsten ertheilte: Selig bist du, Simon, Sohn des Jonas; denn nicht Fleisch und Blut hat es dir geoffenbaret, sondern mein Vater, der im Himmel ist. [Matth. 16,17] Dieser ser Glaube ist die festeste Grundlage unsers Heiles und unserer Erlösung. 

II. Woraus man die Grösse der in diesem Artikel dargestellten Wohlthat erkenne.

 

Die verlorne ursprüngliche Gerechtigkeit konnte nur durch den Sohn Gottes wieder erlangt werden. Von der Erbsünde wird weitläufiger geredet in der dritten Bitte des Gebete des Herrn und am Anfange der vierten. 


Da man aber den wunderbaren Nutzen dieser Wohlthat vorzüglich aus dum Verluste jenes glückseligen Zustandes erkennt, in welchen
Gott die ersten Menschen gesetzt hatte, so soll der Seelsorger die Gläubigen besonders auf die Ursache des gemeinsamen Elendes und Unglückes aufmerksam machen. Nachdem Adam von Gott abgefallen war, und jenes Verbot verletzt hatte: von jedem Baume des Paradieses, aber vom Baume der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn sobald du davon isst, wirst du sterben, [Gen. 2,16.17] versank er in jenes so grosse Elend, dass er die Heiligkeit und Gerechtigkeit, in der er erschaffen war, verlor, und sich alle übrigen Uebel zuzog, welches die heilige Synode zu Trient reichhaltiger erklärte. Ueberdiess werden die Seelsorger erinnern, dass die Sünde und die Strafe der Sünde nicht allein an Adam haften blieb, sondern von ihm sich wie ein Saame von Rechtswegen auf seine ganze Nachkommenschaft verpflanzt habe.

 

III. Niemand als Christus konnte das Menschengeschlecht wiederherstellen. 

 

Durch eines Geschöpfes Kraft konnte das menschliche Geschlecht nicht wieder hergestellt werden. 

Das von der höchsten Stufe der Würde herabgefallene Menschengeschlecht konnte weder durch die Kraft der Menschen, noch der Engel, wiedererhoben und auf keine Weise wieder an seine vorige Slelle zurückversetzt werden. Als Rettungsmittel von jenem Sturze und Uebel war nur noch übrig, dass die unendliche Kraft des Sohnes Gottes, der die Schwäche unsers Fleisches annahm, die unendliche Last der Sünde wegnahm, und uns in seinem Blute mit Gott wieder aussöhnte.

 

IV. Ohne den Glauben an die Erlösung konnte Niemand je selig werden, und desswegen ist Christus schon vom Anfange der Welt her vorkerverkündet worden. 

 

1) Der Glaube an die Erlösung war immer zur Seligkeit nothwendig, und ist sogleich nach dem Falle des Menschen von Gott geoffenbaret worden, zuerst unter dem natürlichen Gesetze. 2) Unter dem geschriebenen Gesetze ist das Andenken an die Erlösung der Menschen öfter erneuert worden durch die Opfer, Sinnbilder und Vorhersagungen der Propheten. Der Glaube der Patriarchen, der Propheten und der Apostel unterscheidet sich nur durch die Zeitverhältnisse. Siehe I. vom Glauben und Glaubensbekenntnisse c. 1. 


I. Der Glaube und das Bekenntniss der Erlösung ist den Menschen zur Erlangung der Seligkeit nothwendig, und war es immer; und Gott hat sie schon vom Anfange an vorhergesagt. Denn in jener Verdammung des menschlichen Geschlechtes, welche sogleich auf die Sünde folgte, ist auch die Hoffnung der Erlösung durch jene Worte angedeutet worden, womit Gott den für den Teufel aus der Erlösung hervorgehenden Schaden aussprach: Ich will Feindschaft setzen zwischen dir und dem Weibe; zwischen deinem Saamen und ihrem Saamen; sie wird dir das Haupt zertreten, und du wirst ihrer Ferse nachstellen. [Gen. 3,15] Später hat Gott dieselbe Verheissung oft bestätiget, und eine deutlichere Kunde von seinem Entschlusse jenen Menschen ertheilt, welchen er vorzüglich sein Wohlwollen zu erkennen geben wollte. Da er unter andern dem Patriarchen Abraham dieses Geheimniss oft angedeutet hatte, so erklärte er diess deutlicher damals, als jener, gehorsam dem Befehle Gottes, seinen einzigen Sohn Isaak opfern wollte, indem er sprach: Weil du das gethan hast, und deinen einzigen Sohn nicht schontest, so will ich dich segnen, und deinen Saamen vermehren, wie die Sterne des Himmels und den Sand am Meere; dein Saame wird die Städte deiner Feinde besitzen, und in deinem Saamen sollen alle Völker der Erde gesegnet werden, weil du meiner Stimme gehorcht hast. [Gen. 28,13.14] Aus diesen Worten konnte man leicht schliessen, dass Der aus der Nachkommenschaft Abrahams seyn werde, welcher Alle aus der furchtbaren Sklaverei des Satans erretten würde. Es war aber nothwendig, dass jener Retter der Sohn Gottes sey, dem Fleische nach aus dem Saamen Abrahams gezeugt. Nicht lange hernach schloss der Herr, damit das Andenken an diese Verheissung erhalten wurde, mit Jakob, dem Enkel des Abraham, denselben Bund. Denn da jener im Schlafe eine Leiter sah; die auf der Erde stand, und den Saum des Himmels mit ihrer Spitze erreichte, und auch Engel wahrnahm, welche auf- und abstiegen, wie die Schrift bezeugt, so hörte er auch den Herrn, der auf die Leiter sich stützte, sagen: Ich bin der Herr, der Gott Abrahams, deines Vaters, und der Gott Isaaks; das Land, auf dem du schläfst, will Ich dir geben und deinem Saamen; und dein Saame wird zahlreich seyn, wie der Staub der Erde. Du wirst dich ausbreiten gegen Aufgang und Untergang und gegen Mitternacht und Mittag, und in dir und deinem Saamen werden alle Völker der Erde; gesegnet werden. [Gen. 28,13.14]
II. Auch hörte Gott später nicht auf, dasselbe Andenken seines Versprechens zu erneuern, und im Geschlechte Abrahams, und überdiess in vielen andern Menschen die Erwartung des Erlösers rege zu machen, da er nach Herstellung des Staates und der Religion der Juden seinem Volke bekannter zu werden anfing. Nicht bloss Menschen weissagten, auch stumme Geschöpfe deuteten an, welch grosse und viele Güter uns jener Heiland und Erlöser, unser Herr Jesus Christus, bringen werde.
Die Propheten, deren Geist vom himmlischen Lichte erleuchtet war, sagten dem Volke vorher und lehrten öffentlich, gleich als wenn Alles schon geschehen wäre, die Geburt des Sohnes Gottes, seine Wunder, welche er, als Mensch geboren, wirkte, seine Lehre, seinen Lebenswandel, seine Gewohnheiten, seinen Tod, seine Auferstehung und alle übrigen ihn betreffenden Geheimnisse, so zwar, dass wenn man die Verschiedenheit der künftigen und gegenwärtigen Zeit aufhebt, wir keinen Unterschied zwischen den Weissagungen der Propheten und der Verkündigung der Apostel, keinen Unterschied zwischen unserm und der alten Patriarchen Glauben finden. Aber nun wollen wir von den einzelnen Theilen dieses Artikels reden.

 

V. Vom Namen Jesu, und dass er Christus eigentümlich zukomme.

 

Nach dem Befehle Gottes erhielt der Erlöser des Menschengeschlechtes den Namen Jesus.


Der Name Jesus, welches Erlöser heisst, ist der eigentliche Name dessen, welcher Gott und Mensch ist; und dieser Name ist ihm nicht zufällig, nicht nach dem Beschlusse oder, Willen der Menschen, sondern nach dem Rathschlusse und Befehle Gottes gegeben worden; denn der Engel verkündete der 'Mutter desselben, Maria:Siehe, du wirst empfangen, und einen Sohn gebären, und ihm den Namen Jesus geben. [Luc. 1,31] Und er befahl hernach dem Joseph, dem verlobten Gemahle der Jungfrau, nicht bloss den Knaben so zu nennen, sondern er erklärte auch, warum er so genannt werden sollte, da er sprach: Joseph, Sohn Davids, scheue dich nicht, Maria zur Gemahlin zu nehmen, denn was in ihr gezeugt ist, ist vom heiligen Geiste: sie wird aber einen Sohn gebären; und du sollst ihn Jesus nennen, denn er wird sein Volk von seinen Sünden erretten. [Matth. 1,20.21]

 

VI. Nicht aus demselben Grunde ist einigen andern Menschen der nämliche Name ertheilt worden. 

 

Der Name Jesus kömmt ganz eigenthümlich Christo zu; der Name Jesu fasst in sich, was durch die Propheten Christo durch verschiedene andere Namen ist zugeeignet worden. 

In den heiligen Schriften haben zwar Viele den Namen Jesu; denselben hatte der Sohn des Nave, der dem Moses nachfolgte, und das von Moses aus Aegypten befreite Volk in das verheissene Land, welches Moses nicht betreten sollte, einführte. Denselben Namen hatte Josedech, der Sohn eines Priesters. Aber um wie viel mehr gebührt dieser Name unserm Erlöser! der nicht bloss einem einzigen Volke, sondern allen Menschen aller Zeiten, die nicht bloss von Hunger, oder von ägyptischer und babylonischer Tyrannei unterdrückt waren, sondern die im Schatten des Todes sassen, und in den schwersten Banden der Sünde und des Teufels schmachteten, Licht, Freiheit und Bettung verliehen hat; der ihnen das Recht zur Erbschaft des himmlischen Reiches erlangte; der sie mit Gott Vater aussöhnte. In jenen sehen wir eine Hindeutung auf Christus den Herrn, von welchem mit den eben benannten Wohlthaten das menschliche Geschlecht ist überhäuft worden. Alle übrigen Namen, welche dem Sohne Gottes von den Propheten sind beigelegt worden, beziehen sich auf den Einen Namen Jesu; denn wie die übrigen das Heil, welches er uns geben würde, andeuten, so umfasst dieser die ganze Kraft und Wirkung der Menschenerlösung.

 

VII. Was der Name Christus bedeute, und in wie vielfacher Hinsicht er Jesu zukomme.

 

1) Der Name Christus bezeichnet sein Amt und seine Würde. Amt der Könige, Amt der. Priester. Warum man Priester und Könige zu salben pflegte? Warum die Propheten? 2) Weil der Fleisch gewordene Sohn Gottes die Aemter dieser drei Personen übernahm, wurde er Christus genannt. Christus gelangte nicht durch menschliche Hülfe zu diesen drei Würden, und wurde auch nicht mit irdischer Salhnng gesalbt. 3) Christus ist der grösste Prophet. Er ist Priester, nebstbei König. 4) Christi Reich ist geistig, wie Artik. 6. III gezeigt wird. Auf welche Weise Christus das Amt eines Königs erlangt, siehe 2. Bitte des Gebetes des Herrn. 5) Alle Menschen gehören in allgemeiner Hinsieht zum Reiche Christi, in besonder nur die Guten. Christus ist durch göttliches Recht auch nach menschlicher Natur König der ganzen Welt. 

I. Dem Namen Jesu ward auch der Name Christus beigefügt, welches der Gesalbte heisst, und ist ein Name der Ehre und des Amtes, und nicht bloss einem Dinge eigen, sondern vielen gemein. Unsere alten Väter nannten die Priester und Könige Gesalbte, Christus, weil sie Gott wegen der Würde ihres Amtes zu salben befohlen hatte.
Priester sind die, welche das Volk in beständigen Gebeten Gott anempfehlen, welche Gott die Opfer darbringen, welche für das Volk bitten; den Königen aber war die Leitutig der Völker anvertraut, und ihre vorzüglichste Pflicht war es, das Ansehen der Gesetze und das Leben der Unschuldigen zu schützen, und die Verwegenheit der Verbrecher zu bestrafen. Da sich nun beide dieser Aemter auf die Majestät Gottes auf Erden beziehen, so wurden diejenigen, welche zur Würde eines Königs oder Priesters auserwählt worden waren, gesalbt. Auch war es Sitte, die Propheten zu salben, weil sie als Dollmetscher und Gesandte des Unsterblichen Gottes uns himmlische Geheimnisse offenbarten, und durch heilsame Gebote und Weissagungen zur Sittenverbesserung ermahnten.
II. Da Jesus Christus, unser Erlöser, in die Welt kam, übernahm er das Amt und die Pllichten dreier Personen, eines Propheten, eines Priesters und eines Königs, wesswegen er Christus genannt, und, zur Ausübung jener Aemter gesalbt wurde, nicht aber durch die Beihilfe eines Sterblichen, sondern durch die Kraft des himmlischen Vaters, nicht mit irdischer Salbe, sondern mit geistigem Oele, indem nämlich in seine heiligste Seele die Fülle und Gnade des heiligen Geistes und das reichliche Uebermaas aller seiner Gaben ausgegossen wurde, was ein anderes erschaffenes Wesen gar nicht fassen konnte. Herrlich zeigt dieses der Prophet, da er den Erlöser selbst so anredet: Du liebtest die Gerechtigkeit, und hasstest das Unrecht; desswegen hat Dich Gott, dein Gott, gesalbt mit dem Oele der Freude vor deinen Gefährten. [Ps. 44,8] Dasselbe spricht lsaias noch deutlicher aus mit den Worten: Der Geist Gottes ist über mir, weil mich der Herr gesalbt, und dazu gesandt hat, den Sanftmüthigen zu verkünden. [Isai. 61,1]
III. Desswegen war Christus der grösste Prophet und Lehrer, der uns Gottes Willen offenbarte, und durch dessen Lehre die Welt zur Kenntniss des himmlischen Vaters gelangte. Und dieser Name kommt ihm um so mehr zu, weil Alle, die der Name eines Propheten zierte, seine Schüler, und vorzüglich desswegen gesandt waren, dass sie diesen Propheten, der zur Erlösung des Menschengeschlechtes kommen sollte, vorherverkündigten.
Ebenso war Chrislus ein Priester, nicht nach der Ordnung, nach welcher im alten Gesetze die Priester aus dem levitischen Stamme waren, sondern nach jener, von welcher der Prophet David sang: Du bist ein Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedechs. [Ps. 109,4]
Das Nämliche erklärt Paulus deutlich in seinem Briefe an die Hebräer. [Hebr. 5,6]
IV. Wir erkennen Christus nicht bloss als Gott, sondern auch als Mensch und als unserer Natur theilhaflig, als König an. Diess bezeugt der Engel, da er sagt: Er wird im Hause Jacob ewig herrschen, und seines Reiches wird kein Ende seyn. [Luc. 1,32] Dieses Reich Christi ist geistig und ewig, beginnt auf Erden, und wird im Himmel vollendet. Das Amt eines Königs versieht er durch die wunderbare Vorsehung für seine Kirche. Er seihst regiert sie; Er vertheidigt sie gegen die Angriffe und Nachstellungen der Feinde; Er schreibt ihr Gesetze vor; Er verleiht ihr nicht nur Heiligkeit und Gerechtigkeit, sondern gibt ihr auch das Vermögen und die Kraft zur Fortdauer.
V. Obwohl aber in diesem Reiche Gute und Böse sind, und folglich alle Menschen rechtmässig dazu gerechnet werden, so erfahren doch jene vor allen andern die unendliche Güte und Wohlthätigkeit unsers Königs, welche ein reines und unbescholtenes Leben nach seinen Geboten führen. Er erlangte aber dieses Reich nicht durch Erbschaft oder nach menschlichem Rechte, obwohl er aus dem berühmtesten königlichen Geschlechte abstammte, sondern, er war desswegen König; weil Gott auf ihn als Menschen alle Macht, Herrlichheit und Würde übertrug, die nur die Natur eines Menschen in sich fassen kann. Er übergab ihm also die Regierung der ganzen Welt, und ihm wird Alles am Tage des Gerichtes ganz und vollkommen unterworfen werden, wovon jetzt schon der Anfang gemacht ist.

 

VIII. und IX.

Seinen Eingebornen Sohn.

Wie wir Jesum Christum als den Eingebornen Sohn Gottes glauben und bekennen sollen.

 

1) Der Sohn Gottes ist wahrer Gott, und den andern zwei Personen ganz gleich. 2) Die geistige Geburt des Sohnes Gottes aus dem Vater soll vielmehr bewundert, als erforscht werden. 3) Art und Weise der ewigen Zeugung Christi durch ein Gleichnis erklärt. 4) Die doppelte Zeugung Christi macht nicht, dass es zwei Söhne gehe. 

I. Durch diese Worte werden den Gläubigen höhere Geheimnisse von Jesus zu glauben und betrachten vorgelegt; nämlich dass er der Sohn Gottes, und wahrer Gott sey, wie der Vater, der ihn von Ewigkeit gezeugt hat. Ueberdiess bekennen wir ihn als die zweite Person der göttlichen Dreieinigkeit, den übrigen beiden vollkommen gleich; denn in den göttlichen Personen kann nichts Ungleiches oder Unähnliches seyn, oder auch nur im Geiste gedacht werden, da wir in ihnen Eine Wesenheit, Einen Willen und Dieselbe Macht anerkennen, was ausser vielen andern Aussprüchen der heiligen Schriften besonders der heilige Johannes so bezeugt: Im Anfange war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. [Joh. 1,1]
II. Aber wenn wir Jesus den Sohn Gottes nennen hören, so dürfen wir darin nichts Irdisches oder Sterbliches über seine Geburt denken, sondern wir müssen an jene Geburt, wodurch der Vater von aller Ewigkeit her den Sohn gezeugt hat, welche die Vernunft nie erfassen und vollkommen einsehen kann, fest glauben, und sie mit der grössten Ehrfurcht anbeten, und gleichsam betäubt von der Bewunderung dieses Geheimnisses mit dem Propheten ausrufen: Wer wird seine Herkunft erzählen? [Isai. 55,3]
Dieses also muss man glauben, dass der Sohn von gleicher Natur, Macht und Weisheit sey mit dem Vater, wie wir im nizänischen Glaubensbekenntnisse ausdrücklicher bekennen, das heisst: Und an Jesum Christum, seinen Eingebornen Sohn, der vom Vater gezeugt ist von Ewigheit, Gott von Gott, Licht vom Lichte, wahrer Gott vom wahren Gotte, gezeugt, nicht erschaffen, von gleicher Wesenheit mit dem Vater, durch den Alles erschaffen worden ist.
III. Aus allen Gleichnissen aber, welche zur Erklärung der Art und Weise der ewigen Zeugung angeführt wurden, scheint jenes am passendsten zu seyn, welches von der Denkungsweise unserer Seele hergenommen wird, wesswegen Johannes den Sohn Gottes das Wort nennt. Denn wie unser Geist, sich selbst einigermassen erkennend, sich ein Bild von sich macht, welches die Theologen Wort nannten, so zeugt Gott (in so weit man Göttliches mit Menschlichem vergleichen kann), sich selbst erkennend, das ewige Wort. Jedoch ist es besser zu betrachten, was der Glaube vorschreibt, und mit frommem Gemüthe Jesum Christum als wahren Gott und wahren Menschen zu glauben und zu bekennen, zwar gezeugt als Gott vom Vater von Ewigkeit, aber als Mensch geboren in der Zeit von der heiligen Mutter Maria der Jungfrau.
IV. Obwohl wir dessen zweifache Zeugung anerkennen, so glauben wir doch, dass nur Ein Sohn sey. Denn es ist eine einzige Person, in der die göttliche und menschliche Natur sich vereinigte.

 

X. Wie man glauben muss, dass Christus Brüder habe, oder auch nicht habe.

 

Weitläufiger wird dies erklärt IX. c. 9, vom Gebete des Herrn, welche Brüder Christi seyen. 


Was die göttliche Zeugung Jesu anbelangt, so hatte er keine Brüder oder Miterben, da er der eingeborne Sohn des Vaters ist; [Isai. 61,8] wir Menschen aber das Gebilde und Werk seiner Hände sind. Betrachten wir aber dessen menschliche Geburt, so nennt er nicht nur viele Brüder, sondern er nimmt sie auch auf als Brüder, [Hebr. 2,12] damit sie mit ihm die Herrlichkeit der väterlichen Erbschaft erlangen. Diejenigen aber sind seine Brüder, welche durch ihren Glauben Christus den Herrn aufnahmen, und den Glauben, welchen sie mit Worten bekennen, in der That selbst und durch Liebeswerke beweisen; daher er der Erstgeborne unter vielen Brüdern [Rom. 8,29] vom Apostel genannt wird.

 

XI.

Unsern Herrn.

Christus wird nach beiden Naturen unser Herr genannt.

 

1) Christo werden nach seinen verschiedenen Naturen verschiedene Eigenschaften zugeschrieben. 2) Christus ist nuach beiden Naturen unser Herr. Die persönliche Vereinigung ist Ursache warum Christus unser Herr genannt wird, wenn auch Adam nicht gesündiget hätte. 

I. Vieles wird in den heiligen Schriften von unserm Heilande gesagt, wovon ihm einiges als Gott, anderes als Mensch zukommt, weil er mit den verschiedenen Naturen auch ihre verschiedenen Eigenheiten angenommen hat. Daher sagen wir mit Wahrheit, dass Christus allmächtig, ewig, unermesslich sey, was er von der göttlichen Natur hat. Und dann sagen wir wiederum , dass er gelitten habe, gestorben und wieder auferstanden sey, was ungezweifelt der menschlichen Natur zukommt.
II. Aber ausserdem kommt einiges andere beiden Naturen zu, wie da, wenn wir ihn unsern Herrn nennen. Wenn sich also diese Benennung auf beide Naturen erstreckt, so muss er mit Recht unser Herr genannt werden. Denn gleichwie er selbst ewiger Gott ist, wie der Vater, eben so ist er nicht minder Herr und Vater aller Dinge, und wie er und der Vater einer und derselbe Gott sind, so sind er und der Vater ein und derselbe Herr. Aber er wird auch mit Recht in vieler Beziehung als Mensrh unser Herr genannt. Erstlich, weil er unser Erlöser war, und uns von den Sünden befreit hat, so hat er rechtmässig die Herrschaft erlangt, so dass er wahrhaft unser Herr ist, und genannt wurde. Denn so lehrt der Apostel: Er erniedrigte sich selbst, und wurde gehorsam bis zum Tode, und zwar zum Tode des Kreuzes; desswegen hat ihn auch Gott erhöht, und ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist, so dass sich beim Namen Jesu alle Knie beugen im Himmel und auf Erden, und in der Unterwelt, und dass jede Zunge bekenne, dass der Herr Jesus Christus in der Herrlichkeit der Vaters sei. [Phil. 2,8-11] Und Christus selbst sagt von sich nach der Auferstehung: Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden. [Matth. 24,18] Es heisst ferner auch desswegen Herr, weil in Einer Person zwei Naturen, die göttliche und menschliche, vereinigt sind; denn vermöge dieser wunderbaren Vereinigung hat er verdient, obgleich er für die Guten nicht gestorben ist, als der Herr aufgestellt zu werden, und zwar als Herr aller erschaffenen Dinge im Allgemeinen, aber vorzüglich als Herr der Gläubigen, die ihm gehorchen, und ihm mit dem grössten Seeleneifer dienen. 


XII. Die Christen sollen sich, nachdem der Fürst der Finsternisse zertreten ist, ganz Christo ergeben. 

 

1) Wie viel der Christ Christo schuldig ist. 2) Welche Abschenlichteit es sey dem Teufel zu dienen, nachdem man sich Christo geweiht hat. Wie milde die Herrschaft Christi über die Erlösten sey. 

I. Es ist noch übrig, dass der Seelsorger das gläubige Volk dazu anhalte, und ihm an's Herz lege, wie billig es sey, dass wir, die wir von ihm den Samen haben, und Christen heissen, denen er auch so viele Wohlthaten erwiesen hat, und die wir diess durch das Geschenk seines Glaubens erkennen, dass wir, sage ich, uns unserm Herrn und Erlöser als seine Diener und Knechte in aller Unterwürfigkeit ergeben und weihen. Als wir durch die Taufe zum Christenthume eingeweiht wurden, bekannten wir diess vor der Kirchenthüre; denn wir erklärten, dass wir dem Satan und der Welt entsagen, und uns ganz Jesu Christo ergeben.
II. Als wir dem Dienste Christi uns widmeten, weihten wir uns durch ein feierliches und heiliges Versprechen unserm Herrn. Welcher Strafe also wären wir nicht schuldig, wenn wir, nachdem wir in die Kirche eingetreten sind, und den Willen und die Gebote Gottes erkannt haben, nachdem wir die Gnade der Sakramente erlangt haben, nach den Vorschriften und Gesetzen der Welt und des Teufels leben würden, gleich als hätten wir nus, da wir durch die Taufe gereinigt wurden, der Welt und dem Teufel, und nicht Christo dem Herrn und Erlöser geweiht? Aber wessen Gemülh soll ein so gütiger, gegen uns so mildreicher, Wille eines solchen Herrn nicht mit der Flamme der Liebe entzünden, welcher, obschon er uns, als durch sein blut erlöste Knechte, unter seiner Macht und herrschaft hat, uns doch mit solcher Liebe umfasst, dass er uns nicht Knechte nennt, sondern Freunde und Brüder. [Joh. 15,15] Dies ist wahrlich die gerechteste und vielleicht auch wichtigste Ursache, warum wir ihn beständig als unseren Herrn anerkennen, anbeten und verehren sollen.


 

 

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