Sonntag, 2. Juni 2013

Catechismus Romanus - Ich glaube an, eine heilige, katholische Kirche, Gemeinschaft der Heiligen.

Römischer Katechismus (Catechismus). Nach dem Beschlusse des Conciliums von Trient und auf Befehl des Pabstes Pius V. herausgegeben. Passau, Druck und Verlag von Friedrich Winkler 1839

Zehntes Hauptstück  - Vom neunten Artikel des apostolischen Glaubensbekenntnisses.

Ich glaube an, eine heilige, katholische Kirche, Gemeinschaft der Heiligen. 


I. Aus welchen Gründen der neunte Artikel dem Volke am öftesten vor allen andern eingeprägt werden müsse. 

 

1) Warum die Propheten weitläufiger von der Kirche, als von Christus gesprochen haben. 2) Wer ein Ketzer heisse. Ein aufrichtiger Bekenner des neunten Artikels kann nicht Ketzer genannt werden. Der neunte Artikel hängt vom achten ab. 

I. Man wird leicht einsehen können, mit welch grossem Fleisse die Hirten dem gläubigen Volke die Wahrheit dieses Artikels erklären sollen, wenn man folgende zwei Punkte betrachtet. Es haben erstens, nach dem Zeugnisse des heiligen Augustin, die Propheten weitläufiger und deutlicher von der Kirche geredet [Ps. 30], als von Christus, weil sie vorhersahen, dass in der Lehre über die Kirche sich weit Mehrere irren, und hintergangen werden können, als bei der Lehre über das Geheimniss der Menschwerdung. Sie sahen vorher, es würden gottlose Menschen nicht fehlen, welche nach Art des Affen,
der sich für einen Menschen hielt, vorgehen würden, sie allein seyen katholische Christen, und die eben so boshaft als stolz behaupten würden, die katholische Kirche bestehe nur bei ihnen.
Zweitens, wer die Wahrheit dieses Artikels im Gemüthe festhält und glaubt, der wird leicht der schrecklichen Gefahr der Ketzerei entgehen.
II. Nicht Jeder darf ein Ketzer genannt werden, sobald er sich im Glauben verfehlt; sondern nur derjenige, welcher mit Verachtung des Ansehens der Kirche gottlose Meinungen hartnäckig behauptet. Da es also nicht leicht möglich ist, dass sich Jemand mit der Pest der Ketzerei beflecke, wenn er das glaubt, was in diesem Artikel zu glauben vorgestellt wird, so sollen sich die Hirten mit allem Eifer bestreben, dass die Gläubigen durch die Kenntniss dieses Geheimnisses gegen die Kunstgriffe der Gegner bewaffnet, im wahren Glauben verharren. Dieser Artikel hängt aber vom vorigen ab, weil wir, wie schon oben gezeigt worden ist, bekennen, dass der heilige Geist die Quelle und der Ausspender aller Heiligkeit sey, und dass die Kirche von ihm mit Heiligkeit beschenkt worden sey. 

II. Was unter dem Namen Kirche in besonderer, und was in allgemeiner Rücksicht darunter verstanden werde. 

 

1) Kirche im Allgemeinen bedeutet eine Versammlung; aus welcher Gattung Menschen sie bestehe, das macht keinen Unterschied. 2) Unter Kirche versteht man hier besonders und gewöhnlich die Zahl aller Gläubigen. 

I. Weil die Lateiner das Wort Kirche von den Griechen entlehnt, und es nach der Verbreitung des Evangeliums auf heilige Dinge übertragen haben, so muss erklärt werden, welche Bedeutung dieses Wort habe. Das Wort Kirche (Ecclesia), bedeutet eine Herausrufung; und die Schriftsteller gebrauchten es später für Rathsversammlung, Volksversammlung. Hier aber liegt nichts daran, ob jenes Volk den wahren Gott anbetete, oder einer falschen Religion diente; denn in der Apostelgeschichte heisst es vom Volke zu Ephesus, als der Kanzler die Unruhen gestillt halte, habe er gesagt: Habt ihr aber über andere Dinge zu klagen, so kann diess in einer gesetzlich zusammengerufenen Volksversammlung geschehen. [Act. 19,39] Er nennt das ephesinische Volk, welches dem Dienste der Diana ergeben war, eine gesetzliche Versammlung. Und nicht allein die Heiden, welche Gott nicht kennen, sondern auch die Versammlungen böser und gottloser Menschen werden bisweilen Kirche, genannt. Der Prophet sagt: Ich hasse die Versammlung der Bösen, und will nicht mit Gottlosen in Gesellschaft sitzen. [Ps. 25,5]
II. Nach allgemeiner Gewohnheit aber der heiligen Schriften wurde später dieses Wort nur dazu gebraucht, um das ganze christliche Gemeinwesen und die Versammlungen der Gläubigen zu bezeichnen, nämlich die, welche durch den Glauben zum Lichte der Wahrheit und Erkenntniss Gottes berufen sind, damit sie, nach Vertreibung der Finsternisse, der Unwissenheit und der Irrthümer, den wahren und lebendigen Gott, fromm und heilig anbeten, und ihm aus ganzem Herzen dienen; und somit ist die Kirche, um es kurz auszusprechen, wie der heilige Augustin sagt, das gläubige Volk, welches durch die ganze Welt zerstreut ist.

 

III. Welche Geheimnisse im Worte Kirche besonders zur Betrachtung dargeboten werden. 

 

Wie sich die Kirche von den übrigen Staatskörpern der Heiden unterscheide. Wie Gott seine Kirche berufen hat. Zweifache Berufung der Kirche. Verschiedener Endzweck der Berufung, welcher nach der Kenntnis der ewigen Dinge im Besitze derselben besteht. Wie sich die Kirche vom jüdischen Staate unterscheide. 

In diesem Worte sind hohe Geheimnisse enthalten. Schön in der Herausrufung, was das Wort Ecclesia bedeutet, ersieht man sogleich die Güte und den Glanz der göttlichen Gnade, und wir erkennen darin, dass sich die Kirche von andern Staatskörpern sehr unterscheide. Diese stützen sich auf menschliche Einsicht und Klugheit, die Kirche aber ist auf die Weisheit und den Rathschluss Gottes gegründet. Denn Gott hat uns innerlich durch die Begeisterung des heiligen Geistes berufen, welcher die Herzen der Menschen öffnet, äusserlich aber berief er uns durch die Bemühung und den Dienst der Hirten und Prediger, überdiess wird aus dieser Berufung derjenige am deutlichsten ersehen, welcher Endzweck uns vor Augen schweben soll, nämlich die Erkenntnis und der Besitz der ewigen Dinge, welcher beachtet, warum vor Zeiten das gläubige Volk, da es unter dem Gesetze lebte, Synagoge, d. h. Versammlung, genannt wurde. Dieser Name ist ihm nach der Lehre des heiligen Augustin darum beigelegt worden, weil es nach Art des Viehes, dem es mehr eigen ist versammelt zu werden, nur nach irdischen und hinfälligen Gütern trachtete. Daher wird auch mit Recht das christliche Volk nicht Synagoge, sondern Kirche genannt, weil es über die irdischen und vergänglichen Dinge hinwegsieht, und nach himmlischen uiid ewigen allein trachtet.

 

IV. Mit welchen Namen die allgemeine Christenheit in den heiligen Schriften bezeichnet wird.

 

1) Warum die Kirche Haus Gottes genannt wurde und Schafheerde und Braut Christi, 2)Warum Leib Christi. 

I. Es sind viele geheimnissvolle Namen auf die Christenheit angewendet worden. Denn sie wird vom Apostel Haus und Gebäude Christi genannt, da er zu Timotheus sagt: Wenn ich zögern sollte, damit du wissest, wie du dich im Hause Gottes zu verhalten hast, welches die Kirche des lebendigen Gottes ist, eine Säule und Grundfeste der Wahrheit. [Tim. 3,15] Die Kirche heisst aber desswegen Haus, weil sie gleichsam eine Familie ist, welche ein Familienvater regiert, und in welcher eine Gemeinschaft aller geistigen Güter besteht. Sie heisst auch Schafheerde Christi, weil er die Thüre und der Hirt ist. [Joh. 10,1] Sie heisst auch Braut Christi, wie der Apostel an die Corinther schreibt: Denn ich habe euch einem Manne verlobt, um euch eine reine Jungfrau Christo zuzuführen. [II. Cor. 11,2] Ebenso schreibt er an die Epheser: Männer, liebet eure Weiher, wie auch Christus die Kirche liebt. [Ephes. 5,25] Und von der Ehe sagt er: Es ist diess ein grosses Geheimniss; ich sage aber in Christo und in der Kirche. [Ephes. 5,32]
II. Endlich heisst die Kirche der Leib Christi; [Ephes. 1,13] [Coloss. 1,24] wie man im Briefe an die Epheser und Colosser ersehen kann.
Diess Alles dient sehr, um die Gläubigen zu ermuntern, dass sie sich der unendlichen Sanftmuth und Güte Gottes würdig zeigen, da er sie zum Volke Gottes auserwählt hat.

 

V. Es gibt vorzüglich zwei Abtheilungen der Kirche, die triumphirende und die streitende Kirche. 

 

1) Die triumphirende Kirche. 2) Die streitende Kirche.


I. Nach obiger Erklärung wird es nothwendig seyn, die einzelnen Abtheilungen der Kirche aufzuzählen, und den Unterschied derselben darzulegen, damit das Volk die Beschaffenheit der von Gott geliebten Kirche, ihre Eigenschaften, ihre Gaben und Gnaden vernehme, und desswegen den heiligsten Gott niemals zu loben unterlasse. Es sind hauptsächlich zwei Abtheilungen in der Kirche, wovon eine die triumphirende, die andere die streitende Kirche genannt wird. Die triumphirende Kirche ist jene so herrliche und glückseligste Versammlung der seligen Geister, und derjenigen, welche über die Welt, das Fleisch und die Bosheit des Satans gesiegt haben, und frei und ledig von den Beschwerden dieses Lebens die ewige Seligkeit geniessen.
II. Die streitende Kirche aber ist die Versammlung aller Gläubigen, welche noch auf Erden leben; und sie wird desswegen so genannt, weil sie mit den wüthendsten Feinden, der Welt, dem Fleische und dem Satan einen beständigen Krieg hat. Doch muss man desswegen nicht meinen, es gebe zwei Kirchen, sondern dieselbe Kirche hat, wie wir oben sagten, zwei Abtheilungen, von denen eine vorhergegangen ist, und nun das himmlische Vaterland im Besitze hat, die andere immer nachfolgt, bis sie einst mit unserin Erlöser vereinigt, in ewiger Glückseligkeit ruhet.

 

VI. In der streitenden Kirche sind zwei Gattungen Menschen, nämlich Gute und Böse.

 

1) In der streitenden Kirche sind zwei Gattungen Menschen. Die Kirche der Auserwählten ist unbestimmt. Siehe c. 12. sess. 6. Conlc. Trid. decret. de justificat. 2) Die streitende Kirche umfasst die Guten und die Bösen. 

I. In der streitenden Kirche sind zwei Gattungen Menschen, die Guten und die Bösen, und zwar nehmen die Gottlosen an denselben Sakramenten Theil, und bekennen den nämlichen Glauben, wie die Frommen; sind aber im Lebenswandel und Sitten ihnen unähnlich. Gut, fromm, werden in der Kirche diejenigen genannt, welche nicht nur durch das Bekenntnis des Glaubens, und durch die Gemeinschaft der Sakramente, sondern auch durch den Geist der Gnade und durch den Bund der Liebe unter sich vereinigt und verbunden sind; von denen es heisst: Der Herr erkannte, welche die Seinigen sind. [II. Tim. 2,19] Die Menschen können zwar durch Schlüsse vermuthen, welche zu dieser Zahl frommer Menschen gehören, mit Gewissheit aber kann man es nie wissen.
II. Daher muss man glauben, dass Christus von dieser Abtheilung der Kirche gesprochen habe, als er uns zur Kirche schickte, und uns befahl, ihr zu gehorchen. [Matth. 18,17] Denn da jene unbekannt ist, wer wird gewiss seyn können, zu wessen Urtheile man seine Zuflucht nehmen, und wessen Ansehen man gehorchen müsse? Die Kirche umfasst also Gute und Böse, wie die heiligen Schriften und die Bücher frommer Männer beweisen. Hieher bezieht sich jener Ausspruch des Apostels: Ein Leib und Ein Geist. [Ephes. 4,4]

 

VII. Die Kirche ist sichtbar, und schliesst in ihren Schoos Gute und Böse ein.

 

1) Mit welchen Bildern und Gleichnissen die Kirche bezeichnet wird. 2) Das Schicksal der zwei Abtheilungen der Kirche ist sehr verschieden. 

I. Diese Kirche ist bekannt, und gleicht einer Stadt, die auf einem Berge liegt, wo sie überall sichtbar ist. Denn müssen ihr Alle gehorchen, so muss sie nothwendig bekannt seyn. Sie begreift in sich nicht nur Gute, sondern auch Böse, wie das Evangelium in vielen Gleichnissen lehrt. Diess geschieht, wenn erzählt wird, dass das Himmelreich, d. i. die streitende Kirche, einem in's Meer geworfenen Netze gleiche, [Matth. 13,47] oder einem Acker, in welchen Waizen gebaut ist, [Matth. 3,12] oder einer Tenne, auf welcher das Getreide mit Spreu mischt liegt, oder den zehn Jungfrauen, die theils thöricht, theils klug waren. [Matth. 15,1] Aber lange vorher konnte man in der Arche Noah's, welche nicht bloss reine, sondern auch unreine Thiere in sich schloss, [Gen. 7] das Bild und Gleichniss der Kirche betrachten.
II. Obwohl aber der katholische Glaube wahrhaft und beständig behauptet, dass sowohl die Guten, als auch die Bösen zur Kirche gehören, so muss doch den Gläubigen nach dieser Glaubensregel erklärt werden, dass diese Theile in verschiedenen Verhältnissen stehen. Denn wie auf der Tenne die Spreu mit dem Getreide vermischt ist, oder wie bisweilen abgestorbene Glieder mit dem Leibe verbunden sind, ebenso befinden sich auch Böse in der Kirche.

 

VIII. Wer nicht zur streitenden Kirche gehört.

 

1) Drei Gattungen von Menschen sind aus der Kirche ausgeschlossen, erstlich, die Ungläubigen. 2) Die Ketzer stehen unter der Macht der Kirche, damit sie von ihr bestraft werden sollen. 3) Die lasterhaften Gläubigen verbleiben in der Kirche. Böse Vorsteher verlieren ihre Gewalt nicht. 

I. Hieraus folgt, dass nur drei Gattungen von Menschen von ihr ausgeschlossen sind; erstens die Ungläubigen, dann die Ketzer und Abtrünnigen, endlich die Exkommunicirten. Die Heiden sind ausgeschlossen, weil sie nie zur Kirche gehörten, sie auch niemals anerkannten, und keines Sacramentes gemeinsam mit dem christlichen Volke theilhaftig waren.
II. Die Ketzer und Abtrünnigen sind ausgeschlossen, weil sie von der Kirche abfielen. Sie können ebensowenig zur Kirche gerechnet werden, wie Ueberläufer zu einem Heere, von welchem sie desertirten. Doch ist nicht zu läugnen, dass sie unter der Gewalt der Kirche stehen, da sie von ihr vor Gericht gerufen, bestraft, und mit dem Bannflüche belegt werden. Endlich auch die Exkommunicirten, weil sie durch das Urtheil der Kirche ausgeschlossen, solange nicht mehr zu ihrer Gemeinschaft gehören, bis sie sich bessern.
III. Die übrigen Menschen, wenn sie auch böse und lasterhaft sind, verbleiben in der Kirche. Diess ist den Gläubigen immerfort in's Gedachtniss zu rufen, damit sie, wenn vielleicht die Vorsteher der Kirche lasterhaft leben sollten, ganz gewiss wissen, dass diese doch zur Kirche gehören, und dass ihnen desswegen nichts von ihrer Gewalt entzogen werde. 

IX. Verschiedene Bedeutungen des Namens Kirche. 

 

1) Die einzelnen Familien der Gläubigen werden Kirchen genannt. 2} Kirche wird bisweilen statt ihren Vorständen und Hirten gesetzt. Kirche statt eines Orts. Hier bedeutet Kirche eigentlich die Zahl aller Gläubigen, sowohl der Guten, als auch der Bösen. 

I. Auch alle einzelnen Theile der Kirche pflegt man mit dem Namen Kirche zu belegen, wie z. B. der Apostel eine Kirche zu Corinth, in Galatien, zu Laodizäa, zu Thessalonich nennt, indem er die einzelnen Familien der Gläubigen Kirchen heisst; denn er lässt die häusliche Kirche der Priska und Aquila grüssen. Und anderswo sagt er: Es grüssen euch im Herrn vielmal Aquila und Priscilla mit ihrer häuslichen Kirche. [I. Cor. 16,19] In seinem Briefe an Philemon bedient er sich derselben Benennung.
II. Bisweilen werden mit dem Namen Kirche ihre Vorsteher und Hirten belegt. Christus sagt: Wenn er dich nicht hört, so sage es der Kirche; [Matth. 16,18] in dieser Stelle versteht man darunter die Vorsteher.
Aber auch der Ort, an welchem sich das Volk zur Predigt oder irgend einer andern heiligen Handlung versammelt, wird Kirche genannt. Vorzüglich aber bedeutet hier Kirche die Menge der Guten und der Bösen,  und nicht bloss die Vorstände, sondern auch diejenigen, welche gehorchen sollen.

 

X. Von den Merkmalen der wahren Kirche und zwar, zuerst davon, warum sie eine genannt wird.

 

Einheit der Kirche. Nach dem unsichtbaren Haupte der Kirche musste nothwendig ein sichtbares Oberhaupt anfgestellt werden. 

Dem Volke müssen die Eigenschaften dieser Kirche dargelegt werden, weil es daraus erkennen kann, welche Wohlthat Gott denjenigen erwiesen hat, welche in ihr geboren und erzogen werden. Die erste Eigenschaft der Kirche im Symbole der Väter ist die Einheit. Eine ist meine Taube, heisst es, Eine ist meine Schöne. Die so grosse Menschenmenge aber, die so weit und breit zerstreut ist, heisst desswegen eine, wie der Apostel an die Epheser schreibt: Es ist nur Ein Herr, Ein Glaube, Eine Taufe. [Ephes. 4,54] Auch Einer nur ist ihr Lenker und Begierer, und zwar der unsichtbare Christus, welchen der ewige Vater zum Haupte über die ganze Kirche, die sein Leib ist, aufgestellt hat. [Ephes. 1,22] Der sichtbare Lenker derselben aber ist derjenige, welcher den römischen Stuhl des Petrus, des Fürsten der Apostel, als rechtmässiger Nachfolger, inne hat.

 

XI. Was vom römischen Pabste, dem sichtbaren Haupte der Kirche, zu glauben sey. 

 

In Petrus erhielten alle römischen Päbste den Primat über die ganze Kirche.

Alle Väter stimmten immer darin übereilt, dass dieses sichtbare Oberhaupt zur Herstellung und Erhaltung der Einheit der Kirche nothwendig gewesen sey. Dieses schrieb vortrefflich und klar der heilige Hieronymus gegen den Jovinianus mit diesen Worten: "Einer wird erwählt, damit, wenn ein Oberhaupt aufgestellt ist, die Veranlassung zur Trennung aufgehoben wird." Und an Damasus schreibt er: "Es weiche der Neid, es weiche zurück der Ehrgeiz nach der römischen Höhe; ich spreche mit dem Nachfolger des Fischers, mit dem Schüler des Kreuzes. Ich folge keinem Oberhaupte als Christus, und einige mich in die Gemeinschaft deiner Heiligkeit, d. h. mit dem Stuhle Petri; ich weiss, dass auf jenen Felsen die Kirche gegründet ist. Wer ausser diesem Hause das Lamm isst, ist ein Ungerechter. Wer nicht in der Arche Noah's ist, wird in der Sündfluth zu Grunde gehen." Diess wird auch lange vorher schon von Irenäus, und von Cyprian bestättigt, welcher von der Einheit der Kirche redend, sagt: "Der Herr spricht zu Petrus: Petrus, ich sage dir, du bist Petrus, und über diesem Felsen werde ich meine Kirche erbauen. Ueber Einen erbaut er die Kirche; und obschon er nach seiner Auferstehung allen Aposteln gleiche Gewalt ertheilt und sagt: Wie mich der Vater gesendet hat, so sende auch ich euch; empfanget den heiligen Geist; so hat er doch, um ihre Einheit zu offenbaren, durch sein Aussehen festgesetzt, dass der Ursprung ihrer Einheit von Einem ausgehe etc." Ferner sagt Optatus von Mile »Unwissenheit kann dir nicht zugeschrieben werden, da du weisst, dass in der Stadt Rom dem Petrus zuerst der Bischofssitz übertragen worden ist, auf welchem »Petrus, das Oberhaupt aller Apostel, sass; und in ihm allein soll die Einheit des Stuhles von Allen bewahrt werden, damit nicht die übrigen Apostel sich Jeder für sich allein einen Stuhl anmassten; und es sollte schon der ein Abtrünniger und Pflichtvergessener seyn, welcher gegen diesen besondern Stuhl einen andern aufstellte." Auch hat nach diesem Basilius so geschrieben: "Petrus ist auf die Grundfeste gestellt worden; denn er sprach: Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes, und er erhielt zur Antwort, dass er der Felsen sey; obschon er nun ein Feisen war, so war er doch kein solcher Fels, wie Christus. Denn Christus ist der wahrhaft unbewegliche Felsen, Petrus aber ist es nur wegen des Felsens. Denn Gott ertheilt seine Würden Andern: Er ist ein Priester, und macht Priester; er ist ein Felsen, und macht einen Felsen; und er verleiht das seinen Dienern, Waa sein ist." Endlich sagt der heilige Ambrosius: ""Wenn Jemand den Einwurf macht, die, Kirche sey mit dem einen Oberhaupte und Bräutigam Jesus Christus zufrieden, und verlange ausser ihm keines, so ist die Antwort bereit und leicht. Wie wir Christus den Herrn nicht nur als Urheber der einzelnen Sakramente, sondern auch als innersten Ausspender haben (denn er ist es, der da tauft und losspricht, und doch hat er Menschen zu äussern Ausspendern der Sakramente aufgestellt): so hat er auch der Kirche, welche er selbst mit seinem innersten Geist lenkt, einen Menschen, als Stellvertreter und Vollzieher seiner Gewalt, vorgesetzt. Da die sichtbare Kirche eines sichtbaren Oberhauptes bedarf, so hat der Erlöser den Petrus als das Oberhaupt und den Hirten aller Gläubigen aufgestellt, indem er ihm seine Schafe mit den herrlichsten Worten zu weiden anempfahl, in der Willensmeinung, dass auch sein Nachfolger dieselbe Gewalt, die Kirche zu regieren und zu leiten haben sollte."

 

XII. Fernere Gründe, warum die Kirche Eine sey.


Der Apostel schreibt an die Corinther: Es ist ein und der nämliche Geist, [I. Cor. 12,11] welcher den Gläubigen die Gnade, wie die Seele den Gliedern des Körpers Leben, verleiht. Indem er die Epheser zur Erhaltung dieser Einheit ermahnt, sagt er: Lasst euch recht angelegen seyn, Einigkeit des Geistes durch das Band des Friedens zu erhalten; Ein Leib und Ein Geist. [Ephes. 4,3.4] Wie der menschliche Leib aus vielen Gliedern besteht, und diese von der Einen Seele ernährt werden, da sie den Augen das Gesicht, den Ohren das Gehör, und den andern Sinnen ihre verschiedenen Kräfte zutheilt; so ist auch der mystische Leib Christi, die Kirche, aus vielen Gläubigen zusammengesetzt. Es ist gleichfalls auch nur Eine Hoffnung, zu welcher wir Alle berufen sind, wie der Apostel an derselben Stelle ausspricht: indem wir ja Alle ein und dasselbe, ewige glückselige Leben, hoffen.

Endlich ist nur Ein Glaube, welchen Alle halten und bekennen müssen. Der Apostel sagt: Es gebe unter euch keine Spaltungen. [I. Cor. 1,10] Es ist nur Eine Taufe, welche ein Sakrament des christlichen Glaubens ist.

 

XIII. Vom zweiten Merkmale der Kirche; wie sie heilig ist. 

 

1) Erster Grund. Alle Gläubigen überhaupt werden Heilige genannt. 2) Zweiter Grund. 3) Dritter Grund. 
 
I. Die zweite Eigenschaft der Kirche ist heilig, wie sie der Apostelfürst in der Stelle genannt hat: Ihr seyd ein auserwähltes Geschlecht, ein heiliges Volk. [I. Petr. 2,9] Sie wird aber heilig genannt, weil sie Gott geheiligt und geweiht ist; denn wir nennen in diesem Sinne auch die übrigen Gegenstände, wenn sie auch körperlich sind, heilig, weil sie zum Gottesdienste bestimmt und geweiht sind. Dergleichen sind im alten Testamente die Gefässe Kleider und Altäre; und auch die Erstgebornen, welche dem erhabensten Gott geweiht wurden, nannte man heilig. Es darf sich Niemand wundern, dass die Kirche heilig genannt werde, obwohl sie viele Sünder in sich fasst. Denn heilig werden auch die Gläubigen genannt, welche das Volk Gottes geworden sind, und die sich durch Annahme des Glaubens und der Taufe Christo weihten, obschon sie vielfach sich verfehlen, und ihr Versprechen nicht halten. Ebenso führen ja auch die, welche sich irgend einer Kunst widmen, den Namen Künstler, obgleich sie die Vorschriften der Kunst nicht beobachten. Daher nannte der heilige Paulus diejenigen geheiligt und heilig, [I. Cor. 1,2] unter welchen es bekanntlich Einige gab, welche er als fleischlichgesinnt, und mit noch herberen Worten tadelt.
II. Die Kirche heisst auch heilig, weil sie wie ein Leib mit ihrem heiligen Haupte, Christus dem Herrn, die Quelle aller Heiligkeit, verbunden ist, von dem die Gaben des heiligen Geistes, und die Reichthümer der göttlichen Güte über sie ausgegossen werden. Der heilige Augustinus hat jene Worte des Propheten wunderschön erklärt: Bewahre meine Seele, weil ich heilig bin. Er sagt: "Es wage der Leib Christi, es wage einer jener Menschen, rufend von den Gränzen der Erde, mit seinem Haupte und unter seinem Haupte zu sagen: ich bin heilig; denn er empfing die Gnade der Heiligkeit: die Gnade der Taufe und Nachlassung der Sünden." Und kurz hernach: "Wenn alle Christen, und alle Gläubigen in Christus getauft, ihn angezogen haben, wie der Apostel sagt: Alle, die ihr in Christus getauft seyd, habet Christum angezogen; [Galat. 3,27] wenn sie Glieder seines Körpers geworden sind, und sagen, sie seyen nicht heilig, so verunglimpfen sie das Haupt selbst, dessen heilige Glieder sie sind."
III. Dazu kömmt, dass die Kirche allein einen rechtmässigen Opferdienst und einen heilsamen Gebrauch der Sakramente hat, wodurch Gott, als wirksame Werkzeuge der göttlichen Gnade, wahre Heiligkeit bewirkt, so dass, wer wahrhaft heilig ist, ausser dieser Kirche nicht seyn kann. Daraus geht also hervor, dass die Kirche heilig ist, und zwar heilig desswegen, weil sie der Leib Christi ist, von welchem sie geheiligt, durch dessen Blut sie abgewaschen wird. 

XIV. Wie die Kirche Christi katholisch sey. 

 

Die dritte Eigenschaft der Kirche ist, dass sie katholisch, allgemein, genannt wird, welche Benennung ihr mit Recht gegeben wurde, weil sie, wie der heilige Augustin bezeugt, vom Aufgang bis zum Untergang durch den Glanz Eines Glaubens sich ausbreitet. Die Kirche ist nicht, wie es bei menschlichen Staaten und den Versammlungen der Ketzer der Fall ist, auf die Grenzen eines einzigen Bereiches, oder auf eine Gattung Menschen beschränkt, sondern sie umfasst alle Menschen, mögen sie nun Barbaren, oder Scythen, mögen sie Sklaven oder Freie, Männer oder Frauen seyn, Alle umfasst sie im Schoose ihrer Liebe. Daher steht geschrieben: Du hast uns Gott in deinem Blute erkauft, aus allen Stämmen, Sprachen, Völkern und Nationen, und machtest uns zu einem Reiche unserm Gott. [Apoc. 5,9] Von der Kirche sagt David: Fordere von mir, und ich werde dir die Völker zu deinem Erbe geben, und die Grenzen der Erde zu deinem Besitzthume. [Ps. 283] Dann: Ich werde eingedenk seyn Rahabs und Babylons, welche mich kennen; und es ward ein Mensch in ihr geboren. [Ps. 86,4.5] Ueberdiess gehören alle Gläubigen, welche von Adam an bis auf diesen Tag gewesen sind, und welche noch seyn werden, so lange die Welt besteht, wenn sie den wahren Glauben bekennen, zu der nämlichen Kirche, die auf die Grundfeste der Apostel und der Propheten [Ephes. 2,26] gegründet ist, die Alle auf jenen Eckstein Christus, [Ephes. 19,17] der beides in Eins vereinte, und den Nahen und Fernen den Frieden verkündigte, gestellt und gegründet sind. Allgemein heisst sie auch desswegen, weil Alle, welche die ewige Seligkeit zu erlangen wünschen, sie festhalten und umfassen müssen, gleichwie die, welche in die Arche eintraten, damit sie in der Sündfluth nicht zu Grunde gingen. Diess also ist als die sicherste Richtschnur aufzustellen, wodurch man die wahre und falsche Kirche unterscheiden kann.

 

XV. Auf welche Weise die Kirche auch apostolisch heisst.


Die Kirche der Ketzer kann die wahre Kirche Christi nicht seyn.

Auch aus ihrem Ursprünge, welchen die geoffenbarte Gnade von den Aposteln herleitet, erkennen wir die Wahrheit der Kirche; denn ihre Lehre ist nicht eine neue und erst entstandene Wahrheit, sondern schon lange her von den Aposteln überliefert, und in alle Welt verbreitet. Hieraus folgt, dass Niemand zweifeln kann, dass die gottlosen Lehren der Ketzer weit vom Glauben der Kirche entfernt sind, da sie der Lehre der Kirche, welche von den Aposteln an bis auf den heutigen Tag gepredigt worden ist, widersprechen. Desswegen legten die Väter auf göttliche Eingebung dem Symbole das Wort apostolisch bei, damit Alle erkennen sollen, welches die katholische Kirche sey. Der heilige Geist, welcher der Kirche vorsteht, leitet sie durch keine andere Art Diener, als durch apostolische; und dieser heilige Geist ward zuerst den Aposteln verliehen, dann aber verblieb er durch die unendliche Güte Gottes immer in der Kirche.

 

XVI. Die Kirche kann in Glaubens - und Sittenlehren nicht irren.

 

Wie die Kirche in der Darstellung der Glaubens- und Sittenlehren nicht irren kann, da sie vom heiligen Geiste geleitet wird, ebenso müssen alle übrigen, die sich den Namen Kirche anmassen, als vom Geiste des Teufels geleitet, was Glauben und Sitten betrifft, in den verderblichsten Irrthümern schweben.

 

XVII. Durch welche Bilder vorzüglich die Kirche Christi im alten Testamente vorgestellt worden ist. 

 

I) Die Arche Noah's war ein Bild der Kirche. 2) Die Stadt Jerusalem. Ausser der katholischen Kirche ist kein wahrer Gottesdienst und kein wahres Opfer. 

I. Weil die Bilder des alten Testamentes viel dazubeitragen, die Gemüther der Gläubigen zu erheben, und das Andenken so schöner Dinge zu erneuern, wesswegen sich ihrer die Apostel vorzüglich bedienten, so sollen auch die Seelsorger diesen so fruchtbringenden Theil der Lehre nicht vernachlässigen. Unter diesen Bildern hat vorzüglich die Arche Noah's die schönste Bedeutung, welche nur desswegen auf göttliches Geheiss erbaut worden ist, damit kein Zweifel Platz greifen könne, dass sie die Kirche selbst vorstelle, welche Gott so eingerichtet hat, dass Jeder, der durch die Taufe in sie eingeht, vor der Gefahr des ewigen Todes gesichert seyn kann; dass aber die, welche ausser ihr sind, durch ihre Laster zu Grunde gehen, wie es jenen erging, die nicht in die Arche aufgenommen wurden.
II. Ein anderes Bild ist jene grosse Stadt Jerusalem , mit deren Namen die Schrift öfter die heilige Kirche bezeichnet. Nämlich, es war nur in ihr allein erlaubt, Gott Opfer darzubringen, weil auch in der Kirche Gottes allein, und sonst nirgends, der wahre Gottesdienst, das wahre Opfer, welches Gott gefallen kann, sich findet.

 

XVIII. Wie der Glaube an die Kirche Christi zu den Glaubensartikeln gehöre. 

 

Endlich muss von der Kirche gelehrt werden, wie und auf welche Weise es zu den Glaubensartikeln gehöre, dass wir an die Kirche glauben. Obschon Jedermann durch Vernunft und Sinne vernimmt, dass eine Kirche, d. h. eine Versammlung von Menschen, auf Erden sey, welche Christo zugethan und geweiht sind, und dass man zu dieser Erkenntniss keines Glaubens bedürfe, da sogar weder die Juden, noch die Türken daran zweifeln, so kann doch jene Geheimnisse, von denen theils wirklich schon bewiesen ist, dass sie in der Kirche Gottes seyen, theils im Sakramente der Priesterweihe wird erklärt werden, nur ein vom Glauben erleuchteter, ohne andere Gründe überwiesener Verstand einsehen. Da also dieser Artikel nicht minder als die übrigen das Vermögen und die Kräfte unsers Verstandes übersteigt, so bekennen wir mit allem Rechte, dass wir den Ursprung der Kirche, ihre Aemter und Würde mit menschlicher Vernunft nicht erfassen können, sondern mit den Augen des Glaubens schauen.

 

XIX. Was, wie viel und wie gross das sey, was wir von der Kirche glauben müssen. 

 

Die Gewalt der Kirche ging von Gott aus.

Die Stifter der Kirche waren nicht Menschen, sondern dem der unsterbliche Gott selbst, der sie auf den festesten Felsen gegründet hat, wie der Prophet bezeugt: Der Höchste selbst hat sie gegründet, [Ps. 86,3] wesswegen sie Erbschaft Gottes, und Volk Gottes genannt wird. Auch die Gewalt, die sie erhielt, ist nicht menschliche Gewalt, sondern sie ist ihr von Gott verliehen. Wie sie daher mit natürlichen Kräften nicht verglichen werden kann, so sehen wir auch nur durch den Glauben allein ein, dass bei der Kirche die Schlüssel des Himmelreiches seyen, und dass ihr die Gewalt, die Sünden nachzulassen, zu exeommuniciren, und den wahren Leib Christi zu consecriren, übergeben sey; und dass endlich die Bürger, die sich in ihr befinden, nicht hier eine bleibende Stätte haben, sondern eine künftige suchen. [Hebr. 13,14] Man muss also nothwendig glauben, dass die Kirche Eine, heilig und katholisch sey.

 

XX. Wir glauben an die Kirche nicht so, wie an Gott. 

 

Wir glauben eine Kirche, aber nicht a n eine Kirche.

Die drei Personen der Dreieinigkeit, den Vater, den Sohn und den heiligen Geist glauben wir so, dass wir auf sie unsern Glauben festsetzen. Hier aber ändern wir die Art zu reden, und bekennen, dass wir eine heilige, aber nicht an eine heilige Kirche glauben, damit durch diese verschiedene Redeweise Gott der Schöpfer aller Dinge von den erschaffenen Dingen unterschieden werde, und damit wir darlegen, dass wir Alle jene herrlichen Wohlthaten, welche der Kirche erwiesen worden sind, der göttlichen Güte verdanken.

 

XXI. Vom Schlüsse dieses Artikels: Gemeinschaft der Heiligen. 

 

Wie wichtig es sey diesen Theil deutlich zu erklären.

Da der heilige Evangelist Johannes üher die göttlichen Geheimnisse an die Glaubigen die Ursache schrieb, warum er sie darin unterweise, fügte er diesen Grund bei: Damit auch ihr mit uns Gemeinschaft habet, unsere Gemeinschaft mit dem Vater und seinem Sohne Jesus Christus sey. [I. Joh. 1,2] Diese Gemeinschaft legt in der Gemeinschaft der Heiligen, von welcher in diesem Artikel die Rede ist. Möchten bei seiner Erklärung die Vorsteher der Kirche die Sorgfalt des heiligen Apostel Paulus und der übrigen Apostel nachahmen! Denn dieser ist nicht allein die Erläuterung des vorhergehenden Artikels, und eine überaus fruchtbringende Lehre, sondern er erklärt auch, wie der Gebrauch der Geheimnisse, die im Symbole enthalten sind, beschaffen seyn müsse. Man muss Alles durchforschen und aufnehmen, damit wir in diese so ehrwürdige und selige Gemeinschaft der Heiligen zugelassen werden, und wenn wir zugelassen sind, so müssen wir eifrigst fortfahren, freudig Gott dem Vater dankend, dass er uns würdigte, des Looses der Heiligen im Lichte theilhaftig zu werden. [Coloss. 1,12] 

XXII. Erklärung dieses Theiles, und worin die Gemeinschaft der Heiligen bestehe. 

 

Die Gemeinschaft der Heiligen erscheint vorzüglich in der Gemeinschaft der Sakramente.

Vorzüglich muss den Gläubigen gelehrt werden, dass dieser Artikel gleichsam eine Erklärung dessen sey, was oben von der einen, heiligen, katholischen Kirche ist gesagt worden. Denn die Einheit des Geistes, von dem sie regiert wird, bewirkt, dass Alles, was sie in sich hat, gemeinsam sey. Der Nutzen aller Sakramente erstreckt sich auf alle Gläubigen, und durch diese Sakramente werden sie, gleichsam wie durch ein Band, mit Christus verbunden und vereinigt, besonders aber durch die Taufe, durch welche sie, wie durch eine Thüre, in die Kirche eingehen. Dass man aber, unter dieser Gemeinschaft der Heiligen die Gemeinschaft der Sakramente verstehen müsse, zeigen die Väter im Symbole mit den Worten: Ich bekenne eine Taufe. Der Taufe aber folgen erstlich das Abendmahl und drum die übrigen Sakramente; denn obschon dieser Name allen Sakramenten zukömmt, da sie uns mit Gott verbinden, und desjenigen theilhaftig machen, dessen Gnade wir empfangen, so ist es doch besonders dem Altarssakramente eigen, diese Gemeinschaft zu bewirken. 

XXIII. In der Kirche ist eine Theilhaftigmachung der Verdienste.

 

Durch die Liebe werden wir alles Guten theilhaftig, das in der Kirche gethan wird.


Man muss auch noch einer andern Gemeinschaft in der Kirche gedenken. Was immer mit frommen, heiligen Sinne von Einem unternommen wird, das erstreckt sich auf Alle, und durch die Liebe, welche nicht das sucht, was ihr eigen ist, wird bewirkt, dass es Allen zu Nutzen kommt. Diess beweisst der heilige Ambrosius in der Erklärung jener Stelle des Psalmes: Ich habe Theil an Allen, die dich fürchten. Da er sagt; "Wie wir sagen, dass ein Glied am ganzen Körper Theil habe, so sind auch All , welche Gott fürchten, verbunden." Daher hat uns auch Christus die Gebetsformel vorgeschrieben, in welcher wir sagen sollen, Unser Brod, und nicht mein Brod, und anderes dergleichen, indem wir nicht bloss für uns, sondern auch für das Wohl und den Vortheil Aller uns bekümmern. Diese Theilhaftigmachung der Güter wird durch das so herrlich passende Gleichniss von den Gliedern des menschlichen Körpers in den heiligen Schriften oft gezeigt. Im Körper sind zwar viele Glieder, aber obgleich sie viele sind, so bilden sie doch nur einen Körper, in welchem jedes seine eigene, aber nicht alle die nämliche Vorrichtung haben. [I. Cor. 12,13] Aber es haben auch nicht alle die nämliche Würde, oder versehen gleich nützliche und anständige Verrichtungen, und keinem ist sein eigener, sondern der Nutzen und Vortheil des ganzen Körpers zur Aufgabe gemacht. Demnach sind alle so unter sich gefügt und verbunden, dass, wenn eines schmerzt, auch die übrigen durch Verwandtschaft und Mitgefühl gleichfalls den Schmerz empfinden; empfindet im Gegentheile eines etwas Gutes, so theilt sich jenes angenehme Gefühl gleichfalls allen mit. Und das Nämliche kann man an der Kirche wahrnehmen. Obwohl sich in ihr verschiedene Glieder finden, nämlich die verschiedenen Nationen, Juden, Heiden, Freie und Sklaven, Arme und Reiche, so werden sie Alle doch nur Ein Körper mit Christus, dessen Haupt er ist, wenn sie durch die Taufe darin aufgenommen werden. Ueherdiess hat ein Jeder in dieser Kirche sein Amt. Denn wie Einige zu Aposteln, Andere zu Lehrern, Alle aber des gemeinsamen Wohles wegen aufgestellt sind; so ist es die Pflicht Einiger, vorzustehen und zu lehren. Anderer aber ebenso, zu gehorchen und Unterthan zu seyn.

 

XXIV. Die Lasterhaften erfreuen sich nicht der Theilnahme an den geistigen Gütern. 

 

So viele und so grosse von Gott verliehene Aemter und Güter geniessen nun diejenigen, die in Liebe ein christliches Leben führen, und gerecht und Gott wohlgefällig sind. Die todten Glieder aber, nämlich die in Laster versunkenen und von Gott entfremdeten Menschen, werden dieses Gutes zwar nicht beraubt, so dass sie aufhören, Glieder dieses Leibes zu seyn; aber da sie todt sind, so erlangen sie keinen geistigen Nutzen, welcher auf die Gerechten und Frommen übergeht. Jedoch, da sie noch in der Kirche sind, so werden sie zur Wiedererlangung der verlornen Gnade und des Lebens von jenen unterstützt, die geistig leben, und jene Früchte geniessen, deren die ohne Zweifel beraubt sind, welche von der Kirche abgeschnitten sind.

 

XXV. Das Geschenk der Gnade und die übrigen Gaben Gottes sind der ganzen Kirche gemein. 

 

Nicht, allein jene Gaben sind gemeinsam, welche die Menschen Gott gefällig und gerecht machen; sondern auch die Gnaden, die ohne Verdienst ertheilt werden, worunter man Wissenschaft, Weissagung, die Sprachen und Wundergabe, und die übrigen dergleichen rechnet. Diese Gaben werden auch bösen Menschen verliehen, nicht ihres eigenen, sondern des gemeinsamen Nutzens wegen zur Erbauung der Kirche. Denn die Gabe der Gesundmachung ist nicht wegen dessen, der damit begabt ist, ertheilt, sondern um den Kranken gesund zu machen. Endlich besitzt der wahrhaft christliche Mensch nichts, was er nicht für ein Gemeingut aller Uebrigen halten soll; daher wir zur Erleichterung des Elends der Hilfsbedürftigen geneigt und bereit seyn müssen. Wer mit dergleichen Gütern versehen ist, und seinen Bruder darben sieht, ohne ihm zu helfen, dieser beweist dadurch deutlich, dass die Liebe Gottes nicht in ihm sey.[I. Joh. 3,17] Da sich diess so verhält, so leuchtet daraus hervor, dass diejenigen, welche in dieser heiligen Gemeinschaft sind, einer gewissen Glückseligkeit geniessen und dass man mit Wahrheit sagen kann: Wie lieblich sind deine Wohnungen, o Herr der Tugenden meine Seele verlangt und sehnt sich in die Vorhöfe des Herrn; und selig sind, die in deinem Hause wohnen, o Herr! [Ps. 83,2.3.5]

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