Donnerstag, 9. Mai 2013

Das heilige Evangelium Jesu Christi nach Joannes aus der Heiligen Schrift (Allioli-Bibel)

Das heilige Evangelium Jesu Christi nach Joannes aus der Heiligen Schrift (Allioli-Bibel) mit allen Anmerkungen erläutert von Dr. Joseph Franz Allioli 2. Auflage. München und Landshut, 1854.


Das heilige Evangelium Jesu Christi nach Joannes

Vorbericht
zu dem heiligen Evangelium Jesu Christi nach Joannes





Joannes war der Sohn des Zebedaus, eines Fischers in Galiläa, und der Salome (Matth. 4, 21. 10, 3. 20, 20. Marc. 15, 40.), der Bruder des Jacobus, des Aeltern (Matth. 10, 3.). Er folgte dem Rufe Jesu (Matth. 4, 21. Vergl. Luc. 5, 10.), ward dessen beständiger Begleiter als Apostel, und gehörte mit Petrus und Jacobus zu seinen vertrautesten Jüngern (Marc. 5, 37. Matth. 17, 1. 26, 37.). Der Herr liebte ihn vor den übrigen Aposteln, und gab ihm die zärtlichsten, äußerlichen Beweise davon dadurch, daß er ihn an seiner Brust ruhen ließ (C. 18, 23. 25.), und ihm sterbend noch seine geliebte Mutter zur zeitlichen Fürsorge anempfahl (C. 19, 26.). Dieser besondern Liebeserweise wegen nannte sich Joannes selbst in dankbarer Erinnerung den Jünger, den Jesus lieb hatte (C. 19, 26.), so Wie er auch hinwiederum durch seine Liebe zu dem Herrn sich auszeichnete; denn wenn Petrus feuriger und thätiger liebte (C 21, 15.), so scheint die Liebe des Joannes inniger und treuer gewesen zu seyn, indem er unter allen Jüngern der Einzige war, der den Herrn auch in seinem Leiden nicht verließ, und ihm bis unter das Kreuz nachfolgte (C. 19, 26.). Nach der Himmelfahrt Jesu war er mit Petrus eine Säule (Gal.2, 9.) zur Verbreitung des Evangeliums in Palästina. Jn die entfernteren Provinzen des römischen Reiches, insbesondere nach Kleinasien, scheint er erst später sich begeben zu haben. Gewiß ist, daß er nach dem Tode der heiligen Apostel Petrus und Paulus (66 n. Chr.) seinen bleibenden Wohnsitz zu Ephesus in Kleinasien aufschlug. Daselbst übte er die oberhirtliche Aufsicht über die Kirchen Kleinasiens aus, ja er kann als ein neuer Gründer und Befestiger derselben betrachtet werden. Von hier aus geschah es, wahrscheinlich unter der Regierung des Kaisers Nero, nach andern unter Domitian, daß er des Glaubens wegen auf die Jnsel Patmos, jetzt Palmosa genannt, verwiesen wurde. In der Verweisung daselbst schrieb er auf Befehl des Herrn die geheime Offenbarung, über die Schicksale der Kirche Gottes. Nach einiger Zeit, wie glaubwürdige Zeugnisse berichten auf Erlaubniß des Kaisers Nerva. kehrte er wieder nach Ephesus zurück und leitete als Oberhirt die kleinasiatischen Kirchenwie vorher. In dieser späten Zeit, in den letzten Jahren des ersten Jahrhunderts nach Christistus, war es, daß er auf viele Bitten der Gläubigen und innerlichen Antrieb des heiligen Geistes sein Evangelium schrieb. Sein Hauptwerk war dabei wie er selbst am Ende dieses wortes sagt, zu zeigen, daß Jesus Christus der Sohn Gottes sey, und daß alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben. Da gerade damals der Irrlehrer Cerinthus und andere auf traten, welche über die Person und erhabene Würde Jesu allerlei falsche Lehren verbreiteten, musste ihm mehr noch als den übrigen Evangelisten daran liegen, die reine Lehre in diesem Punkte den Gläubigen bestimmt und ausführlich vorzulegen. Die drei vorhergehenden Evangelien ergänzte er auch insoferne, als er weniger die Thaten, mehr die Reden des Herrn gibt, und hie und da Begebenheiten und Umstände mittheilt, welche er als Augenzeuge mitzutheilen vorzüglich im Stande war. In Bezug auf diese besondere Beschaffenheit des Evangeliums Joannis nannten es die Alten das geistige, den Verfasser den Theologen, im Gegensatze zu den drei andern Evangelien, welche mehr das Menschliche und Jrdische von Jesu darstellen. Der heilige Augustin sagt hierüber schön: »Ju den vier Evangelien, oder vielmehr in den vier Büchern Eines Evangeliums hat der heilige Apostel Joannes, welcher gemäß seiner geistigen Erkenntniß dem Adler verglichen wird, höher und weit erhabener als die andern drei seine Verkündigung erhoben, und in dieser Erhebung auch unsere Herzen erheben wollen. Denn die drei übrigen Evangelisten sind gleichsam mit dem Gottmenschen auf der Erde gewandelt, und haben von seiner Gottheit weniger gesagt; dieser aber, gleichsam als verschmähte er es auf der Erde zu Wandeln, hat sich erhoben, nicht nur über die Erde und über alle Ausdehnung der Lüfte und des Himmels, sondern auch über das ganze Heer der Engel und alle Ordnungen der unsichtbaren Gewalten, und ist zu dem gekommen, durch den alles gemacht ist, indem er spricht: Im Anfange war das Wort. Das floß aus seinem Munde, was er getrunken hatte; denn nicht ohne Grund wird von ihm in diesem Evangelium gesagt, daß er beim Nachtmahle auf der Brust des Herrn lag. Aus dieser Brust hatte er also im Geheimen getrunken; aber was er im Geheimen getrunken, das hat er offenbar ausgeströmt.« — Daß das Evangelium des heiligen Joannes ächt sey, darüber liefern nicht nur die Rechtgläubigen, sondern auch die Irr- und Ungläubigen die unwiderlegbarsten Beweise, und ebenso ist im ganzen Alterthume entschieden, daß es ursprünglich griechisch geschrieben wurde. Von den übrigen Lebensumständen dieses Apostels berichten die Kirchenschriftsteller, daß er stets im jungfräulichen Stande gelebt, und sein Lebensalter bis über neunzig Jahre gebracht habe. Noch im höchsten Alter, erzählt der heilige Hieronymis, habe er sich in die Kirche tragen lassen, und weil er nur weniges mehr sprechen konnte, jedesmal bloß die Worte gesagt: Kindlein, liebet euch einander! Er starb zu Ephesus, wo lang Zeit sein Grab gezeigt und in Ehren gehalten ward.

Capitel 1


Die Gottheit des Wortes. Sendung des Täufers. Menschwerdung des Wortes. Bestimmung des Täufers. Sein Zeugniß über Jesum Christum. Zwei seiner Jünger folgen Jesu. Des Andreas, Petrus, Philipus und Nathanel Ruf zum Apostelamte.


Kommentare und Verweise
1. Im Anfange war das Wort,(2) und das Wort war bei Gott,(3) und Gott war das Wort. (4) (1) Sieh die Aufschrift zu Matthäus.(2) Griech.: der Logos. Was hier Logos, Wort heißt, nennt der heilige Joannes unten V.18 den Eingeborenen Gottes im Schoße des Vaters, in seinem ersten Briefe 1, 1-3. das ewige Leben bei dem Vater, und Apoc. 19,13 das Wort Gottes, das als Sohn Gottes die Gottlosen zu richten kommt. Im Alten Testamente war der Logos unter dem Namen "Weisheit" Spr. 8, 12. 22. Weish. 7, 21. Eccli. 24.) und selbst als Sohn Gottes (Spr. 30, 4.) bekannt, und in den Zeiten unmittelbar vor Christus war die Persönlichkeit des Wortes in Gott eine so allgemein angenommene Lehre unter den Juden, daß die chaldäischen Erklärer der Schrift für den sich offenbarenden Gott geradezu Wort Gottes setzen, und den Messias das Wort Gottes, so wie den Sohn Gottes nennen (vergl. Matth. 26, 63.). In Uebereinstimmung damit haben alle heiligen Vater und die katholische Kirche unter dem Worte den Sohn Gottes, die ausgesprochene und selbst sprechende Wesenheit Gottes, das voll kommene Ebenbild des Vaters verstanden. Die Worte: »Im Anfange« erklären sich aus Spr. 8,23., wo es von der göttlichen Weisheit heißt, daß sie von Ewigkeit eingesetzt ist, und aus dem Zusammenhange, nach welchem das Wort — Gott, also ewig ist (s. d. Folg.), so wie es ausdrücklich das ewige Leben heißt (1. Joan. 1, 2. 5, 20.). — (3) Der heilige Basilius und Chrysostomus bemerken, daß Joannes nicht sage: in Gott, sondern bei Gott, um die Persönlichkeit des göttlichen Wortes bestimmt auszusprechen. Eben deßhalb ist auch unter "Gott" hier nicht die göttliche Wesenheit überhaupt, sondern die göttliche Persönlichkeit des Vaters zu verstehen. Der Geist ist nicht ausdrücklich genannt, weil er unter dem Vater und Sohne, von denen er ausgeht, schon verstanden ist. Als göttliche Person erwähnt ihn Johannes später (16,13.). Ueber die göttliche Dreieinigkeit s. Matth. 28, 19. — (4) Der Ausdruck "Gott" ist das Prädikat des Satzes, wie daraus erhellt, daß es im Griechischen keinen Artikel hat; der Ausdruck "Wort" ist das Subject des Satzes, so daß der Sinn ist: Das Wort, welches von Ewigkeit bei Gott war, ist von göttlicher Natur und Wesenheit; — wie dieß das ganze Neue Testament von dem Sohne Gottes sagt (Röm. 9,5. Hebr. 1, 2-13. und andere Stellen mehr). Dreierlei ist also in diesem ersten Werke ausgesprochen: die Ewigkeit, die Persönlichkeit, und die Göttlichkeit des Wortes-. (Röm. 9,5. Hebr. 1, 2-13. und andere Stellen mehr). Dreierlei ist also in diesem ersten Werke ausgesprochen: die Ewigkeit, die Persönlichkeit, und die Gött1ichkeit des Wortes-.
2. Dieses war im Anfange bei Gott. (5) (5) Die Worte: "Und Gott war das Wort", hätten mußverstanden werden können, als seo zwischen dem Logos und Gott, dem Vater, kein Unterschied der Person nach. Diesem Mißverstämdnisse beugt der Satz vor: Das Wort war bei Gott (Note 3.), der hier des Nachdruckes halber noch einmal wiederholt wird. —
3. Alles ist durch dasselbe gemacht worden, und ohne dasselbe wurde nichts gemacht, was gemacht worden ist.(6) (6) Alles wurde durch das Wort, die Weisheit oder den Sohn geschaffen (Spr. 8 Weish.8. Eccli.24. Col.1,16. Hebr. 1,2. Eph. 4, 6.). Als das angesprochene Wesen des Vaters ist das ewige Wort die ewige Offenbarung Gottes und als solche der Grund Durchgangspunkt zu allem Offenbarenen und Gewordenen. Die Vollendung gibt der Geist, wie er als dritte göttliche Person der Schluß und die Vollendung der göttlichen Persönlichkeit ist. Vergl. 1.Mos 1, 2. 3. Ps. 32,6.
4. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.(7) (7) Als der lebendige Gott war er der Grund alles Leben in der Welt, und in Bezug auf die Menschen das Licht, der göttliche Lichtbringer, Belehrer, Offenbarer und Seligmacher. S. unten 5,26. 11, 26. 14, 6. Damit führt der heilige Joannes die ganze Offenbarung vor Christus, was immer in der Welt zur Belehrung und Beseligung der Menschen geschehen ist, auf den Sohn Gottes zurück. Licht und Leben werden hier in Bezug auf die Menschen verbunden, weil der Mensch nur in der
5. Und das Licht leuchtete in der Finsterniß, (8) aber die Finsterniß hat es nicht begriffen. (9) (8) in der Welt, die durch die Sünde voll des Irrthums und der Unseligkeit ist (Jsai.9,2 Matth. 4, 16.). —
(9) Die Menschen haben die ihnen dargebotene Belehrung und Beseligung nicht ergriffen, sondern Untwissenheit, Irrthumn und Sünde vorgezogen. —
6. Es war ein Mensch von Gott gesandt, der hieß Joannes. (10) Matth. 3, 1. Marc. 1, 2.(10) Von der allgemeinen Offenbarung des Wortes seit Erschaffung der Welt geht nun der Evangelist auf die persönliche Erscheinung, die Menschwerdung desselben über, und beginnt mit dem Vorläufer. —
7. Dieser kam zum Zeugnisse, damit er Zeugniß von dem Lichte gäbe, auf daß alle durch ihn glauben möchten. (11) (11) auf daß alle das Licht, die Lehre im rechten Glauben sich aneignen möchten. —
8. Er war nicht das Licht, sondern er sollte Zeugniß von dem Lichte geben.(12) (12) Er sollte auf das erschienene Licht, aus den gekommenen Heiland hinweisen, und in göttlicher Vollmacht bezeugen, daß er es ist. Sieh über die Ausgabe des Joannes Matth. 3. —
9. Dieses war das wahre Licht, welches alle Menschen, die in diese Welt kommen, erleuchtet. (13) Unt. 3, 19.(13) Das Wort, der Sohn Gottes, war der wahre Lehrer und Beseliger für alle Menschen. oben Vers 4. —
10. Es war in der Welt, (14) und die Welt ist durch dasselbe gemacht worden, aber die Welt hat ihn nicht erkannt. (15) (14) besonders in den heiligen Männern, Lehrern, Propheten vom Anbeginne der Welt wirksam. ——
(15) S. Vers 5. —
11. Er kam in sein Eigenthum, (16) und die Seinigen (17) nahmen ihn nicht auf. (18) (16) in die Welt (unt.18,20. Oben Vers 3.), persönlich. Joannes geht immer bestimmter zur Menschwerdnug des Wortes uber, bis er sie endlich V 14. vollkommen ausspricht. —
(17) die ihm von Natur aus Angehörigen, die Menschen (V. 4.), insbesondere die Juden, die Auserwählten (5. Mos. 7, 6.). —
(18) begriffen nicht das Licht. S. Note 9. —
12. Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, (19) denen nämlich, die an seinen Namen glauben, (20) (19) Gott durch Theilnahme an seiner Gesinnung anzugehören, oder was dasselbe ist: Gott durch den Ursprung aus ihm anzugehören (V. 13.). Wir entspringen aus Gott, und nehmen Theil an seiner Gesinnung wenn unsere Gedanken, Neigungen, Werke mit dem göttlichen Willen übereinstimmen, wodurch unser ganzes geistiges Leben und äußeres Wirken ein aus Gott Genommenes wird- —
(20) Diese Macht, Fähigkeit erhalten die, welche an ihn glauben, welche ihn im rechten Glauben siich aneignen, welche in ihm ihre Entsündigung, Heiligung und Beseligung suchen. Der NAme steht für ihn selbst wie unten 2.23.
13. welche nicht aus dem Geblüte, nicht aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind. (21) (21) welche nicht blos irdisch, auf dem Wege der Natur, durch Vermischung des Blutes und durch den Willen des Weibes und MAnnes entstanden sind, sondern über dies auf übernatürliche, geistige Weise aus Gott ihr Wesen nehmen. (S. Note 19.) Kurz. Kinder gottes werden die Gläubigen, die wiedergebornen. Die wiedergeborenen stehen erläuterungsweise für die Gläu8bigen, weil die Wiedergeburt in der Taufe auf den Glauben folgt, und hinwiederum die Taufgnade nur durch den lebendigen thätigen Glauben bewährt wird. Vergleich 1. Petrus 1, 3.4.23.
14. Und das Wort ist Fleisch geworden, (22) und hat unter uns gewohnet;(23) und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit als des Eingebornen vom Vater,(24) voll der Gnade und Wahrheit. (25) Matth. 1, 16. Luc. 2, 7.
(22) hat die menschliche Natur, einen menschlichen Leib und eine menschliche Seele angenommen. Ju diesem Sinne steht Fleisch 1. Mos. 6, 12. Joel 2, 28. Matth. 16, 17., und so hat die Kirche den Irrlehrern gegenüber immer erklärt. Christus ist demnach Gott und Mensch zugleich in Einer Person, Ein Christus; aber nicht Einer durch Verwandlung der Gott heit in das Fleisch, sondern durch Annahme der Menschheit zu Gott, nicht Einer durch Vermischung der Naturen, sondern durch Einheit der Person (Athanasius. Dritter allgemeiner Kirchenrath von Konstantinopel). —
(23) S. Baruch 3, 38. —
(24) Die Herrlichkeit, wie sie dem eingebornen Sohne Gottes, der Gott von Gott ist, gemäß war (Chry., Basil.). Alles, was an seiner Person, in seinem ganzen Leben und Wirken sichtbar war, deutete auf mehr als einen Propheten oder Engel, deutete auf den Herrn des Ganzen hin (Theophyl., Euthym.) —
(25) Das, was an ihm erschien, und von ihm geschah, war göttliche Wohlthat und Belehrung in Fülle. —
15. Joannes gab Zeugniß von ihm, rief und sprach: Dieser war es, von dem ich gesagt habe: Der nach mir kommen wird, ist vor mir gewesen; denn er war eher als ich.
16. Und von seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade über Gnade. (26) (26) Dieß sind Worte des Evangelisten. ——
17. Denn das Gesetz wurde durch Moses gegeben; Gnade und Wahrheit aber ist durch Jesum Christum geworden.(27) (27) Moses gab im Alten Bunde wohl Gesetze und sinnliche Zeichen, Sinnbilder der Wahrheit, aber keine Gnadenmittel um die Gesetze zu erfüllen und im Nichterfüllungsfalle Verzeihung von Gott erhalten zu können; auch gab er nicht das Wesen, die geistige Wahrheit selbst. Zwar konnten die Frommen des Alten Bundes auch Gnade erhalten, aber sie erhielten sie nicht vermöge und aus ihrer Religionseinrichtung, sondern vermöge und in Kraft des zukünftigen Heiles, das sie im Glauben an die göttlichen Verheißungen ergreifen mußten, um Gnade zu erlangen (Hebr. Cap. 10 und 11). Auch hatten sie wohl die Wahrheit, aber auch nur insoferne, als sie die kommende Religion des Geistes in den gegenwärtigen Bildern finden konnten. Ueber das Verhältniß des Gesetzes zur Gnade spricht der heilige Paulus mehr in den Briefen an die Römer und Galater.
18. Niemand hat Gott je gesehen; der eingeborne Sohn, der im Schoße des Vaters ist, der hat es uns erzählt. (28) 1. Tim. 6,16.
1. Joan. 4,12.
(28) Damit gibt der heilige Joannes die Ursache, warum Moses nicht die vollkommene Wahrheit lehren konnte. Er sah nicht Gottes Wesen, sondern nur ein Sinnbild von ihm (2. Mos.33,20.); darum konnte er auch nur eine sinnbildliche Religion lehren.
19. Und dieß ist das Zeugniß des Joannes, als die Juden von Jerusalem (29) Priester und Leviten an ihn sandten, daß sie ihn fragen sollten: Wer bist du? (29) der hohe Rath.
20. Und er bekannte, und leugnete es nicht; und er bekannte: Jch bin nicht Christus!(30) (30) Der Teufel gab von Christo öfter Zeugniß, vor und nach dessen Taufe. Die drei vorhergehenden Evangelisten führten das Zeugniß vor Christi Taufe an; Joannes spricht vom Zeugnisse nach seiner Taufe
21. Und sie fragten ihn: Was denn? Bist du Elias? Und er sprach: Ich bin es nicht. (31) Bist du der Prophet?(32) Und er antwortete: Nein. (31) Joannes trat nur in der Kraft des Elias auf. S. Matth. 11, 14. 17, 12. Luc. 1 17.
(32) Den uns Moses versprochen. 5. Mos. 18, 15.
22. Da sprachen sie zu ihm: Wer bist du denn? damit wir denen, die uns gesandt haben, Antwort geben. Was sagst du von dir selbst?
23. Er sprach: Ich bin die Stimme eines Rufenden in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, wie der Prophet Jsaias gesagt. Jsai. 40, 3. Matth. 3, 3. Marc. 1, 3. Luc. 3, 4.
24. Die Abgesandten aber waren Pharisäer.(33) (33) S. Matth. 3, 7.
25. Und sie fragten ihn, und sprachen zu ihm: Warum taufest du aber, wenn du nicht Christus, noch Elias, noch der Prophet bist? (34) (34) Das Recht, die Juden durch die Taufe zu einem neuen Stande der Dinge einzuweihen, wurde nur dem Messias und feinen Vorläufern zuerkannt.
26. Joannes antwortete ihnen, und sprach: Ich taufe mit Wasser; (35) aber in eurer Mitte stehet der, den ihr nicht kennet. Apostg. 1, 5. 11, 16..19,.4.
(35) S. Matth. 3,11.
27. Dieser ist es, der nach mir kommen wird, der vor mir gewesen ist, und dessen Schuhriemen aufzulösen ich nicht würdig bin. Marc. 1, 7. Luc. 3, 16.
28. Dieß ist zu Bethania geschehen,(36) jenseits des Jordan, wo Joannes taufte. (36) verschieden von dem Wohnorte des Lazarus bei Jerusalem
29. Am anderen Tage sah Joannes Jesus zu sich kommen, und sprach: siehe das Lamm Gottes, (37) siehe, der hinwegnimmt die Sünde der Welt! (38) (37) Als solchen hatten ihn die Propheten schon verkündet. S Isai. 53, 6. 7. Jer 11,19.
(38) der durch seine stellvertretenden Leiden die Sünden aller Menschen hinweggeschafft, als das Nachbild desa Osterlammes, in dessen Blute die Israeliten Verschonung und Gnade erhielten (2.Mos. 12.). Sieh Kirchenrath von Trient Sitzung 6, Can. 1.
30. Dieser ist’s, von dem ich gesagt habe: Es kommt ein Mann nach mir, der vor mir gewesen ist; denn er war eher als ich.
31. Und ich kannte ihn nicht, (39) aber damit er in Israel offenbar würde, darum bin ich gekommen, mit Wasser zu taufen. (39) Das Wunder, sagt der heilige Chrisostomus, daß er Jesum nicht kannte, da er in der Wüste außerhalb des väterlichen Hauses von früher Jugend an sich aufhielt. —
32. Und Joannes bezeugte, und sprach: Ich sah den Geist wie eine Taube vom Himmel herabsteigen, und er blieb auf ihm. Matth. 3, 16.
33. Ich kannte ihn nicht; aber der mich gesandt hat, mit Wasser zu taufen, sprach zu mir: Ueber welchen du sehen wirst den Geist herabsteigen und auf ihm bleiben, dieser ists, der mit dem heiligen Geiste tauft(40) Marc. 1,10. Luc. 3,22.
(40) Als Jesus zur Taufe sich näherte, war Joannes innerlich überrzeugt, daß er der Messias seh, denn nach Matth. 3, 14. weigerte er sich, eben weil er seine hohe Würde erkannte, ihn zu taufen; über seine innerliche Überzeugung ward erst zur Gewißheit, als er das ihm gegebene Zeichen sah, welches ihn sicher stellte, daß seine innere Anschauung keine Täuschung sey
34. Und ich habe es gesehen, und bezeuget, daß dieser der Sohn Gottes ist.
35. Des andern Tages stand Joannes abermal da mit zweien von seinen Jüngern. (41) (41) Der eine war Andreas (Vers 40.), der andere soll Joannes, der Evangelist, gewesen seyn. Die hohe Enthaltsamkeit, Jungfräulichkeit und Reinheit des Lebens scheint von dem Täufer auf den Evangelisten überggegangen zu seyn.
36. Und als er Jesum wandeln sah, sprach er: Siehe, das Lamm Gottes!
37. Und die zwei Jünger hörten ihn das sagen, und folgten Jesu nach.
38. Jesus aber wandte sich um, und alser sah, daß sie ihm folgten, sprach er zu ihnen: Was suchet ihr? Sie sprachen zu ihm: Rabbi! (das heißt verdolmetschet Meister) wo wohnest du?
39. Er sprach zu ihnen: Kommet, und sehet es! Da kamen sie, und sahen, wo er sich aufhielt, und blieben denselben Tag bei ihm. Es war um die zehnte Stunde.(42) (42) Um 4 Uhr Nachmittags. Sieh über die Stundenzählung Marc. 15. Note 5. Welchen herrlichen Tag brachten sie zu, welche herrliche Nacht! Wer ist, der uns sagt, was sie vom Herrn gehört haben (Augustin.)? —
40. Andreas aber, der Bruder des Simon Petrus, war einer von den beiden, welche dieß von Joannes gehört hatten, und ihm nachgefolgt waren. Matth. 4, 18.
41. Dieser fand zuerst seinen Bruder Simon, und sprach zu ihm: Wir haben den Messias (welches verdolmetschet heißt Christus) (43) gefunden. (43) Der Gesalbte. S. Matth.1,1.
42. Und er führte ihn zu Jesu. Jesus sah ihn an, und sprach: Du bist Simon, der Sohn des Jonas; du sollst Cephas heißen, welches verdoltmetschet wird Petrus. (44) (44) d. i. Fels, Felsenmann. Warum der Herr den Petrus diesen Namen gab, und was er bedeutet, erklärt er selbst bei Matth. 16, 18. Dieser Ruf des Petrus, Andreas und Joannes ist in Judäa geschehen (Vers 28. 43.), und darum zu unterscheiden von dem, der in Galiläa (Matth. 4,18.) erging . Die Jünger blieben anfangs noch bei ihrem Handwerke; erst nach dem großen Fischzuge (Luc. 5, 1. ff.) wurden sie seine beständigen Begleitet bie zu seinem Leiden. ——
43. Am folgenden Tage wollte er (45) nach Galiläa ziehen, da fand er den Philip pus. Und Jesus sprach zu ihm: Folge mir nach! (45) Jesus
44. Es war aber Philippus von Bethsaida (46) der Stadt des Andreas und Petrus. (46) Sieh. Matth. 11,21.
45. Philippus fand den Nathanael (47) und sprach zu ihm: Wir haben den gefunden, von welchem Moses im Gesetze und die Propheten geschrieben haben, Jesum , den Sohn Josephs von Nazareth. (47) Bartholomäus. Matth. 10,3.
1.Mos. 49,10. 5.Mos. 18,18. Isai.40,10. 45,8. Jer. 23,5 Ezech.34,23. 37,24. Dan. 9, 24,25
46 Und Nathanael sprach zu ihm: Kann denn aus Nazareth etwas gutes kommen? (48) Philippus sprach zu ihm: Komm, und sieh! (48) S. Matth. 2. Note 22. —
47. Jesus sah den Nathanael zu sich kommen , und sprach von ihm: Siehe, ein wahrer Israelit, in welchem kein Falsch ist! Ps. 31,2.
48. Nathanael sprach zu ihm: Woher kennest du mich? Jesus antwortete, und sprach zu ihm: Noch ehe dich Philippus rief, da du unter dem Feigenbaume warest, sah ich dich.
49. Nathanael antwortete ihm, und sprach: Rabbi, du bist der Sohn Gottes, du bist der König von Jsrael! (49) (49) der Messias, der Israels König seyn wird.
50. Jesus antwortete, und sprach zu ihm: Weil ich dir gesagt habe, ich habe dich unter dem Feigenbaume gesehen, glaubest du; des wirst noch Größeres als dieses sehen.
51. Und er sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, sag ich euch, ihr werdet (50) den Himmel offen und die Engel Gottes auf- und absteigen sehen über dem Menschensohne! (51) (50) Im Griech.: ihr werdet von nun an x. —
(51) Nach dem heiligen Augustin spielt der Herr mit diesen Worten auf die Jacobsleiter an (1.Mos.28,12.), wodurch diesem Patriarchen im Traume sinnbildlich die göttliche Vorsehung vorgestellt ward, deren er sich aus seinem Lebenswege erfreuen sollte. Die Worte selbst sind für diese Auslegung. Hienach ist, wie bei Zachar. 3, 9., die himmlische Tätigkeit zu verstehen, welche für den Messias und sein göttliches Reich durch alle Jahrhunderte bis zu seinem Erscheinen in der Herrlichkeit eintreten wird. Andere Auslegungen, daß damit die Wiederversöhnung und Verbindung des Himmels mit der Erde, oder die himmlische Herrschaft Christi oder der Zufluß; und Rückzug der himmlischen Kräfte gesinnbildet, oder die verschiedenen Verklärungen, Himmelseröffnungen und Engelerscheinungenn gemeint sehen, welche die evangelische Geschichte erwähnt, sind insoferne richtig. als sie in der gegebenen Auslegung, welche zunächst die Worte an die Hand geben. begriffen sind. Die Meinung, daß damit eine besondere, einmal stattgehabte Eröffnung des Himmel und Erscheinung der Engel verstanden sey, von welcher die Evangelien nichts melden, ist wegen des griechischen "Von nun an unstatthaft, indem dadurch die Handlung als fortdauernd bezeichnet wird.

Capitel 2


Hochzeit zu Cana. Verwandlung des Wassers in Wein. Reinigung des Tempels. Jesus gibt seine Auferstehung als Zeichen. Mehrere glauben an ihn, aber Jesus vertraut sich ihnen nicht.



Kommentare und Verweise
1. Und am dritten Tage (1) ward eine Hochzeit gehalten zu Cana in Galiläa;(2) und die Mutter Jesu war dabei.(3) (1) nach der unmittelbar vorhergehenden Unterredung mit Nathanael. Der Tag der Unterredung mochte nach der Zählweise der Juden mit eingerechnet seyn. S. Matth. 12, 40. ——
(2) Dieses Cana lag in der Nähe von Tyrus und Sidon. —
(3) war als Verwandte oder Freundin auch geladen. Da auch die Vettern Jesu anwesend waren (Vers 12.), scheinen die Brautleute, die übrigens nicht weiter bekannt sind Verwandte gewesen zu sein
2. Auch Jesus und seine Jünger waren zur Hochzeit geladen. (4). (4) Sieh da, wie das Christenthum bei allen ,äußeren ehrbaren und erlaubten Verhältnissen bestehen kann. Natürlich! denn der Christ lebt innerlich für Gott,was unter allen jenen Verhältnissen möglich ist. Gastmahle der Freude sind nicht verboten, es gibt sogar Umstände, wo Gott uns dazu berechtigt; — aber laden wir Jesu und Maria dazu, — die Furcht Gottes, die Reinheit des Gewissens, die Mäßigkeit und Schicklichkeit. die wahrhaften und innerlichen Christen benehmen sich dann mit einer heiligen Freiheit, Offenherzigkeit und bescheidenen Heiterkeit dabei, welche als eine Frucht ihrer Bereinigung mit Gott und des innern Friedens, dessen sie sich erfreuen, anzusehen sind. —·
3. Und als es am Weine gebrach, sagte die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein! (5) (5) Maria verlangt ein Wunder von dem Herrn; aber sie verlangt es bescheiden, indem sie nur die Noth bemerkt, die vorhanden war (Aug.). Sie spricht von der Noth auch nicht, um ihr davon in Kenntnis zu setzen, sondern sie spricht dieselbe aus, und bittet um Abhilfe, weil Bitten zu den kindlichen, christlichen Sinne gehörst; ähnlich Christo selbst, der seinem himmlischen Vater seine und der Seinigen Bedürfnisse vorstellte, und um Abhilfe derselben bat, obwohl der Vater sie kannte, und Christus überzeugt war, daß er helfen werde. ——
4. Jesus aber sprach zu ihr: Weib! was habe ich mit dir zu schaffen?(6) Meine Stunde ist noch nicht gekommen. (7) (6) Welche Gemeinschaft haben wir miteinander, wenn es sich handelt, göttliche Werke, Wunder zu wirken? Habe ich von dir meine göttliche Macht; ist diese nicht von meinem Vater, und ist es nicht bloß sein Wille, nach welchem ich mich in der Ausübung derselben zu richten habe? Von dir stammt nicht meine Gottheit, die Wunder wirkt, erklärt der heilige Augustin. —
(7) Die Zeit, da ich nach dem Willen meines Vaters dieses Wunder wirken, und damit meine göttliche, heilbringende Wirksamkeit beginnen soll, ist noch nicht da. Jesus wollte abwarten, bis der Weinvorrath ganz zu Ende war, um seiner Wunderkraft die volle Anerkennung zu verschaffen. Diese Zeit verstrich, während Jesus mit der Mutter, und diese mit den Dienetn redete. Die Worte des Herrn enthalten übrigens keinen Tadel der Bitte; denn diese kam aus erleuchteter Liebe, welche nie zu tadeln ist. Die Worte sollten den Gästen nur begreiflich machen, daß er das Wunder nicht als Sohn des Weibes, sondern als Gottes Sohn und eben darum wohl aus die Bitte, aber nicht wegen seiner Mutter, und nicht eher wirken werde, als der von seinem Vater bestimmte Augenblick gekommen war. ——
5. Da sagte seine Mutter zu den Dienem: Was er euch sagt, das thuet! (8) (8) Maria faßte den wahrhaften, gegebenen Sinn der Worte Jesu aus, und weit entfernt, einen Tadel ihrer Bitte darin zu sehen, sprach sie vielmehr, da sie zugleich innerlich belehrt wurde, daß nun der Augenblick zu Jesu Wirksamkeit gekommmen sey, zu den Dienern, nach Jesu Befehle zu handeln. Sieh da die Macht der göttlichen Mutter! Auf die Fürbitte der noch hienieden wandelnden Pilgerin wirkt der Heiland sein erstes Wunder, was thut er nicht auf die Fürbitte der Verklärten? —
6. Es standen aber daselbst sechs steinerne Wasserkrüge zu den bei den Juden üblichen Reinigungen,(9) wovon ein jeder zwei bis drei Maß hielt. (9) Um die Hände und Gefäße zu waschen. S. Matth. 15.2 Marc, 7,3.
7. Jesus sprach zu ihnen: Füllet die Krüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis oben.
8. Und Jesus sprach zu ihnen: Schöpfet nun, und bringet es dem Speisemeister! (10) Und sie brachten’s ihm. (10) Dies war der Mahlvorsteher, der die Dienerschaft unter sich, und alles zu leiten hatte. vergl. Eccli. 32, 1. ff. Man schöpfte den Wein mit einem Schöpflöffel aus den Gefäßen in die Becher.
9. Als aber der Speisemeister das Wasser kostete, welches zu Wein geworden war, und nicht wußte, woher das wäre (die Diener, welche das Wasser geschöpft hatten, wußten es), rief der Speisemeister den Bräutigam,
10. und sprach zu ihm: Jedermann setzt zuerst den guten Wein auf, und dann, wenn sie genug getrunken haben, (11) den geringern; du aber hast den guten Wein bis jetzt aufbewahret. (12) (11) und es nicht mehr so genau nehmen. —
(12) Bei den Alten war der dem unsrigen entgegengesetzte Gebrauch, mit dem guten Weine den Anfang zu machen. —
11. Diesen Anfang der Wunder machte Jesus zu Cana in Galilaa; und er offen barte seine Herrlichkeit, und seine Jünger glaubten an ihn. (13) (13) Sinn: Dieß war das erste Wunder, welches Jesus wirkte. Dadurch offenbarte er seine übernatürliche, göttliche Würde, und seine Jünger wuchsen im Glauben. Warum Christus am Anfange seiner Wirksamkeit dieses Wunder wirkte, warum nicht ein Wunder der Heilung, Rettung? Der Anfang sollte vielleicht ein Bild von dem Ziele und Ende seyn. Die Vollendung wird einst das himmlische Hochzeitmahl seyn (s. Matth. 25, 1. ff. Luc. 12, 37.), an dem nur die Verklärten theilnehmen, die das Wasser ihrer Menschheit in den Wein des göttlichen Lebens verwandelt haben; darum geziemte es sich, den irdischen Anfang mit einem irdischen Hochzeitsmahle und einer irdischen Verwandlung zu machen, damit sie das Sinnbild und Vorbild jenes höhern zukünftigen wären.
12. Darnach ging er hinab nach Caphar- naum, (14) er, sfeine Mutter, seine Brüder (15) und seine Jünger; aber sie blieben daselbst nur wenige Tage.(16) (14) S. Matth. 4, 13. Diese Stadt wählte Jesus zum Anfenthaltsorte, um von da zum Lehren auszuziehen, und wieder dahin zurückzukehren. Er wohnte wahrscheinlich immer bei Petrus (Matth.8,14. Luc. 4, 38. Marc. 1, 29.). —
(15) Vettern. S. Matth. 1, 25. Note 24. —
(16) weil sie die Reise zum Osterfefte nach Jerusalem antreten wollten. Sieh das Folgende. —
13. Und das Osterfest der Juden war nahe, und Jesus zog hinauf nach Jerusalem.(17) (17) Ueber das Osterfest sieh Matth. 26,2. —
14. Und er fand im Tempel die Leute, welche Ochsen, Schafe und Tauben verkauften, und die Wechsler, die da saßen. (18) Matth. 21, 12.
(18) Der heilige Joannes erzählt nun die Reinigung des Tempels, welche der Herr am Anfange seines Lehramtes vornahm; die drei andern Evangelisten berichten von jener Reinigung, die am Ende desselben vorfiel. Den geistlichen Tempel Gottes, die Menschheit zu reinigen, und dadurch mit Gott zu vereinigen, war die Aufgabe Jesu; darum macht er es zu einem seiner ersten und letzten Geschäfte, den irdischen Tempel zu reinigen, der das Vorbild und Sinnbild jenes geistigen war. Sieh über diese Tempelreinigung Matth. 21, 12. 13. —
15. Da machte er eine Geißel von Stricken, und trieb sie alle zum Tempel hinaus, auch die Schafe, und Ochsen, verschüttete das Geld der Wechsler, und stieß die Tische um.
16. Zu denen aber, welche die Tauben verkauften, sprach er: Schaffet dieß weg von da, und machet das Haus meines Vaters nicht zu einem Kaufhause! (19) (19) Die Aermern, welche für die Aermeren Tauben verkauften, behandelte er gelinder. ——
17. Da erinnerten sich seine Jünger,- daß geschrieben steht: Der Eifer für dein Haus verzehret mich. (20) Ps. 68,10.
(20) ohne diese Worte ganz zu verstehen (Vers 22.). Sie dachten dabei nur an den Eifer des Herrn; daß dieser aber die Ursache seines Todes seyn werde, was eigentlich der Psalmist prophetisch ausdrücken wollte, fanden sie nicht in der Stelle. —
18. Die Juden aber antworteten,,und sprachen zu ihm: Welches Wunder zeigest du uns , daß du dieses thust? (21) (21) Die Verkäufer und Wechsler sind nach altem Gebrauche unter Gutheißung des hohen Rathes im Tempel zur Bequemlichkeit der Opfernden; willst du sie nun nicht dulden, und glaubst du ermächtigt zu seyn, sie aus dem Tempel treiben zu dürfen, so mußt du wirklich göttliche Vollmacht dazu haben. Beweise uns diese durch ein Wunder! ——
19. Jesus antwortete, und sprach zu ihnen: Löset diesen Tempel, so will ich ihn in drei Tagen wieder aufrichten. (22) (22) Mein göttliches Ansehen beweise ich euch durch das Wunder meiner Auferstehung (Vers 21.). Warum durch dieses? S. Matth: 12. Note 36. Aber diese Rede war im dunkeln Gleichnisse gesprochen, und die Juden verstanden sie nicht, wie ihre Antwort zeigt. Warum redete Jesus nicht deutlicher mit ihnen? Sieh die Antwort bei Matth. 13, 10. ff. sammt den Anmerkungen. —
20. Da sprachen die Juden: Sechsundvierzig Jahre ist an diesem Tempel gebaut worden, und du willst ihn in drei Tagen aufrichten? (23) (23) Herodes, der Große, ließ den Tempel des Zorobabel nach griechischem Stile umbauen (siehe letzte Anmerkung zu dem 2. Buch der Machabäer). Als Jesus auftrat, waren es bereits sechsundvierzig Jahre, daß man baute, und noch war er nicht fertig. Erst im Jahre 64 nach Christus war er vollendet.
21. Er aber redete von dem Tempel seines Leibes.
22. Als er von den Todten auferstanden war, dachten seine Jünger daran, daß er dieß gesagt hatte, und sie glaubten der Schrift und der Rede, die Jesus gesagt hatte.(24) (24) lernten die obige Schriftstelle (Vers 17.), die übrigen von Jesu Tod und Auferstehung handelnden Stellen und die Rede Jesu (Vers 19.) verstehen, und erfaßten sie starken Glaubens. Vorher war ihre Erkenntniß dunkel und ihr Glaube schwach.
23. Als er nun am Osterfeste zu Jerusalem war, glaubten viele an seinen Namen,(25) da sie seine Wunder sahen, die er wirkte. (25) an seine Person, daß er der Messias sey. —
24. Jesus selbst hingegen vertraute sich ihnen nicht, (26) weil er sie alle kannte,(27) (26) offenbarte sich ihnen nicht weiter. —
(27) weil er vermöge seiner Allkenntniß des menschlichen Herzens wußte, daß ihr Glaube nur eine Folge der vorübergehenden Eindrücke seiner Wunder war. Aus der Sehnsucht des Herzen, von Sünden frei und selig zu werden, kam er nicht.
25. und weil er nicht nöthig hatte, daß ihm jemand Zeugniß gab von einem Menschen; denn er wußte selbst, was im Menschen war.(28) (28) Den Gemüthszustand dieser Menschen kannte er selbst, ohne daß ihn jemand davon in Kenntniß zu setzen brauchte; denn das Innere des menschlichen Herzens lag vor ihm aufgedeckt.

Capitel 3


Nicodemus hält ein nächtliches Gespräch mit Jesu, und wird von ihm über die geistige Wiedergeburt und die Nothwendigleit des Glaubens an ihn belehrt. Joannes tauft, und gibt wieder Zeugnis von christo.



Kommentare und Verweise
1. Es war aber ein Mensch unter den Pharisäern,(1) Nicodemus mit Namen, ein Oberster der Juden.(2) (1)S Matth.3, Note 13
(2) Ein Mitglied des hohen Rathes Vergl. V.48. 50. 19,39.
2. Dieser kam des Nachts zu Jesu,(3) und sprach zu ihm: Meister! wir wissen, daß du ein Lehrer bist, der von Gott gekommen ist;(4) denn niemand kann diese Wunder wirken, welche du wirkest, wenn nicht Gott mit ihm ist. (3) wahrscheinlich aus Furcht vor seinen Amtsgenossen
(4) Ein Prophet von gott gesandt
3. Jesus antwortete, und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, sag’ ich dir, wenn jemand nicht neu geboren wird, so kann er das Reich Gottes nicht sehen!(5) (5) Andere geben das Griech.: von oben (von Gott) wiedergeboren wird. Der Sinn bleibt derselbe. Nicodemus wünschte Mitglied des neuen Reiches Gottes zu werden. Als Rathsherr glaubte er wahrscheinlich den ersten anspruch darauf zu haben. .Er Er begab sich also zu Jesu, um die Aufnahme nachzusuchen. Jesus der seinen Wunsch und die Ansprüche kannte, welche er wahrscheinlich machte, fiel ihm in die Rede, und gab ihm, um der Meinund vorzubeugen, als könnten dabei äußere Verhältnisse, Rang und dergleichen ein Gewicht in die Wagschale legen, ohne weitere Einleitung die Bedingniß zum Eintritte iin das Reich Gottes. Nach andern stellte Nicodemus die Frage die Bedingnisse zur Ausnahme, und Joannes habe sie übergangen. Betrachtet man aber die Genauigkeit und Umständlichkeit, in der das ganze Gespräch gegeben ist, so kann man dieß nicht wahrscheinlich finden. Auch paßt die Annahme, daß Jesus dem Herzen und nicht den Worten des Nicodcmus geantwortet habe, viel besser in den Zusammenhang, indem unmittelbar vorher (Cap. 2, 24. 25.) von Jesu, als dem Herzenskenner, die Rede war. Ueber den Sinn der obigen Worte sieh unten Vers 5.—
4. Nicodemus sprach zu ihm: Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Kann er wohl noch einmal in seiner Mutter Leib zurückkehren und wiedergeboren werden? (6) (6) Nicodemus versteht die Worte Jesu grob buchstäblich wie dieß der gemeinsame Fehler der Pharisäer war.
5. Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich, sag ich dir, wenn jemand nicht wiedergeboren wird aus dem Wasser und heiligen Geiste, so kann er in das Reich Gottes nicht eingehen! (7) (7) Üeber diese Worte hat uns die Kirche ihre unfehlbare Auslegung gegeben (Kirchenrath von Trient, Sitzung 7, Can. 2.), indem sie erklärt hat, daß selbe von der Neugeburt in dem heiligen Sakramente der Taufe zu verstehen seyen. Jeder Mensch also, der in das Reich Gottes hier und dort eingehen will, muß durch die Taufe wiedergeboren werden. Diese Wiedergeburt, Neuschaffung geschieht durch das Taufwasser und den göttlichen Geist. Dieser vollbringt sie, indem er die Erbsünde, oder auch die wirklichen Sünden, die Herrschaft der Sinnlichkeit über den Geist, die wir in der Erbsünde von unsern Eltern geerbt haben, sammt dem damit verbundenen Mißfallen Gottes aufhebt also der Unordnung, moralischen Auslösung, dem Tode der Seele ein Ende macht, die Seele zurecht richtet nach ihrer ursprünglichen Beschaffenheit, daß der Leib dem .Geiste, der Geist Gott untergeordnet ist, und sie eben dadurch heilig, Gott geweiht macht, so wie zur selbstthätigen Heiligkeit befähigt. Auf diese Weise hat dann die Seele ihre ursprüngliche Beschaffenheit, ihr reines, heiliges Wesen wieder aus Gott empfangen, und sie ist eben deßhalh wieder Gottes Kind geworden, und wird es im gesteigerten Grade, je mehr sie sich bestrebt, ihren zurechtgerichteten Zustand, so wie ihre von Gott erhaltene Gnadenweihe, die Gerechtigkeik und Heiligkeit zu bewahren, durch selstthätige, freie Handlungen sich immer mehr zu heiligen, und der sinnlichen Begierlichkeit, die ihr in ihrem Verbande mit dem Leibe geblieben ist, nie mehr die Oberhand über sich zu gestatten. Vergl. oben 1, 12.13. Matth. 3, 11. 1. Cor. 6, 11.. Eph. 5,26.
6. Was aus dem Fleisch geboren ist, das ist Fleisch; und was aus dem Geiste geboren ist, das ist Geist.(8) (8) Von dem fleischlichen, d. i. natürlichen, sinnlichen Menschen entsteht wieder nur ein natürlicher- sinnlicher, in der Begierlichkeit lebender; von dein Geiste Gottes entsteht ein geistiger Mensch. Vergl. Ps. 50. Note 9. —
7. Verwundere dich nicht, daß ich dir sagte: Ihr müsset neu geboren werden!
8. Der Wind weht, wo er will; du hörest sein Sausen, du weißt aber nicht, woher er kommt, oder wohin er geht; so ist es mit jedem, der aus dem Geiste geboren wird.(9) (9) Verwundere dich nicht über diese Wiedergeburt durch den Geist: sie kann ja geistig geschehen, ohne daß sie wahrgenommen wird, und geschieht auch so, ähnlich dein Winde, der, obwohl natürlich, doch nicht ganz in deine Wahrnehmungung fällt. Christus wählt als Beispiel den Wind, weil dieser mit demselben Worte im hebräischen bezeichnet wird wie der Geist.
9. Nicodemus antwortete, und sprach zu ihm; Wie kann dieses geschehen? (10) (10) Obwohl Christus bemerktdie Neugeburt sey nichts Sinnlich—Wahrnehmbares, stellt sich Nicodemus doch noch nicht zufrieden. zweifelt, ob sie geschehen könne (Vers 11. 12.), und will darum näher erfahren, wie sie geschehe.
10. Jesus antwortete, und sprach zu ihm; Du bist ein Meister in Jsrael, und weißt das nicht? (11) (11) du bezweifelst die Wiedergeburt, und willst wissen, wie sie geschehe, da sie dir als Lehrer im Volke Israel doch nicht fremd sein sollte; denn als solcher solltest du aus dem Gesetze und den Propheten wissen, daß die Neugeburt durch den heiligen Geist geschehe, daß sie in der Erneuerung des Innern der Seele bestehbe und daß sie ein ausgezeichnetes Merkmal des kommenden messianischen Reiches sein werde (5 Mos. 30, 6. Ps. 50, 12. Czech. 36, 26. Joel 2, 28. Jsai. 44, 3.)
11. Wahrlich, wahrlich, sag’ ich dir, wir reden, was wir wissen, und wir bezeugen, was wir gesehen haben; aber ihr nehmet unser Zeugniß nicht an! (12) (12) Ich versichere dich, daß ich nur rede was ich gewiß weiß, und von dem nur Zeugnis gebe was ich als eingeborner Sohn Gottes in dem Vater erschaue. Darum sollet ihr mir glauben, aber der größte Theil von euch glaubt mir nicht. Jesus spricht in der mehrfachen, statt einfachen Zahl des Nachdruckes halber. Nach einigen ist damit angedeutet, daß das göttliche Wesen ein dreifach-persönliches ist. —
12. Wenn ich Irdisches rede, und ihr nicht
glaubet, wie werdet ihr, wenn ich euch Himm-
lisches rede, glauben? (13)
(13) Glaubt ihr mir das Geheimnis der Wiedergeburt nicht, welches insoferne irdisch ist, als es an dem irdischen Menschen vor sich geht, wie würdet ihr mit glauben, wenn ich euch Von den Geheimnissen der Gotheit an und für sprechen würde? Wegen dieses Unglaubens erklärt der Herr auch das Wie der Wiedergeburt nicht. —
13. Und niemand steigt in den Himmel hinauf, als der von dem Himmel herabgestiegen ist, nämlich der Menschensohn, der im Himmel ist. (14) (14) Im Zusammenhange mit dem Vorhergehenden ist der Sinn: Und doch kann nur der Menschensohn, der als Gottessohn seine Heimath im Himmel hat, die irdischen und himmlischen Geheimnisse vom Himmel holen, um sie zu offenbaren. S. oben 1, 18. Unten 6, 46. Vergl. Bar. 3, 29. Spr. 30, 3. 4. —
14. Und gleichwie Moses die Schlange inder Wüste erhöhet hat, so muß der Menschensohn erhöhet werden,
15. damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben. (15) (15) Bisher (V. 3——13.) hatte Jesus dem Nicodemus die Wiedergeburt als Bedingniß zum Eintritt in’s Reich Gottes verkündet; die Verse 14 und 15 sprechen von der Bedingniß zur Wiedergeburt, von dem Glauben an den Sohn Gottes, insbesondere von seinem Versöhnungstode, womit er uns die wiedergebärende, umschaffende Gnade des heiligen Geistes verdient hat. Wer demnach wiedergeboren werden will, muß zuerst glauben. Sieh oben 1, 12. Ueber die Schlange des Moses als prophetisches Sinnbild s. 4. Mos. 21, 9. Die eherne Schlange konnte als Sinnbild des belebenden Todes Christi gewählt seyn, weil der Tod Christi den Tod der höllischen Schlange, des Satans (1. Mos. 3, 1. Apoc. 12, 9. 20, 2.) herbeiführt. Auch hing Christus in der Gestalt des sündhaften Fleisches (Röm. 8, 3.) am Kreuze, unseres Fleisches, das durch die Schlange sündhaft geworden ist. —
16. Denn also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingebornen Sohn hingab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben.
17. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, daß er die Welt richte, (16) sondern daß die Welt durch ihn selig werde. (16) ihrer Sünden wegen verdamme (Aug.).
18. Wer an ihn glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet,(17) weil er an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes nicht glaubt. (18) Ob. 1,12.
(17) der hat sich selbst gerichtet und verdammt.
(18) Der Name steht für das Wesen, den Sohn selbst. "Nichtglauben" hat also das Gericht, die Verdammung schon bei sich.
19. Das aber ist das Gericht, daß das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen die Finsternis; mehr liebten als das Licht ; denn ihre Werke waren böse. (19) (19) Nicht von Gott sondern, von den Menschen selbst geht das Gericht, die Verdammniß aus, weil sie der Finsterniß, ihrem Wahne, ihren bösen Werken den Vorzug geben vor dem Lichte der Erlösung. Wäre der Sohn nicht gekommen, um ihnen Erlösung anzubieten, so könnte ihre Verkehrtheit entschuldigt werden; nun aber sind sie ohne Entschuldigung.
20. Denn jeder, der Böses thut, hasset das Licht, und kommt nicht an das Licht, damit seine Werke nicht gestraft werden; Eph. 5, 13.
21. wer aber die Wahrheit thut,(20) kommt an das Licht, damit seine Werke offenbar werden, weil sie in Gott gethan sind.(21) (20) nach der Wahrheit, den göttlichen Geboten handelt. S 1. Joan. 1, 6. Gal. 2, 14. Ps. 118.
(21)— Der Böse haßt mich und meine Lehre, damit man seine Werke nicht beschuldigt, und er in seiner Ruhe nicht gestört werde. der Gute dagegen, welcher nach den Geboten Gottes wandelt, sucht meine Lehre, damit die guten Werke die er mit Gottes Gnade und im Hinblicke auf Gott gethan hat, dadurch geprüft und gebessert werden falls sie nicht ganz derselben gemäß sind (Chrill., Euthym.). Bis hieher gehen die Worte Christi an Nicodemus, den er allmählig zur Erkenntniß der Wahrheit führte, wie erhellt aus Cap. 7, 50. und 19,39.
22. Darnach kam Jesus mit seinen Jün- gern in das Land Judäa,(22) und hielt sich daselbst auf mit ihnen, und taufte.(23) (22) von Jerusalem, der Hauplstadt, auf’s Land hinaus (oben 2, 23.).
(23) durch die Jüger. S.unten 4, 2. Ob dies eine bloße Vorbereitungstaufe zur Buze oder die wirkliche Taufe Christi (Matth. 28, 29.) war, darüber sind die heiligen Väter nicht einig. Die heiligen Augustin, Thomas, Bonaventura sind für die letztere Meinung, welche auch die gegründetere zu seyn scheint. Dahin führt der Zusammenhaug mit dem Vorhergehenden, wo von der Wasser- und Geistestaufe die Rede ist, und daß Joannes, der Täufer, seine Bußtaufe geradezu von der Taufe Christi unterscheidet (Matth. 3, 11.). Daß Christus noch nicht gestorben war, also den heiligen Geist noch nicht den Menschen verdient hatte, und dieser noch nicht sichtbar auf Erden gekommen war, verschlägt nichts; denn schon im Alten Testamente wirkte der heilige Geist, und Christus wendete auch das heilige Bußsakrament (Luc. 7, 48.) und das Abendmahl schon vor seinem Tode aus. Alles dieses konnte geschehen in der Kraft des eintretenden Opfertodes Christi, da Gott schon von Ewigkeit das Erlösungswerk in seinem Willen trug, und der Sohn von Ewigkeit her sich dazu aufopferte. Über den Unterschied der Geistesmittheilung im alten und Neuen Testamente s. Apostg. 2,4. Note 5
23. Es taufte aber auch Joannes zu Aennon bei Salim,(24) weil daselbst viel Wasser war; und man kamt dahin, und wurde getauft. (24) Salin lag weiter nördlich am Jordan, Bethania (ob. 1,28.) im süden. Joannes taufte und wies auf Christus hin bis zu seiner einkerkerung (Vers 24.) Chrys. Warum trat aber Joannes nicht ab, nachdem Christus eingetreten war? Weil auch der alte Bund, den er durch die Hinweisung auf Christus vorstellte (s. Matth. 3 Note 2), nicht plötzlich mit dem Erscheinen Christi endigte, sondern nur allmählich in de Neuen überging, und darum noch einige Zeit mit ihm fortbestand.
24. Denn Joannes war noch nicht in das Gefängniß gebracht worden. (25) (25) Vergl. Matth. 14,2. ff
25. Es erhob sich aber eine Frage unter den Jüngern des Joannes und den Juden (26) über die Reinigung.(27). (26) welche die Taufe Jesu erhielten (27) über die Taufen: welche von beiden Taufen die wahre reinigende Kraft habe? In den meisten und besten griechischen Handschriften steht "mit einem Juden"
;
26. Und sie kamen zu Joannes, und sprachen zu ihm: Meister! der bei dir jenseits des Jordan war, und dem du du dein Zeugnis gabest, siehe der tauft und alle kommen zu ihm
27. Joannes antwortete, und sprach: Ein Mensch kann nichts empfangen, wenn es ihm nicht gegeben ist vom Himmel.(28) (28) Kein Mensch kann für Gott mit Erfolg wirken, ohne daß ihm Gott die Gnade dazu gegeben hat.Erkennet also in der erfolgreichen Wirksamkeit Christi für das Reich Gottes die Anordnung und Bevollmächtigung Gottes! —
28. Ihr selbst gebet mir Zeugniß, daß ich gesagt habe: Jch bin nicht Christus, sondern ich bin vor ihm hergesandt.
29. Wer die Braut hat, der ist der Bräutigam;(29) der Freund des Bräutigams aber, der stehet und ihn höret, freuet sich hoch über die Stimme des Bräutigams. (30) Nun ist diese
meine Freude erfüllt.
(29) Er ist der Bräutigam der Kirche, der heiligen Gemeine (Matth, 9, 15, 25, 1. Eph. 5, 25. 31.); darum eilt die Braut ihm zu, darum lassen sich so viele in seinem Namen taufen, —
(30) Ich bin nur der Freund des Bräutigams, der den Bräutigam in die der höheren Ordnung eingeht, aber sich freut über sein, Gespräch und seine Verbindung mit det Braut. Als Vorläufer Christi sollte Joannes nicht selbst Christ in der eigentlichen und vollkommenen Bedeu ung dieses Wortes werden, so wenig der alte Bund das Christenthum selbst seyn sollte. Und wie der Alte Bund mit seinen Hinweisungen auf christum als Einrichtung Gottes auch an und für sich gottgefällig war, so erreichte Joannes die Rechtfertigung vor Gott an und für sich durch die Erfüllung seiner Bestimmung als Vorläufer. Vergl· Matth. 11, 11. —;
30. Er muß wachsen, ich aber muß abnehmen. (31) (31) Sein Wirkungskreis muß wachsen, der uneinige abnehmen (Chrys.). hier enden die Worte des Täufers; was folgt, schließt der Evangelist an. Warum wies der Taufer jene Jünger nicht mit ausdrücklichen Worten an, sich zu Jesu zu begeben? Weil sie durch freien Glauben zu ihm gelangen sollten. Sein Zeugniß war deutlich genug, um glauben zu können. Was ihnen dunkel war, sollten sie durch den, Glauben überwinden, wie dieß Andreas und Joannes thaten. S. oben 1, 35. 37. —;
31. Wer von oben kommt, ist über alle; wer von der Erde ist, ist von der Erde, und redet von der Erde. (32) Wer vom Himmel kommt, ist über alle. (32) Der Sohn ist über alle; der Jrdische (jeder bloße Mensch) ist irdisch, und redet irdisch. Joannes war nur irdisch, und redete darum nur Irdisches. Der Ausdruck "oben" bedeutet die Höhe Gottes, Gott den Vater, und der von oben aus die Erde kommende ist der Sohn (oben 1, 1.11.). Joannes redete nur irdisch, insofern er wie alles Irdische, wie der ganze Alte Bund, nur auf das Göttliche, auf Christum hinwies; der Sohn redete himmlisch, insoferne er selbst Gott war, und die göttliche Wahrheit, auf welche die Sinnbilder des Alten Bundes nur hingewiesen hatten, wirklich mittheilte. ——
32. Er bezeuget, was er gesehen und ge- hört hat; aber niemand nimmt sein Zeugniß an. (33) (33) fast niemand glaubt ihm. S. oben Vers 11. —
33. Wer aber sein Zeugniß angenommen hat, der besiegelt, daß Gott wahrhaft ist.(34) (34) Besiegeln heißt: bestätigen,·bekräftigen (Eph. 1, 13. 2. Cor. 1, 22.). Wer an Chriftnm wahrhaft glaubt, der bezeugt, bekennt, daß er Gott für wahrhaft halte, indem Gott durch Christum gesprochen, und ihm seinen Geist ohne Maß mitgetheilt hat, wie der folgende Versa sagt; der Ungläubige macht Gott zum Lügner (1. Joan. 5, 10.). Der Gläubige gewinnt auch die innere Überzeugung, daß christus wirklich das leistet, was Gott durch ihn versprochen hat — Entsüdigung, Heiligung,Beseligung; er bekräftigt also in und durch sich die Wahrhaftigkeit der göttlichen Verheißungen. ——
34. Denn der, welchen Gott gesandt hat, redet Worte Gottes; (35) denn Gott gibt den Geist nicht nach dem Maße. (36) (35) Der Gesandte ist nach Vers 17 der Sohn; die göttlichen Worte sind die Offenbarungen des Sohnes im Gegensatze zu den sinnbildlichen Offenbarungen und Andeutungen des Alten Bundes (V. 31. Note 32.). —
(36) Versteh: wenn er seinen Sohn sendet. Ueber diesen ergießt sich die unendliche Fülle des göttlichen Geistes (Matth. 3, 16. Jsai.42. Note 3.). Die Propheten erhielten von dem Geiste, Jesus den Geist selbst. —
35. Der Vater liebt den Sohn, und hat alles in seine Hand gegeben. (37) (37) Zwischen Vater und Sohn herrscht das innigste Verhältniß, und der Vater hat dem Sohne alles gegeben, die unendlichen Schätze der Gottheit, und die Macht, sie zu offenbaren. S. Matth. 11, 27. 28, 18. Unten 13, 3. —
36. Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben; (38) wer aber dem Sohne nicht glaubt, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm.(39) (38) der erhält die beseligende Erkenntniß Gottes und Christi (unten 17, 3.) hier schon anfänglich und dort in der Vollendung. —
(39) die Strafe Gottes, aus ewig, wenn er im Unglauben stirbt. Damit schließt die Vergleichung Christi mit Joannes. Der Täufer konnte als Jrdischer nur hinweisen aus die göttliche Wahrheit in Christo; Christus gab sie selbst, und konnte sie geben, da er das Wesen des Vaters und die Fülle des heiligen Geistes in sich trägt. Darum muß man ihm glauben. Wer ihm glaubt wird heilig und selig; wer nicht glaubt, kann nicht heilig und selig werden, und muß deßhalb von Gott verworfen werden.


Capitel 4


Jesu Rückkehr nach Galiläa. Sein Gespräch mit der Samariterin. Glaube der Samariter. Jesus heilt in Cana den Sohn eines königlichen Beamten.



Kommentare und Verweise
1. Als nun Jesus erkannte daß die Pharisäer gehört haben, Jesus mache mehr Jünger, und taufte mehr als Joannes, Ob.3,22
2. (obwohl Jesus nicht selbst taufte, sondern seine Jünger)
3. so verließ er Judäa und ging wieder nach Galiläa (1) (1) ihren Nachstellungen zu entkommen. Seine Stunde. war noch nicht gekommen
4. Er mußte aber durch Samaria reisen.(2) (2) Da er den kürzern Weg einschlagen wollte. —
5. Da kam er zu einer Stadt von Samaria, welche Sichar genannt wird, (3) nahe bei dem Felde, welches Jacob dem Joseph, seinem Sohne, gegeben hatte. (3) Begräbnißort, weil die Gebeine des ägyptischen Joseph da(4) So begraben lagen (Jos. 24, 32.). In den älteren Zeiten hieß sie Sichem; nun heißt sie Nablus.
1. Mos.48, 22. 33,19.
6. Es war aber daselbst ein Brunnen Jacobs. (4) Weil nun Jesus von der Reise ermüdet war, setzte er sich so an den Brunnen nieder. Es war um die sechste Stunde.(5) (4) So genannt, weil ihn, der Ueberlieferung zufolge, der Patriarch Jacob gegraben hatte
(5) die Mittagsstunde. ——
7. Da kam ein Weib, eine Samariterin, (6) um Wasser zu schöpfen. Jesus sprach zu ihr: Gib mir zu trinken! (6) aus Sichar. ——
8. (Seine Jünger waren nämlich in die Stadt gegangen, um Speise zu kaufen.)
9. Und das samaritische Weib sagte zu ihm: Wie begehrest du, da du ein Jude bist von mir zu trinken, da ich ein samatitisches Weib bin? denn dii Judent haben keine Geneinschaft mit den Samaritern. (7) (7) S. Matth. 10, 5.
10. Jesus antwortete, und sprach zu ihr: Wenn du die Gabe Gottes erkennetest, und wer der ist, der zu dir spricht: Gib mir zu trinken;(8) so würdest du ihn etwa gebeten haben, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben. (9) (8) Wenn du mich und mein lebendiges Wasser kenntest x. —
(9) Im Griech.: so würdest du ihn gebeten haben. Das griechische "an," welches die Vulgata hier mit "etwa" gibt, übersetzt sie auch durch "sicherlich" (unten 8, 42. 14, 7. 28.), oder übergeht es ganz, was dem Griechischen gemäß ist. Das lebendige Wasser bedeutet zunächst Quellwasser im Gegensatze zu dem stehenden Cisternwasser. Christus versteht es sinnbildlich von seinem Gnadenstrome, womit er reiniget, heiliget und beseliget, von allen seinen Gnadenmitteln. Von diesem Wasser sprachen schon die Propheten (Joel 3, 18. Zach. 14, 8. Czech. 47, 1.), und davon spricht der Evangelist auch in der Apocalypse 7, 17. 21, 6. 22,1.17.). Dieses Wasser reinigt (Ps. 50, 9.), erfrischt, dämpft die Hitze der Leidenschaften und Begierden, befruchtete zu gortgefälligen Werken, und theilt der Seele ihr wahres Leben mit. So die heiligen Väter. —
11. Das Weib sprach zu ihm: Herr! du hast doch nichts, womit du schöpfest, und der Brunnen ist tief; woher hast du denn das lebendige Wasser?
12. Bist du größer als unser Vater Jacob, der uns den Brunnen gegeben hat? Er selbst hat daraus getrunken, auch seine Kinder und sein Vieh. (10)
(10) Wie willst du besseres Quellwasser geben, als man aus diesem Brunnen schöpft? Du hast kein Geschirr, um etwa bis an die Quelle des Brunnens zu reichen, und das Wasser ganz frisch und rein zu bekommen; einen andern Brunnen aber, der ein besseres Wasser hätte, gibt es nicht; denn diesen da hat unser Vater Jacob gegraben. Oder bist du mächtiger und Gott angenehmer als er, daß du noch besseres Wasser geben konntest?
13. Jesus antwortete, und sprach zu ihr: Jeder, der von diesem Wasser trinkt, den dürstet wieder; wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm geben werde, den wird nicht mehr dürsten in Ewigkeit;
14. sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm zur Wasserquelle, die in’s ewige Leben fortströmt.(11) (11) Mem Wasser sättigt, stillt das Bedürfnis; des Geistes auf immer, und seine heiligende, beseligende Kraft erstreckt sich nicht nur über dieses Leben, sondern über die ganze Einigkeit, — vorausgesetzt, daß der, welcher es empfangen hat, es nicht selbst durch eine schwere Süinde vergeudet und dessen verlustig wird. — Nichts Irdisches, am allerwenigsten sündhafte Freuden, stillen die Sehnsucht des Menschen, noch geben sie Ruhe dem Herzen. Der Mensch kann nur Ruhe finden in dem, wofür er geschaffen ist- in Gott, in der Erkenntniß seiner Wahrheit und in einem heiligen Leben (Aug.). Zwar heißt es Eccli. 24, 29., daß die, welche die göttliche Weisheit trinken, immer mehr dürsten; aber dieser Durst, dieses Verlangen nach Wachsthum in Erkenntniß und Heiligkeit ist mit Frieden gepaart, und beunruhigt die Seele nicht im mindesten (Theresia). —
15. Das Weib sprach zu ihm: Herr! gib mir dieses Wasser, damit ich nicht mehr dürste, und nicht mehr hieher kommen darf, um zu schöpfen. (12) (12) Das Weib faßte den hohen Sinn der Worte Jesu nicht, aber sie erkannte in Jesu doch einen mächtigen Mann, der ihr Wasser für immer geben könne, und bittet deßhalb darum. Jesus will ihre Bitte erhören, zwar nicht so, wie sie es meint, aber besser, als sie es meint. Er will ihr das Wasser der Entsündiguug und Heiliguug geben. Da aber dieses nicht anders möglich war, als daß er das Gefühl der Sündhaftigkeit und die Erkenntniß, daß er der Messias sey, in ihr weckte, so führte er sie nun in die Erkenntniß ihres sündhaften Lebens und einer erhabnen Würde ein (Chrysost. Theophyl).
16. Jesus sprach zu ihr: Geh hin, ruf deinen Mann, und komm hieher!
17. Das Weib antwortete, und sprach: Ich habe keinen Mann! Jesus sprach zu ihr: Du hast recht gesagt: Ich habe keinen Mann!
18. Denn fünf Männer hasft du gehabt, und der, den du jetzt haft, ist nicht dein Mann; das haft du wahr gesagt! (13) (13) Die fünf Männer scheinen rechtmäßige Gatten gewesen zu sein; da sie aber sich als sündhaft bekennt (Vers 29.), ward sie vermuthlich Wegen unordentlichen Lebens von dem einen wie von dem andern entlassen, und mit dem Manne, den sie jetzt hatte, lebte sie in Hurerei.
19. Das Weib sprach in ihm: Herr! ich sehe, daß du ein Prophet bist.
20. Unsere Väter haben auf diesem Berge angebetet, und ihr saget, daß zu Jerusalem der Ort sei, wo man anbeten müsse. (14) (14) Die Samariter behaupteten, Gott habe den Berg Garizim, der bei Sichem lag zur anbetung und zum wahren Gottesdienste bestimmt (s. 5. Mos. 27,4. und die Note) dagegen behaupten die Juden, Jerusalem sey der von Gott auserwählte Ort (1.Par. 22, 1. 2.Par. 6, 6.). Da das Weib einen Pro- pheten vor sich sah, frägt sie, um ihr Heil besorgt, vor allem um die wahre Anstalt worin das Heil zu finden. Sieh, sagt der heilige Chrysostomus, sie fragt um nichts als Glaubenswahrheiten, und nichts konnte sie bewegen, von dieser Untersuchung abzulassen. —
21. Jesus sprachzu ihr: Weib! glaube mir, es kommt die Stunde, da ihr weder auf diesem Berge, noch zu Jerusalem den Vater anbeten werdet.
22. Ihr betet an, was ihr nicht wisset; wir beten an, was wir wissen ; denn das Heil kommt aus den Juden. (15) (15) Bei eurer Gottesverehrung könnet ihr nicht sicher seyn, ob das von Gott angeordnete Heil darin zu finden sey; wohl aber haben wir Juden diese Sicherheit; denn die Anordnungen zum Heile kamen und kommen jetzt noch aus den Juden. -- Die Samariter nahmen nur das Gesetz Mosis an; die Propheten, Welche das Gesetz entwickelten und erklärten verwarfen sie; und so ward ihr Gottesdienst willkürlich, verlor den göttlichen Grund, und vermischte sich öfter mit dem heidnischeu Aberglauben .(s. 4.’Kön. 17, 29.). Dagegen konnten Inden durch die ununterbrochene Reihe der Propheten überzeugen, daß ihre Gottesverehrung dem Gesetze gemäß sey, daß Gott die anordnungen zum Heile unter ihnen getroffen habe, und daß aus ihrer Mitte der Heiland selbst kommen, ihr Gesetz zwar nicht aufheben, aber es in vollkommeren Weise zu erfüllen lehren werde
23. Aber es kommt die Stunde, und sie ist schon da, wo die wahren anbeter den Vater im Geiste und in der Wahrheit anbeten (16), denn auch der Vater will solche Anbeter. (16) Es kommt jene Zeit des Heiles, da die göttliche Religion eine Religion des Geistes und der Wahrheit wird, und diese Zeit ist mit mir schon gekommen. — Geist und Wahrheit sind hier entgegen gesetzt dem jüdischen äußern Ceremoniendienste, nicht zwar so, als ob in diesem kein Geist und keine Wahrheit gewesen wäre, und als ob die christliche Religion ohne außeren Gottesdienst seyn würde, sondern insoferne die christliche Religion vorzüglich und auf eine ausgezeichnete Weise Geist, innere heilige Gesinnung und Wahrheit, d. i. klare und vollkommene Erkenntniß derselben bezwecken wird. Christus wollte also nicht sagen, daß es Von nun an weder Betorte, noch Festtage, noch Priester, noch heilige Ceremonien geben werde, sondern nur: daß seine Gottesverehrung vorzugsweise eine innerliche sein werde, wie die jüdische vorzugsweise eine äußere war. Daß das Innere mit einem Äußeren verbunden sei, ist ein ewiges in der Natur der der Sache selbst gegründetes Lebensgesetz; verlangen, daß es nicht so sei und daß die christliche Religion kein Außeres habe, ist barer Unsinn.
24. Gott ist ein Geist, und die ihn anbeten, müssen ihn im Geiste und in der Wahrheit anbeten. (17) (17) Gott ist kein sinnliches, körperliches Wesen. die blose äußerliche Verehrung genügt also nicht
2.Cor. 3,17.
25. Das Weib sagte zu ihm: Ich weiß, daß der Messias kommt (der Christus genannt wird); (18) wenn derselbe nun kommen wird, so wird er uns alles verkünden. (19) (18) Anmerkung des Evangelisten
(19) Ich verstehe nicht, was du sagst, aber der Messias wird uns alles verkünden und erklären. DenGlauben an die ankunft des Messias nahmen die Samariter von den Juden an, weil er im Gesetze gegründet war. S. 1.Mos.49,10. 5.Mos,18,15
26. Jesus sprach zu ihr: Ich bin es, der ich mit dir rede! (20) (20) So deutlich erklärte sich Jesus den Juden nicht. Das arglose, willige Gemüth des Weibes verdiente es; auch hatten die Samariter weniger Mittel, sich von der Wahrheit und der Ankunft den Messias zU zu überzeugen, als die Juden (Chrys.) —
27. Und in dem Augenblicke kamen seine Jünger, und sie wunderten sich, daß er mit einem Weibe redete;(21) doch sprach keiner: Was fragst du, oder was redest du mit ihr? (21) er, ein Jude, noch dazu ein Lehrer, allein mit einem Weibe, die überdieß eine Samariterin ist!. Doch ent- halten sich die Jünger aus Ehrfurcht jeder weiteren Frage.
28. Das Weib ließ nun ihren Wasserkrug da, ging in die Stadt, und sagte zu den Leuten:
29. Kommet, und sehet einen Mann, der mir alles gesagt hat, was ich gethan habe, ob dieser nicht Christus sey? (22) (22) Sie behauptet nicht bestimmt, und verschweigt es auch nicht; denn sie wollte nicht durch ihre persönliche Ueberzeugung, sondern dadurch, daß sie ihn selbst hörten, sie zu Genossen ihres Glaubens haben (Chys.). Sie redet so, daß sie nicht über sie unwillig und zornrg würden, und sie verfolgten .(Augustin.). ——
30. Sie gingen also aus der Stadt, und kamen zu ihm.
31. Unterdessen baten ihn seine Jünger, und sprachen: Meister, iß!
32. Er aber sprach zu ihnen: Ich habe eine Speise zu essen, die ihr nicht kennet.
33. Da sagten die Jünger unter einander: Hat ihm jemand zu essen gebracht?
34. Jesus sprach zu ihnen: Meine Speise ist, daß ich den Willen dessen thue, der mich gesandt hat, damit ich sein Werk vollbringe.(23) (23) Ich nähre mich jetzt damit, daß ich mein Werk ausübe, wozu ich gesandt bin, daß ich suche, was verloren ist, daß ich erlöse, heilge. Er nennt, sagt der heilige Chhrysostomus, das Heil der menschen eine Speise, um anzudeuten, wie sehr es ihm am. Herzen liege. —
35. Saget ihr nicht, daß erst nach vier Monaten die Ernte komme? Siehe, ich sage euch: Erhebet eure Augen, und betrachtet die Felder; denn sie sind schon reif zur Ernte! (24) (24) Der Sinn im Zusammenhange mit dem Vorhergehenden und Nachfolgenden ist: Ich beschäftige mich jetzt, die Samariter zum Heile zu rufen, und die Saat zu ihrem ewigen Leben auszustreuen, damit ihr sie ernten könnet. Ihr saget zwar: Vier Monate dauert es bis zur Ernte, und so fordert es auch der natürliche Same; aber mit meiner geistigen Aussaat verhält es sich anders, da fällt Aussaat und Ernte in Eine Zeit zusammen: ich säe, und ihr erntet schon. Erhebet nur eure Augen! Gleich diesen reifen Saaten (es war die Zeit nach Ostern, Vers 45.) kommt nun die Bewohnerschaft von Sichar mit bereiteten Herzen zu mir, so daß ihr sie wie eine reife Frucht in die Kirche aufnehmen, und pflegen und hüten könnet zum ewigen Leben. —— In demselben Augenblicke nämlich, als Jesus anfing dieses zu sagen, strömte die Bewohnerschaft von Sichar zu Jesu heraus. So nehmen die meistens älteren und neueren Erklärer an, um diesen Vers mit dem Vorhergehenden in Verbindung zu bringen. —
Matth. 9, 37. Luc. 10, 2.
36. Und wer erntet, bekommt Lohn, und sammelt Frucht für’s ewige Leben, so daß sich der Säemann und der Schnitter zugleich freuen.(25) (25) Ihr seyd die Schnitter meiner Aussaat, und sammelt zu eurem Lohne, zu meiner und zu eurer Freude, die Frucht in die ewigen Scheunen.
37. Denn hierin trifft das Wort zu; Ein anderer ist, der säet, und ein anderer, der erntet.
38. Ich habe euch gesandt, da zu ernten, wo ihr nicht gearbeitet habet; andere haben gearbeitet, und ihr seid in ihre Arbeit eingetreten (26) (26) Der Arbeiter ist zunächst Christus; insoferne aber Moses und die Propheten ihm den Weg bereitet haben, steht hier die Mehrzahl »andere.«
39. Aus jener Stadt aber glaubten viele der Samariter an ihn wegen der Rede der Weibes, welches bezeugte: Er hat mit alles gesagt, was ich gethan habe.
40. Als nun die Samariter zu ihm gekommen, baten sie ihn, daß er da (27) bleiben möchte. Und er blieb daselbft zwei Tage. (27) Im Griech.: bei ihnen.
41. Und viel mehrere glaubten an ihn seiner Lehre wegen. (28) (28) Die Juden bleiben bei allen Wundern unbekehrt, die Samaritaner beweisen ohne Wunder vielen Glauben. So bedarf die Wahrheit immer einer wohlgesinnten Seele; wenn sie einer solchen naht, ergreift diese sie leicht (Chrys.).
42. Und sie spracben zum Weibe: Wir glauben nun nicht mehr um deiner Rede willen; denn wir haben ihn selbst gehört, und wissen, daß dieser wahrhaftig ist der Heiland der Welt. (29) (29) Das Griech. setzt bei: der Christus.
43. Nach zwei Tagen aber zog er von da weg, und begab sich nach Galiläa;(30)
(30) Versteh: aber nicht in seine Vaterstadt Nazareth. Die Ursache folgt. Matth. 13, 57.
44. denn Jesus selbst bezeugte es, daß ein Prophet in seinem Vaterlande nicht geachtet ist. Marc. 6, 4. Luc. 4, 24.
45. Als er nun nach Galilaa gekommen, nahmen ihn die Galiläer auf, weil sie alles gesehen hatten, was er zu Jerusalem an dem Feste gethan; denn auch sie waren zu dem Feste gekommen.
46. So kam er wieder nach Cana in Galiläa, wo er das Wasser in Wein verwandelt hatte. Und es war da ein Königlicher,(31) dessen Sohn zu Capharnaum krank lag. (31) Einige halten diesen Königlichen für einen Hofbedienten, andere für einen Officier des Vierfürsten Herodes Antipas, der auch König genannt wurde.
47. Da dieser gehört hatte, daß Jesus von Judäa nach Galiläa gekommen sei, begab er sich zu ihm, und bat ihn, daß er hinabkomme, und seinen Sohn heile; denn er war daran zu sterben.
48. Da sprach Jesus zu ihm: Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder sehet, so glaubet ihr nicht.(32) (32) Zeichen und Wunder bezeichnen dasselbe — außerordentliche, von dem gewöhnlichen Naturgange verschiedene Wirkungen; wollte man aber doch unterscheiden, so möchte ",Zeichen" auf Himmelszeichen deuten (Matth. 12, 38.). —— Der Königliche scheint im Glauben noch schwankend gewesen zu seyn, und die Absicht gehabt zu haben, durch die wunderbare Heilung sich vollends zu überzeugen
49. Der Königliche sprach zu ihm: Herr!
komm hinab, ehe mein Sohn stirbt.
50. Jesus sprach zu ihm: Geh hin, dein Sohn lebt! Und der Mann glaubte dem Worte, welches ihm Jesus gesagt hatte, undging hin.
51. Und da er hinabging, begegneten ihm seine Knechte, verkündeten ihm, und sagten, daß sein Sohn lebe.
52. Da erforschte er von ihnen die Stunde, in welcher es mit ihm besser geworden war. Und sie sprachen zu ihm: Gestern um die siebente Stunde verließ ihn das Fieber.
53. Da erkannte der Vater, daß es um dieselbe Stunde war, in welcher Jesus zu ihm gesagt hatte: Dein Sohn lebt! Und er glaubte mit seinem ganzen Hause.
54. Dieses zweite Zeichen that Jesus noch,(33) als er von Judäa nach Galiläa gekommen war. (33) Versteh: in cana


Capitel 5


Jesus heilt einen achtunddreißigjährigen Kranken und beweist den Juden seine Macht, dieß am Sabbate tun zu dürfen, so wie seine göttliche Sendung.



Kommentare und Verweise
1. Hierauf war ein Fest der Juden,(1) und Jesus ging hinaus nach Jerusalem. (1) Welches Fest, ist ungewiß. Wahrscheinlich warves das Pfingstfest, welches auf das oben 2,13 erwähnte Osterfest folgte (Chrys., Chrill.).
2. Es ist aber zu Jerusalem der Schafteich, welcher aus Hebräisch Bethsaida heißt, und fünf Hallen hat. (2) (2) Im Griech .... Jerusalem am Schafthore ein Teich, der auf hebräisch Bethesda heißt und ec. Das Schafthor lag auf der Ostseite von Jerusalem ( 2. Esdr. 3, 1. 30. 12, 38.), und hatte seinen Namen von den Opferthieren, welche durch dasselbe in den Tempel getrieben wurden. Deßhalb mochte der Teich auch Schafteich heißen. Statt Bethsaida (Haus des Fischens) haben die meisten griechischen Handschriften Bethesda (Haus der Barmherzigkeit, Heilort). Der Teich bestand in einer großen, ausgemauerten Vertiefung, in welcher eine noch vorhandene Quelle sich befand, deren Wasser salzig ist, eine medicinische Kraft und das Eigenthümliche hat, daß es nur in den Morgenstunden von 3 bis 6 Uhr heiß hervorstrudelt, und allmählig wieder verrinnt, so daß sich fast den ganzen Tag über kein Wasser darin befindet, wie Scholz berichtet, der sich unlängst selbst an Ort und Stelle davon überzeugte. Die Hallen waren bedeckte Gänge an dem Teiche zum Aufenthalte der Kranken und Badenden.
3. In diesen lag eine große Menge von Kranken, Blinden, Lahmen, Abgezehrten, welche die Bewegung des Wassers abwarteten.
4. Denn ein Engel des Herrn (3) stieg zur bestimmten Zeit in den Teich hinab, und das Wasser kam in Bewegung. Wer nun zuerst nach der Bewegung des Wassers in den Teich hinabstieg, der ward gesund, mit welcher Krankheit er auch behaftet sein mochte. (4) (3) Die Worte "des Herrn" sind nicht im Griechischen.
(4) Das Wasser, das damals schon eine mediciniscbe Kraft haben mochte, wie sie jetzt noch vorhanden sein soll, bekam durch einen Engel, der zu einer gewissen, aber wie es scheint, unbekannten Zeit herabkam und es in Bewegung setzte, die besondere, heilende Eigenschaft, jeden Kranken, der sogleich nach der Bewegung hineinkam, von jeder Krankheit gesund zu machen. Die Bewegung des Wassers mochte etwa durch ein besonders mächtiges Hervorsprudeln der Quelle hervorgebracht werden, in welcher dann immer der Engel die Heilkräfte mehrte. Diese waren während der Bewegung und unmittelbar darnach vorhanden, aber dann verflogen sie. Daß ein Engel aus unsichtbare Weise diese wunderbare Wirkung hervorbrachte, sollte in der Zeit der Gnade, da der Sohn Gottes selbst sichtbar erschienen war, und seine heilende Kraft an dem Leibe und der Seele des Menschen so überschwinglich offenbarte, nicht ausfallen, und um so weniger bestritten werden, als wir überhaupt gar wenig wissen, welche Einwirkung die übersinnliche Geisterwelt auf den Menschen und aus die mit ihm zusammnenhängende Natur habe. Uebrigens fassen alle heiligen Väter das Erzählte als eine wunderbare Begebenheit auf.
5. Es war aber daselbst ein Mensch, wel- cher seit achtunddreißig Jahren krank war.
6. Als Jesus diesen liegen sah, und wußte, daß er schon lange so war,(5) sprach er zu ihm: Willst du gesund werden? (5) daß er schon lange krank war.
7. Der Kranke antwortete ihm: Herr! ich habe keinen Menschen, der mich in den Teich brächte, wenn das Wasser in Wallung kommt; denn während ich komme, steigt ein anderer vor mir hinab. (6) (6) Wäre die Wallung des Wassers immer zu einer bestimmten Zeit sichtbar gewesen, so hätte der Kranke wahrscheinlich Mitleidige gefunden, die mit ihm darauf gewartet haben würden, um ihn hinabzubringen.
8. Jesus sprach zu ihm: Steh auf, nimm dein Bett, und wandle!
9. Und sogleich ward der Mensch gesund; und er nahm sein Bett, und wandelte. Es war aber Sabbat an demselben Tage.(7) (7) Vergl. Matth. 12, 1. ff.
10. Da sprachen die Juden zu dem, der geheilt worden war: Es ist Sabbat, du darfst dein Bett nicht tragen!
11. Er antwortete ihnen: Der mich gesund gemacht hat, dieser sprach zu mir: Nimm dein Bett, und wandle!(8) (8) Hätte ich von dem keinen Befehl annehmen sollen, der mir meine Gesundheit wiedergegeben hat (Aug.)? Der mir die Gesundheit gab, muß auch die Gewalt haben, mir diesen Befehl zu ertheilen.
12. Da fragten sie ihn: Wer ist der Mensch, der zu dir gesagt hat: Nimm dein Bett, und wandle?
13. Der aber gesund geworden war, wußte nicht, wer er war; denn Jesus war von dem Volke abgewichen, das sich an dem Orte befand.(9) (9) Jm Griech.: denn Jesus hatte sich zurückgezogen, weil sich eine Volksmenge an dem Orte befand. Warum entfernte er sich? sagt der heilige Chrysostomus; damit das Zeuguiß in seiner Abwesenheit um so unverdächtiger würde.
14. Darnach fand ihn Jesus im Tempel, und sprach zu ihm: Siehe, du bist gesund geworden; sündige nun nicht mehr, daß dir nicht etwas Schlimmeres begegne! (10) (10) Die Krankheit war also eine Strafe sür seine Sünden. S. Eccli. 38, 15.
15. Da ging dieser Mensch hin, und verkündigte es den Juden, daß es Jesus sey, der ihn gesund gemacht habe. (11) (11) Die Um stehenden hatten es ihm gesagt, und er verkündete es ungesäumt den Juden, ohne Zweifel in guter Absicht noch voll freudigen Dankes.
16. Darum verfolgten die Juden Jesum, weil er dieses am Sabbate gethan.(12) (12) Einige griechische Handschriften setzen bei: und suchten ihn zu tödten
17. Jesus aber antwortete ihnen: Mein Vater wirket bis jetzt, und ich wirke auch.(13) (13) Ihr rücket mir den Sabbat vor, den Gott selbst zum Ruhetag eingesetzt hat (1.Mos.2,2.); aber ich sage euch, daß mein Vater an dem siebenten Tage nur insoferne geruht habe, als er keine neuen Arten von Wesen mehr hervorbrachte. Sein Wirken hörte deßhalb nicht auf; denn er erhält die ganze Welt von dem ersten Augenblicke ihres Entstehens bis jetzt, was ohne seine fortwährende Wirksamkeit nicht denkbar ist. Wie nun der Vater fortwährend wirkt, so wirke auch ich, der ich sein Sohn bin, von gleicher Natur und Wesenheit. Und wie der Vater bei allem seinem Wirken seine unendliche Ruhe nicht verliert, und also dadurch die Sabbatsruhe nicht stört, so auch nicht der Sohn (Aug., Cyrill.,Chrys., Beda x.).
18. Darum trachteten die Juden noch viel mehr darnach, ihn zu tödten, weil er nicht nur den Sabbat brach, sondern auch Gott seinen Vater nannte, und sich Gott gleich machte. (14) Deßhalb entgegnete Jesus, und sprach zu ihnen: (14) Es sollte ihn die Strafe der Gotteslästernug treffen. S. Matth. 26, 64. 65.
19. Wahrlich, wahrlich, sag’ ich euch, der Sohn kann nichts aus sich thun, wenn er es nicht den Vater thun sieht; denn alles, was dieser thut, das thut auf gleiche Weise auch der Sohn! (15) (15) Christus stellt nicht in Abrede, daß er Gott gleich sei, was er hätte thun müssen, wenn es nicht der Fall gewesen wäre, sondern sagt nur, daß die göttlichen Werke des Sohnes auch die die Vaters seyen. Der Sohn kann nur thun, was er in semem göttlichen Wesen, das er vom Vater empfangen hat, erschaut und so thut alles, was der Vater thut, auch der Sohn, indem der Sohn in Kraft desselben göttlichen Wesens wirkt, wie der Vater. Sie wirken auf gleiche Weise, sagt der heilige Cyrillus, weil sie ganz gleicher Natur sind; nur wo keine Gleichheit des SeynS ist, da kann keine gleiche Weise der Wirksamkeit sein. Daß hier nur von den rein göttlichen Werken die Rede ist, versteht sich von selbst; denn jene göttlichen Werke des Sohnes, die zugleich menschliche waren, wie z. B. seine Leiden, sind nur insoferne auch Werke des Vaters, als sie seinem Willen gemäß waren, nicht aber eigentliche; denn der Vater ist nicht zugleich Mensch geworden. Da durch die Menschwerdung eine Art Verschiedenheit des Seyns zwischen Vater und Sohn als Gottmenschen eintrat, konnten die gottmenschlichen Werke nicht auch eigentliche Werke des Vaters seyn.
20. Denn der Vater liebt den Sohn, und zeigt ihm alles, was er selbst thut; und er wird ihm noch größere Werke als diese zeigen, daß ihr euch verwundern werdet. (16) (l6) Wegen des innigen Verhältnisses zwischen Vater und Sohn wird dieser indem vom Vater mitgetheilten göttlichen Wesen noch, größere Werke erscheinen und wirken, als die Heilung jenes Kranken. Vergl. unten 12, 45. 8, 19
21. Denn gleichwie der Vater die Todten erweckt und lebendig macht, so macht auch der Sohn lebendig, welche er will.
22. Und der Vater richtet niemand, sondern hat das ganze Gericht dem Sohne übergeben, (17) (17) Der Sohn wird nicht bloß Kranke gesund machen, sondern die Todten zum Leben erwecken wie der Vater, d. i. im Vater, in der göttlichen Wesenheit des Vaters, und das Gericht halten im Namen und aus Auftrag des Vaters. Der Herr versteht die geistliche und leibliche Erweckung aus dem Tode zum Leben (Vers 24. 28.), sein ganzes Erlösungsgeschäft. Beide Erweckungen können nicht getrennt werden, da es sich um die Erlösung des ganzen Menschen handelt, der aus Leib und Seele besteht. Jesus verbindet damit das Gericht, die ewige Verdammung (Vers 24.), weil es eine Folge der Erweckung ist, insoferne die, welche der Erweckung ihrer Seele und ihres Leibes zum ewigen Leben Hindernisse entgegengestellt haben, und darum nicht, glorreich auferstehen, dem ewigen Tode anheimfallen. Ueber die Auserstehung s. Matth. 22, 29. Der Ausdruck "welche er will" deutet auf die Machtvollkommenheit des Sohnes. Er will aber, was der Vater will, er will, daß alle sich erwecken lassen.
23. damit alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren. (18) Wer den Sohn nicht ehret, der ehret auch den Vater nicht, der ihn gesandt hat. (19) (18) Die Ehre Gottes, die Verehrung Gottes im Sohne wie im Vater, die Zurückführung und Unterwerfung des Geschöpfes unter den Schöpfer, ist der letzte Zweck der Erweckung und des ganzen Erlösungsgeschäftes. ——
(19) Diese Verehrung des Vaters und die des Sohnes sind verbunden; ja, nur wer den Sohn ehrt, der ehrt auch den Vater, denn dieser hat den Sohn gesandt, um die rechte Verehrung Gottes in der vollkommensten Weise bekannt in machen; wer also die Anordnungen des Sohnes nicht ehrt kann auch den Vater nicht ehren.
24.Wahrlich, wahrlich, sag ich euch, wer mein Wort hört, und dem glaubt, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben, und kommt nicht ins Gericht, (20) sondern ist vom Todte ins Leben übergegangen! (21) (20) in die Verdammung und ewigen Tod.
(21) Ich versichere euch, wer meinen Anordungen Folge leistet und eben dadurch auch meinem Vater Folge leistet, der mich gesandt hat, der ist zum ewigen Leben erwecket; er wird nicht verdammt werden, sondern ist von dem Tode der Sünde zum ewigen Leben der Gnade und Seligkeit erstanden. Kein Tod sagt der heilige Augustin, ist schrecklicher als der, welcher nicht stirbt - Der ewige Tod.-
25. Wahrlich, wahrlich, sag’ ich euch, es kommt die Stunde, und sie ist schon da, daß die Todten die Stimme des. Sohnes Gottes hören werden, und die sie hören, werden leben! (22) (22) Ich versichere euch, daß von nun an die durch Sünde und Irrthum dem Tode anheimgefallenen Menschen die erweckende Stimme des Sohnes Gottes, sein gnadenvolles Evangelium, hören; die darauf hören und Folge leisten, werden nicht nur der Seele nach leben, sondern auch den Keim der seligen Unsterblichkeit in ihren Leib legen, um einer glorreichen Auferstehung theilhaftig zu werden. Der Herr spricht von der Wiederbelebung der Seele und der des Körpers zugleich, obwohl zunächst und vorzüglich von der ersteren. Diejenigen, welche die Worte nur auf die Auferweckung des Leibes beziehen, insbesondere auf die Todtenerweckungen der evange lischen Geschichte (Marc. 5, 41. Luc. 7, 14. Joan. 11, 43.), oder auch auf die allgemeine Erweckung am jüngsten Tage, beachten die Worte "und die sie hören" nicht, welche offenbar auf die willige Ausnahme des Wortes zur Belebung der Seele geben, und dem im vorhergehenden Verse erwähnten »Glauben« entsprechen. Diejenigen, welche nur die Belebung der Seele verstehen, vergessen, dass das hier Gesagte in der engsten Verbindung mit den V. 28. 29. steht, welche die Erweckung der Leiber bestimmt aussprechen.
26. Denn gleichwie der Vater das Leben in sich selbst hat, so hat er auch dem Sohne gegeben, das Leben in sich selbst zu haben; (23) (23) Der Sohn kann dieß thun (V. 25.); denn wie der Vater als Gott das unendliche ewige Leben hat, und ebendeßhalb die Urquelle alles endlichen Lebens ist, so auch der Sohn, der dieses vom Vater empfangen hat. Der Vater, sagt der heilige Augustin, hat das Leben aus sich, und nicht vom Sohne; der Sohn hat das Leben in sich, aber vom Vater.
27. und er hat ihm Macht gegeben, auch Gericht zu halten, weil er der Menschensohn ist.(24) (24) Wie der Sohn das Leben und andern Leben mitzutheilen vom Vater empfangen hat, so erhielt er vom Vater auch die Macht zum Gerichte, welches auf die Todtenerwecknng folgt (s. Note 17.), und er hat diese Macht nicht nur vermöge seiner göttlichen Natur, sondern insbesondere weil er Mensch geworden ist und das Erlösungsgeschäft übernommen hat. Von diesem, und man kann sagen von der Menschtwerdung, ist das Gericht die Schlußhandlung; denn durch das Gericht scheidet sich die heilige, selige Menschheit von der unheiligen, enseligen, vereieiget sich mit Christo, als der Leib mit dem Haupte, so daß Christus mit ihr nun erst vollkommen den neuen Menschen bildet, und den Menschen Gott wieder unterwirft, was seines Erlösungswerkes Ziel und Ende ist. Ist aber auf diese Weise das Gericht die Schlußhandlung des Erlösungsgeschäftes und der Mensch Werdung, so ist begreiflich, warum der Erlöser, der Gott-Mensch, es zu halten hat. Andere geben den Sinn: weil er als Mensch auf eine den Menschen angemessene Weise richten kann. Oder: weil er als Mensch sich gedemüthigt hat, und darum im Gerichte verherrlicht zu werden verdient. Oder; weil er als Mensch Gnade und Barmherzigkeit üben wird. Alles dieses berührt nur einzelne äußere Verhältnisse; der wahre innere, alles umfassende Grund ist der angegebene.
28. Verwundert euch nicht darüber ,(25) denn es kommt die Stunde, in der alle, welche in den Gräbern sind, die Stimme des Sohnes Gottes hören werden.(26) (25) über die geistliche und leibliche Todtenerweckung, die durch die Macht des Sohnes jetzt schon beginnt (Vers 24.25.).
(26) Es wird die Zeit kommen, da die Todtenerweckung in ihrer Vollendung eintreten wird, da alle Leiber der Verstorbenen auf den Befehl des Sohnes Gottes ihre Gräber verlassen uud zum Gerichte erscheinen werden. Vgl.1. Teff 4,13.ff
29. Und es werden hervorgehen, die Gutes gethan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber Böses gethan haben, zur Auferstehung des Gerichtes. (27) (27) Die Verdammung (Vers 24.). Die Guten stehen auf in Herrlichkeit zum Leben, die Bösen in Schmach zur Verdammung, zum ewigen Todte. S. Dan. 12,2. 1.Cor.15. Offenb.20. O wundervolle, verhängnisvolle Scheidung, ruft ein frommer Erklärer aus, denke, oh Mensch! immer daran, befleiße dich der Heiligkeit, lebe der Ewigkeit!
30. Ich kann nichts von mir selbst thun. Wie ich höre, so richte ich , und mein Gericht ist gerecht; denn ich suche nicht meinen Willen, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat. (28) (28) Das Gericht aber, welches ich auf die Erweckung folgen lasse, geschieht nicht aus mir in der Trennung vom Vater; denn es ist ein göttliches Werk, und alle meine göttlichen Werke geschehen in und vermöge meiner Gottheit, also in und vermöge des Vaters, der mir ewig mein göttliches Wesen gibt. Mein Gericht ist eine Wirkung meiner göttlichen Erkenntniß, die ich vom Vater habe; ist der Ausspruch dessen, was ich in mir aus dem Vater vernehme und erschaue. Darum ist es nothwendig gerecht, und von jeder Willkür frei; denn mein Wille ist ebenso ein und derselbe mit dem Willen des Vaters, wie meine Erkenntnis; eine und dieselbe mit der Erkenntniß; des Vaters ist. Kurz ließe sich der Sinn auch so fassen: Mein Gericht ist ein göttliches, und beruht aus der göttlichen Erkenntniß und dem göttlichen Willen, welche ich mit dem Vater gemein habe; es muß also gerecht sein (Aug., Chrys. und andere). Die Worte "wie ich höre" beziehen sich, ähnlich dem Sehen im Vers 19., auf die göttliche Erkenntniß, das göttliche Wesen, das der Sohn aus dem Vater hat. Der Sohn richtet also nach dem göttlichen Sein, nach der Wahrheit (Chrys).
31. Wenn ich von mir selbst Zeugniß gäbe, so wäre mein Zeugniß nicht wahr. (29) (29) Ohne Zweifel las Jesus, als er von seiner göttlichen Würde, von der Macht und Kraft zur Todtenerweckung und zum Gerichte sprach, in den staunenden Zügen der Gegenwärtigen die Frage: Wie beweisest du, diese Würde und Macht zu haben? Darauf antwortet er: Wenn ich allein in der Trennung von meinem Vater Zeugniß von meiner Würde und Kraft gäbe, so wäre mein Zeugniß nicht gültig; dieß ist aber nicht der Fall, denn ich Zeuge nicht allein, sondern der Vater zeugt für mich in meinen Werken (Chrill., .Chrysost.,- Theophyl.). Unten 8, 13-16. nennt Jesus sein eigenes Zeugniß ein wahres, aber auch nur insofern es mit dem seines Vaters verbunden ist.
32. Ein anderer ist der von mir zeuget; (30) und ich weiß, daß das Zeugnis wahr ist, welches er von mir ablegt. (30) Der Vater (V. 36.)
33. Ihr habt zu Joannes gesandt, und er hat der Wahrheit Zeugniß gegeben;
34. ich aber nehme kein Zeugniß von einem Menschen, sondern ich sage dieß, damit ihr selig werdet. (31) (31) Ich könnte euch auf das Zeugnis des Joannes verweisen, welches dieser auf feierliche Weise dem hohen Rathe über meine Würde abgelegt hat (ob.1,19.) aber ich will mich nicht auf ein menschliches Zeugniß berufen , ich will es nur bebenbei anführen, um euch den Glauben zu erleichtern, und euch so zur Seligkeit zu verhelfen.
35. Er war die brennende, Licht gebende Leuchte; und ihr wolltet auf eine Stunde frohlocken in seinem Lichte. (32) (32) Ihr hättet wohl durch das Licht, das er über Meine Person verbreitete, euch aufklären, durch seine Lehre euch unterrichten lassen können; aber ihr freutet euch nur kurze Zeit der lichtvollen Lehre, die er verkündete, bald wurdet ihr seiner überdrüssig. doch ich will mich nicht einmal auf sein Zeugniß berufen.
36. Aber ich habe ein größeres Zeugniß, als das des Joannes ist. Denn die Werke, welche der Vater mir gegeben, daß ich sie vollbringe, diese Werke, die ich thue, geben Zeugniß von mir, daß mich der Vater gesandt hat.(33) (33) Meine Wunder, die ich vermöge meiner aus dem Vater stammenden göttlichen Würde wirke, bezeugen meine göttliche Sendung. Jesus beruft sich öfter auf seine Wunder als Zeugnisse für seine Lehre. Unten 14, 10. ff. Matth. 11, 20. In meinen Wundern zeugt Gott selbst für mich
37. Und der Vater, der mich gesandt hat, derselbe hat von mir gezeugt;(34) aber ihr habt weder je seine Stimme gehört, noch seine Gestalt gesehen. (35) (34) eben in meinen Wundern. Andere verstehen zugleich das Zeugniß, das Gott Jesu Christo ablegte in den heiligen Schriften, die ihn verkändeten; wofür allerdings der Zusammenhang spricht (V. 38. 39.).
(35) aber so vernehmlich und so zu sagen handgreiflich auch sein Zeuguiß war, habt ihr doch nie darauf geachtet. "Stimme" und "Gestalt" stehen bildlich für die Ueberzeugungskraft und Anschaulichkeit der göttlichen Zeugnisse.
38. Und sein Wort habt ihr nicht bleibendin euch, weil ihr dem nicht glaubet, den er gesandt hat. (36) (36) Wie das so vernehmliche Zeugniß des Vaters von mir in euch nicht hafteteg, so wird auch überhaupt sein Wort, seine göttliche Lehre, nicht in und bei euch bleiben, weil ihr dem nicht glaubet, den er gesandt hat, Christo. Das göttliche Wort des Alten Bundes erhält seine bleibende Dauer erst durch das Wort des Neuen Bundes; denn dieses ist die Erfüllung von jenem, sein Geist sein Leben seine höhere Wahrheit. Die Religion des Alten Bundes wird ein lebloser Leichnam, wenn ihm seine Seele: die Beziehung auf Christus, genommen wird. Der Jude hat gar kein Wort Gottes, wenn er sein göttiiches Wort nicht in Christo erfüllt sieht, wenn er nicht an Christum glaubt
39. Ihr forschet in der Schrift, weil ihr glaubet, das ewige Leben darin zu finden; und sie ist es, die von mir Zeugniß gibt;
40. aber ihr wollet nicht zu mir kommen, um das Leben zu erhalten.(37) (37) Ihr forschet in den heiligen Schriften, um darin zu finden, was euch zu einer seligen Auferstehung und zur ewigen Glückseligkeit führen kann. Gut! diese Schriften weisen auf mich als auf den, bei dem ihr die Wahrheit und das Leben zu finden habt (vergl. Apostg. 10, 43.); aber dennoch wollet ihr nicht zu mir kommen, um durch mich das ewige Leben hier und dort zu erreichen.
41. Ich nehme nicht Ehre von den Menschen;
42. aber euch kenne ich, daß ihr die Liebe Gottes nicht in euch habet.(38) (38) Es leitet mich nicht irdisches Interesse, Ehre, Glanz, irdische Herrschaft, wenn ich euch zum Glauben zu bewegen suche, sondern nur Liebe Gottes und Verlangen nach euerm Heile; aber von euch weiß ich, daß ihr keine Liebe Gottes habet, und voll Ehrsucht und irdischer Gesinnung seid. Diese ist auch die Ursache, warum ihr nicht zu mir kommet.
43. Ich bin im Namen meines Vaters gekommen, und ihr nehmet mich nicht au; wenn ein anderer in seinem eigenen Namen kommen wird, den werdet ihr aufnehmen.(39) (39) Mich, der ich aus Auftrag Gottes, mit gänzlicher Verleugnung meiner selbst, gekommen bin, nehmet ihr nicht als göttlichen Gesandten auf; wenn aber einer kommt, den nur seine Eigenliebe und sinnliche Denkungsart treibt, diesen werdet ihr, weil er Einer Gesinnung mit euch ist, aufnehmen. Alle alten Ausleger verstehen unter diesem, in seinem eigenen Namen Kommenden, die falschen Messiasse, die von Zeit zu Zeit unter den Juden aufstanden. Die Juden selbst zählen deren 64. Alle fanden mehr oder weniger Glauben bei ihnen; aber den wahren Heiland schlugen sie an’s Kreuz.
44. Wie könnet ihr glauben, da ihr Ehre von einander nehmet, und die Ehre, welche von Gott allein ist, nicht suchet?(40) (40) Wie konnte auch der Glaube, welcher Verleugnung, Demuth fordert, in euch Wurzel fassen, da euch nur die Eigenliebe, insbesondere die Sucht nach Ehre: nach dem Beifalle der Menschen treibt, und die wahre ehre, das Wohlgefallen Gottes, euch gar nicht am Herzen liegt?
45. Glaubet nicht, daß ich euer Ankläger seh beim Vater; euer Ankläger ist Moses, auf den ihr hoffet. (41) (41) zu dem ihr das Vertrauen habt, in seinem Gesetze selig zu werden. Er wird euch anklagen, weil ihr ihm nicht in allem glaubet.
46. Denn wenn ihr dem Moses glaubtet, so würdet ihr wohl auch mir glauben; denn von mir hat er geschrieben. 1.Mos. 3, 15. 22, 18. 5.Mos. 18, 15.
47. Wenn ihr aber seinen Schriften nicht glaubet, wie werdet ihr meinen Worten glauben? (42) (42) die dasselbe sagen.


Capitel 6

Vermehrung der fünf Brode und der zwei Fische. Jesus wandelt auf dem Meere. Die unvergängliche Speise. Sein fleisch und sein Blute ist Speise und Trank. Viele ärgern sich daran, und verlassen ihn. Seine Apostel bleiben bei ihm; aber Jesus verkündet, daß einer aus ihnen böse ist.

Kommentare und Verweise
1. Darnach fuhr Jesus über das galiläische Meer, an welchem die Stadt Tiberias liegt (1) (1) Die Stadt Tiberias lag am westlichen Ufer des Sees.
Matth.14,13.
Marc 6,32.
2. Und es folgte ihm eine große Menge Volkes nach, weil sie die Wunder sahen, die er an den Kranken wirkte.
3. Da ging Jesus auf den Berg, und setzte sich daselbst mit seinen Jüngern nieder.
4. Es war aber das Osterfest der Juden sehr nahe.
5. Als nun Jesus die Augen aufhob, und sah, daß eine sehr große Menge Volkes zu ihm gekommen sei, sprach er zu Philippus: Woher werden wir Brod kaufen, daß diese essen?(2) (2)Das nachfolgende Wunder erzählen auch die andern Evangelisten; der heilige Joannes setzt einige Umstände hinzu, welche die andern übergangen hatten. Er scheint es vorzüglich darum noch einmal berichtet zu haben, um die Veranlassung zu den beigefügten Reden Jesu zu geben.
6. Das sagte er aber, um ihn auf die Probe zu stellen;(3) denn er wußte wohl, was er thun wollte.(4) (3)ob er auch glaube, daß Jesus wunderbar helfen könne.
(4)Jesus kannte auch den Schwachglauben der Apostel; um aber ihre Aufmerksamkeit auf das Wunder, das er wirken wollte, zu erregen, und sie zur Erkenntniß der Schwäche ihres Glaubens zu führen, fragte und prüfte er sie (Aug.).
7. Philippus antwortete ihm: Brod für zweihundert Zehner(5) ist nicht hinreichend für sie, daß jeder nur etwas Weniges bekomme. (5)Wörtlich: Denare; für fünfundzwanzig Thaler.
8. Da sprach einer von seinen Jüngern, Andreas, der Bruder des Simon Petrus:
9. Es ist ein Knabe hier, der fünf Gerstenbrode und zwei Fische hat; allein was ist das unter so viele?
10. Jesus aber sprach: Lasset die Leute sich setzen! Es war aber viel Gras an dem Orte. Da setzten sich die Männer, gegen fünftausend an der Zahl.
11. Jesus aber nahm die Brode, und nachdem er gedanket hatte, theilte er sie denen aus, welche sich niedergesetzt hatten; deßgleichen auch von den Fischen, so viel sie wollten.(6) (6)Im Griech.... theilte er sie unter die Apostel aus, die Apostel aber unter die, welche sich niedergesetzt hatten; deßgleichen ... So haben auch die übrigen Evangelisten.
12. Als sie aber satt waren, sprach er zu seinen Jüngern: Sammelt die übrig geblieben Stücklein, damit sie nicht zu Grunde gehen!
13. Da sammelten sie, und füllten zwölf Körbe mit Stücklein von den fünf Gerstenbroden, welche denen, die gegessen hatten, übriggeblieben waren.
14. Da nun diese Menschen das Wunder sahen, welches Jesus gewirkt hatte, sprachen sie: Dieser ist wahrhaftig der Prophet, der in die Welt kommen soll!(7) (7)der Prophet, auf den Moses verwiesen (5. Mos. 18, 15.), der Messias, der König Israels (V. 15.).
15. Als aber Jesus erkannte, daß sie kommen und ihn mit Gewalt nehmen würden, um ihn zum Könige zu machen, floh er abermal auf den Berg, er allein.(8) (8)denn sein Reich ist nicht von dieser Welt (unt. 18, 36.). im Griech.: zog er sich wieder auf den Berg zurück, er allein.
Matth. 14,23.
Marc. 6,46.
16. Da es nun Abend geworden war, gingen seine Jünger hinab an das Meer.(9) (9) Jesus nöthigte sie, hinüberzufahren, bevor er selbst käme.
17. Und sie traten in das Schiff, und fuhren über das Meer nach Capharnaum. Es war schon finster geworden, und Jesus war nicht zu ihnen gekommen.
18. Das Meer aber erhob sich, weil ein starker Wind blies.
19. Da sie nun bei fünfundzwanzig oder dreißig Stadien (10) gerudert hatten, sahen sie Jesum auf dem Meere wandeln, und ganz nahe (11) an’s Schiff kommen; und sie fürchteten sich. (12) (10) beiläufig eine Stunde weit. —
(11) In Griech.: und nahe ans x. —
(12) weil sie ihn für ein Gespenst hielten. Matth. 14, 26. —
20. Er aber sprach zu ihnen: Ich bin es, fürchtet euch nicht!
21. Da wollten sie ihn in das Schiff nehmen; und alsbald war das Schiff am Lande, wo sie hinfuhren. (13) (13) Aus Matth. 14, 32. und Marc. 6, 51. ersieht man, daß Jesus in das Schiff stieg, und Joannes leugnet es nicht, aber er bemerkt den Umstand, welchen jene übergingen, daß das Schiff an’s Land stieß, da Jesus kaum eingestiegen war.
22. Am andern Tage erkannte das Volk,(14) welches jenseits des Meeres stand, daß; kein anderes Schiff als das Eine daselbst gewesen war, (15) und daß Jesus nicht mit seinen Jüngern in das Schiff getreten, sondern seine Jünger allein abgefahren waren. (14) wurde das Volk aufmerksam. ——
(15) In Griech.: kein anderes Schiff daselbst gewesen war als das, in welches seine Jünger gestiegen waren. —
23. Andere Schiffe aber kamen von Tiberias nahe an den Ort, (16) wo sie das Brod, nachdem der Herr gedankt, gegessen hatten. (16) eben an diesem andern Tage (V. 22.). —
24. Als nun das Volk sah, daß Jesus nicht da sey, noch auch seine Jünger, traten sie in die Schiffe, und kamen nach Capharnaum, indem sie Jesum suchten.
25. Und da sie ihn jenseits des Meeres gefunden hatten, sprachen sie zu ihm: Meister! wann bist du hiehergekommen?
26. Jesus antwortete ihnen, und sprach : Wahrlich, wahrlich, sag’ ich euch, ihr suchet mich nicht darum, weil ihr Wunder gesehen, sondern weil ihr von den Broden gegessen habet, und satt geworden seyds!(17) (17) Ihr suchet mich, nicht weil ihr die wunderbare Brodvermehrung gesehen, und diese das Verlangen in euch rege gemacht hat, durch mich zum ewigen Leben genährt zu werden, sondern weil ich euch körperlich gesättigt habe, und ihr deßhalb hoffet, anderes dergleichen Zeitliches von mir zu erlangen. Wegen des Fleisches, erklärt der heil. Augustin, suchet ihr mich, nicht wegen des Geistes. Wie viele suchen Jesum nur, daß er ihnen Gutes thue, der Sinnlichkeit nach! Kaum wird Jesus um Jesu willen gesucht. — Bemerke in der nachfolgenden Rede, wie Jesus selbst diese sinnlichen Menschen, die nichts als einigen guten Willen hatten, nicht von sich weist, sondern sogar in die tiefsten Geheimnisse der göttlichen Seelenährung einführt. Lerne daraus, mit den Unbeholfenen, Roben und Geistesarmen Geduld zu haben! ——
27. Bemühet euch nicht um vergängliche Speise; sondern um die welche bleibet zum ewigen Leben, die der Menschensohn euch geben wird; denn diesen hat Gott, der Vater, mit seinem Siegel bezeichnet.(18) Matth. 3,17. 17,5. Ob.1,32.
(18) Mehr als nach der irdischen Nahrung und Wohlfahrt, die vergänglich sind, trachtet nach der geistlichen Speise, die ewig nährt. Der Menschensohn, den der Vater als seinen Gesandten durch Wunder beglaubigt hat, gibt sie euch. —— "Nicht sich bemühen" steht nach biblischem Sprachgebrauche für "weniger sich bemnhen". S. Matth. 9, 13. Die geistliche Speise ist, wie das Folgende zeigt, Jesus Christus selbst, seine Lehre, seine Werke, seine Gnade, der ganze Christus. Er heißt mit dem Siegel Gottes bezeichnet, insoferne Gott durch Wunder seine göttliche Sendung bestätigt hat. Der heilige Hilarius denkt dabei an die ewige Aehnlichkeit des Sohnes als eines Siegelabdruckes des Vaters. —
28. Da sprachen sie zu ihm: Was sollen wir thun, daß wir die Werke Gotteswirken? (19) (19) die Werke, die Gott vorgeschrieben hat, und du uns lehren willst. Belehre uns über die Werke, die wir üben müssen, um jene Speise zu erlangen, die ewig nährt (Aug.)· —
29. Jesus antwortete, und sprach zu ihnen: Das ist das Werk Gottes, daß ihr an den glaubet, welchen er gesandt hat.(20) (20) Wer zu dieser Speise gelangen will, muß nach Gottes Vorschrift an seinen Gesandten glauben. Durch den Glauben wird Christus, seine Lehre, sein Werk, seine Gnade unser, und in ihm haben wir das ewige Leben.
1. Joan.3,23.
30. Und sie sprachen zu ihm: Was wirkest du denn für ein Zeichen, daß wir’s sehen, und dir glauben? Was wirkest du?
31. Unsere Väter haben das Manna in der Wüste gegessen, wie geschrieben steht: Brod vom Himmel hat er ihnen zu essen gegeben, (21) 2.Mos.16,14. 4.Mos.11,7. Ps.77,24. Weish. 16,20.
(21) Was wirkest du denn für ein Wunder, mittelst dessen wir deiner Speise theilhaftig werden? Wirk es doch, damit wir sehen und glauben! Willst du uns etwa eine Speise geben, die noch wunderbarer als das Manna vom Himmel ist, welches unsere Väter in der Wüste gegessen? — Wie das samaritanische Weib (oben 4, 10.). ein wirkliches Wasser, das auf ewig den Durst löscht, ver langte, so begehrten diese Juden in ihrem fleischlichen Sinne eine wirkliche Speise, ähnlich dem Manna die sie für immer nähren sollte. Das Zeichen ist also die Speise selbst, und der Glaube, den die Juden versprechen, bezieht sich auf diese Speise. Andere verstehen darunter ein Wunder, das die Juden verlangen, um überhaupt an Jesu göttliche Sendung zu glauben; aber daran glaubten sie schon vermöge der wunderbaren Brodvermehrung (V. 14.), und hier andere Juden anzunehmen, hat im Texte keinen Grund für sich.
32. Da sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, sag ich euch: Nicht Moses hat euch das Brod vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel!(22) (22) Das Brod, welches Moses gab, war kein eigentliches, wahres Himmelsbrod; dieses gibt mein Vater. Wie der ganze Alte Bund nur das Bild, der Schatten, von dem Neuen war, dieser aber die Sache, die Wesenheit, die Wahrheit (Col. 2, 17.), so war auch das Manna nur das Vorbild von dem wahren Himmelsbrode Christus. S. 2. Mos. 17. Note 3. —
33. Denn das ist das Brod Gottes, welches vom Himmel herabgekommen ist, und der Welt das Leben gibt. (23) (23) Das Brod, welches mein Vater gibt, ist das vom Himmel herabgekommene Brod, welches der in Sünde und Irrthum erstorbenen Welt das Leben wieder gibt. —
34. Da sprachen sie zu ihm: Herr, gib uns für immer dieses Brod! (24) (24) Da Jesus seine Speise (V. 27.) ein Brod nennt, verlangen diese Juden in ihrer Gutmüthigkeit, dieses Brod für immer zu erhalten. ——
35. Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brod des Lebens; wer zu mir kommt, den wird nicht hungern, und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten. (25) (25) Jesus nennt sich nun selbst dieses Brod. Der eingeborne Sohn ist wirklich das wahre Brod, sagt der heilige Cyrillus; denn da er aus der Wesenheit des Vaters kommt, ist er natürlich das Leben, welches alles belebt. Und wie das irdische Brod die Kraft des Leibes stärkt und erhält, so belebt Er durch den heiligen Geist unsern Geist, und bewahrt selbst unsern Leib vor dem Verderben. "Kommen zu Jesu" und "Glauben an ihn" bedeutet dasselbe (Aug.). Der Glaube schließt nothwendig Gehorsam und Liebe ein, wenigstens dem Willen nach, sonst wäre er todt. In diesem Glauben wird das lebendige Brod, Jesus Christus, unser Eigenthum, und sättigt uns für immer. Ueber die Sättigung s. oben 4, 14. —
36. Aber ich hab’ es euch gesagt, daß ihr mich gesehen habet, und doch nicht glaubet. (26) (26) Ihr sehet nun, wie ihr verlangt (V. 30.); aber wie ich schon gesagt habe, daß ihr mich in meiner wunderbaren Wirksamkeit sehet, und doch nicht glanbet, so trifft es auchch jetzt zu. Jesus sagte oben (V. 26.), daß das Zeichen, das sie gesehen, kein Verlangen nach dem Heile in ihnen erweckt habe. Die Ursache gibt er in dem Folgenden. Wunder an und für sich machen nicht gläubig; dazu gehört auch Gnade von Gott, und guter Wille (Matth. 11. Note 33.), welche für Wunder und Glauben empfänglich machen (Matth. 12. Note 36.). —
37. Alles, was mir der Vater gibt, das wird zu mir kommen, und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen;
38. denn ich bin vom Himmel herabgekommen, nicht damit ich meinen Willen thue, sondern dem Willen dessen, der mich gesandt hat. (27) (27) Das "zu mir kommen", das "Glauben" hängt von der Gnade meines Vaters ab; Welche er begnadigt, die nehme ich in mein Reich auf, und stoße sie, nicht hinaus, denn ich habe keinen andern göttlichen Willen, als dein Willen meines Vaters, und mein menschlicher Wille unterwirft sich stets dem göttlichen; seinen Willen zu erfüllen, ist meine Bestimmung. —
39. Das ist aber der Wille des Vaters, der mich gesandt hat, daß ich nichts von dem, was er mir gegeben hat, verliere, sondern daß ich es am jüngsten Tage auferwecke.
40. Das ist nämlich der Wille meines Vaters, der mich gesandt hat, daß jeder, welcher den Sohn sieht und an ihn glaubt, das ewige Leben habe; und ich werde ihn auferwecken am jüngsten Tage. (28) (28) Mein Vater Will, daß kein Mensch verloren gehe, den er mir gegeben hat, daß vielmehr jeder, der mich in meiner wunderbaren Wirksamkeit erkennt und wahrhaft an mich glaubt (s. Note 25. Jeder solcher ist es, den er mir gibt), das ewige Leben hier und dort habe, nicht bloß der Seele sondern auch dem Leibe nach, weßhalb ich ihn am jüngsten Tage auferwecken werde. Christus erlöst,den ganzen Menschen, nicht nur seine Seele, sondern auch seinen Leib. Die Erlösung des Leibes wird vollendet in der Auferstehung, welche das letzte Erlösungswerk Christi ist.
41. Da murrten die Juden darüber, daß er gesagt hatte: Ich bin das lebendige Brod, das vom Himmel herabgetommen ist,(29) (29) Die Juden erwarteten unter der versprochenen Speise ein wirkliches wunderbares Brod (V. 34.). Daß er selbst das wunderbare, lebenbringende Brod sey, konnten sie schon mit seinen äußern ärmlichen Verhältnissen, in denen er aufgewachsen war, nicht vereinbaren. Im Griech.: Ich bin das Brod, das x
42. und sagten: Ist dieser nicht Jesus, der Sohn Josephs, dessen Vater und Mutter wir kennen? Wie sagt dieser denn: Ich bin vom Himmel herabgekommen? Matth. 13, 55.
43. Da antwortete Jesus, und sprach zu ihnen: Murret nicht unter einander!
44. Niemand kann zu mir kommen, wenn der Vater, der mich gesandt hat, ihn nicht zieht; und ich werde ihn auferwecken am jüngsten Tage.(30) (30) Laßt den Unwillen über eine Sache, die ihr nicht verstehet, und so lange nicht verstehen werdet, als euch der Vater durch seine erleuchtende Gnade nicht zu mir zieht, und ihr nicht willig dem Zuge der Gnade folget. Solche, die willig dem Zuge der Gnade folgen, kommen zu mir, und erfahren an sich die ganze Wohlthat meiner Erlösung; so daß ich am jüngsten Tage auch ihren Leib zum ewigen Leben erwecke. Gott der Vater zieht jeden, aber nicht jeder folgt dem Zuge S.Matth.11. Note 33. Daß zu dem Zuge des Vaters auch die willige Hingabe des Menschen gehöre, zeigt der folgende Vers. —
45. Es steht geschrieben in den Propheten: "Und sie werden alle Lehrlinge Gottes seyn." Wer immer von dem Vater gehört und gelernt hat, der kommt zu mir.(31) (31) In der Schrift wurde schon vorhergesagt, daß eine Zeit eintreten werde, wo Gott alle innerlich auf besondere Weise erleuchten werde. Diese Zeitl ist gekommen. Wer nun der Belehrung Gottes willig folgt, der glaubt und kommt zu mir. Die angeführte Stelle fintdet sich bei Jsai. 54, 13. und Jer. 31, 33. 34. Czech. 11, 19. 18, 31. Mich.4,1-4 ist beiläufig dasselbe gesagt. —
46. Nicht daß den Vater jemand gesehen hätte, als der, welcher von Gott ist, der hat den Vater gesehen.(32) (32) Dieses Hören und Lernen ist jedoch nicht so zu verstehen, als ob den Vater jemand hieneden sehen könnte; dieß kann nur der eingeborne Sohn Gottes. Gott ist ein unsichtbarer Lehrmeister. —
Matth. 11, 27.
47. Wahrlich, wahrlich, sag’ ich euch, wer an mich glaubt, der hat das ewige Leben! (33) (33) Der Heiland geht auf V. 40. 35. 29. znriick. Ich versichere euch, daß alle, welche an mich wahrhaft glauben, das belebende Brod vom Himmel erhalten, und in demselben das ewige Leben. ——
Ich bin das Brod des Lebens. (34) (34) S. oben Vers 35. ——
49. Eure Väter haben das Manna in der Wüste gegessen, und sind gestorben. 2. Mos.16,13.
50. Dieses aber ist das Brod, welches vom Himmel herabgekommen ist,damit, wer davon isset, nicht sterbe.(35) (35) Das Manna hatte keine Kraft in sich das ewige Leben dem Leibe und der Seele mitzutheilen, wohl aber ich, das vom Himmel gekommene Brod. Bis hieher (V. 48.) sprach Jesus von dem Glauben an das Himmelsbrod, dessen Namen er sich selbst beilegt; nun spricht er von dem Genusse desselben, und wie er einst zum Genusse es darreichen, werde. Daß hier und in dem Folgenden buchchstäblich von dem geheimnißvollen Genusse seiner hochheiligen Person unter den Gestalten des Brodes und Weines, und nicht bloß bildlich vom Glauben an ihn, die Rede sey, erhellt erstlich aus den ausdrücklichen Worten (V. 54. 55.), welche die Juden im eigentlichen Sinne auffassen, und die Jesus als im eigentlichen Sinne gesprochen bestätigt; dann aus der Unterschei dung von Fleisch und Blut, welche ungereimt scheinen müßte, wenn nur von dem Glauben an seine Person die Rede wäre; endlich und vorzüglich aus der einstimmigen Erklärung der heiligen Väter und der Concilien von Ephesus und Trient (Sitzung 13. Cap. 1. 21, 1.). —
51. Ich bin das lebendige Brod, das vom Himmel herabgekommen ist.
52. Wer von diesem Brode ißt, der wird leben in Ewigkeit; das Brod aber, welches ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt.(36) (36) Im Griech.: Fleisch welches ich für das Leben der Menschen hingeben werde. Das Fleisch, welches ich als Sühnopfer für die Erlösung der Welt hingeben werde, das werde ich euch als Speise darreichen. Bemerke den Ausdruck: welches ich geben werde. Daraus erhellt, daß Christus von dem Genusse einer zukünftigen Speise sprach, nicht von der bloßen Aufnahme seiner gegenwärtigen Person durch den Glauben. —
53. Da stritten die Juden unter einander, und sprachen: Wie kann uns dieser sein Fleisch zu essen geben?
54. Jesus aber sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, sag’ ich euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht essen und sein Blut nicht trinken werdet, so werdet ihr das Leben nicht in euch haben!(37) (37) d. i. nicht in euch erhalten. Wer durch die Taufe, sagt der heilige Basilius, zum Leben wiedergeboren ist, muß dasselbe durch den Genuß der heiligen Geheimnisse nähren. Die Kirche gebietet unter strenger Verpflichtung ihren Gläubigen, jährlich wenigstens einmal zum Tische des Herrn zu gehen. Aus den Worten ist übrigens nicht zu folgern, daß der Genuß des Herrn nothwendig von allen unter zwei Gestalten geschehen müsse; denn wie öfter im biblischen Sprachgebrauche ist auch hier das Bindewort "und" statt "oder" zu fassen (vergl. 2. Mos. 21, 31. 22, 10. Czech. 44, 22. 1. Cor. 11, 27.). Da unter jeder Gestalt der ganze Christus gegenwärtig ist, genüget Eine Gestalt. Nur den Priestern ist der Genuß unter doppelter Gestalt geboten (die Ursache hievon sich Matth. 26, 27. Note 36.). Hierüber hat sich weiter erklärt der allgemeine Kirchenrath von Trient (Sitzung 21. Cap. 1.).
55. Wer mein Fleisch ißt, und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben; und ich werde ihn am jüngsten Tage auferwsecken. (38) (38) Siehe da, wie der heilige Leib des Herrn den Keim eines selig und herrlich auferstehenden Leibes in dich legt! Vergl. Ps. 21. Note 37. —
56. Denn mein Fleisch ist wahrhaftig eine Speise, und mein Blut ist wahrhaftig ein Trank. (39) (39) denn ihr werdet mein Fleisch essen und mein Blut trinken können, weil ich euch beide als Speise und Trank (unter den Gestalten des Brodes und Weines) darreichen werde. —
1. Cor. 11, 27.
57. Wer mein Fleisch ißt, und mein Blut trinkt, der bleibt in mir, und ich in ihm. (40) (40) Mit diesen Worten ist die innige Verbindung Christi mit dem MEnschen, der ihn würdig empfängt, ausgedrückt, vermöge welcher Christus demselben an Leib und Seele durchlebt, um sich dieses Wortes zu bedienen, und der Mensch deßgleichen in Christus lebt. Der heilige Chrysostomus nennt es die Vermischung Christil mit dem Menschen, und der heilige Cyrillus bemerkt hiezu: Nicht bloß seine Liebe teilt uns Christus mit, sondern auch seine Natur; denn wie sich zwei mittels Feuer geschmolzene Stücklein Wachs mitt einander verbinden, so Christus mit uns; er ist in uns und wir in ihm. ——
58. Gleichwie mich der lebendige Vater gesandt hat, und ich durch den Vater lebe, so wird auch der, welcher mich ißt, durch mich leben. (41) (41) Der Sohn empfängt alles vom Vater, und lebt daher nur durch den Vater; der Mensch empfängt alles von dem Sohve, und lebt daher nur durch den Sohn. So wie der Vater im Sohne, und der Sohn im Vater bleibet, dieser das göttliche Wesen mittheilend, jener es empfangend, so bleibt auch Jesus durch die Mittheilung seines Leeibes in uns, und wir bleiben in ihm durch dessen Genießung. —
59. Dieß ist das Brod, welches! vom Himmel herabgekommen ist, nicht wie das Manna, das eure Väter gegessen haben und gestorben sind. Wer dieses Brod ißt, wird ewig leben.(42) (42) Der Heiland spricht hier vom Geuusse des Brodes. Daraus folgert der heilige Kirchenrath von Trient (Sitzung 21. Cap.1.), daß der Genuß des Herrn unter den Gestalten des Brodes hinreiche. "Derjenige, welcher sagte: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esset, und sein Blut nicht trinket, werdet ihr das Leben nicht in euch haben, derselbe sagte auch: Wer von diesem Brode ißt, wird ewig leben.) Und derjentge, welcher sprach: Wer mein Fleisch ißt, und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm, derselbe sprach auch: Wer dieses Brod ißt, wird ewig leben.-
60. Dieses sagte er in der Synagoge, als er zu Capharnaum lehrte.
61. Als sie nun viele von seinen Jüngern dieß hörten, sprachen sie: Diese Rede ist hart, und wer kann sie hören?(43) (43) Wer kann sich überzeugen, daß ein Mensch sein Fleisch zu essen und sein Blut zu trinken gebe?
62. Weil aber Jesus bei sich selbst wußte, daß seine Jünger darüber murrten, sagte er zu ihnen: Aergert euch dieses? (44) (44) Findet ihr meine Rede anstößig, und glaubt ihr nicht, daß ich euch mein Fleisch zu essen und mein Blut zu trinken geben könne?
63. Wenn ihr nun den Menschensohn dahin auffahren sehen werdet, wo er zuvor war? (45) (45) Werdet ihr dann auch noch zweifeln an meinem Worte?
64. Der Geist ist es, derlebendig macht das Fleisch nützet nichts. Die Worte, welche ich zu euch geredet habe, sind Geist und Leben.(46) (46) Die fleischliche Auffassung meiner Worte, als wollte ich damit sagen, mein Fleisch müsse gegessen werden, wie jedes andere Fleisch, führt zu nichts, hat kein Leben, keine Wahrheit in sich, und verschafft kein Leben; aber die geistige Auffassung, nach welcher meine Person auf eine geheimnisvolle Weise, wiewohl wirklich (unter den Gestalten des Brodes und Weines), genossen wird, diese hat Leben und Wahrheit, und führt zum Leben; meine Worte sind also nicht roh sinnlich zu nehmen, sondern nach ihrer geistigen Wahrheit (Chrysost.,.Theophyl.). Wie viele Hindernisse verschwinden für den Glauben ,wenn man die Gegenwart Jesu Christi im heiligen Sakramente auf diese Weise erfaßt! In dieser Beziehung läßt der heilige Augustin Jesum in der obigen Stelle sagen: Nicht diesen Leib, den ihr sehet, werdet ihr essen, nicht dieses Blut trinken das meine Kreuziger vergießen werden; ein Geheimniß werde ich euch geben, das, im wahren Sinn, genommen, euch geistiges Leben geben wird. Obwohl es sichtbar gefeiert werden muß, darf es nur als ein Unsichtbares verstanden werden. —
65. Es sind aber einige unter euch, welche nicht glauben. Denn Jesus wußte vom Anfange, welche diejenigen wären, die nicht glaubten, und wer ihn verrathen würde.(47) (47) Jesus sah es vorher vermöge seiner göttlichen Allwissenheit, und sah es vor von Ewigkeit her. Also mußten sie ungläubig seyn? Das sey ferne! Sie waren nicht ungläubig, weil Jesus es vorhersah, sondern weil sie wollten, und Jesus sah ihren Unglauben nur als ihre freiwillige That voraus. ——
66. Und er sprac: Darum habe ich euch gesagt: Niemand kann zu mir kommen, wenn es ihm nicht von meinem Vater gegeben ist. (48) (48) Ihr Unglaube kommt daher, daß die Gnade des Vaters sie nicht zu mir ziehen konnte. Versteh: weil sie derselben in ihrem fleischlichen Sinne Widerstand thaten. Vergl. oben Vers 44. —
67. Von der Zeit an gingen viele seiner Jünger zurück; und sie wandelten hinfür nicht mehr mit ihm.
68. Da sprach Jesus zu den Zwölfen: Wollet auch ihr weggehen? (49) (49) Jesus bietet seine Gnade an, er dringt sie niemanden auf. ——
69. Und Simon Petrus antwortete ihm: Herr! zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens!
70. Und wir haben geglaubt und erkannt, daß du bist der Christus, (50) der Sohn Gottes. Matth. 16, 15. 16. Marc. 8, 29. Luc. 9, 20.
(50) der Messias. S. Matth. 16, 16. —
71. Jesus antwortete ihnen: Habe ich nicht euch Zwölfe auserwählet, und einer von euch ist ein Teufel? (51) (51) Du antwortest im Namen der Zwölf, als ob alle an mich wahrhaft glaubten und mir treu wären; aber wisset, obwohl ich euch Zwölfe zu meinen vertrautesten Jüngern gewählt habe, ist doch Einer von euch ungläubig, weil untreu und mein Verräther.
72. Er redete aber von Judas Jscariot, Simons Sohne; denn dieser verriteth ihn hernach, da er doch einer aus den Zwölfen war.


Capitel 7

Unglaube der Verwandten Jesu. Er lehrt am Laubhüttenfeste zu Jerusalem im Tempel. Man sucht ihn zu ergreifen. Er verkündet die Ausgießung des heiligen Geistes. Man sucht ihn wieder zu ergreifen, aber umsonst. Nicodemus vertheidigt ihn, und wird beschimpft.


Kommentare und Verweise
1. Hieraus wandelte Jesus in Galiläa umher; denn in Judäa wollte er nicht umherwandeln, weil ihn die Juden umzubringen suchten.
2. Es war aber das Laubhüttenfest, ein Fest der Juden, sehr nahe.(1) (1) Dieses Fest war zum Andenken des Aufenthaltes der Jsraeliten in Arabien unter Hütten und Zelten eingesetzt worden (s. 3. Mos. 23, 34——43.), und diente zugleich als Erntefest.
3. Und seine Brüder (2) sprachen zu ihm: Zieh weg von hier, und geh nach Judäa, damit auch deine Jünger deine Werke sehen,welche du wirkest. (3) (2) Seine Verwandten. Matth. 13, 55.
(3) nicht nur die wenigen Jünger in Galiläa, sondern auch die, welche du durch deine Lehre bei deiner letzten Anwesenheit in Jerusalem gewonnen hast.
4. Denn niemand, der offenbar seyn will, thut etwas im Verborgenen. Wirkest du solche Dinge, so offenbare dich selbst der Welt!(4) (4) Bist du wirklich ein Wunderthäter, was wir jedoch bezweifeln (Vers 5.), so zeige dich im Angesichte des hohen Rathes zu Jerusalem, der deine Werke beurtheilen kann. —
5. Denn auch seine Brüder glaubten nicht an ihn.(5) (5) an seine göttliche Sendung.
6. Da sprach Jesus zu ihnen: Meine Zeit ist noch nicht gekommen; eure Zeit aber ist immer da.(6) (6) Meine Zeit zum Feste nach Jerusalem zu ziehen, ist noch nicht gekommen, denn ich will, um den Nachstellungen zu entgehen, nicht mit dem großen Haufen, sondern nur mit wenigen Vertrauten im Geheimen mich dahin begeben; ihr dagegen habt immer gelegene Zeit, denn da ihr die Gesinnung der Welt theilet habet ihr nichts von ihr zu fürchten. Sieh das Folgende.
7. Die Welt kann euch nicht hassen, mich aber hasset sie; denn ich bezeuge von ihr, daß ihre Werke schlecht sind.
8. Gehet ihr hinauf zu diesem Feste, ich aber gehe nicht hinauf (7) zu diesem Feste; denn meine Zeit ist noch nicht erfüllt. (7) d. i. jetzt. Im Griech.: noch nicht.
9. Dieß sagte er, und blieb in Galiläa.
10. Nachdem aber seine Brüder hinaufgezogen waren, zog er selbst hinaus zu dem Feste, nicht offenbar, sondern gleichsam im Geheimen. (8) (8) nicht mit den Wallfahrtszügen, sondern nur von wenigen begleitet
11. Es suchten ihn aber die Juden aus dem Feste, und sprachen: Wo ist doch jener?
12. Und es war viel Redens unter dem Volke von ihm. Denn einige sagten: Er ist gut. Andere aber sagten: Nein, sondern er verführet das Volk.
13. Doch redete niemand öffentlich von ihm aus Furcht vor den Juden.(9) (9) Keiner der Entgesinnten getraute sich etwas Günstiges über ihn laut zu äußern, aus Furcht vor dem hohen Rathe.
14. Als aber das Fest schon halb vorüber war, (10) ging Jesus hinauf in den Tempel, und lehrte. (10) Es dauerte acht Tage.
15. Und die Juden verwunderten sich, und sprachen: Wie versteht dieser die Schrift, da er sie nicht gelernt hat? (11) (11) Wie versteht dieser die heiligen Schriften, da er doch in keiner Schule der Schriftgelehrten war?
16. Jesus antwortete ihnen, und sprach: Meine Lehre ist nicht mein, sondern dessen, der mich gesandt hat. (12) (12) Meine Lehre habe ich mir nicht durch Studium oder Betrachtung erworben sondern sie ist ein reines Geschenk meines Vaters und also eine göttliche Lehre (Chrysost). Vgl.Jsai.11, 2.
17. Wenn jemand seinen Willen thun will, wird er inne werden, ob diese Lehre von Gott sey, oder ob ich aus mir selbst rede. (13) (13) Jedermann wird meine Lehre auch als eine göttliche anerkennen, wenn er die Gebote meines Vaters erfüllt, und thut, was ich in seinem Namen verkünde. Stillschweigeud rügte damit der Herr die Lasterhaftigkeit der Juden; diese umnebelte ihren Verstand, so daß sie das Licht der Wahrheit nicht schauen konnten. Durch ein göttliches Leben wird man Gott inne. Durch die genaue Beobachtung der christlichen Gebote lernt man immer mehr einsehen, daß die Lehre Christi göttlichen Ursprungs sey. Das ist die Erfahrung aller Frommen und Heiligen.
18. Wer aus sich selbst redet, der suchet seine eigene Ehre; wet aber die Ehre dessen sucht, der ihn gesandt hat, der ist wahrhaft,und es ist keine Ungerechtigkeit in ihm. (14) (14) Christus beweist weiter, daß seine Lehre wahrhaft sei, Wer,aus seiner Eigenheit, getrennt von Gott, aus seinem Dünkel redet, der sucht auch seine Eigenheit, Ehre, Ruhm für sich Und umgekehrt: Wer seine Eigenheit, seine Ehre sucht, redet auch aus seiner von Gott getrennten Eigenheit, aus seinem Dünkel, und ist darum unwahr, ungerecht (unrichtig in seinem Denken, Wollen und Thun). Nun suche ich aber nicht meine Eigenheit, ich will vielmehr nichts Eigenes seyn, ich suche nur meines Vaters Ehre; also rede ich nicht aus einer von Gott getrennten Eigenheit sondern aus Gott, und meine Rede ist wahr, alles an mir gerecht. Kürzer wäre der Sinn: Würde ich aus mir selbst reden, getrennt vom Vater, so würde ich auch meine Ehre suchen. Nun aber suche ich wie aus meinen Worten und Thaten hervorgeht, nicht meine Ehre, sondern die meines Vaters; also ist meine Lehre auch nicht meine, sondern die meines Vaters, und alles an mir ist wahrhaft und gerecht
19. Hat euch nicht Moses das Gesetz gegeben? Und niemand von euch hält das Gesetz.
20. Warum suchet ihr mich zu tödten? (15) Das Volk antwortete und sprach: Du hast einen Teufel! (16) Wer suchet dich zu tödten? (17) Ob. 5,18.
(15) Moses hat euch vielerlei Vorschriften gegeben, aber keiner von euch hält sie alle, und doch wollet ihr mich töten, als haätte ich sie übertreten.
(16) der dich wahnsinnig macht. Vergl. Matth. 4,24.
(17) Diese Juden aus dem gemeinen Volke wussten wahrscheinlich nichts von dem Mordanschlag des hohen Rathes
21. Jesus antwortete, und sprach zu ihnen: Nur ein Werk habe ich gethan, und ihr alle verwundert euch.(18) (18) zürnend, als ob ich den Sabbat gebrochen hatte. Der Herr spricht von der Heilung des Kranken am Schwemmteiche. S. oben 5, 8. ff.
22. Indessen Moses hat euch die Beschneidung gegeben (19) (nicht als ob sie von Moses herkommee, sondern von den Vätern),(20) und ihr beschneidet den Menschen am Sabbate.(21) 3. Mos. 12, 3.
(19) Andere verbinden die beiden Verse: . . . verwundert euch darüber. Moses hat euch 2c. ——
(20) Abraham führte sie aus Gottes Befehl ein als heiliges Bundeszeichen (1. Mos. 17, 10). —
(21) Sinn des Verses: Indessen seyd ihr ja selbst am Sabbate auf eine Art beschäftigt, wodurch der Sabbat verletzt zu seyn scheint, indem ihr am achten Tage nach der Geburt, sey er auch ein Sabbat, ein Knäblein beschneidet. Ihr glaubet, und wohl mit Recht, durch diese heilige Handlung, die älter als das Gesetz Mosis ist, den Sabbat nicht zu verletzen; glaubet darum auch von mir, daß auch ich durch eine Handlung der Liebe, die das ewige Gesetz Gottes vorschreibt, es nicht thue. ——
23. Wenn nun ein Mensch am Sabbate die Beschneidung empfängt, ohne daß das Gesetz Moses. verletzt wird, wollet ihr über mich zürnen, daß ich am Sabbate einen ganzen Menschen gesund gemacht habe?(22) (22) Wenn ein Mensch am Sabbate beschnitten und an dem beschnittenen Theile geheilt werden darf, so muß auch erlaubt seyn, den ganzen Menschen zu heilen. Oder: Wenn ein Mensch durch die Beschneidung am Sabbate theilweise in’S Heil versetzt werden darf, so muss auch erlaubt seyn, ihn ganz an Leib und Seele zu heilen. Die Beschneidung heißt hienach eine theilweise Heilung, weil sie nur das Heil verschafft, das im mosaischen Gesetze liegt.
24. Richtet nicht nach dem Scheine, sondern fället ein gerechtes Urtheil! 5. Mos 1,16.
25. Da sprachen einige von Jerusalem: Istdas nicht der. den sie tödten wollen?
26. Siehe, er redet öffentlich, und sie sagen ihm nichts. Haben denn die Vorsteher wahrhaft erkannt, daß dieser Christus ist? (23) (23) Ist das nicht der, den der hohe Rath tödten will? Wie kommt es, daß er öffentlich reden darf? Sind etwa unsere Obern anderer Meinung geworden? Das kann doch nicht seyn; denn x. Sieh das Folgende. —
27. Doch wir wissen ja, woher dieser ist; aber wenn Christus kommen wird, weiß niemand, woher er ist.(24) (24) Von Jesu kennen wir die Familie (oben 6,24.), aber von dem Messias wird man die Abstammung nicht angehen können. Er wird wohl aus Bethlehem kommen (Matth. 2, 6.) und Sohn Davids seyn; aber er wird in der größten Verborgenheit aufwachsen, und plötzlich erscheinen, ohne zu wissen woher. So deuteten die meisten Juden jene prophetischen Stellen (Mich. 5, 2. Jsai. 53, 8.), welche von seiner geheimnisvollen, göttlichen Geburt und übernatürlichen Empfängniß. handeln.
28. Darauf rief Jesus im Tempel, lehrte und sprach: Wohl kennet ihr mich, und wisset, woher ich bin; aber von mir selbst bin ich nicht gekommen, sondern der wahrhaftige ist es, der mich gesandt hat, den ihr nicht kennet. (25) (25) Ihr kennet meine menschliche Herkunft, das geb ich zu, aber nichts destoweniger bin ich wahrhaft der Gesandte des Wahrhaftigen, den ihr nicht kennet
29. Ich kenne ihn, den ich bin von ihm, und er hat mich gesandt (26) (26) Ich kenne ihn genau, denn er ist mein Vater, und er hat mich gesandt (Aug.)
30. Da suchten sie ihn zu ergreiffen;(27) aber niemand legte Hand an ihn, denn seine Stunde war noch nicht gekommen. (27) Weil er sich als den Sohn Gottes erklärt hatte. Insoweit verstanden sie seine Worte richtig.
31. Es glaubten aber viele von dem Volke an ihn, und sprachen: Soll denn Christus, wenn er kommt, mehr Wunder thun als dieser thut?
32. Die Pharisäer hörten, daß das Volk dieses von ihm murmelte; da sandten die Hohenpriester und die Pharisäer Diener aus, um ihn zu ergreifen.
33. Jesus aber sprach zu ihnen:(28) Noch eine kurze Zeit bin ich bei euch; und ich gehe zu dem, der mich gesandt hat. (28) Überhaupt zu den versammelten, doch das die Gerichtsdiener es hörten.
34. Jhr werdet mich suchen, aber nicht finden; und wo ich bin, dahin könnet ihr nicht kommen. (29) (29) Ich bin nur kurze Zeit mehr bei euch; denn, bald gehe ich zu meinem Vater zurück. Wenn ich dann hingegangen seyn werde, werdet ihr mich wieder suchen und in meinen Jüngern verfolgen, um meinen Namen von der Erde zu vertilgen, aber ihr werdet mich nicht erreichen; denn im Himmel, wohin ihr nicht gelanget, lebe ich ewig, und mein Reich, das ich schütze, bestehet ewig mit mir.
35. Da sprachen die Juden unter einander: Wo will dieser hingehen, daß wir ihn nicht finden werden? Will er unter die zerstreuten Heiden (30) gehen, und die Heiden lehren? (30) unter die in allen Ländern zerstreuten Heiden x. Im Griech.: Will er etwa unter die zerstreut lebenden Griechen gehen, und die Griechen belehren?
36. Was ist das für eine Rede, die er ge- sprochen hat: Ihr werdet mich suchen, aber nicht finden; und wo ich bin, dahin könnet ihr nicht kommen?
37. Aber am letzten, großen Tage des Festes (31) trat Jesus aus, rief und sprach: Wenn jemand Durst hat, der komme zu mir, und trinke! (31) Der letzte feierlichste Tag des Festes hieß der große. S. 3.Mos. 23, 36. Es war der letzte Festtag des Jahres, und wurde mit allgemeinem Jubel gefeiert. An diesem, wie an allen Tagen des Laubhüttenfestes schöpfte ein Priester aus der unten am Tempelberge fließenden Quelle Siloe Wasse-r, und goß es zum Sinnbilde der Freude über das kommende Heil auf dem Altare aus. Dabei sang man die Worte (Jsai, 12, 3.): Ihr werdet Wasser schöpfen mit Freuden aus den Quellen des Heiles. Diese Worte scheinen den Heiland zu der folgenden Rede veranlaßt zu haben.
38. Wer an mich glaubt, aus dessen Leibe werden, wie die Schrift sagt, Ströme des lebendigen Wassers fließen. (32) Ob. 4, 14. Jsai. 12, 3
(32) Wer Verlangen nach dem Heile, nach Wahrheit und Seligkeit hat, der glaube an mich; so wird er die Gnadenfülle des heiligen Geistes, welche die Propheten verheißen haben, empfangen, und nicht nur sich selbst damit sättigen, sondern auch andern davon mittheilen können. Unter den Propheten haben Joel (2, 28.), Jsaias (44, 3. 48, 21.) und Ezechiel (11,19. 36,25. 39, 29.) die Ausgießung des heiligen Geistes im messianischen Zeitalter vorhergesagt. Das Innere des Leibes steht für das Innere des Wesens, die Tiefe des Geistes.
39. Das sagte er aber von dem Geiste, den diejenigen empfangen sollten, die an ihn glauben würden; denn der (heilige) Geist war noch nicht gegeben, weil Jesus noch nicht verherrlichet war. (33) Apostg. 2, 17.
(33) Weil sein Erlösungswerk noch nicht vollendet, und er noch nicht zum Vater gegangen war, um ihn zu senden. Vergl. das Weitere unten 14, 16. ff. 15, 26. und Apostg. 2, 4. Im Griech.: denn der Geist war x
40. Als nun einige von demselben Volke diese Worte von ihm hörten, sprachen sie; Dieser ist wahrhaftig der Prophet!(34) (34) der versprochene. Oben 1, 21.
41. Andere sagten: Dieser ist Christus! Einige aber sprachen: Soll denn Christus aus Galiläa kommen? (35) (35) Sieh Matth. 2, 23. Oben 1, 46.
42. Sagt nicht die Schrift: Christus kommt von dem Geschlechte Davids, und aus dem Flecken Bethlehem, wo David war? Mich. 5, 2.
43. Es entstand also unter dem Volke eine Spaltung um seinetwillen.
44. Und einige von ihnen wollten ihn ergreifen; aber niemand legte Hand an ihn.
45. Es kamen nun die Diener zu den Hohenpriestern und Pharisäern; und diese sprachen zu ihnen: Warum habt ihr ihn nicht hergebracht?
46. Die Diener antworteten: Niemals hat ein Mensch so geredet, wie dieser Mensch! (36) (36) Sieh Matth. 7, 28. 29.
47. Da antworteten ihnen die Pharisäer: Seyd etwa auch ihr verführt?
48. Glaubt wohl jemand von den Obersten oder Pharisäern an ihn?
49. Aber dieses Volk, das vom Gesetze nichts weiß, es ist verflucht! (37) (37) Dieß ist eine Anspielung auf 5. Mos. 27, 26., wo denen geflucht wird, welche sich nicht in allem an das Gesetz Mosis halten. Die Thoren! Der Fluch traf sie selbst; denn eben Moses hatte sie an Christum gewiesen (5. Mos. 18, 15.). Der heilige Cyrillus bemerkt: während diese Weisen von sich prahlen, werdem sie Thoren; denn während sie vorgeben, das Gesetz zu verstehen, klagen sie sich selbst als Ungäubige und Unwissende an.
50. Da sprach Nicodemus zu ihnen, derselbe, der des Nachts zu ihm gekommen, und einer von ihnen war: Ob. 3, 2.
51. Richter denn unser Gesetz einen Menschen, wenn man ihn nicht zuvor gehört, und erkannt hat, was er thut? 5.Mos.17,8. 19,15.
52. Sie antworteten, und sprachen zu ihm: Bist etwa auch du ein Galiläer?(38) Durchforsche die Schritt, und sieh, daß aus Galiläa kein Prophet aufsteht! (39) (38) Sieh. Matth. 2, 23. —
(39) Dies; geht nicht aus den heiligen schriften hervor denn Debora war aus Galiläa (Richt. 4, 4. 5.), ebenso Nahum und in dem Reiche Israel wozu Galiläa gehörte, lebten viele Propheten (9. Kön. 18, 4.)
53. Und sie kehrten zurück, ein jeder in sein Haus..


Capitel 8

Jesus lehrt im Tempel; befreit eine Ehebrecherin, nennt sich das Licht der Welt und beruft sich auf sein und seines Vaters Zeugniß; sagt den Juden, sie würden in ihrer Sünde sterben; redet von seinem Tode; die Juden lästern ihn, und wollen ihn steinigen.

Kommentare und Verweise
1. Jesus ging auf den Ölberg (1) (1) in dem Garten Gethsemani, um darin die Nacht im Gebete. zuzubringen. S. unten 18, 1. 2.
Matth. 26, 36. Der Oelberg lag nordöstlich von Jerusalem.
2. und früh Morgens kam er wieder in den Tempel, und alles Volk kam zu ihm, und er setzte sich, und lehrte sie.
3. Die Schriftgelehrten und Pharisäer aber führten ein Weib hinzu, welche im Ehebruch ertappt worden war, stellten sie in die Mitte,
4. und sprachen zu ihm: Meister! dieses Weib ist auf frischer That im Ehebruch ertappt worden.
5. Nun hat uns Moses im Gesetze befohlen, solche zu steinigen; was sagst denn du? 3. Mos. 20, 10.
6. Dieß sagten sie. aber, um ihn zu versuchen, damit sie ihn anklagen könnten. (2) Jesus aber bückte sich nieder, und schrieb mit dem Finger auf die Erde. (3) (2) Die Pharisäer glaubten sicher, Jesus werde vermöge seines milden Sinnes, seiner Geduld und Barmherzigkeit mit den Sündern, und um sich selbst die Volksgunst zu erhalten, das Weib freisprechen (Aug., Beda). Dann hätten sie eine Ursache gehabt, ihn als Verletzer des mosaischen Gesetzes zum Tode zu verurtheilen. Aber Jesus zeigte sich milde, ohne die Gerechtigkeit zu verletzen (Aug.). —
(3) auf die Steine, in den Stanb. Christus schrieb oder zeichnete wahrscheinlich Worte oder sinnbildliche Zeichen in der Absicht auf die Erde, um die Kläger auf ihre eigenen, noch schwereren Vergehen aufmerksam zu machen (Hier., Ambros.). Nach andern ist es Gebürde der Gleichgültigkeit und Nichtbeachtung
7. Da sie nun fortfuhren ihn zu fragen, richtete er sich auf, und sprach zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe zuerst einen Stein auf sie! (4) 5. Mos. 17, 7.
(4) Ihr seyd selbst eben so große oder noch größere Sünder, als dieses Weib, und sollet deßhalb nicht ihre Ankläger sehn. Christus will damit nicht sagen, daß das Weib außer Schuld sey, vielmehr verweist er ihr ihre Sünde (V. 11.); aber da er nicht gekommen war zu richten, sondern selig zu machen (ob. 3, 17.), und sich deßhalb in gar keine Gerichtshändel mischte, (Luc. 12, 14.) trat er auch hier nicht als Richter auf, sondern benutzte den Vorfall nur, die Ankläger in ihr eigenes Gewissen zurückzuführen (Aug.).
8. Und er bückte sich abermal, und schrieb auf die Erde.
9. Da sie aber dieses gehört hatten, gingen sie, von den Aeltesten angefangen, einer nach dem andern hinaus ;(5) und Jesus blieb allein, und das Weib, das in der Mitte stand. (6) (5) Die Rede vorzügltch bewirkte die Beschämung; der Schrift achteten sie weniger. Im Griech .... gehört hatten, und von ihrem Gewissen uberführt wurden gingen sie, von den Aeltesten angefangen bis zu den Jüngsten, einer x.
(6) Jesus blieb allein mit seinen Jüngern und dem und dem Volke, in dessen Mitte das Weib stand.
10. Jesus aber richtete sich auf, und sprach zu ihr:(7) Weib! wo sind die, welche dich angeklagt haben? hat dich niemand verdammet? (7) Im Griech.: sich auf, und da er niemand sah als das Weib, sprach er zu ihr.
11. Sie sprach: Niemand, Herr! Da sagte Jesus: So will auch ich dich nicht verdammen. Geh hin, und sündige nicht mehr!(8) (8) Christus verurtheilte das Weib nicht zur Steinigung. Dieß mochte das Gericht thun, wenn es ihm in die Hände fiel. Seine Sache war es nicht. Sein Beruf war, die Sünder zu suchen, und er suchte das Weib so wie die Pharisäer zu gewinnen: diese indem er sie zur Erkenntniß ihrer Süuden führt, jene durch Aufforderung zur Buße. In einigen alten Handschriften wurde diese Erzählung ausgelassen, weil man besorgte, wie von alten Schriftstellern bemerkt wird, sie möchte anstößig seyn, und die Schwachen zu dem Wahne sühren, als habe Jesus den Ehebruch nicht als sonderliches Verbrechen angesehen. Dagegen befindet sie sich in der alten Handschrift von Cambridge und sehr vielen andern. Genug, sie ist eine göttliche Schrift; denn die Kirche hat sie (Concil. von Trient. Sitzung 4.) den übrigen ächten heiligen Schriften gleichgestellt. Was sind alle menschlichen und die scharfsinnigsten Muthmaßungen gegen die Aussprüche der Kirche? Wie leicht täuscht sich der Mensch! —
12. Jesus redete nun wieder mit ihnen,(9) und sprach: Jch bin das Licht der Welt; wer mir nachfolgt , der wandelt nicht in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.(10) (9) Dieses "nun" bindet nach einigen unmittelbar an die vorhergehende Geschichte an, und bestärkt die Aechtheit derselben. —
(10) Ich bin der Lehrer der Menschen; wer auf mich hört, und meine Lehre befolgt, der ist nicht in Irrthum, Sünde und Elend, sondern hat die Wahrheit, die wahre Tugend, und erhält in ihnen die Seligkeit hier und dort. S. oben 1, 4. 5. Luc. 2, 32. —
13. Da sprachen die Pharisäer zu ihm: Du gibst Zeugnis von dir selbst; dein Zeugniß ist nicht wahr.(11) (11) Vergl. oben 5, 31. —
14. Jesus antwortete, und sprach zu ihnen: Wenn ich auch von mir selbst Zeugniß gebe, so ist doch mein Zeugniß wahr, denn ich weiß woher ich gekommen bin , und wohin ich gehe; ihr aber wisset nicht, woher ich komme, oder wohin ich gehe. (12) (12) Christus beruft sich nicht auf das Zeugniß des Täufers und der Propheten, was er hätte thun können, sondern behauptet geradezu, daß sein Zeugniß allein schon hinreiche, seine göttliche Sendung zu bestätigen. Als Grund gibt er an: weil ich weiß, wer ich bin; d. i. weil ich weiß, daß ich Gottes Sohn bin, und als Gott keines andern Zeugnisses bedarf, was ihr freilich nicht wisset, obwohl ihr es aus meinen Reden und Handlungen folgern könntet. Christus nennt sich hier nicht geradezu Gott, sondern spricht verblümt, theils aus Demuth, theils um die Juden nicht zu reizen (Aug., Chrys., Theophyl,) In dem Folgenden zeigt er, wie dieses Zeugniß eigentlich doch kein alleiniges sey, sondern noch von zwei Zeugen unterstützt werde.
15. Ihr richtet nach dem Fleische; ich aber richte niemanden. (13) (13) nach dem Fleische. Euer Urtheil, euer Zeugniß über meine Person beruht aauf dem Aeußern, aus dem, was ihr an mir sehet, auf meiner armen, niedrigen Knechtsgestalt; mein Urtheil, mein Zeugniß von mir beruht nicht auf diesem Aeußern, so wie ich niemanden nach dem Aeußern beurtheile. Richten steht hier für: Zeugniß geben, wie aus dem folgenden Verse hervorgeht.
16. Und wenn ich richte, so ist mein Gericht wahrhaft; denn ich bin nicht allein, sondern ich und der Vater, der mich gesandt hat. (14) (14) Und wenn ich Zeugniß gebe, so ist mein Zeugniß wahrhaft; denn ich, der Mensch, auf den ihr bloß sehet, bin nicht allein, sondern es zeuget noch das göttliche Wort, womit ich verbunden bin und der Vater. —— Dies göttliche Zeugniß des Sohnes und des Vaters bestand in den Werken Jesu, die jeder Unbefangene als göttliche Werke erkennen mußte. ——
17. Es steht auch in eurem Gesetze geschrieben, daß das Zeugniß zweier Menschen wahr sey. 5. Mos. 17, 6. 19, 15.
18. Nun bin ich es, der von sich selbst zeuget; und es zeuget von mir der Vater der mich gesandt hat.
19. Da sprachen sie zu ihm: Wo ist dein Vater? Jesus antwortete: Ihr kennet weder mich noch meinen Vater; wenn ihr mich kenntet, so würdet ihr auch wohl meinen Vater kennen.(15) (15) Oben 7, 28. sprach Christus : Ihr kennet mich und wisset, woher ich bin; hier sagt er das Gegentheil, weil er hier von seiner göttlichen Natur und seinem göttlichen Vater spricht. Wer den Sohn kennt, der kennt den Vater; denn der Sohn ist das Ebenbild des Vaters (Weish. 7, 25. Hebr. 1, 3.), und wer das göttliche Leben des Sohnes kennt und nachahmt, der kommt zur Erkenntniß dessen, was Gott ist, lernt den Vater kennen (unten 14,6.). Die Juden hatten keinen guten Willen für das Höhere, darum erkannten sie es auch in dem Sohne nicht, und konnten also auch zu keiner Erkenntniß des Vaters gelangen.
20. Diese Worte redete Jesus bei dem Opferfasten, da er im Tempel lehrte; (16) und niemand ergriff ihn, denn seine Stunde war noch nicht gekommen. (16) Der Opferkasten (sieh Marc. 12, 41.) befand sich in dem Weibervorhofe. Darin waren auch die Zimmer, worin die Schriftgelehrten und Pharisäer zusammenkamen, um sich über das Gesetz zu besprechen. Man traf deßhalb immer einige von ihnen in diesem Vorhofe.
21. Und Jesus sprach abermal zu ihnen:(17) Ich gehe hin, und ihr werdet mich suchen, aber in eurer Sünde sterben. Wo ich hingehe, dahin könnet ihr nicht kommen. (18) (17) In Bezug auf ihren Haß und das Verlangen, ihn zu ergreifen und zu tödten (V. 20.). —
(18) S. oben 7,33. 34. —
22. Da sprachen die Juden: Will er sich etwa selbst tödten, weil er sagt: Wo ich hingehe, dahin könnet ihr nicht kommen? (19) (19) Die Juden glaubten und mit Recht, daß den Selbstmördern die härtesten Strafen in der zukünftigen Welt bevorstehen. Weil nun Jesus sagte, er käme an einen Ort, wohin sie nicht kämen, dachten sie wahrscheinlich, es müsse jener Ort der Selbstmörder sehn, und Jesus wolle sich also selbst das Leben nehmen. Welcher Unsinn und welche Bosheit! Thörichte Worte voll des Unverstandes, sagt der heilige Augustin. Konnten sie nicht dahin kommen, wo er hiugekommen seyn würde, wenn er sich selbst umgebracht hätte? Sollten denn nicht auch sie sterben? Was wollen sie also sagen? Will derjenige sich selbst tödten, der da sagt: Wo ich hingebe, dahin könnet ihr nicht kommen?
23. Und er sprach zu ihnen: Ihr seyd von unten,?(20) ich bin von oben. Ihr seyd von dieser Welt, ich bin nicht von dieser Welt. (20) irdisch gesinnt. Welch milde Antwort auf eine so gräuliche Lästerung!
24. Darum hab’ ich euch gesagt: Ihr werdet in euern Sünden sterben; denn wenn ihr nicht glaubet, daß ich es bin, (21) so werdet ihr in eurer Sünde sterben. (22) (21) der Messias, der Sohn Gottes. —
(22) Im Griech.: in euern Sünden sterben.
25. Da sprachen sie zu ihm: Wer bist du denn? Jesus sprach zu ihnen: Der Anfang der auch zu euch redet. (23) (23) Ich bin das ewige Wort, das sich euch offenbart. Der Sohn nennt sich den Anfang,nicht nur weil er der vor allen Zeiten ewig vom Vater Gezeugte ist (oben 1, 1. Apoc. 1, 8. Ps, 109,3.), sondern auch weil er der Grund alles Erschaffenen ist (Apoc 3, 14. Col. 1, 18.). Im Griech.: Ich bin, was ich euch anfangs gesagt habe (das Licht der Welt. Oben V. 12.), Christus redet in geheimnißvoller Hülle; deutlich genug für die Gläubigen, aber verblümt wegen der böswilligen Ungläubigen, damit sie die Perle der höhern Wahrheit nicht zertreten könnten. S. Matth. 7,6. 13, Note 10.
26. Ich habe vieles über euch zu sagen und zu richten; aber der mich gesandt hat ist wahrhaft, und was ich von ihm gehört habe, das rede ich in der Welt.(24) (24) Ich könnte vieles über eure Hartnäckigkeit sagen und in vielem euch anklagen, aber ich will euch nur dieses Einzige sagen: Vom Vater der mich gesandt hat, und die Wahrheit selbst ist, habe ich, was ich der Welt verkünde.
Röm. 3,4.
27. Und sie erkannten nicht, daß er Gott seinen Vater nannte.(25) (25) Im Griech .... nicht, daß er zu ihnen vom Vater sprach
28. Jesus sprach also zu ihnen: Wenn ihr den Menschensohn werdet erhöht haben, dann werdet ihr erkennen, daß ich es bin, und von mir selbst nichts thue, sondern dasjenige rede, was mich mein Vater gelehret hat.(26) (26) Erst nach meiner Erhöhung am Kreuze (oben 3, 14. Unten 12, 32.34.) werdet ihr erkennen, daß ich der Messias, und daß Gott, der Vater, mit mir war in allem, was ich lehrte und wirkte. — Viele Juden bekehrten sich bei der Kreuzigung (Luc. 23, 48. Matth. 27, 53. 54.) und besonders auf, die nachfolgende Predigt der Apostel (Chrys., Chrill.,Theoph). —
29. Ja, der mich gesandt hat, ist mit mir, und er (27) läßt mich nicht allein, weil ich allezeit thue, was ihm wohlgefällig ist. (27) Im Griech.: der Vater. —
30. Als er dieß sagte, glaubten viele an ihn.
31. Jesus sprach also zu den Juden, die an ihn glaubten: Wenn ihr in meiner Rede verbleibet , (28) werdet ihr wahrhaft meine Jünger seyn. (28) im Glauben an meine Lehre verharret (Chrys., Cyrill.), und sie befolget. Die Beharrlichkeit macht den wahren Jünger Jesu (Matth. 10, 22.). —
32. Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.(29) (29) Wenn ihr an meine Lehre glaubet und sie befolget, so werdet ihr in der Erkenntniß der Wahrheit immer mehr wachsen (s. oben 7, 17.), und die Wahrheit, die christliche Gesinnung, wird euch frei machen, nicht von weltlicher Herrschaft, wie viele von euch in ihrem irdischen Sinne wünschen, sondern von der Knechtschaft der Sünde. Von einer andern Freiheit ist hier nicht die Rede, wie ganz deutlich das Folgende zeigt. —
33. Sie antworteten ihm:(30) Wir sind Nachkommen Abrahams, und haben niemals jemanden gedient. (31) Wie sagst du: Ihr werdet frei werden? (30) Nicht jene Gläubigen, sondern Ungläubige, die auch mit zugegen waren. —
(31) Sie verstehen wahrscheinlich nur sich; denn ihre Väter dienten einst den Aeghptiern, Babyloniern und andern Völkern. Vergl. Matth. 3, 9. ——
34. Jesus antwortete ihnen: Wahrlich, Wahrlich, sag’ ich euch , jeder, welcher Sünde thut, ist ein Knecht der Sünde! (32) (32) weil die Sünde ihn überwunden hat (2. Petr. 2, 19.), und in den Fesseln der Begierlichkeit hält (Spr. 5, 22. Jsai. 5, 18.). O elende Knechtschaft, ruft der heilige Augustin aus; eines Menschen Knecht kann manchmal fliehen und ruhen. Wohin flieht der Knecht der Sünde? Er nimmt sie überall mit hin, wohin er flieht!
35. Der Knecht aber bleibt nicht ewig in denn Hause; der Sohn aber bleibt ewig.
36. Wenn euch nun ber Sohn frei macht so werdet ihr wahrhaft frei seyn. (33) (33) Der einfache Sinn dieser beiden Verse ist: Wie ein Knecht kein Recht hat im Hause zu bleiben, sondern entlassen und fortgejagt werden kann, so hat kein Sünder rechtlichen Anspruch, im Reiche Gottes zu bleiben, und also auch ihr Juden nicht, die ihr Knechte der Sünde seyd. Dagegen wie jeder Sohn, eben Weil, er Sohn ist, für immer zum Hause des Vaters gehört, so bleibe auch ich als Sohn Gottes ewig im Reiche meines Vaters und ebenso alle, welchen ich in der Kraft meines Vaters (oben 6, 44.) die Kindschaft Gottes (oben 1, 13.) ertheile, und die ich in die Freiheit versetze. Ich bin es also, der euch die Freiheit, die Kindschaft ertheilen und bewirken kann, daß ihr ewig im Reiche Gottes verbleibet; wogegen ihr ausgestoßen werdet hier und dort, wenn ihr im Unglauben als Sklaven der Sünde verharret. So die heiligen Väter Augustin, Chrysostomus, Chrillus, Beda und andere. —
37. Ich weiß, daß ihr Söhne Abrahams seyd; aber ihr suchet mich zu tödten, weil mein Wort in euch nicht haftet. (34) (34) Ich weiß, daß ihr von Abraham dem Fleische nach abstammet, aber ihr seyd nicht so gläubig und gehorsam wie er (V. 39. Röm.4, 12. Gal.3,7.); ihr habt ungläubige, unempfängliche, irdischgesinnte Gemüther, so daß meine Lehre keinen Eingang bei euch finden kann, und ihr suchet mich deßhalb sogar zu tödten. Ueber den Haß der Weltkinder, der bis zum Tode verfolgt, s. Matth. 10, 21.
38. Ich rede, was ich bei meinem Vater gsehen habe; und ihr thut, was ihr bei euerm Vater gesehen habt. (35) (35) Ich rede aus göttlicher Erkenntniß (s. oben 5, 30.); ihr handelt nach eurer fleischlichen Gesinnung, die euer Vater, der Satan (V. 44.), euch einflößt. —
39. Sie antworteten, und sprachen zu ihm : Unser Vater ist Abraham. (36) Jesus sprach zu ihnen: Wenn ihr Kinder Abrahams seyd, so that auch Abrahams Werke! (36) Sollten wir also nicht recht handeln, wenn wir thun, wie er gethan? Jesus sprach x. Im Griech.: Wenn ihr Kinder Abrahams wäret, so würdet ihr die Werke Abrahams thun. ——
40. Nun aber suchet ihr mich zu tödten, einen Menschen, der ich euch die Wahrheit gesagt, welche ich von Gott gehört habe; das hat Abraham nicht gethan.
41. Ihr thuet die Werke eures Vaters. Da sprachen sie zu ihm: Wir sind nicht aus Hurerei geboren; wir haben den Einen Vater, Gott. (37) (37) Die Juden merken jetzt, daß von geistlicher Vaterschaft die Rede ist, darum sagen sie: Wir sind keine geistlichen Bastarde, als hätten wir die falschen Götter, die Götzen, zu Vätern, und als trieben wir Götzendienst, sondern der Eine Vater, Gott, ist unser Vater, und wir dienen ihm (Aug.). Der Götzendienst wird in der heiligen Schrift eine geistliche Hurerei genannt, weil sich dabei die Seele einem andern als dem rechtmäßigen Gemahle, der Gott ist, hingpbt (Osee 1,2. Jsai. 1, 21.); darum heißen Götzendiener Hurenkinder, und die wahren Israeliten Gotteskinder.
42. Jesus aber sprach zu ihnen: Wenn Gott euer Vater wäre, so würdet ihr mich gewiss (38) lieben; denn ich bin von Gott ausgegangen und gekommen; denn ich bin nicht von mir selbst gekommen, sondern Er hat mich gesandt.(39) (38) Die Vulgata gibt hier das griechische Wörtchen "an" durch "gewiß" Anderwärts gibt sie es mit "etwa" , oder läßt es ganz aus, wie auch geschehen kann. —
(39) Wenn ihr wirklich Gott der Gesinnung und That nach dienet, und in inniger Gemeinschaft mit ihm ständet, wie Söhne mit ihrem Vater, so würdet ihr mir glauben und mich lieben; denn ich bin sein Gesandter, und habe mich nicht selbst gesandt, wie ihr aus meinen Reden und Handlungen erkennen müsset. S. das Folgende. Das Ausgehen und Kommen bezeichnet die Menschwerdung des Sohnes; doch ist auch seine göttliche Geburt damit angedeutet. Lieben begreift zugleich Glauben, wie anderswo Glauben zugleich Lieben, weil beide, wo sie wahrhaft sind, nicht von einander getrennt seyn können.
43. Warum erkennet ihr meine Sprache nicht? (40) Weil ihr mein wort nicht hören könnet. (41) (40) daß sie des Vaters Sprache sey, die Muttersprache aller Gotteskinder. Die Sprache Gottes und seiner Kinder ist das Göttliche, — heilige Gesinnung unund Handlung. Warum erkennet ihr das Göttliche, Heilige, Höhere nicht in meinem Reden und Thun?
(41) Weil ihr nicht darauf hören und merken könnet; denn die dieß ernstlich thun, erkennen bald dieses Göttliche. Und warum könnet ihr dhieß nicht? Weil ihr irdischer, böser Gesinnung seyd und seyn wollet also vermöge dieses Wollens unempfänglich, das Heilige zu erkennen und zu empfangen. S d Folg.
44. Ihr habt den Teufel zum Vater, (42) und wollet nach den Gelüsten euers Vater thun. Dieser war ein Menschenmörder, von Anbeginn (43) und ist in der Wahrheit nicht bestanden; (44) denn die Wahrheit ist nicht in ihm.(45) Wenn er Lüge redet, so redet er aus seinem Eigenthume, denn er ist ein Lügner, und der Vater der Lüge. (46) (42)indem ihr seine Werke nachahmet(Aug.) vermöge des Uebergewichtes der bösen Begierlichkeit, daß er
erhält und fördert, und so gleichsam seinen Lebensgrund, sich selbst , in euch setzt und zu seinen Kindern euch macht.
(43) Dieser mordete das erste Menschenpaar, indem er durch die Verführung zur Sünde
das Leben ihres Geistes tödtete, und dadurch auch ihren Leib sterblich machte. Sieh. 1. Mos.3,2. ff
Weish. 2. 24. 25. Darin wollet ihr ihn nachahtmen, indem ihr mich zu morden suchet.
(44) Das ist in
der Anerkennung, bloßes Geschöpf zu sein, das Gott Unterwerfung und Gehorsam schuldig ist, und die
Pflicht hat, auch andere vernünftige Geschöpfe in dieser Anerkennung zu bestärken. Der Teufel blieb selbst,
nicht in dieser Anerkennung, und raubte sie auch andern, vielen Engeln, die mit ihm fielen, und den
ersten Menschen ( 1.Mos. 3,5.).
(45) d. i. und so ist die Wahrheit (s. vorige Note) nicht in ihm.
(46) Das Wesen des Satans ist, sich an die Stelle Gottes zu setzen, und all sein Sinnen,Trachten
und Wirken geht dahin, die Geschöpfe dem Gehorsame gegen Gott zu entziehen, und sich zu unterwerfen
Die Lüge also, die er zu sich und andern spricht, ist: daß Gott nicht der Herr sey, dem man in allem
unterworfen und gehorsam sein müsse. Er ist der Vater der Lüge, weil er der Erste wart, der sie aus-
sprach, und weil er viele verführt hat und leider noch verführt, daß auch sie diese Lüge aussprechen. Diese
Lüge heißt sein Eigenthum, weil sie aus seiner mißbrauchten Freiheit kam, und ewig sein Wesen ausmacht.
45. Wenn ich aber die Wahrheit rede, so glaubet ihr mir nicht. (47) (47) Im Griech.: Jch aber, weil ich die Wahrheit rede, so glaubet ihr mit nicht.
46. Wer aus euch kann mich einer Sünde beschuldigen? (48) Wenn ich euch die Wahrheit sage, warum glaubet ihr mir nicht? (48) Jesus erklärt sich hier selbst frei von Sünde, also für mehr als einen Menschen. Ich bin sündenfrei, also frei von Irrthum. Je reiner das Leben, desto mehr Wahrheit und Erkenntniß derselben ist in dem Menschen!
47. Wer aus Gott ist,(49) der höret auf Gottes Wort; darum höret ihr nicht darauf, weil ihr nicht aus Gott seid.(50) (49) Gotteskind ist -- das Gegentheil von Satanskind. S. oben B. 44. Note 42. Gotteskinder werden wir durch die göttliche Gnade, welche das Uebergewicht der bösen Begierlichkeit aufhebt, und durch die Heiligkeit und Gerechtigkeit uns zu Theilnehmern an der göttlichen Kindschaft macht.
(50)Wer Götttiches in sich trägt, hört auch gerne Göttliches. Der irdisch Gesinnte, Böse, will nichts davon wissen.
48. Da antworteten die Juden, und sprachen zu ihm: Sagen wir nicht recht, daß du ein Samaritan bist, und einen Teufel hast?(51) (51) Da du so feindselig gegen uns bist haben wir nicht Recht, dich einen Samariter zu nennen, einen Erbfeind der der Juden (S. Matth.10,5. Note 18)? Ja, da du so widersinnige Behauptungen vorbringst, und die Söhne des auserwählten Volkes Teufelskinder nennst, sind wir nicht berechtigt zu glauben, daß ein Teufel dich wahnsinnig gemacht habe? S. oben 7, 20.
49. Jesus antwortete: Ich habe keinen Teufel, sondern ich ehre meinen Vater, ihr aber entehret mich.(52) )52=Daß ich euch die Wahrheit sage, hat nicht ein Teufel bewirkt, sondern mein Verlangen, den Vater durch Erfüllung meiner Pflicht zu ehren; und indem ich diese Pflicht erfülle, entehret ihr mich durch eure Beschimpfungen.
50. Doch ich suche meine Ehre nicht; es ist einer, der suchet und richtet.(53) (53)Der Vater wird die zu harter Strafe ziehen, die den Sohn geschmäht haben.
51. Wahrlich, wahrlich, sag’ ich euch, wenn jemand meine Worte hält, wird er in Ewigkeit den Tod nicht sehen!(54) (54)S. oben 5, 24.
52. Da sprachen die Juden: Nun erkennen wir, daß du einen Teufel hast. Abraham und die Propheten sind gestorben, und du sagst: Wenn jemand meine Worte hält, der wird in Ewigkeit den Tod nicht kosten!
53. Bist du denn größer als unser Vater Abraham, der gestorben ist? Und die Propheten sind gestorben. Was machest du aus dir selbst?
54. Jesus antwortete: Wenn ich mich selbst ehre, so ist meine Ehre nichts; mein Vater ist es, der mich ehret, von welchem ihr saget, daß er euer Gott sei.(55) (55)Ich könnte sagen, daß ich mehr als Abraham und die Propheten bin (B. 53.), aber ich will mich nicht selbst ehren, sondern euch an meinen Vater weisen (oben 5, 32.); dieser, den ihr euern Gott nennt, sagt euch in den Werken, die ich durch ihn verrichte, daß ich mehr als Abraham und die Propheten bin. Doch auch dieß führt euch nicht auf meine hohe Würde; denn ihr kennet den Vater nicht, und seid also auch blind für die Werke, die ich durch ihn wirke. S. das Folgende.
55. Doch ihr kennet ihn nicht; ich aber kenne ihn, und wenn ich sagen wurde: Ich kenne ihn nicht, so wäre ich ein Lügner, gleichwie ihr. Ich kenne ihn, und halte seine Worte.(56) (56)S. oben 1, 18. 7, 28. 29.
56. Abraham, euer Vater, hat frohlockt, daß er meinen Tag sehen werde; er sah ihn, und freute sich.(57) (57) Als Abraham, euer Vater, noch auf Erden war, frohlockte er im Geiste, einst seine Erwartung, daß ich als Erlöser. kommen werde (1. Mos. 18, 18. 22, 18.), erfüllt zu sehen. Wirklich vernahm er auch an dem Orte, wo er mit allen dahingeschiedenen Frommnen auf meine Ankunft wartet, den Tag meiner Menschwerdung und Geburt, und freute sich. Abrahan, den ihr euern Vater nennet, freute sich; ihr, die ihr seine Kinder sein wollet, suchet mich zu tödtenl —
57. Da sprachen die Juden zu ihm: Du bist noch nicht fünfzig Jahre alt, und hast Abraham gesehen?(58) (58)Die Juden glaubten, Jesus wolle sagen, Abraham habe ihn in diesem Leben schon geschaut, und über seine Erscheinung sich gefreut. So verblendet ein verdorbenes Herz den Verstand! Jesus war damals etliche und dreißig Jahre alt. Die Juden überschätzten ihn an Jahren, nach einigen, weil er wegen der Strenge seines Lebens und der vielfältigen Mühsale und Leiden viel älter ausgesehen haben mußte, als er wirklich war. Nach andern wählten die Juden die Zahl fünfzig als die runde Zahl der Jubelperiode. Du hast noch kein halbes Jahrhundert, und willst so viele Hunderte von Jahren schon gelebt haben. Wieder nach andern stehen fünfzig Jahre sprüchwörtlich für das höhere Mannesalter, so daß der Sinn ist: Du bist noch ein junger Mann, und willst mit Abraham gelebt haben!
58. Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, sag’ ich euch, ehedenn Abraham ward, bin ich!(59) (59)Dazu bemerkt der heilige Augustin: Ehe Abraham ward (verstehe: Mensch), bin ich, das göttliche Sein. Abraham ward als Geschöpf. Er sagte nicht: Ehe Abraham war, bin ich, sondern: ehe er ward; denn Abraham ward, Er ist. Er sagt auch nicht: Ehe Abraham ward, bin ich geworden; denn er ward nicht, sondern ist. Erkenne den Schöpfer, und unterscheide das Geschöpf! Der da sprach, ist wohl Same Abrahams geworden, aber damit Abraham würde, ist er vor Abraham gewesen.
59. Da hoben sie Steine auf, um auf ihn zu werfen;(60) Jesus aber verbarg sich, und ging aus dem Tempel hinaus.(61) (60)An dem Orte, wo Jesus war, lagen Steine, die zur Vollendung des Tempels hingebracht waren (s. oben 2, 20.). Daß er sich den ewigen Sohn Gottes genannt, dünkte ihnen Gotteslästerung, worauf die Steinigung gesetzt war (3. Mos. 24, 15. 16.). ——
(61)Das Griech. setzt in einigen Handschriften bei: Mitten durch sie hingehend entkam er. Jesus entkam auf wunderbare Weise, ob dadurch, daß er sich unsichtbar machte, oder daß die Steine ihn nicht trafen, und die Juden innerlich abgehalten wurden, ihn zu ergreifen, läßt sich aus dem Texte nicht abnehmen.


Capitel 9

Der Blindgeborene wird sehend, und die Sehenden werden blind.

Kommentare und Verweise
1. Und als Jesus vorüberging,(1) sah er einen Menschen, der von Geburt an blind war; (1) vor den Tempelgebäuden, an denen immer Arme und Krüppelhaftle saßen, um die Vorbeigehenden um Almosen anzusprechen.
2. und seine Jünger fragten ihn: Meister wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, daß er blind geboren wurde? (2) (2) Daß die Kinder öfter mit körperlichen Gebrechen geboren werden die ihre Eltern verschuldet haben, ist eine Thatsache; denn oft werden Kinder nur darum körperlich schwach krank, blind, mißgeftaltet geboren, weil die Eltern durch ihre Ausschweifuugen dazu die Veranlassung gaben. Vergl. 2. Mos. 20, 5. Wie konnten aber die Apostel auch fragen, ob etwa der Blinde, noch eh’ er geboren worden, gesündigt? Da Christus kurz vorher den Gichtbrüchigen heilte und sprach: Siehe, südige nun nicht mehr, so konnten die Junger nun bemerken: Allerdings mag der Gichtbrüchige seine: Sünden wegen gestraft worden seyn, aber was sagst du von dem Blindgebornen, hat denn dieser vor seiner Geburt gesündigt? (Chrys.)
3. Jesus antwortete: Weder dieser hat gesündigt noch seine Eltern; sondern die Werke Gottes sollen an ihm offenbar werden.(3) (3) Dieser Mensch ist nicht blind geboren worden, weil er oder seine Eltern sündigten, sondern damit durch seine Heilung Gottes Macht und Gnnade offenbar würde. Christus stellt damit nicht die Erbsünde oder wirklichen Sünden des Blinden und seiner Eltern in Abrede, sondern läugnet nur, daß sie die Ursache der Blindheit gewesen sehen. Eine Ursache war die Erbsünde zwar insoferne, als alles Uebel in ihr seinen Grund hat; aber daß das Uebel der Erbsünde gerade in diesem Menschen sich auch zur Blindheit gestaltete, das geschah nicht der Erbsünde und nicht der wirklichen Sünden des Blinden und seiner Eltern wegen; dieß ließ Gott geschehen, damit Christi Herrlichkeit und göttliche Sendung sich an ihm offenbaren könnte (Aug., Chrys., Beda). Aber hätte denn ohne diese Blindheit, fragt der heilige Chrysostomus, die Herrlichkeit Gottes nicht offenbar werden können? Freilich konnte sie es; allein auch hierin wollte sie offenbar werden. So ist aber, sagst dun, wegen der Ehre. Gottes dem Menschen ein Unrecht geschehen? Welches Unrecht? Ich behaupte, daß durch die Blindheit diesem Menschen eine Wohlthat geworden ist; denn der Herr that ihm die innern Augen auf. Was nützten denn den Juden die gesunden Augen? Sie waren bei sehenden Augen Blinde, und wurden hart gestraft.
4. Ich muß wirken die Werke desjenigen, der mich gesandt hat, so lange es Tag ist; es kommt die Nacht, da niemand wirken kann. (4) (4) Meine Bestimmung ist, göttliche Werke, wunderbare Heilungen zu vollbringen, so lange ich noch auf Erden bin; wenn ich einmal von hier geschieden bin, ist diese Gnadenzeit vorüber, gleichwie niemand nach dem Tode wirket. Christus wirket zwar immer, aber gewisse, ausgezeichnete Werke sollte er während seines Aufenthaltes auf Erden wirken. — Auch für jeden Menschen ist die Zeit des Lebens hienieden die Zeit des Wirkens und Verdienstes; nach dem Tode kann nichts mehr nachgeholt werden, was bei Lebzeiten hatte geschehen sollen. S. Eccli. 9, 10. Spr. 6. Note 6. —
5. So lange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt.(5) (5) der Wohlthäter der Welt in geistiger und leiblicher Hinsicht, und darum will ich diesem Blinden auch das Augenlicht geben. S.oben 1,9. 8,12.
6. Als er dies gesagt hatte, spuckte er auf die Erde, bereitete Koth aus dem Speichel, und strich den Koth auf die Augen desselben. (6) (6) weder der Koth, noch das Waschen im Teiche an sich hatte an und für sich die Kraft, den blindgebornen zu heilen; aber Jesus gebrauchte diese außerlichen Zeichen wahrscheinlich, theils um den Juden zu zeigen, daß auch am Sabbate (V.14) nicht verboten sei, Kranken thätige Hilfe zu leisten (Cyrill., Theophyl.), theils um zu sinnbilden, daß die innerlichen Gnaden, die in seinem Reiche ertheilt werden, durch äußerliche Zeichen vermittelt werden - in den heiligen Sakramenten. S. auch Matth. 8. Note 3.
7. und sprach zu ihm: Geh hin, und wasche dich in dem Teiche Siloe (welches verdolmetschet wird der Gesandte).(7) Da ging er hin,(8) wusch sich, und kam sehend. (7) Unten am Tempelberge floß eine Quelle, die sich zum Teiche bildete, und die (von Gott) Gesandte hieß (Schiloach, Jsai. 8, 6., oder,Schelach, 2; Esdr. 3, 15.). Schon Jsaias verglich mit ihr (Jsai. 8, 6,) ihres stillen Wassers wegen die königliche,Familie Davids, und zu Christi Zeiten schöpfte man das Wasser daraus, das man als Sinnbild des einutretenden messianischeu Segens aus dem Brandopferaltare ausschüttete (sieh. oben 7, 38.). Das Wasser Siloe’s war also ein bekanntes Sinnbild ses kommenden Heiles, und dieß war ein Grund mehr, warum es Christus zum äußerlichen Zei1chen seiner Heilung wählte. —
(8) wahrscheinlich von einem der Jünger geführt.
8. Die Nachbarn aber, und die ihn zuvor gesehen hatten, daß er bettelte, sprachen: Ist dieser nicht derselbe, welcher da saß und bettelte? Andere sagten: Dieser ist es!
9. Wieder andere: Nein, sondern er ist ihm ähnlich. Er selbst aber sprach: Ich bin es!
10. Da sprachen sie zu ihm: Wie sind dir die Augen geöffnet worden?
11. Er antwortete: Der Mensch, welcher Jesus genannt wird, bereitete Koth, strich ihn auf meine Augen, und sprach zu mir: Geh zu dem Teiche Siloe, und wasche dich! .Da ging ich hin, wusch mich, und ich sehe.
12. Und sie sprachen zu ihm: Wo ist derselbe? Er sprach: Ich weiß es nicht.
13.Da führten sie den, der blind gewesen,(9) (9) zur Obrigkeit, weil es auch ihre Meinung war, daß durch die Heilung der Sabbat verletzt werde. S. das Folgende.
14. Es war aber Sabbat, als Jesus den Koth bereitete, und seine Augen öffnete. (10) (10) Diese Bereitung der Kothsalbe gehörte nach der Meinung der Pharisäer auch zu jenen Handlungen, wodurch der Sabbat gebrochen wurde.
15. Da fragten ihn abermal die Pharisäer, wie er sehend geworden wäre. Er aber sagte zu ihnen: Er legte mir Koth auf die Augen, ich wusch mich, und ich sehe.
16. Hierauf sprachen einige von den Pharisäern: Dieser Mensch, welcher den Sabbat nicht hält, ist nicht von Gott. Andere aber sagten: Wie kann ein Sünder diese Wunder thun? Und es war eine Spaltung unter ihnen.
17. Dann sprachen sie abermal zu dem Blinden: Was sagst du von dem, der deine Augen geöffnet hat? Er aber sprach: Er ist ein Prophet!
18. Die Juden glaubten nun nicht von ihm, daß er blind gewesen und sehend geworden sey, bis sie die Eltern des Sehendgewordenen herbeiriefen.
19. Diese fragten sie, und sprachen: Ist dieser euer Sohn, von welchem ihr saget, daß er blind geboren seh? Wie ist er denn jetzt sehend geworden? —
20. Seine Eltern antworteten ihnen, und sprachen: Wir wissen, daß dieser unser Sohn ist, und daß er blind geboren ist;
21. wie er aber jetzt sehend geworden ist, wissen wir nicht; oder wer seine Augen geöffnet hat, wissen wir nicht. Fraget ihn selbst! Er ist alt genug, er selbst mag über
sich reden.
22. Dieß sagten seine Eltern, weil sie die Juden fürchteten; denn die Juden hatten sich schon vereinigt, jeden, der ihn für Christus bekennen würde, aus der Gemeinschaft auszuschließen.
23. Darum sprachen seine Eltern: Er ist alt genug, fraget ihn selbst!
24. Sie riefen also den Menschen, der blind gewesen, noch einmal, und sprachen zu ihm: Gib Gott die Ehre!(11) Wir wissen, daß dieser Mensch ein Sünder ist. (11) Bekenne die Wahrheit, und ehre dadurch Gott, den Wahrhaftigen! Vergl. Jos. 7, 19. ——
25.Da sprach er zu ihnen: Ob er ein Sünder ist, weiß ich nicht; eines weiß ich, daß ich blind gewesen bin, und nun sehe. (12) (12) Ich will nicht streiten mit euch, ob er ein Sünder sey, oder nicht; aber das kann ich euch sagen, daß ich blind war, und nun sehe.
26. Da sprachen sie zu ihm: Was hat er mit dir gethan? Wie hat er dir die Augen geöffnet?
27. Er antwortete ihnen: Ich hab’ es euch schon gesagt, und ihr habt es gehört;(13) warum wollet ihr es abermal hören? Wollet etwa auch ihr seine Jünger werden? (14) (13) Im Griech .... gesagt, aber ihr habt nicht aufgemerkt. —
(14) Fraget ihr ihn der Absicht, um auch seine Jünger zu werden, wie ich geworden bin? — Erkenne die heldenmüthige Standhaftigkeit und Großmuth des Geheilten (Aug.)!
28. Da fluchten sie ihm, und sprachen: Sey du sein Jünger, wir aber sind des Moses Jünger.
29. Wir wissen, daß Gott mit Moses geredet hat; woher aber dieser ist , wissen wir nicht.
30. Der Mensch antwortete, und sprach zu ihnen: Das ist doch wunderbar da ihr nicht wisset, woher er ist, da er mir die Augen geöffnet hat!(15) (15) Das ist sonderbar, er hat durch ein Wunder mir das Augenlicht gegeben, und sich dadurch als einen Propheten bewährt, und ihr wisset nicht, wer ihn gesandt hat, da ihr als Schriftgelehrte doch wissen müsset, daß wahre Wunder nur durch Gottesgesandte bewirkt werden können!
31. Wir wissen aber, daß Gott die Sünder nicht erhört,(16) sondern wenn jemand Gott dient, und seinen Willen thut, denselben er- hört er. (16) die in der Sünde verharren wollen. S. Jsai. 59, 1. 2. Spr. 28, 9. Mal. 2, 2. Eccli. 15, 20.
32. So lange die Welt steht, ist nicht erhört worden, daß jemand die Augen eines Blindgebornen geöffnet hat.
33. Wenn dieser nicht von Gott wäre, so hätte er nichts wirken können.
34. Sie antworteten, und sprachen zu ihm: Du bist ganz in Sünden geboren, und du lehrest uns?(17) Und sie stießen ihn hinaus. (18) (17) Du bist so durch und durch schlecht, daß du schon vor deiner Geburt Sünden auf dir hattest, und wagst es, uns zu belehren? S. oben Vers 2. —
(18) aus ihrem Versammlungsorte, zum Zeichen, daß er nun aus der Gemeinschaft ausgeschlossen sey. S. V. 22.
35. Jesus. hörte es, daß sie ihn ausgestoßen; und als er ihn traf, sprach er zu ihm: Glaubst du an den Sohn Gottes?
36. Er antwortete, und sprach: Wer ist es, Herr! damit ich an ihn glaube?
37. Und Jesus sprach zu ihm: Du hast ihn gesehen, und der mit dir redet, der ists.
38. Er aber sprach: Herr! ich glaube. Und er fiel nieder und betete ihn an.
39. Und Jesus sprach: Ich bin zum Ge- richte in diese Welt gekommen, daß die Blinden sehend, und die Sehenden blind werden.(19) (19) Ich bringe durch die Ausübung meiner Sendung das Gericht, die innerliche Scheidung der Gläubingen von den Ungläubigen, in die Welt. Die Folge davon ist, daß die, welche aufrichtig ihre Blindheit erkennen, von dem göttlichen Lichte erleuchtet, die aber, welche auf ihre eigenen Einsichten vertrauen, und meiner Lehre widerstreben, mit Blindheit des Geistes gestraft werden
40. Dieses hörten einige Pharisäer, die bei ihm waren, und sprachen zu ihm: Sind etwa auch wir blind? (20) (20) Sind etwa auch wir blindgewordene Sehende?
41. Jesus sprach zu ihnen: Wenn ihr blind wäret, so hättet ihr keine Sünde; nun aber sprechet ihr: Wir sehen! Darum bleibet eure Sünde.(21) (21) Ja ihr seyd solche Blinde! Wäret ihr wirklich unbekannt mit dem göttlichen Willen und bekennetet ihr dieß mit dem Wunsche unterrichtet zu werden, so hättet ihr keine Schuld; da ihr aber behauptet, den Willen Gottes zu kennen, und dennoch ungläubig bleibet, so seyd ihr in der Schuld, und sie bleibt auf euch (Aug., Veda, Maldon.)


Capitel 10

Gleichniß vom guten Hirten und vom Mietlinge. Die Juden fragen Jesus, ob er der Messias sey. Er bejaht es und sie wollen ihn steinigen.

Kommentare und Verweise
1. Wahrlich, wahrlich, sag ich euch, (1) wer nicht zur Thüre in den Schafstall eingeht sondern anderswo hineinsteigt,(2) der ist ein Dieb und ein Mörder! (3) (1) Dieses Capitel hängt enge mit dem vorhergehenden zusammen. Die Pharisäer hatten den Blinden, der an Jesus glaubte, aus der Gemeinschaft ausgeschlossen (oben 9, 34.), und sich dadurch als schlechte Hirten erwiesen, welche die guten Schäflein, statt sie zusammen zu halten und zu schützen, zerstreuen und würgen. Daraus nimmt Jesus Veranlassung, das Gleichniß vom Schafstalle und guten Hirten zu geben. In diesem Gleichnisse ist der Schafstall die Gemeine Gottes; der Herr desselben Gott der Vater; die Thüre dazu Christus, insoferue wir durch ihn, als den Sohn, den Zugang zum Vater und dadurch auch zu seiner Gemeine haben; der Thürhüter ist der heilige Geist, insoferne er für Christus die Herzen bereitet; der Hirt bezeichnet ebenfalls Jesum Christum und alle wahren Lehrer, der Dieb die solchen Lehrer und Seelsorger. Daß sich Christus zuerst die Thüre zum Schafstalle nennt (V. 7.), und dann auch den Hirten (V. 11.), der durch die Thüre eingeht (V. 2.), ist ganz der Natur der Sache gemäß, denn da er als das göttliche menschgewordene Wort die ewige Wahrheit und der Lehrer der Wahrheit zugleich ist, muß er auch Thüre und Hirt zugleich sein: Thüre, insoferne er die Wahrheit ist, durch die man zum Vater kommt; Hirt, insoferne er nach dieser Wahkhett lehrt und leitet. Das Gleichniß geht zunächst die Hirten, die Lehrer an, aber auch zugleich die Schafe, die gemeinen Gläubigen, denn gleich den Lehrern können auch sie nur durch Christum zu Gott, dem Vate, in die heilige Gemeine gelangen; außerdem gereicht ihr Eintritt nur zu ihrem und anderer Verderben. Es sind auch die gemeinen Gläubigen gewöhnlich Hirten zugleich, insoferne sie für Untergebene zu sorgen haben, z. B. Hausväter, Vorgesetzte x., und jedenfalls ist jeder der Hirt seiner eigenen Seele. Das Gleichniß findet also eine allseitige Anwendung. Die weitere Erklärung gibt Christus zum Theile selbst Vers 7. ff. —
(2) Die Schafställe des Orients sind umzäunte Orte, gewöhnlich oben ganz offen. ——
(3) Jeder Religionslehrer (auch jeder Vorgesetzten. S. Note 1.), der nicht von Christo seine Sendung und Lehre empfangen hat, sondern Sendung und Lehre sich selbst anmaßt, ist ein falscher Lehrer, der die Gemeine, die Untergebenen zum Verderben führt. Vergl. Jer. 23, 21., unten V. 7—10. ——
2. Wer aber zur Türe hineingeht, der ist ein Hirt der Schafe.
3. Demselben macht der Thürhüter auf,(4) und die Schafe hören seine Stimme;(5) er ruft seine Schafe mit Namen,(6) und führt sie heraus? (7) (4) Wer der Thürhiiter sey, erklärt unten Christus nicht; aber da er sich die Thüre nennt (V. 7.), und anderwärts sagt, daß man zu ihm nur durch die Gnade des Vaters komme (ob. 6, 37.), so ist kein Zweifel, daß unter dem Thürhüter der heilige Geist zu verstehen sey, wie die meisten alten Erklärer angenommen haben; denn dieser ist die Gnade des Vaters. Der heilige Geist bereitet die wahren Hirten, indem er ihnen den Geist der wahren Lehre mittheilt, sie mit den Gaben der geistlichen Hirtenschaft ausstattet, und eben dadurch beruft. So bereite er die Menschheit Jesu Christi vor dem Antritte des Lehramtes in der Taufe (Matth. 3, 16.), so bereitet er die Bischöfe und Priester zur Ausübung ihres Amtes (Apostg. 20, 28.), und so alle Gläubigen, daß sie Theil an Christo haben. —
(5) Die wahren Gläubigen hören auf solche Hirten; denn weil empfänglich für des Göttliche. erkennen sie es auch sogleich in den Hirten, die es in sich tragen. Das Gleichartige vereinigt sich; das Verschiedenartige stößt sich ab.
(6) d. i. er kennt seine Schafe genau, jedes nach seinen Eigenschaften und Bedürfnissen. Der Name bezeichnet das Wesen eines Dings.
(7) d.i. auf gute Weide, durch gute Lehre und Ausspendung aller Mittel zur Heiligung.
4. Und wenn er seine Schafe herausgeführt hat, geht er vor ihnen her;(8) und die Schafe folgen ihm nach, weil sie seine Stimme kennen. (8) gibt gutes Beispiel und schützt sie vor Gefahren.
5. Einem Fremden aber folgen sie nicht, sondern fliehen vor ihm; denn sie kennen die Stimme der Fremden nicht.
6. Dieses Gleichniß sagte Jesus zu ihnen; sie aber verstanden nicht, was er zu ihnen redete.
7. Da sprach Jesus abermal zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, sag’ ich euch, ich bin die Thüre zu den Schafen!(9) (9) Ich bin der Weg, auf dem jeder in’s Reich Gottes gelangen muss sey er gemeiner Gläubiger oder Vorsteher, Lehrer, Hirt. Diesen Weg zu zeigen, ist Pflicht der Hirten Vergl. unten 14,6. Dieser Weg ist der lebendige Glaube an alles, was uns die katholische Kirche als Glaube Jesu Christi vorstellt, und das Handeln. darnach.
8. Alle soviel ihrer kamen,(10) sind Diebe und Mörder, (11) und die Schafe haben auf sie nicht gehört. (12) (10)Im Griech.: Alle, so viele vor mir gekommen. Christus versteht darunter nur diejenigen Lehrer, welche nicht in seinem Namen kamen, also um die falschen Propheten, und alle, die lehrten, ohne den Auftrag dazu gehabt zu haben; also vorzüglich die Pharisäer, die zu einem großen Theile ihrer Satzungen keine Vollmacht von oben hatten. Die wahren Propheten machen mit Christo nur Eine Person aus, und ihre Lehre war seine Lehre (s. 5. Mos. 18, 15. Note 15.). So die heiligen Vater Aug.,Chrys., Hier., Cyrill., Beda. —
(ll) Die falschen Lehrer sind Diebe, weil sie die Schafe Gott und Christo, dem wahren Hirten, der sie theuer sich zum Eigenthume erkauft hat, zu entreiüen suchen; Mörder, weil sie die Schafe, die sich bethören lassen, zu ihrem Vortheile mißbrauchen und morden, die Seelen verführen und zu Grunde richten. —
(12) die wahren, die guten Schafe, die gutwilligen Gläubigen. V. 26—?9. .
9. Ich bin die Thüre. Wenn jemand durch mich eingeht, der wird selig werden; er wird eingehen und ausgehen, und Weide finden. (13) (13) Wenn jemand auf meinem Wege zu Gott und der heiligen Herde geht, der wird die ewige Seligkeit erlangen, der wird gesättiget werden. Das Eingehen und Ausgehen ist Bild des Wandels. Diese Worte gehen zunächst auf die Schafe, aber eben darum auch auf die Hirten; denn auch sie sind Schafe unter dem Oberhirten Christus (V. 11.)
10. Ein Dieb kommt nur, um zu sftehlen, zu morden und zu verderben; (14) ich bin gekommen, damit sie das Leben haben, und überflüssig haben. (15) (14) S. Note 11.
(15) Ein Dieb kommt zur Herde um seines Vortheils willen; ich bin um der Schafe willen gekommen, damit sie aus dem Tode der Sünde, des Irrthums und Elends zum Leben der Tugend, Wahrheit und Seligkeit erstehen, und daß sie diese himmlischen Gaben im Ueberflusse haben.
11. Ich bin der gute Hirt. (16) Der gute Hirt gibt sein Leben für seine Schafe. (17) (16) Ueber die Verbindung mit dem Vorhergehenden s. oben Note 1. Daß Christus der gute Hirt seyn werde, haben die Propheten geweissagt (Jsai. 40, 11. Ezech. 34, 23. 37, 24. Zach. 11, 4.); hier erklärt er sich selber dafür. Vergl. Hoh. Lied 8. Note 11. —
(17) opfert alles, selbst sein Leben, wenn es nöthig ist, für ihr Wohl auf.
12. Der Miethling aber,(18) der kein Hirt ist, und dem die Schafe nicht zugehören,(19) sieht den Wolf konnnen,(20) verläßt die Schafe und flieht; und der Wolf raubt und zerstreuet die Schafe. (18) Ein Miethling ist derjenige, der die Schafe um des zeitlichen Gewinnes willen weidet, und also ihre Wolle, aber nicht ihr Wohl sucht. Solche scheinen nicht geradezu Diebe und Mörder zu seyn, wie die obigen falschen Lehrer, aber sie sind auf dem Wege dazu; denn wenn sie auch nicht selbst morden, so lassen sie morden. Sieh das Folgende. Der Herr setzt dem Gleichnisse vom Schafstalle noch diesen Nebenzug vom Miethlinge bei. —
(19) welcher nicht wie der gute Hirt die anvertrauten Schafe als Eigenthum, das ihm ebendeßhalb überaus theuer ist, betrachtet. —
(20) die obigen Diebe und Mörder (V. 1.); sieht gleichgültig alle Gefahren, welche der Herde den Untergang bringen, und ist nur auf. die Rettung seines irdischen Wohls bedacht.
13. Der Miethliug flieht, eben weil er Miethling ist , und ihm an den Schafen nichts liegt.
14. Ich bin der gute Hirt, und kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich,(21) (21) mittelst des übetnatürlichen Glaubens und der Liebe. Was kein Verstand der Verständigen sieht, das erkennt ein in Liebe gläubiges, christliches Gemüth.
15. wie mich der Vater kennt, und ich den Vater kenne; (22) und ich gebe mein Leben für meine Schafe. (23) Matth. 11, 27. Luc. 10, 22.
(22)Zwischen mir und meinen Schafen herrscht ein ähnliches Schauen in Liebe und Lieben im Schauen, wie zwischen mir und dem Vater. Lieben und Schauen, Liebe und Erkenntniß sind vrbunden. Nach anderen bezieht Christus diese Aehnlichkeit auf das Verhältniß seiner menschlichen Seele zur Gottheit, und will sagen; Meine Gläubigen kennen mich auf ähnliche Weise, wie meine menschliche Seele den Vater kennt.
(23) Diese Worte geben auf "kenne die Meinen" zurück. Ich bin der gute, liebevolle Hirt, der die Bedürfnisse seiner Schafe kennt, und so für sie sorgt, daß er selbst sein Leben für ihr Wohl hingibt.
16. Und ich habe noch andere Schafe, welche nicht aus diesem Schafstalle sind; auch diese muß ich herbeiführcn, und sie werden meine Stimme hören; und es wird Ein Schafstall und Ein Hirt werden. (24) (24) Unter den Schafen von denen bisher die Rede War, verstand Christus zunächst die wenigen Gläubigen aus den Juden; weil er aber alle seine Scafe kennt und seine unendliche Liebe alle umfaßt, erwähnt er nun ausdrücklich auch jene Gläubigen aus den Heiden, welche seine Apostel und die Nachfolger derselben in seinem Namen in die Kirche einführen werden. Auch diese werden sich von ihm leiten lassen, so daß zuletzt die Scheidung zwischen Juden und Heiden ganz aushören, und nur Eine Kirche unter Einem Oberhaupte seyn wird. Die allgemeine Belehrung der Heiden haben die Propheten oft vorhergesagt. S. Ps.86. Jsai. 2, 1. ff. Cap. 49, 51. 60. Zur Verbindung dieses Verses nur dem Folgenden ist der Gedanke zu ersetzen: Auch für diese Schafe gebe ich mein Leben hin.
17. Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben hingebe, um es wieder zu nehmen. Jsai. 53, 7.
18. Niemand nimmt es von mir , sondern ich gebe es von mir selbst hin; ich habe Macht, es hinzugeben, und ich habe Macht, es wieder zu nehmen. Diesen Auftrag hab’ ich von meinem Vater empfangen. (25) (25) Sinn der Verse 17. und 18.: Ich gehe mein Leben für meine Schafe, aber nicht um es für immer zu verlieren, sondern um es wieder zu nehmen; auch nicht, weil ich durch irgend jemanden dazu genöthigt werde, sondern weil ich in freier Machtvollkommenheit will, und weil der Vater es will — also aus Liebe und Gehorsam. Dieser Liebe und dieses Gehorsams wegen liebt mich der Vater. — Dieß sind ebensoviele göttliche Geheimnisse als Worte. Christus sagt damit seinen Versöhnungstod und seine Auferstehung vor; daß dieser Tod und diese Wiederbelebung ein ewiger Rathschluß Gottes des Vaters gewesen; daß der Sohn diesen Rathschluß von Ewigkeit mit hingebender Liebe gewollt, um ihn mit der Zeit im tiefsten Gehorsame auszuführen; und daß diese gehorsame Liebe und dieser liebende Gehorsam ein Grund der Liebe des Vaters zum Sohne ist.
19. Da entstand wieder um dieser Reden willen eine Spaltung unter den Juden.
20. Viele von ihnen sagten: Er hat einen Teufel, und ist wahnsinnig;(26) warum höret ihr ihn an? (26) Der Teufel hat ihn wahnsinnig gemacht. —
21. Andere aber sprachen: Das sind keine Worte eines von einem Teufel Besessenen. Kann denn ein Teufel die Augen der Blinden öffnen?
22. Es war eben das Fest der Tempelweihe zu Jerusalem ,(27) und Winter. (27) Dieses Fest wurde von Judas dem Machabäer zum Andenken an die Reinigung des Tempels, den Autiochus Epiphanes entweiht hatte, eingesetzt. Sieh 1. Mach. 4, 22—59. 2. Mach. 10, 5—9. ——
23. Und Jesus wandelte im Tempel in der Halle Salomons. (28) (28) Diese Halle war ein Säulengang an der östlichen Seite des äußersten Vorhofes, des Heiden-Vorhofes, und hieß so, weil Salomon sie erbaut hatte. Bei der Zörstörung des ersten Tempels durch Nabuchodonofor blieb sie stehen.
24. Da umgaben ihn die Juden, und sprachen zu ihm: Wie lange hältst du uns hin? wenn du Christus bist, so sag es uns frei heraus!
25. 25. Jesus antwortete ihnen: Ich sage es eucb.(29) und ihr glaubet nicht. Die Werke, welche ich im Namen meines Vaters (30) wirke, diese geben Zeugniß von mir;(31) (29) Im Griech.: Ich habe es euch gesagt.
(30)aus Auftrag und in der Kraft meines Vaters.
(31) S.Oben 5,36
26. aber ihr glaubet nicht, denn ihr seyd nicht von meinen Schafen.(32) (32) Denn ihr wollet nicht meine Schafe seyn; ihr glaubet nicht, weil ihr nicht wollet, und also keine Empfänglichkeit zum Glauben habet. Das Griech. setzt dem Verse bei: wie ich euch schon gesagt habe
27. Meine Schafe hören meine Stimme; ich kenne sie, und sie folgen mir nach.(33) (33) Meine Schafe haben willigen Glauben, und darum erkenne ich sie als mit zugehörig.
28. Und ich gebe ihnen das ewige Lehen; und sie werden in Ewigkeit nicht verloren gehen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen.
29. Was mir mein Vater gegeben hat, ist größer ale alles, und niemand kann es der Hand meines Vaters entreißen.(34) (34) Meinen willigen Gläubigen gebe ich das Leben der Gnade hier und die Herrlichkeit dort; sie gehen nicht zu Grunde denn ich halte sie, so wie mein Vater, der sie mir zugeführt hat (oben 6, 37.), sie hält, und niemand reißt sie aus unserer Hand; es ware denn, daß sie in ihrem willigen Glauben nicht beharrlich wären und sich selber unserer Hand entrissen (Aug., Chyrill, Maldonat.).
30. Ich und der Vater sind Eines.(35) (35) Die Macht, sie zu halten habe ich mit dem Vater gemein; denn wir sind Eines göttlichen Wesens und darum auch Eines und desselben göttlichen Wollens und Wirkens. Der heilige Augustin bemerkt hiezu: Durch das Wort "Eines" drückt der Herr die gleiche göttliche Natur, durch die Mehrzahl des Wortes ",sind" die Verschiedenheit der göttlichen Persönlichkeiten aus. Daß sich Jesus mit diesen Worten die göttliche Natur beilegte, haben die Juden wohl verstanden, wie das Folgende zeigt.
31. Da hoben die Juden Steine auf,(36) um ihn zu steinigen. (36) Im Griech.: hoben die Juden wieder Steine auf. S. ob. 8, 59.
32. Jesus entgegnete ihnen: Ich habe euch viele gute Werke von meinem Vater (37) gezeigt, um welches dieser Werke willen steiniget ihr mich? (37) aus Auftrag und in der Kraft meines Vaters.
33. Die Juden antworteten ihm: Wir steinigen dich nicht eines guten Werkes wegen, sondern um der Gotteslästerung willen, weil du dich selbst zu Gott machst, da du ein Mensch bist.
34. Jesus antwortete ihnen: Steht nicht in euerm Gesetze geschrieben: Ich habe gesagt, ihr seyd Götter? Ps. 81, 6.
35. Wenn es diejenigen Götter nannte, an welche die Rede Gottes ergangen ist, und die Schrift nicht aufgehoben werden kann,
36. wie saget ihr zu dem, welchen der Vater geheiliget und in die Welt gesandt hat: Du lästerst Gott! weil ich gesagt habe: Ich bin der Sohn Gottes? (38) (38) Wenn schon jene Menschen Götter genannt werden, auf welche sich jene Worte des Psalms beziehen, nämlich die an Gottes Statt handelnden Richter (vergl. 2. Mos. 21, 6.), und wirklich auch als solche erkannt werden müssen, weil es die Schrift sagt, die nicht verworfen werden darf, wie könnet ihr sagen, daß ich Gott lästere, wenn ich mich Sohn Gottes nenne, da ich zum Messias geheiligt und in die Welt gesandt worden bin?
37. Thu'. ich die Werke meines Vaters nicht, so möget ihr mir nicht glauben;
38. thu’ ich sie aber, so glaubet den Werken wenn ihr mir nicht glauben wollet, damit ihr erkennet und glaubet, daß der Vater in mir ist, und ich in dem Vater. (39) (39) daß wir ein und dasselbe göttliche Wesen haben (Aug-). S. unten 14, 9. 10.11.20.
39. Da suchten sie ihn (40) zu ergreifen, er aber entging ihren Händen. Das Griech. setzt bei: wieder. —
40. Und er begab sich wieder jenseits des Jordan an den Ort, wo Joannes zuerst getauft hatte, und blieb daselbst. (41) (41) S. oben 1, 28. ff. Jesus ging wahrscheinlich dahin, um das Volk an das Zeugniß zu erinnern, welches Joannes von ihm abgelegt hatte.
41. Und viele kamen zu ihm, und sprachen: Joannes hat zwar kein Wunder gewirkt,
42. aber alles, was Joannes von diesem gesagt hat, ist wahr. Und viele glaubten an ihn. (42) (42) Im Griech.: glaubten daselbst an ihn.


Capitel 11

Die auferweckung des Lazarus. Die Juden halten Rath, wie sie Jesum tätden könnten. Kaiphas weissagt.


Kommentare und Verweise
1. Es war aber einer krank, mit Namen Lazarus, von Bethanien,(1) dem Flecken der Maria, und Martha, ihrer Schwester. (1) S. Matth. 21,17.
2. (Maria war diejenige, die den Herrn mit einer Salbe gesalbt, und seine Fuße mit ihren Haaren getrocknet, (2) deren Bruder Lazarus krank lag.) (2) Dieß wird im Capitel 12. erzählt.
3. Da schickten seine Schwestern zu ihm, und ließen sagen: Herr! siehe, der, den du liebest, ist krank.
4. Als nun Jesus das hörte, sagte er zu ihnen: (3) Diese Krankheit ist nicht zum Tode, sondem zur Ehre Gottes, damit der Sohn Gottes durch sie verherrlichet werde. (4) (3) Im Griech.; hörte, sprach er.
(4) Diese Krankheit bringt keinen Tod zum Tode (zum Verharren im Tode), sondern zum Wunder (Aug.), das der Sohn Gottes zu seiner Beglaubigung und zur Vermehrung der Ehre (Verehrung) Gottes wirken wird.
5. Jesus aber liebte die Martha, und ihre Schwester Maria, und den Lazarus.
6. Als er nun gehört hatte, daß er krank sey, blieb er zwar dann noch zwei Tage an dem Orte, wo er war;
7. hierauf aber sprach er zu seinen Jüngern: Lasset uns wieder nach Judäa gehen!
8. Die Jünger sprachen zu ihm: Meister! erst wollten dich die Juden steinigen, und du gehst wieder dahin?
9. Jesus antwortete: Sind nicht zwölf Stunden im Tage?(5) Wenn jemand bei Tage wandelt, so stößt er nicht an, weil er das Licht dieser Welt sieht; (5) Hat der Tag nicht seine bestimmten Stunden? Haben meine Wirksamkeit und die göttliche Wachsamkeit über mich nicht ihre bestimmte Zeit? Jesus versteht unter dem Tage die ihm von seinem Vater zur Wirksamkeit bestimmte Zeit sammt dem göttlichen Schutze in derselben; unter der Nacht die bestimmte Zeit seines Todes sammt der Entziehung des göttlichen Schutzes beim Eintritte derselben (Maldonat).
10. wenn aber jemand dei Nacht wandelt, stößt er an, weil er kein Licht bei sich hat.(6) (6) Wie der Wanderer beim Lichte der Sonne aus seinem Wege nicht anstößt, wohl aber in der finstern Nacht, ebenso werde ich allen Gefahren entgehen, so lange der Tag meiner Wirksamkeit und der göttlichen Wachsamkeit dauert, und dann erst den Nachstellungen der Juden unterliegen, wenn die bestimmte Zeit meines Leidens und Todes gekommen, und ich zur Erhaltung meines Lebens keinen göttlichen Schutz mehr habe.
11. Dieses sagte er, und darnach sprach er zu ihnen: Lazarus, unser Freund, schläft; aber ich gehe, daß ich ihn vom Schlafe auferwecke.(7) (7) Alle Völker nennen den Tod einen Schlaf; der Christ weiß warum? Weil nämlich die Todten wieder auferstehen.
12. Da sprachen seine Jünger: Herr! wenn er schläft, so wird er gesund werden.
13. Jesus aber hatte von seinem Tode gesprochen; und sie meinten, er rede von dem Schlummern des Schlafes.
14. Darum sagte ihnen nun Jesus offen heraus: Lazarus ist gestorben;
15. und ich freue mich euretwillen, daß ich nicht dort war, damit ihr glaubet. Aber laßt uns zu ihm gehen!
16. Da sprach Thomas, welcher auch Didymus genannt wird,(8) zu seinen Mitjüngern: So wollen auch wir gehen, damit wir mit ihm sterben! (9) (8) nämlich auf griechisch; denn Didymus entspricht dem hebräischen Thomas; beide Worte heißen "Zwilling."
(9) So wollen wir mit ihm gehen und mit ihm sterben; denn daß er den Nachstellungen der Juden entgehen werde, wie er vorgibt (V. 9. 10.), glaube ich schwerlich, aber der gute Meister verdient, daß wir gleiches Schicksal mit ihm haben. Auch später (unten 20, 24.)
17. Als Jesus ankam, fand er ihn schon vier Tage im Grabe liegend. (10) (10) Lazarus starb und wurde begraben noch an dem Tage, da der Bote zu Jesus kam; zwei Tage blieb Jesus darnach in Bethanien am Jorden, und am vierten Tage kam er zum Grabe des Lazarus. -— Die Juden begruben seit der babylonischen Gefanangenschaft ihre Todten sogleich nach dem Hinscheiden .
18. (Bethania aber war nahe bei Jerusalem, ungefähr fünfzehn Stadien entfernt.)(11) (11) S; Matth. 21, 17. Der obige Vers erklärt wienach so viele Juden nach dem Orte des Lazarus kommen konnten.
19. Und es waren viele Juden zu Martha und Maria gekommen, um sie ihres Bruders wegen zu trösten.
20. Als nun Martha hörte, daß Jesus komme, eilte sie ihm entgegen; Maria aber saß zu Hause.(12) (12) die geschäftige, innerlich viel bewegte Martha eilte dem Herrn entgegen, sobald sie von ihm hörte; die sinnige Marta bleibt in stiller gottergebener Trauer in sich gekehrt. Vergl. Luc. 10, 38. ff.
21. Da sprach Martha zu Jesu: Herr! wärest du hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben.
22. Aber auch jetzt weiß ich, daß alles, was du von gott begehrest, Gott dir geben wird.
23. Jesus sprach zu ihr: Dein Bruder wird auferstehen.
24. Martha sprach zu ihm: Ich weiß, daß er auferstehen wird bei der Auferstehung am jüngsten Tage (13) Luc.14,14. Ob. 4,40.
(13) Vergl. Matth. 22, 23. ff.
25. Jesus sprach zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben; wer an mich glaubt, wird leben, wenn er auch gestorben ist;
26. und jeder, der da lebt und an mich glaubt, der wird nicht sterben in Ewigkeit. (14)
Glaubst du das? (15)
(14) Jesussprach: derjenige, welcher deinen Bruder am jüngsten Tage auferwecken wird, kann es auch jetzt. Dieser bin ich; denn vermöge meines Verdienstes und meiner Kraft stehen einst alle, die an mich lebendig geglaubt haben, nach meinem Beispiele zum ewigen Leben auf, wenn sie auch auf einige Zeit dem Leibe nach im Tode enlschlafen sind; ja,wer im wahren Glauben an mich lebt, der wird nicht nur hier und dort das wahre Leben des Geistes in sich tragen, sondern auch dem Leibe nach nicht eigentlich sterben, weil sein Leib zwar der Sünde den Sold bezahlt und stirbt, aber durch die Wiedergeburt im Geiste den Keim zu einem unverweslichen, herrlichen Leib erhält, so daß sein Tod kein Tod, sondern gleichsam ein Schlummer ist, dem nach meiner Auferweckung der ewig klare Tag der Seligkeit folgt. So die heiligen Väter Aug., Chryf., Cyril!. , Ehprian und andere. Vergl. ob. 5, 21. 25—30. und die Noten. Christus ist als der Urgrund alles Lebens (ob. 1.3. 4.) auch der Grund der Wiederbelebung der Todten. —
(15) Christus verlangt zur Wiederbelebung des Lazarus Glauben von der Martha. So verlangt er auch Matth. 9, 2. Marc. 9,22. Glauben von andern für die, an welchen er seine Kraft zeigen sollte. Sieh da, wie alle Glieder zu einem Leibe verbunden sind, und daß alle für einander wirken können.
27. Sie sprach zu ihm: Ja, Herr! ich glaube, daß du Christus, der Sohn des lebendigen Gottes bist, der in diese Welt gekommen ist. (16) (16) damit bekannte sie zugleich, daß er das Leben und die Auferstehung sey (Aug., Cyrill.); aber ihr Glaube war schwach und schwankend. S. V. 39
28. Und als sie dieß gesagt hatte, ging sie hin, rief heimlich ihre Schwester Maria, und sprach: Der Meister ist da, und ruft dich. (17) (17) Christus hatte ihr also aufgetragen, Maria zu holen (Aug., Cyrill.)— Sie ruft heimlich wegen der gegenwärtigen Juden.
29. Da sie das hörte, stand sie eilends auf, und kam zu ihm.
30. Denn Jesus war noch nicht in den Flecken gekommen, sondern noch an dem Orte, wo ihm Martha begegnet war.
31. Als aber die Juden, welche bei ihr im Hause waren, und sie trösteten, sahen, daß Maria eiiends aufstand und hinausging, folgten sie ihr nach, und sprachen: Sie geht zum Grabe, um da zu weinen.
32. Da nun Maria dahin kam, wo Jesus war, und ihn sah, fiel sie zu seinen Füßen, und sprach zu ihm: Herr! wärest du hier gewesen, so würde mein Bruder nicht gestorben seyn.
33. Da nun Jesus sie weinen, und die Juden, welche mit ihr gekommen waren, weinen sah, erschauerte er im Geiste,(18) und betrübte sich selbst, (19) (18) über das menschliche Elend, das die Sünde über die Welt gebracht (Cyrill., Aug., Beda) und über die Schwachgläubigkeit (V. 39. 40.) und den Unglauben der Gegenwärtigen (V. 37. 42. 46.). —
(19) Christus hatte alle seine menschlichen Neigungen, Empfindungen und Gefühle in seiner Gewalt. Hier überließ er sich freiwillig den Gefühlen des Unwillens, der Trauer und des Schmerzes. Vergl. Matth. 26. Note 45. Aus ähnliche. Weise hat auch der durch die Gnade wiedergeborne Mensch die Regungen und Gefühle seines, Herzens. ins seiner Gewalt. —
34. und sprach: Wo habt ihr ihn hingelegt? Sie sprachen zu ihm: Herr, komm und sieh!
35. Und Jesus weinte.(20) (20) Wie rührend sind die Thränen des Gottmenschen! Er liebt bis zu Thränen! Er ist alles für alle: ist arm mit den Armen. hungert mit den Hungernden, dürstet mit den Dürstenden, weint mit den Weinenden (Aug.)! Warum weint er? Damit der Mensch weinen lerne. Warum, entsetzt und betrübt er sich? Damit der Mensch, über seine bösen Werke zürne und sich entsetze, damit statt der Macht der bösen Gewohnheiten die Gewalt der Buße eintrete (Aug.).
36. Da sprachen die Juden: Siehe, wie er ihn lieb hatte!
37. Einige aber von ihnen sagten: Konnte der, welcher die Augen des Blindgebornen geöffnet hat, nicht machen, daß dieser nicht stürbe? Ob.9, 7.
38. Da erschauerte Jesus abermal in sich selbst,(21) und kam zu dem Grabe. Es war aber eine Höhle, und ein Stein wat darauf gelegt.(22) (21) über den geäußerten Unglauben
(22) Das Grab war in den Felsen gehauen, und hatte wahrscheinlich eine schräge Oeffnung, worauf der Stein gelegt war.
39. Jesus sprach: Hebet den Stein weg! Da sagte zu ihm Martha, des Verstorbenen Schwester: Herr! er riecht schon, denn er liegt vier Tage. (23) (23) Es wird also umsonst seyn!
40. Jesus sprach zu ihr: Hab’ ich dir nicht gesagt, daß, wenn du glaubest, du die Herrlichkeit Gottes sehen wirst? (24) (24) Hab ich dir nicht gesagt, daß, toenn wenn du glaubst, du das Wunder der wiederbelebung jetzt schon sehen wirst (V.25.26.) ?
41. Sie hoben also den Stein weg. (25) Jesus aber hob seine Augen in die Höhe, und sprach: Vater! ich danke dir, daß du mich erhört hast.(26) (25) Das Griechische und einige Handschriften setzen bei: von dem Orte, wo der Verstorbene war.
(26) als ich um deine und meine Verherrlichung durch die Auferweckung des Lazarus bat.
42. Ich wußte zwar, daß du mich allezeit erhörest;(27) aber um des Volkes willen, das herumsteht, hab’ ich es gesagt, damit sie glauben, daß du mich gesandt hast.(28) (27) weil ich den Willen Gottes kenne, nur um Erfüllung deshalb bitte, und der Wille Gottes geschehen muß. Sieh. Matth. 7, 7. Note 6. Aber warum bittet Christus um das, Was ihm der Vater auch ohne Gebet geben würde? Weil Bitten Demuth, und Demuth des Sohnes Grundbestimmung gegen den Vater ist.
(28) wenn sie aus der augenblicklichen Gebetserhörung unsere innigste Verbindung wahrnehmen.
43. Als er dieß gesagt hatte, rief er mit lauter Stimme: Lazarus, komm heraus!
44. Und der Verstorbene kam sogleich (29) heraus, gebunden mit Grabtüchern an Händen und Füßen, und fein Angesicht war in ein Schweißtuch gehüllt. (30) Da sprach Jesus zu ihnen: Macher ihn los, und lasset ihn fortgehen! (29) Dies Wort ist nicht im Griechischen.
(30) Jesus half dem Erweckten, noch Gebundenen, wunderbar zum Hervorgehen.
45. Viele aber von den Juden, welche zu Maria und Martha gekommen waren, (31) und sahen, was Jesus gewirkt hatte, glaubten an ihn. (31) Das Griech. nennt nur Maria.
46. Einige aber von ihnen gingen hin zu den Pharisaern, und sagten ihnen, was Jesus gethan hatte.
47. Da, versammelten die Hohenpriester und Pharisäer einen Rath, und sprachen: Was thun wir? Dieser Mensch wirkt viele Wunder.
48. Wenn wir ihn so lassen, werden alle an ihn glauben;(32) und die Römer werden kommen, und unser Land und Volk wegnehmen. (32) und ihn als den Messias zum Könige machen.
49. Einer aber unter ihnen, Kaiphas mit Namen,(33) der in diesem Jahre Hoherpriester war,(34) sprach zu ihnen: Ihr wisset nichts, Unt. 18, 14.
(33)S. Matth. 26, 3.
(34) Hieraus folgern einige, Annas und Kaiphas hätten das Hohepriesterthum jährlich abwechslungsweise verwaltet.
50. und bedenket nicht, daß es besser für euch sey, (35) wenn Ein Mensch für das Volk stirbt, als wenn das ganze Volk zu Grunde geht. (35) Im Griech.: für uns ist.
51. Das sagte er aber nicht aus sich selbst; sondern weil er in diesem Jahre Hoherpriester war, weissagte er, daß Jesus für das Volk sterben würde;(36) (36) Kaiphas wollte mit seiner Rede sagen, daß es besser sey, Jesus werde getödtet, als das jüdische Volk fiele in die Hände der Römer. Unbewußt aber sprach er zugleich unter Leitung des göttlichen Geistes das große Geheimniß aus, daß durch den Tod Christi alle Menschen gerettet werden sollen. — Da Gott öfter durch die Hohenpriester seinen Willen verkündete (2. Mos. 4, 15. 1. Kön. 22, 10. 2. Kön. 2, 1. 5, 19.), konnte es auch durch Kaiphas Vermöge seiner hohenpriesterlichen Wurde in diesem Jahre geschehen; es geschah aber wie bei dem lasterhaften Balaam (4.Mos.22.) wider seinen Willen.
52. und nicht allein für das Volk, sondern damit er auch die zerstreuten Kinder Gottes in Eins zusammenbrächte.(37) (37) d. i. damit nicht nur die Juden, sondern auch die Heiden welche glauben wollen, in Eine Gemeine versammelt würden. S. oben 10,16.
53. Sie beschlossen also von diesem Tage an, ihn zu tödten.
54. Darum wandelte Jesus nun nicht mehr öffentlich unter den Juden, sondern zog in eine Gegend nahe bei der Wüste, in eine Stadt, welche Ephrem heißt,(38) und hielt sich daselbst auf mit seinen Jüngern. (38) im Griech.: Ephraim. Sie lag zwei Meilen nordöstlich von Jerusalem, nahe bei der Wuste und dem Gebirge von Quarantania.
55. Es war aber das Osterfest der Juden nahe, und viele aus derselben Gegend waren vor dem Osterfeste nach Jerusalem hinaufgegangen, um sich zu reinigen.(39) (39) Die, welche der gesetzlichen Reinigung bedurften, z. B. Aussätzige, oder die sich einer Schuld bewußt waren, wollten die Reinigung in Jerusalem vornehmen, um unmittelbar darauf gleich, ohne Gefahr sich wieder zu verunreinigen, Ostern feiern und das Osterlamm essen zu können.
56. Diese suchten nun Jesum, und sprachen zu einander, da sie im Tempel standen: Was dünket euch? Kommt er nicht auf das Fest? Es hatten nämlich die Hohenpriester und Pharisäer Befehl gegeben, daß, wenn jemand wüßte, wo er wäre, er es anzeigen sollte, damit sie ihn ergreifen könnten.

Capitel 12

Maria salbet Jesum. Die Juden wollen den Lazarus tötden. Einzug Jesu in Jerusalem. Heiden wollen Jesum sehen. Die Frucht des Todes Jesu. Stimme vom Himmel. Unglaube der Juden. Das Wort Gottes ist der Richter

Kommentare und Verweise
1. Sechs Tage vor dem Osterfeste kam Jesus nach Bethanien, wo Lazarus war, der gestorben und von Jesus auferweckt worden war.(1) Matth. 26, 6. Marc. 14, 3.
(1) Das Griech. setzt bei: von den Todten.
2. Daselbst bereiteten sie ihm ein Abend- mahl, und Martha diente; Lazarus aber war einer von denen, die mit ihm zu Tische saßen.
3. Da nahm Maria ein Pfund kostbarer Salbe von ächtet Narde,(2) salbte die Füße Jesu, und trocknete seine Füße mit ihren Haaren; und das Haus ward voll vom Geruche der Salbe. (2) S. Marc. 14, 3.
4. Da sagte einer von seinen Jüngern, Judas (3) Jscariot, der ihn darnach verrieth: (4) (3) Das Griech. setzt bei: der Sohn Simons, wie oben 6, 72. und unten 13, 2.
(4) Andere geben: der ihn verrathen sollte.
5. Warum hat man diese Salbe nicht um dreihundert Denare verkauft, und den Armen gegeben? Marc. 14, 5.
6. Das sagte er aber nicht, als wäre ihm an den Armen etwas gelegen gewesen, sondern weil er ein Dieb war, den Beutel hatte, und das trug, was hineingeworfen wurde.(5) (5) Jesus lebte mit seinen Jüngern vom Almosen. Judas sammelte es, und stahl davon aus Geiz für sich.
7. Da sprach Jesus: Lasset sie nur, damit sie es für den Tag meiner Begräbniß thue!(6) (6) damit sie die Salbung mit Bezug auf mein Begräbniß jetzt schon an mir vollziehe. Im Griech: Lasset sie nur; für den Tag meiner Begräbniß hat sie es aufbewahrt. S. Matth. 26,12. Marc. 14, 8.
8. Denn Arme habt ihr allezeit bei euch, mich aber habt ihr nicht allezeit.
9. Da nun eine große Menge Juden erfuhr, daß er da seh, kamen sie nicht allein um Jesu willen, sondern auch um den Lazareth zu sehen, den er von den Todten auferweckt hatte.
10. Die Hohenpriester aber gingen mit dem Gedanken um, auch den Lazarus zu tödten,
11. weil viele Juden um seinetwillen hingingen, und an Jesum glaubten.
12. Als aber am folgenden Tage viel Volk, welches zu den Feste gekommen war, gehört hatte, daß Jesus nach Jerusalem komme, Matth. 21, 1. Marc. 11, 1. Luc. 19, 29.
13. nahmen sie Palmzweige, gingen ihm entgegen, und riefen: Hosannal Gebenedeit sey, der da kommt im Namen des Herrn, der König Israels! Matth. 21, 9.
14. Und Jesus traf einen jungen Esel, und setzte sich darauf, wie geschrieben steht: Zach. 9, 9. Matth. 21, 7. Marc. 11, 7. Luc. 19, 35.
15. Fürchte dich nicht, du Tochter Sions! siehe, dein König kommt, sitzend auf dem Füllen einer Eselin. Matth. 21, 5.
16. Das verstanden seine Jünger anfangs nicht; als aber Jesus verherrlicht worden war,(7) da dachten sie daran, daß dieß von ihm geschrieben war, und daß man es ihm that. (7) In den Himmel aufgefahren und der heil. Geist gekommen war. Sieh. ob. 7,39. Unt. 16,7.
17. Das Volk aber, welches bei ihm war, als er den Lazarus aus dem Grabe rief, und von den Todten erweckte, legte Zeugniß ab.
18. Darum ging ihm auch das Volk entgegen, weil sie gehört hatten, daß er dieses Wunder gethan habe.(8) (8) Es sind also zwei Volkshaufen zu unterscheiden, von denen der eine nach Jerusalem zog, der andere von da kam
19. Da sprachen die Pharisäer zu einander: Sehet ihr nun, daß wir nichts ausrichten? Siehe, die ganze Welt läuft ihm nach!
20. Es waren aber unter denen, welche hinaufgekommen waren, um am Feste anzubeten, einige Heiden.(9) (9) Dieß waren entweder wirkliche Heiden (oben 7, 35.), die nicht selten zu dem Tempel des wahren Gottes kamen, und für sich opfern ließen (2. Mach. 3.), oder zum Judenthum Bekehrte, Propheten (Matth. 23. Note 19.).
21. Diese traten zu Philippus, der von Bethsaida in Galiläa war, baten ihn, und sprachen: Herr! wir möchten Jesum sehen
22. Philippus kam, und sagte es dem Andreas, und Andreas und Phillppus sagten es Jesu.
23. Jesus aber antwortet ihnen und spach: Die Stunde ist gekommen, daß der Menschensohn verherrlicht werde.(10) (10) Die Stunde ist nahe, daß ich durch meinen Tod in die Herrlichkeit eingehe, und nicht nur von den Juden, sondern auch von den Heiden als Messias anerkannt werde. Daß seine Verherrlichung und die Belehrung der Heiden nur durch seinen Tod erzielt werden, sagt das Folgende.
24. Wahrlich , wahrlich, sag’ ich euch, wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt,
25. so bleibt es allein; wenn es aber stirbt, so bringt es viele Frucht!(11) Wer seine Seele liebt, der wird sie verlieren; und wer seine Seele in dieser Welt hasset, der wird sie zum ewigen Leben bewahren. Matth.10,39. 16, 25. Marc. 8,35. Luc. 9,24. 17,33
(11) Wie das Weizenkörnlein in der Erde absterben muß, wenn es mit der Zeit viele Frucht bringen soll, so muß auch ich sterben, um die Früchte der Erlösung, meine Verherrlichung und die Belehrung der Menschen hervorzubringen. Was hier Christus von sich sagt, gilt von allen seinen Brüdern, von allen Menschen. Seine Verherrlichung ist unsere Verherrlichung; darum muß aber auch sein Tod der unsrige seyn, d. i. wir müssen, um die Früchte des ewigen Lebens für uns und andere zu erwirken, geistiger Weise ebenso unsern sündhaften Menschen mit allen seinen bösen Neigungen ertödten, wie Christus den wirklichen Tod aus sich genommen hat. Ebendeßhalb, weil diese Worte alle angehen, nicht bloß Jesum, sondern in ihm sein ganzes neues Geschlecht, fährt er allgemein fort: Wer x. —
26. Wenn mir jemand dienen will, der folge mit nach; und wo ich bin, da soll mein Diener auch seyn. (12) Wenn jemand mir dienet, den wird mein Vater ehren. (12) Wer mein Anhänger, Jünger sehn will, der muß auch thun, was ich gethan; und wo ich hin, muß er auch seyn; er muß also mein gekreuzigtes Leben nachahmen, und sich abtödten, um so gleichsam im Tode zu seyn, wie ich darin seyn werde. Dafür wird er auch mit und in mir verherrlicht werden (Chrys).
27. Meine Seele ist jetzt betrübt; und was soll ich sagen? Vater, rette mich von dieser Stunde! Doch darum bin ich in diese Stunde gekommen. (13) (13) Christus ließ in sich zu, daß bei der Erwähnung seiner nach drei Tagen eintretenden Leiden sein Herz von einer ähnlichen Betrübniß überfallen wurde, wie im Garten Gethsemani (s. oben 11. Note 19.). In dieser Betrübniß, spricht er, ging wohl mein menschlicher Wille dahin, vom Vater nicht in die so schmerz liche Leidensstunde geführt zu werden, aber eben damit ich leide, soll nach des Vaters Willen diese Stunde kommen. Darum soll nicht mein, sondern des Vaters Wille geschehen (Aug., Veda und andere). - Wenn du, o Christ! in unvermeidliche Leiden geräthst, so laß nicht den Willen deiner untern Kräfte, die sinnlichen Gefühle über dich herrschen, sondern übergib dich dem Willen des Vaters, der die Leidensstunde nach seinen unerforschlichen Absichten dir bereitet hat.
28. Vater, verherrliche deinen Namen! (14) Da kam eine Stimme vom Himmel: (15)Ich habe verherrlichet, und werde ferner verherrlichen. (14) Vater! nicht um Errettung aus diener Stunde bitte ich, sondern daß du durch mein Leiden und meinen Tod deine Verehrung vermehrest. Der Name Gotte ist die göttliche Wesenheit. S. Matth. 28, 19. Die Verherrlichung, oder Ehre, oder Verehrung Gottes ist das letzte Ziel Gottes in Bezug aus seine Geschöpfe; denn sich Gott zu unterwerfen, was eben durch Verehrung geschieht, ist ihre Bestimmung. —
(15) wie bei seiner Einführung ins Lehramt (Matth. 3,17. 17,5.), so nun auch vor dem Eintritte in seine Leiden. —
(16) Ich habe bisher durch dich meine Verherrlichung bewirkt, und werde es noch ferner durch deinen Tod und die Früchte desselben (Chrys., Cyrill.)
29. Das Volk nun, welches da stand, und die Stimme gehört hatte, sagte, es habe gedonnert. Andere sprachen: Ein Engel hat mit ihm geredet! (17) (17) Alle hatten die Stimme gehört, aber nicht auf gleiche Weise. Die Apostel aber wenigstens einige davon erkannten sie klar und verständlich als Wort Gottes; andere fanden darin etwas Außerordentliches, und nanntm sie eine Engelstimme wieder andere erkannten sie nur als einen natürlichen Donner. Warum so verschieden? Weil Gottes Stimme nur in dem Grade vernommen und verstanden wird, als der Mensch willige Empfänglichkeit dafür hat. Darum sagt der heilige Chrysostomus: die Stimme war zwar klar und bezeichnend, aber den Schwerhörigen und Fleischlichgesinnten entschwand sie schnell, so daß nur der Schall zurückblieb. So geht es auch mit andern Stimmen Gottes. Die Stimme Gottes im Herzen erkennt und versteht nur der Willig-Empfängliche. Die Stimme Gottes in der Schrift und der Kirche erkennt und versteht nur der Willig-Empfängliche.
30. Jesus antwortete, und sprach: Diese Stimme ist nicht um meinetwillen, sondern um euretwillen gekommen. Oben 11,42. 6,44.
31. Jetzt ergeht das Gericht über die Welt, (18) Jetzt wird der Fürst dieser Welt hinausgestoßen (19) (18) Im Griech.: über diese Welt
(19)Jetzt da mein Tod naht, geschieht es, daß die Menschen erlöst, von der Macht des Satans befreit werden. Der Teufel, sagt der heilige Augustin, besaß das Menschengeschlecht und behielt vermöge der Sünde die Schuldigen, er herrschte in den Herzen der Ungläubigen; aber durch den Glauben an Christum, seinen Tod und seine Auferstehung werden tausende von der Herrschaft des Teufels befreit, dem Leib Christi eingefügt, und unter einem so großen Haupte als treue Glieder durch den Einen Geist belebt. Dies nannte er das Gericht, nämlich diese Vertreibung des Teufels von seinen Erlösten. Vergl. Lucas 10.18.
32. Und ich, wenn ich von er Erde erhöhet bin, werde alles an mich ziehen. (20) (20) Ich werde durch meinen Tod am Kreutze alles, Juden und Heiden, dem Satan entziehen und mit mir vereinigen. S. oben 10, 16.
33. (Das sagt er aber um anzudeuten welches Tode er sterben werde.)
34. Da antwortete ihm das ,Volk: Wir haben aus dem Gesetze gehört, daß Christus ewig bleibe; wie sagst du denn: Der Menschensohn muß erhöht werden? Wer ist dieser Menschensohn?(21) Ps. 109, 4. Czech. 37, 25. Dan. 7, 14.
(21) Die Juden wußten aus der Schrift, daß das messianische Reich ewig dauere (s. ob. Stellen); und weil sie die erste Ankunft des Messias von der zweiten nicht unterschieden, glaubten sie, der Messias müsse schon bei seiner ersten Aukunft in Herrlichkeit erscheinen. Damit konnten sie die jetzt und schon früher gemachte Aeußerung Jesu (oben 3, 14;)., daß er als Menschensohn am Kreuze erhöht werden müsse, nicht vereinigen. Daher ihr Befremden. Die Juden waren in dieser Ansicht wohl zu entschuldigen, denn auch die Apostel hatten vor der Ausgießung des heil. Geistes nicht viel bessere Einsichten; aber sie fehlten darin, daß sie sich durch derlei Zweifel vom Glauben an Jesu Person überhaupt abhalten ließen, da doch seine Thaten das hellste Licht über seine Sendung verbreiteren. Darum ermahnt sie Jesus in dem Folgenden, die kurze Zeit, während welcher sein Licht noch scheint, zu benützen (35.) und zu glauben (36.)
35. Jesus aber antwortete ihnen: Noch eine kurze Zeit ist das Licht bei euch. Wandelt, so lange ihr das Licht habet, damit euch die Finsterniß(22) nicht überfallez denn wer in der Finsterniß wandelt, der weiß nicht, wohin er geht. (22) gänzliche Erblindung und Verstockung.
36. Glaubet an das Licht, so lange ihr das Licht habet, damit ihr Kinder des Lichtes seyd.(23) Als Jesus dieß gesagt hatte, ging er weg, und verbarg sich vor ihnen. (23) Kinder Gottes (1. Joan. 1, 5.)
37. 0bwohl er nun so große Wunder vor ihnen gethan hatte, glaubten sie doch nicht an ihn,
38. damit die Rede des Propheten Jsaias erfüllt würde, die er sprach: Herr! wer glaubt unserm Worte? und der Arm des Herrn, wem wird er kund?(24) Jsai. 53, 1.
(24) Wer glaubt der Predigt von den Leiden des Messias, wer erkennt gläubig die an dem Messias offenbar gewordene Allmacht Gottes?
39. Darum konnten sie nicht glauben; (25) denn Jsaias hat abermal gesagt: (25) Dieß darf nicht so verstanden werden, als wären sie genöthigt worden, nicht zu glauben, sondern der Evangelist will sagen: Gott hat ihre freiwillige Verstockung vorhergesehen, und es ist unmöglich, daß etwas nicht geschehe, was Gott vorhergesehen hat. —
40. Er hat ihre Augen verblendet, und ihr Herz verstockt, daß sie mit den Augen nicht sehen, und mit dem Herzen nicht verstehen, noch sich bekehren, noch ich sie heile.(26) Jsai. 6, 9.
(26) Gott hat ihre Verblendnng und Verstockung, wodurch sie die Erlösung an sich vereiteln, zugelassen. —— Das, was Gott bloß zuläßt, wird in der heil. Schrift häufig vorgestellt, als ob er es selbst gewirkt hätte. Vergl. Matth. 13, 14. 15.
41. Dieß sagte Jsaias, da er seine Herrlichkeit sah, und von ihm redete. (27) (27) Dieß sagte Jsaias, da er die Herrlichkeit des Sohnes Gottes im Gesichte sah (Jsai. 6, 1——8.) und davon redete. — Der Prophet Jsaias beschreibt in seinem Gesichte den Herrn nicht zunächst als Sohn Gottes, sondern spricht überhaupt nur von dem Gott des Alten Bundes, weil die göttliche Dreipersönlichkeit im Alten Bunde nicht bestimmt geoffenbart werden sollte. Vergl. Ezech. 1. Note 45.
42. Doch glaubten auch viele von den Obersten an ihn; aber der Pharisäer wegen bekannten sie es nicht, damit sie nicht aus der Gemeinschaft gestoßen würden.
43. Denn die Ehre bei den Menschen liebten sie mehr als die Ehre bei Gott. (28) (28) Denn es war ihnen lieber, von den Pharrisäern als Beobachter des Gesetzes anerkannt und gelobt, als von Gott durch den Glauben und das Bekenntniß Christi gerechtfertiget zu werden- S. Röm. 10, 10. Aug., Cyrill., Beda. Wie viele unter uns haben den Glauben im Herzen, scheuen sich aber, um dem Spottes der Jrr- und Ungläubigeu zu entgehen, ihn öffentlich zu bekennen! Die sollen bedenken, was Christus sagt bei Luc. 9, 26.
44. Jesus aber rief, und sprach:(29) Wer an mich glaubt, der glaubt nicht an mich, sondern an den, der mich gesandt hat. (29) an einem der drei letzten Tage vor seinem Leiden.
45. Und wer mich sieht, der steht den, der mich gesandt hat. (30) (30) Wer an mich glaubt, der glaubt an meinen Vater, denn ich und der Vater sind Eines (oben 10, 30.); der glaubt also an die göttliche Wahrheit. Wer auch nach meiner eigentlichen Natur kennt, der kennt den Vater, denn wir sind von Einer Natur und Wesenheit (ob. 1, 1.); der sieht, was göttlich ist, und kann darnach handeln. Vgl.oben 7, 16. 8, 19. 10, .30. 37., 14, 1. 11. ff.
46. Jch bin als das Licht in die Welt gekommen, damit jeder, der an mich glaubt, nicht in der Finsterniß bleibe. Ob. 1, 5. ff. 8, 12. 12, 35. 36.
47. Wenn aber jemand meine Worte hört, und nicht hält,(31) den richte ich nicht; denn ich bin nicht gekommen, die Welt zu richten, sondern die Welt selig zu machen. (31) Im Griech.: nicht glaubt. Ist dasselbe; denn wer die göttlichen Worte nicht beobachtet, glaubt nicht eigentlich.
48. Wer mich verachtet und meine Worte nicht annimmt, der hat einen, welcher ihn richtet. Das Wort, das ich geredet habe, das wird ihn richten am jüngsten Tage. Ob.3,18
49. Denn ich habe nicht von mir selbst geredet, sondern der Vater, welcher mich gesandt hat, der hat mir das Gebot gegeben, was ich reden, und was ich lehren soll.(32) (32) Denn mein Wort ist Gottes Wort (ob. 8,28. 38. 7,16.) Das göttliche wort hat auch nothwendig richtende Kraft, weil das göttliche in uns, das Gewissen ihm bestimmt.
50.Und ich weiß, daß sein Gebot das ewige Leben ist. Darum, was ich rede, rede ich so, wie es mir der Vater gesagt hat.


Capitel 13

Jesus wäscht seinen Jüngern die Füße, weissagt die Verräterei des Judas, und gibt das neue Gebot der Liebe.





































































Kommentare und Verweise
1. Vor dem Festtage der Ostern,(1) da Jesus wußte, daß seine Stunde gekommen sey, um aus dieser Welt zum Vater zu gehen, und er die Seinigen, die in dieser Welt waren, lieb hatte, so liebte er sie bis an’s Ende.(2) Matth. 26, 2. ff. Marc. 14, 1. fff. Luc. 22, 1. ff.
(1) also am 14. Nisan (dem Donnerstage). S. Matth. 28. Note 1. Joannes rechnet den Abenddes vierzehnten nicht zum fünfzehnten, zum Tage des Festes, wie die Juden thaten, sondern zieht ihn noch zum Tage vor dem Feste nach griechischer Zählungsweise. —
(2) gab ihnen den höchsten Beweis seiner Liebe durch Einsetzung des heiligen Opfer und Mahles. S. d. ob. Stellen.
2. Und nach gehaltenen Abendmahle,(3) als schon der Teufel dem Judas Jscariot, Simons Sohne, in’s Herz gegeben hatte, ihn zu verrathen, (3) nach dem Essen des Osterlammes, noch vor Einsetzung des allerheiligsten Sakramentes. Von beiden erwähnt Joannes nichts, weil die anderen Evangelisten davon sprechen.
3. und obwohl er wußte, daß der Vater ihm alles in die Hände gegeben habe, daß er von Gott ausgegangen sey, und zu Gott zurücktehre,(4) (4) obwohl er wußte, daß er der Sohn Gottes sey, und alle Macht im Himmel und auf Erden habe (oben 3, 35. Matth. 11, 27. 28, 18.), wollte er doch Knechtesdienste thun. S. das Folgende.
4. stand er vom Mahle auf, legte seine Kleider ab,(5) nahm ein leinenes Tuch, und umgürtete sich damit. (5) d. i. sein Oberkleid.
5. Dann goß er Wasser in ein Becken, und fing an, die Füße seiner Jünger zu waschen, und mit dem leinenen Tuche abzutrocknen, womit er umgürtet war.
6. Da kam er zu Simon Petrus.(6) Petrus aber sprach zu ihm: Herr! du willst mir die Füße waschen ? (6) vor den übrigen Jüngern. Hätte Jesus mit andern Jüngern vor Petrus die Fußwaschuug vorgenommen, so würden sie sich gewiß, wenn auch nicht so entschieden wie Petrus, aber dennoch gesträubt, und Jesus würde sie zurechtgewiesen haben; nach dieser Zurechtweisung eines anderen aber hätte Petrus sich nicht mehr geweigert, die Waschung geschehen zu lassen. Sein Entgegensträuben ist also der augenscheinliche Beweis, daß Jesus zuerst an ihm die Waschung vorgenommen hat (Aug., Bede).
7. Jesus antwortete, und sprach zu ihm: Was ich thue, verstehst du jetzt nicht; duwirst es aber nachher verstehen. (7) (7) Unten V.12-15. gibt Jesus die Bedeutung der Handlung.
8. Petrus sprach zu ihm: Du sollst mit die Füße in Ewigkeit nicht waschen! (8) Jesus antwortete ihm: Wenn ich dich nicht wasche, so hast du keinen Theil mit mir!(9) (8) So einen niedrigen Knechtesdienst sollst du mir nimmermehr erweisen! Der Glaube und die Ehrfurcht, die Demnth und Liebe sprachen diese Worte aus Petrus (Aug.). ——
(9) Wenn du nicht gehorsam bist, so nimmst dn mit mir nicht Theil an meinem Reiche, an meinen Glütern, an meiner Verherrlichuug (Basil.).
9. Simon Petrus sagte zu ihm: Herr! nicht allein meine Füße, sondern auch die Hände und das Haupt.
10. Jesus sprach zu ihm: Wer gewaschen ist, bedarf nicht mehr, als daß er die Fuße wasche, so ist er ganz rein. (10) Auch ihr seyd rein,(11) aber nicht alle. . (10) Wer schon durch das Bad der Wiedergeburt, die Taufe (oder durch das Sakrament der Buse) von schweren Vergehen gereinigt ist, bedarf nur mehr der Fußwaschung, d. i. dessen, was die Fußwaschung sinnbildet, der thätigen, aufopfernden Liebe gegen denNächsten (V.14.15.). Die Liebe reinigt von den kleinern Fehlern, welchen der Mensch bei seiner Gebrechlichleit in diesem Erdenleben nicht leicht entgehen kann (Spr. 24, 16.). Die heiligen Apostel waren durch die Taufe (vergl. oben 41, 2.) von schweren Sünden rein; die kleinern, anklebenden Mängel sollten sie nun vor Empfangung des allerheiligsten Sakramentes durch die Liebe tilgen, d. i. durch den festen Vorsatz zu jener sich dem Nächsten aufopfernden, knechtlich dienenden Liebe, wovon ihnen Jesus das Beispiel gegeben.
(11) rein vermöge des Bades der Wiedergeburt, so daß ihr nur noch der Reinigung durch die Liebe bedürfet.
11. Denn er wußte, wer der wäre, der ihn verrathen würde; darum sagte er: Ihr seyd nicht alle rein.
12. Nachdem er nun ihre Fuße gewaschen, und seine Kleider angethan hatte, setzte er sich wieder zu Tische, und sprach zu ihnen: Wisset ihr, was ich euch gethan habe?
13. Ihr nennet mich Meister und Herr, und ihr sprechet recht; denn ich bin es.
14. Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, so sollet auch ihr, einer dem andern, die Füße waschen.
15. Denn ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so thuet, wie ich euch gethan habe.(12) (12) Sinn von V. 12—15.: Wisset ihr, was diese Handlung bedeutet? Sie lehret, daß ihr euch einander, seyen auch eure äußern Rangverhältnisse welche immer, die demüthigsten und anscheinend geringsten Dienste erweisen sollet. Christus hätte diese Lehre nicht nachdrücklicher versinnlichen können: denn die Fußwaschung was der niedrigste Knechtsdienst, und diesem unterzog sich der Herr des Himmels und der Erde. Darin konnten sie auf das lebendigste und eindringlichste anschauen, bis zu welcher Erniedriguug und Verleugnung auch die ersten unter ihnen sich im Dienste ihrer Brüder herablassen müssen. Vergl. Matth. 20, 22. Um diese Lehre von der aufopfernden, sich hingebenden Liebe allen Vorstehern und Großen lebendig gegenwärtig vor Augen zu erhalten, hat die katholische Kirche angeordnet, daß das Sinnbild der Fußwaschuug jährlich an dem Tage, da der Herr es gegeben, nach.seinem Beipiele wiederholt werde.
16. Wahrlich, wahrlich, sag’ ich euch: Der Knecht ist nicht größer als sein Herr, noch der Gesandte größer als der, welcher ihn gesandt hat! Matth. 10, 24. Luc. 6, 40. Unt. 15,20.
17. Wenn ihr dieses wisset, selig seyd ihr, wenn ihr darnach thut! (13) (13) Wissen und Thun macht selig.
18. Ich rede nicht von euch allen. (14) Ich weiß, welche ich erwählet habe; aber die Schrift (15) muß erfüllet werden: "Der das Brod mit mir ißt, erhebt wider mich seine Ferse." Ps.40, 10.
(14) Nicht alle habt ihr vieles Wissen und Thun, das selig macht, nicht alle habt ihr die aufopfernde Liebe. Im Gegentheile ist einer unter euch der mich seinen Leidenschaften und verbrecherischen Absichten aufopfert.
(15) Ich weiß wohl, welche ich zu Aposteln gewählt habe, und daß darunter auch Judas war; ich wußte auch, daß Judas seine Erwählung mißbrauchen und nicht zur Seligkeit gelangen werde; aber es waur vorhergesehen und vorherverkündet, und was vorhergesehen nnd vorherverkündet ist, erfüllt sich auch. S. oben 12,39. Note 35. Judas ist damit nicht entschuldigt; denn daß er seine Wahl mißbrauchte, war sein freier Wille. und er wollte nicht, weil es vorhergesehen ward, sondern es ward vorhergesehen und vorhergesagt weil und er wollte . In der obigen Stelle des Psalmes ist zunächst von Achitophel die Rede, welcher Davids Verräther ward. Wie David ein Vorbild des Messias, so war Achitophel das prophetische Vorbild des Judas.
19. Ich sage es euch schon jetzt, ehe es geschieht, damit ihr, wenn es geschehen ist, glaubet, daß ich es bin.(16) (16) Ich offenbare euch den Verrath, noch ehe er geschieht, damit ihr beim wirklichen Eintreffen desselben im Glauben an mich nicht irre werdet. Die Schriftertkärer stellen die Frage: ob die Offenbarung des Verrathes noch vor dem Genusse des heil. Abendmahles oder nach demselben vor sich gegangen sey, und ob Judas das heil. Abendtmahl empfangen habe? — Nach dem heil. Lucas war Judas beim heil. Abendmahle noch zugegen, und dieser Evangeist fügt dem Genusse desselben unmittelbar die Offenbarung des Verrathes an Luc. 22,20.21.). Da aus seinem Berichte die Absicht hervorleuchtet, die Geschichte des Mahles nach einer genauern Folge der einzelnen Vorfälle zu geben, indem er z. B. das Essen des Osterlammes von der Einsetzung des heil. Abendmahles deutlich unterscheidet, so scheint seine Anordnung der Erzählung vor jener der Evangelisten Matthäus und Marcus, welche die Anzeige des Verrathes vor dem Abendmahle geben, den Vorzug zu verdienen, und es dürfte diese Anzeige nach der Einsetzung und dem Genusse des heil. Sakramentes zu setzen seyn. Auzunehmen, daß Jesus sich vor und nach dem Abendmable darüber erklärt habe, daü Matthäus und Marcus Jesu Erklärug vor dem Mahle, Lucas und Joannes die nach dem Mahle geben, verbieten die einzelnen Umstände, die bei allen fast gllei sind, insbesondere die gegenseitige Fragestellung der Jünger (Matth. 26, 22. Marc. 14, 19. Luc. 22,23. Joan. 13, 22.). Diese muss bei allen übrigen Evangelisten an das Ende des Mahles zu setzen seyn, wenn sie bei Lucas dahin gehören soll; Daß Matthäus und Marcus die Entdeckung den Verrathes vor das Abendmahl setzen mochte wohl durch die Andeutung des Verrathes bei der Fußwaschung (V. 10. 11.) veranlaßt worden seyn. Da sie diese sinnbildliche Handlung nicht erzählten, bei derselben aber aus den Verrath schon hingedeutet wurde, setzten sie an ihre Stelle die ganze Erzählung vom Verrathe. Demnach wäre auch die nachfolgende Erzählung des Joannes nach dem Abendmahle zu setzen. Dieses selbst fiel wahrscheinlich zwischen die Reden von V.15, und 16. Wenigstens ist die bei Luc. 22, 24.ff. nach dem Abendmahle gegebene Anmahnung zur Demuth und zum Knechtesdienste ganz gleichlaufend mit den Worten von V.18.
20. Wahrlich, wahrlich, sag’ ich euch: Wer jemanden aufnimmt, den ich senden werde, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, der nimmt den auf, der mich gesandt hat!(17) (17) Diese Worte gehen aus V. 16. und 17. und die ganze vorhergehende Handlung der Liebe zurück. Die Offenbarung des Verrathes ist eine Zwischenhandlung. Wer jemanden, insbesondere meinen Gesandten, die aufopfernde Liebe erzeugt, der hat sie mir und dem Vater erzeigt. Vergl. Matth. 10, 40. Unter der Aufnahme ist zunächst die gastliche Aufnahme verstanden, wobei das Waschen der Füße üblich war. Die Seele des Herrn wird bald von dem einen, bald von dem andern Gedanken bewegt. Bald ist es das Verlangen, seine Jünger in der Liebe zu gründen, bald die Betrübniß, daß einer seiner Jünger sein Verräther wird. S. das Folgende und V 34.ff.
21. Als Jesus dieses gesagt hatte, ward er im Geiste betrübt, und bezeugte und sprach: Wahrlich, wahrlich, sag’ ich euch: Einer von euch wird mich verrathen!
22. 22. Da sahen die Jünger einander an, und waren ungewiß, von wem er redete.
23. Einer aber von seinen Jüngern, den Jesus lieb hatte, lag zu Tische im Schoße Jesu. (18) (18) d.i. Er war sein Vormann zur rechten Seite. Man lag auf einem Polster auf dem linken Arm gestützt, um die rechte frei zum essen zu haben, und hatte die Füße nicht uter dem Tische, sondern in entgegengesetzter Richtung, der Wand zu, ausgestreckt. Bei dieser Lage musste es geschehen, daß der Vormann rechts sich gerne gegen die Brust des Nachmanns lehnte, und gleichsam in seinem Schoße lag.
24. Diesem nun winkte Simon Petrus zu, und sprach zu ihm: Wer ist’s, von welchem er redet? (19) (19) Im Griech .... Petrus zu, er erforschen, wer der sey, von dem er rede.
25. Da lehnte sich dieser an die Brust Jesu, (20) und sprach zu ihm: Herr! Wer ists? (20) S. Note 18./td>
26. Jesus antwortete: Der ist’s, dem ich das Brod, welches ich eintunke,(21) reichen werde. Und er tunkte das Brod ein, und gab es dem Judas Jscariot, dem Sohne Simons. (22) (21) Jm Griech.: einen eingetunkten Bissen. .—
(22) Petrus winkte unmerklich, Joannes sprach leise, und Jesus antwortete leise, so daß die übrigen Jünger und selbst Judas nichts merkten.
27. Und nach dem Bissen fuhr der Satan in ihn. (23) Und Jesus sprach zu ihm: Was du thun willst, das thu bald!(24) (23) nahm Besitz von ihm, und beherrschte ihn vollends, nachdem er ihm früherhin den Verrath schon eingeflüstert hatte. S. oben V. 2. —
(24) Dieß war, wie der heil. Augustin bemerkt, kein Besehl, sondern eine Weissagung des Herrn, als ob er sagte: Was du thun willst, wird bald in Erfüllung gehen, oder: Thu bald, was du thun willst; denn ich sehne mich zu leiden und zu sterben für die Menschen.
28. Das verstand aber keiner von denen, welche zu Tische waren, warum er ihm dieses gesagt hatte.
29. Denn einige meinten, Jesus habe, weil Judas den Beutel hatte, zu ihm gesagt: Kaufe, was wir für das Fest brauchen; oder, daß er den Armen etwas gebe.
30. Als er nun den Bissen genommen hatte, ging er sogleich hinaus.(25) Es war aber Nacht. (25) Der dargereichte Bissen war dem Judas das Zeichen, daß das Mahl geschlossen sey; denn es war bei den Juden Sitte, daß der Hausvater am Ende der Mahlzeit seinen Gästen noch einen Bissen reichte. Jesus hatte dieß bis zu diesem Augenblicke gespart, weil es die Veranlassung zu Judas Abgang seyn sollte. Judas, der, um sein Vorhaben auszuführen, schon lange mit Ungeduld auf den Schluß des Mahles gewartet hatte, erhob sich also sogleich nach erhaltenen Bissen, und der Satan trieb ihn mit aller Macht dazu an. Er näherte sich dann Jesu, und da eben von dem, der Jesum verrathen würde, gesprochen worden war, fragte er Jesum leise mit teuflischem Frohlocken im Innern (s, Matth.26. Note 20.), ob er es sey? woraus Jesus bejahend antwortete (Matth. 26,15.), und die obigen Worte beisetzte.
31. Nachdem er nun hinausgegangen war, sprach Jesus: Nun ist der Menschensohn verherrlicht, und Gott ist in ihm verherrlicht! (26) (26) durch den Kreuzestod, der aus den Verrath des Judas eintreten wird. S· oben 12, 23
32. Wenn Gott in ihm verherrlicht worden ist, so wird Gott ihn auch in sich selbst verherrlichen, und er wird ihn alsbald verherrlichen. (27) (27) Wenn Gott durch den Tod des Menschensohnesverherrlicht, geehrt worden ist, so wird hinwiederum Gott den Menschensohn in seiner Gottheit, d. i. auf göttliche Weise und vermöge göttlicher Kraft verherrlichen oder ehren, indem er ihn von den Todten auferweckt, verklärt, in den Himmel aufnimmt, und seiner Sache auf Erden den Sieg verschafft. Und dieß wird sehr bald geschehen.
33. Kindlein! Eine kleine Weile bin ich noch bei euch. Ihr werdet mich suchen; aber (28) Aber bei den Juden setzte ich bei, daß sie mich suchen und in ihren Sünden sterben werden (ob. 8, 21.); euch dagegen vetkündige ich die Aufnahme beim Vater (unten 14, 3.).
34. Ein neues Gebot gebe ich euch, daß ihr euch einander liebet, wie ich euch geliebet habe, daß auch ihr euch einander liebet. (29) (29) bis zum Knechtesdienste und mit gänzlicher Hinopferung. Die Nächstenliebe befahl schon Moses (3. Mos. 19, 18.), aber nicht in diesem Grade; denn wie der heilige Geist auf eine neue Weise erschien, als er den Christen in einer größten Fülle ertheilt wird (s. Apostg. 2, 4.), so ist auch die christliche Liebe, vermöge ihrer vollkommmen Beschaffenheit, ihrer alles aufopfernden Kraft wegen, eine neue.
35. Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seyd, wenn ihr euch lieb habet unter einander.
36. Simon Petrus sprach zu ihm: Herr! wohin gehst du? Jesus antwortete: Wohin ich gehe, dahin kannst du mir jetzt nicht folgen; du wirst mir aber später folgen. (30) (30) zum Kreuzestode, und durch denselben in den Himmel.
37. Petrus sprach zu ihm: Warum kann ich dir jetzt nicht folgen? Ich will mein Leben für dich geben!(31) (31) Vergl. Luc. 22,33.
38. Jesus antwortete ihm: Du willst dein Leben für mich geben? Wahrlich, wahrlich, sag’ ich dir: Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen! Luc. 22, 34.

Capitel 14

Jesus bereitet uns Wohnungen. Er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Wer ihn sieht, der sieht den Vater. Er gewährt, um was in seinem Namen gebeten wird. Kennzeichen der Liebe. Verheißung des heiligen Geistes. Ermahuung zur Beobachtung der Gebote. Der heilige Geist lehrt alles. Der Friede Gottes. Liebe und Gehorsam Jesu.


Kommentare und Verweise
1. Euer Herz betrübe sich nicht! Ihr glaubet an Gott; glaubet auch an mich! (1) (1) Betrübet euch nicht, daß ich euch verlasse (oben 13, 33.), und fürchtet.euch nicht vor den kommenden Widerwärtigkeiten. Ihr glaubet ja an Gott. Glaubet darum auch an mich, seinen göttlichen Sohn, und seyd versichert, daß ihr durch meinen Schutz über alle Hindernisse sieget. Der Glaube überwindet alles. Und betrübet euch nicht, daß ihr jetzt allein bleibet; bald werdet ihr zu mir kommen.
2. Im Hause meines Vaters sind viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, so hätte ich es euch gesagt; denn ich gehe hin, für euch einen Ort zu bereiten. (2) (2) Die Wohnung im Himmel, die ewige Seligkeit, war den heiligen Aposteln von Ewigkeit her bestimmt; aber christus bereitete sie insoferne, als sie erst durch seinen Tod und Hingang zum Vater zugänglich wurde.
3. Und wenn ich werde hingegangen seyn, und einen Ort für euch bereitet haben, so will ich wieder kommen, und euch zu mir nehmen, damit auch ihr seyd, wo ich bin.(3) (3) Christus kommt wieder bei jedes Menschen Tode und beim letzten Gerichte am jüngsten Tage.
4. Wohin ich aber gehe, das wisset ihr, auch den Weg wisset ihr.
5. Da sprach Thomas zu ihm: Herr! wir wissen nicht, wohin du gehst; und wie können wir den Weg wissen?(4) (4) Christus läßt die Neugierde des Thomas über die himmliscben Wohnungen unbefriedigt, und antwortet in dem Folgenden nur auf die letztere, wichtigere Frage.
6. Jesus sprach zu ihm: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater, außer durch mich. (5) (5) Ich bin der Weg zum Vater, weil ich die belebende Wahrheit bin. Da nur eine solche zum Vater führt, bin ich der einzige Weg zu ihm. Die Menschheit liegt nämlich todt in Sünde und Irrthum, und ist darum getrennt von Gott. Soll sie mit Gott wieder vereinigt werden, so muß es durch eine Wahrheit geschehen, die den Tod überwinden kann, welche Kraft des Lebens, der Wiederbelebung, der Wiedergeburt in sich hat. Diese Wahrheit ist nur Christus; denn nur er vereinigt mit seiner Lehre auch das Leben, die Kraft, das, was todt war, wie Seele und Leib, wieder zu beleben, und so dem Vater wieder zurückzugeben; und nur er hat durch seine Kirche eine an seine Stelle tretende (s. Matth. 28. Note 23.) Anstalt errichtet, welche nicht nur belehret, sondern auch beleben kann. In diesem Sinne nannte sich der Herr früher schon den Weg)die Thüre, oben 10, 7.), die Wahrheit (oben 1, 4. 7. 8, 32.) und das Leben (oben 1,4.5, 24. 6,33.5.); die Worte sind aber ein vielsinniger Weisheitsspruch, dessen reichen Gehalt die heiligen Väter, in mannigfaltiger Weise entwickelt haben. S. Cornelius a Lapide.
7. Wenn ihr mich kennetet, so würdet ihr auch meinen Vater kennen; aber von nun an werdet ihr ihn kennen , und ihr habt ihn gesehen. (6) (6) Durch Erkenntniß des Göttlichen in mir erkennt man auch das Göttliche im Vater, und kommt zum Vater. Dies Göttliche in mir habt ihr bisher nicht vollkommen erkannt, obwohl ihr es, und also den Vater, gesehen habt; aber ihr werdet,es (durch den kommenden Geist, V. 16. 17.) vollkommen kennen lernen.
8. Philippus sprach zu ihm: Herr! zeige uns den Vater, und es genügt uns.
9. Jesus sprach zu ihm: So lange Zeit bin ich bei euch, und ihr kennet mich noch nicht?(7) Philippus! wer mich sieht, der sieht auch den Vater.(8) Wie kannst du denn sagen: Zeig uns den Vater? (7) Im Griech.: und du kennst mich noch nicht?
(8) weil wir eine und dieselbe göttliche Wesenheit haben.
10. Glaubet ihr nicht, daß ich im Vater bin, und daß der Vater in mir ist?(9) Die Worte, die ich zu euch rede, rede ich nicht von mir selbst. Und der Vater, der in mir wohnt, dieser thut (auch) die Werke. (10) (9) daß Wir, der Vater und ich, auf das innigste mit einander verbunden sind? Im Griech.: Glaubst du nicht,daß x. Vergl. Oben 10, 30.38. 5,20.36.
(10) Meine Reden und Handlungen sind zugleich Reden und Handlungen des Vaters, insoferne wir von Einer Wesenheit und auf das innigste verbunden sind. Wer also meine Reden und Handlungen wahrnimmt, der lernt daraus den Vater kennen.
11. Glaubet ihr nicht, daß ich im Vater bin, und der Vater in mir ist?(11) (11) Im Griech.: Glaubet mir, daß ich x.
12. Wo nicht, so glaubet mir doch um der Werke willen. Wahrlich, wahrlich, sag’ ich euch, wer an mich glaubt, der wird die Werke auch thun, die ich thue, und er wird noch Größere als diese thun; denn ich gehe zum Vater!
13. Und um was ihr immer den Vater in meinem Namen bitten werdet, das will ich thun, damit der Vater in dem Sohne verherrlicht werde. Matth. Matth. 7, 7. 21, 22. Marc. 11,24. Unt. 16.28.
14. Wenn ihr mich um etwas bittet in meinem Namen, das will ich thun. (12) (12) Sinn der Verse 11——14.: Wollet ihr mir auf das Wort nicht glauben, daß in mir die Gottheit ist und erkannit werden nann, so glaubt vermöge der Wunder, die ich wirke, und der noch größeren Wunder welche die Gläubigen nach meinem Hingange zum Vater und nach meiner Verherrlichung bei ihm durch meine Vermittlung wirken werden; denn alles, um was ihr mich dann in meinem Namen bitten werde, das werde ich euch gewähren. Zu Christi Namen bitten heißt in seinem Wesen, in seinem Sinne und Geiste bitten. Vergl. Matth. 7, 7. 8. ff. Zu diesen größeren Wundern gehört wohl auch die Bekehrung der Völker, welche in der Kraft Christi durch die Apostel bewirkt ward.
15. Wenn ihr mich liebet, so haltet meine Gebote (13) (13) Christus geht vom Glauben (V. 12.) und von der Hoffnung (V. 13. 14.) zur Liebe über.
16. Und ich will den Vater bitten, und er wird euch einen andern Tröstet (14) geben, damit er in Ewigkeit bei euch bleibe, (15) (14) den heiligen Geist (Matth. 10, 19.20) Das griechische Wort "Parakleto" bedeutet Anwalt, Beistand, Fürsprecher, Tröster. Alles dieses ist heilige Geist; doch scheint die letztere Bedeutung hier zunächst beabsichtet zu seyn, da der neue Gesandte sie zunächst über den Hingang Jesu trösten sollte. Der heilige Geist heißt ein anderer Tröster, einer gleich Christo; er ist also eine wirkliche Person, wie dieß noch aus andern Eigenschaften hervorgeht die ihm zugeschrieben werden (V. 26. 15, 26. 16, 7. 8. 14.).
(15).immer euch erleuchte, heilige und tröste. -
17. den Geist der Wahrheit,(16) den die Welt nicht empfangen kann (17) denn sie sieht ihn nicht, und kennt ihn nicht.(18) Ihr aber werdet ihn erkennen; denn er wird bei euch bleiben, und in euch seyn. (16)der die Wahrheit Christi (V. 6.) verstehen und ausüben lehrt (unten 15, 26. 16,13.). —
(17). nämlich die in irdischer, fleischlicher Gesinnung Verharrenden. Die sinnliche undgeistige Gesinnung schließen sich einander aus. S. Röm. 8, 7. —
(18) weil sie nur für das Irdische, Sinnliche willige Empfänglichkeit hat.
18. Ich will euch nicht als Waisen zurücklassen; ich will zu euch kommen. (19) (19) sichtbar nach der Auferstehung (Aug.); am Pfingstfeste mittels des heil. Geistes (Cyrill).
19. Noch eine kleine Weile, und die Welt sieht mich nicht mehr. Ihr aber werdet mich sehen, weil ich lebe, und ihr auch leben werdet. (20) (20) Jhr werdet mich sehen hier nach meiner Auferstehung und dort in der Herrlichkeit, weil ich als das Le en nicht im Tode bleibe, und ihr auch vermöge meines Lebens leben werdet, ewiglich der Seele und einst auch dem Leibe nach.
20. An demselben Tage werdet ihr erkennen, daß ich in meinem Vater bin, und ihr in mir, und ich in euch. (21) (21) Zur Zeit, da ihr mich sehet, werdet ihr die innigste Verbindung: die einestheils zwischen mir und dem Vater, anderntheils zwischen mir und euch stattfindet, einsehen. Bemerke also ein Dreifaches: die Verbindung des Sohne mit dem Vater vermöge seiner ewigen Zeugung aus ihm; dann die Verbindung der wahren Christen mit Christo vermöge ihrer gnadenvollen Wiedergeburt zu Kindern Gottes und ihrer Einverleibung in ihn (vergl. Eph. 5, 23. ff. Unt. 15, 1.); endlich die Verbidung Christi mit den Christen vermöge seiner Erleuchtung, Leitung, sakramenialischen Einkehr, womit er die Seelen auf geistige Welse gleichsam durchwohnt. Auf ähnliche Weise fassen den Sinn dieser Stelle Chrillus und Hilarius.
21. Wer meine Gebote hat, und sie hält, der ist's, der mich liebt. Wer mich aber liebt, der wird von meinem Vater geliebt werden; ich werde ihn auch lieben, und mich selbst ihm offenbaren.(22) (22) hienieden schon durch Erleuchtung in den göttlichen Dingen und Beseligung, wodurch die Seelen Christum innerlich wahrnehmen und gleichsam kosten; dort einst in der Anschauung Cyrill., Aug.).
22. 22. Da sprach Judas, nicht der Jscariot,(23) zu ihm: Herr! wie kommt es, daß du dich uns, und nicht der Welt offenbaren wirst? (24) (23) sondern Judas Thaddäus. —
(24) Wie kommt es, daß du als Messias nur uns und nicht auch den übrigen Menschen dich kundmacheu wirst? Soll denn der Messias nicht ein sichtbares Reich auf derganzen Erde errichten?
23. Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wenn mich jemand liebt, so wird er mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben; wir werden zu ihm kommen, und Wohnung bei ihm nehmen. (25) (25) Jesus, erklärt, wenn er sich offenbaren werde, nämlich allen, die ihn lieben, allen, die seine Gebote halten. Wie wird er sich ihnen offenbaren? Er wird im Geiste mit dem Vater mittels besonderer Gnade und Beseligung ihnen nahe seyn, und Wohnung bei ihnen nehmen (2. Cor. 6, 16. 3. Mos. 26, 11. 12.)
24. Wer mich nicht liebt, der hält meine Worte nicht und das Wort, welches ihr gehört habet, ist nicht mein, sondern des Vaters, der mich gesandt hat. (26) (26) Dieser Vers lehrt, wem sich Jesus nicht offenbart, nämlich jenen nicht, welche seine Gebote, die eigentlich des Vaters Gebote sind, nicht halten, und damit zeigen, daß sie weder den Sohn noch den Vater lieben
25. Dieses habe ich zu euch geredet, da ich noch bei euch bin.
26. Der Tröster aber, der heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, derselbe wird euch alles lehren, und euch an alles erinnern, was immer ich euch gesagt habe.(27) (27) Dieß und anderes habe ich während meines irdischen Lebens zu euch geredet, und ich weiß wohl, daß vieles euch noch dunkel ist, aber der heilige Geist wird euch alles deutlich machen, und an alle meine Worte euch erinnertn. S. ob. V. 16.
27. Den Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden geb’ ich euch; nicht wie die Welt gibt, gebe ich euch. (28) Euer Herz betrübe sich nicht, und fürchte nicht! (29) (28) Wenn die Hebräer Abschied nahmen sprachen sie: Friede sey mit euch! Das thut auch hier Christus. Doch sind es bei ihm keine bloßen Worte, wie bei den Menschen, sondern Geist und LEben, d.i. was er wünscht, das gibt er zugleich. Darum heißt er Friedensmann (Isai. 9,6.). Wie gibt christus den Frieden? Er gibt ihn, indem er den Menschen mit Gott und dem nächsten vereinigt, und in sich selbst ihn dadurch befriedigt, daß er den Leib dem Geiste unterwirft. Ist dieser Friede mit Gott, mit dem nächsten, mit sich selbst eingetreten, so begleitet ihn ein übernatürliches Gefühl der Ruhe, Heiterkeit und Seligkeit auch bei den äußeren Leiden und Trübsalen, welches unbeschreiblich und ein Vorgeschmack der ewigen Seligkeit ist (Philip. 4,7.). Dieses Gefühl heißt gewöhnlich auch selbst der Friede. Die Welt sucht mit ihren gütern und Freuden auch einen Frieden zu geben; aber ihre Befriedigung ist weder wahrhaft noch andauernd.
(29) Vergl. Hohel. 3, Note 12
28. Ihr habt gehört, daß ich euch gesagt habe: Ich gehe hin, und komme wieder zu euch; wenn ihr mich liebtet, so würdet ihr euch ja freuen, daß ich zum Vater gehe; denn der Vater ist größer als ich. (30) (30) Ich habe zu euch von meinem Hingange und meiner Zurückkunft gesprochen: Über den ersteren seyd ihr traurig; aber wenn ihr mein Wohl , welches mit dem eurigen verbunden ist, im Auge hättet, würdet ihr euch darüber freuen, denn der Vater, zu dem ich gehe istder Größere, und wird mir Größeres, die Verherrlichung, die Erhebung aus dem Stande der Niedrigkeit zur Herrlichkeit geben, was von den erfreulichsten Folgen auch für euch seyn wird (Cyrill)· Christus spricht hier von sich als Mensch; denn er, redet vom Hingange. Als das göttliche Wort hatte er die Herrlichkeit des Vaters nie verlassen, und von einem Hingange des Wortes zum Vater hätte daher gar keine Rede seyn können (Athan., Aug. und die übrigen Väter). Es lassen sich jedoch die Worte "Der Vater ist größer als ich" auch mit der göttlichen Natur Jesu Christi vereinigen; denn der Vater ist größer als der Sohn, zwar nicht der Natur und Würde nach, aber insoferne er der Grund des Sohnes ist (Athan., Hilar., Chrys., Damasc.).
29. Und nun habe ich es euch gesagt, ehedenn es geschieht, damit ihr glaubet, wann es geschehen seyn wird. (31) (31) Ich habe zu euch von meinem Hingange gesprochen, damit euer Glaube beim wirklichen eintreffen desselben gestärkt werde, wenn ihr auch darin sehet, wie alle meine worte in Erfüllung gehen.
30. Ich werde nun nicht mehr viel mit euch reden; denn es kommt der Fürst dieser Welt; aber er hat nichts an mir; (32) (32) Ich rede nun nicht mehr vieles mit euch; denn der Zeitpunkt ist Nahe, daß der Satan durch seine Werkzeuge mich tödtet; aber da er auf mich, den Unschuldigen, kein Recht hat, leide ich den Tod nicht weil er über mich etwas vermag, sondern weil ich den Willen meines Vaters erfüllen will.
31. sondern damit die Welt erkenne, daß ich den Vater liebe, und so thue, wie mir es der Vater befohlen hat. Stehet auf, lasset uns von hier weg gehen!

Capitel 15

Christus der Weinstock; seine Jünger die Reben. Er ermahnt zur Beständigkeit, Liebe, Geduld in den widerwärtigkeiten, und verspricht abermal den heiligen Geist.

Kommentare und Verweise
1. Ich bin der wahres Weinstock, (1) und mein Vater ist der Weingärtner. (1) Das hier folgende Gleichniß vom weinstocke gab Jesus wahrscheinlich beim Herabsteigen vom Berge Sion, wo man eine aussicht auf die nahegelegenen Weinberge hatte. Christus nennt sich den Weinstock und seine Jünger die Reben wegen der innigsten Verbindung, die zwischen ihm and ihnen stattfindet, und insoferne von ihm mittels des heiligen Geistes alle Kraft auf sie übergeht, wie von dem Weinstock, der Saft auf die Reben (Chrill.). Er nennt sich den wahren Weinstock, insoferne nur von ihm mittels des Geistes seine Jünger ihr höheres Leben erhalten. Aus ganz ähnliche Weise nennt ihn Paulus das Haupt des Leibes, der Kirche, und seine Jünger die Glieder (Eph. 5,23.30. Col.1,18.). Vermöge dieser innigen Verbindung, die zwischen dem Weinstocke und den Reben, dem Haupte und den Gliedern des Leibes stattfindet, stellt Christus mit seinen Jüngern die neue Menschheit vor, die Gott der Vater in ihm gepflanzt hat und erhält (s. Hohel. 2. Note 23.) Da das Volk Jsrael schon die neue Menschheit vorbildete und anbahnte, so wird es ebenfalls häufig im Alten Testamente der Weinstock Gottes genannt (Jsai. 5, 1. ff. Jer. 2, 21.).
2. Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, nimmt er weg,(2) und jede, die Frucht bringt, reinigt er,(3) damit sie mehr Frucht bringe. (2) Jeden Jünger, der mir durch den Glauben und die Taufe, wie eine Rebe dem Weinstocke, eingepflanzt ist, aber keine Frucht guter Werke bringt, scheidet er von meiner Gemeinschaft aus (Aug., Chrys., Cyrill.). —
(3) von dem noch anklebenden Unreinen, theils durch größere Erleuchtung, theils durch das Feuer der Trübsale.
3. Ihr seyd jetzt rein wegen der Rede, die ich zu euch gesprochen habe. (4) (4) In seyd rein vermöge meiuer Heilsanstalt, insbesondere durch das Wort der Taufe (s. oben 13,10). Unter dem Worte ist hier die ganze Wirksamkeit Christi zum Heile der Jünger zu verstehen. Warum, frägt der heilige Augustin, hat Christus nicht gesagt, sie seyen rein durch die Taufe, sondern vielmehr durch das Wort? — Nimm das Wort hinweg, antwortet er, was ist das Wasser anders als Wasser? Es kommt das Wort zum Element, und es wird ein Sakrament und gleichsam ein sichtbares Wort.
4. Bleibet in mir,(5) und ich (bleibe) in euch. (6) Gleichwie die Rebe von sich selbst nicht Frucht bringen kann, wenn sie nicht am Weinstocke bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibet. (7) (5) durch willigen Glauben. —
(6) mittels meiner Gnaden und sakramentalischen Einkehr. S. oben,14. Note 21. —
(7) Woher zieht die Rebe ihr Leben? Von ihrer Vereinigung mit dem Weinstocke. Was empfängt sie von demselben? Was das Innerste in ihm ist, den Saft, von dem er selbst lebt. In Jesu Christo lebt die menschliche Natur geistiger Weise durch die Vereinigung mit der göttlichen Natur; dort schöpft sie den Geist Gottes. So muß auch durch Jesum Christum, wie durch einen Canal, derselbe Geist Gottes in uns übergehen,um uns, in angemessenen Verhältnisse, zu innerlichen und göttlichen Menschen zu machen, wie Jesus Christus es war. Unsere Vereinigung mit ihm ist unerläßlich, und durch ihn unsere Vereinigung mit Gött, der als ein Geist uns, die wir irdisch sind, geistig macht.
5. Ich bin der Weinstock, ihr seyd die Re- ben; wer in mir bleibet, und ich in ihm, der bringt viele Frucht: denn ohne mich könnet ihr nichts thun.(8) (8) nichts, was einen Werth für’s ewige Leben hätte, und ewige Belohnung verdiente.
6. Wenn jemand nicht in mir bleibt, der wird wie eine Rebe hinausgeworfen, und verdorrt; man sammelt sie ein, wirft sie in’s Feuer, und sie brennt.(9) (9) Vergl. Czech. 15. Note 2.
7. Wenn ihr in mir bleibet, und meine Worte in euch bleiben, so möget ihr bitten, was ihr immer wollet, es wird euch gegeben werden. (10) (10) Wer in Christo mittels des Glaubens bleibt, und seine Gebote hält, der erhält, um was er immer in dieser Vereinigung mit Christo bittet; denn, sagt der heilige Augustin, wenn man in Christo bleibt, was kann man anders wollen, als was Christo gefällt, und was Christo gefällt, wird gegeben. Vergl. Matth. 7. Note 6.
8. Darin wird mein Vater verherrlichet, daß ihr sehr viele Frucht bringet, und meine Jünger werdet. (11) (11) Darin wird die Ehre meines Vaters befördert, wenn ihr in der Ausübung guter Werke und in meiner Nachfolge immer mehr wachset.
9. Gleichwie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibet in meiner Liebe! (12) (12) Bisher hat Christus von der innigen Vereinigung zwischen sich und seinen Jüngern gesprochen: nun kommt er auf die Liebe, auf den Grund der Vereinigung. Er sagt zuförderst, daß seine Liebe zu ihnen ähnlich der Liebe des Vaters zu ihm sey, und ermahnt sie dann, sich diese Liebe zu bewahren. Dieß geschieht, sagt er im folgenden Verse, durch Gegenliebe (sieh oben 14, 21.).
10. Wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibt ihr in meiner Liebe; so wie auch ich (13) meines Vaters Gebote gehalten habe, und in seiner Liebe bleibe. (13) als Gottmensch
11. Dieses habe ich zu euch geredet, damit meine Freude in euch sey, und eure Freude vollkommen werde. (14) (14) Von unserer Vereinigung und gegenseitigen Liebe habe ich zu euch gesprochen, damit die Seligkeit welche ich selbst durch die Liebe empfinde, auch euch erfülle, und bis uns den höchsten Grade steigt. Das Gebot der Liebe gibt also der Heiland, um uns hier und dort zu beseligen; denn die Liebe macht selig.
12. Dieß ist mein Gebot, daß ihr euch einander liebet, wie ich euch geliebet habe. (15) Ob. 13, 34.
(15) Unter den Geboten, deren Beobachtung uns die Liebe Jesu sichert, ist das vorzüglichste das der Nächstenliebe. Diese ist immer zugleich Gottesliebe; denn wer den Nächsten wahrhaft liebt, der liebt ihn um Gottes und Jesu willen
13. Eine größere Liebe als diese hat niemand, daß er nämlich für seine Freunde hingibt.**Als Gott wohlgefälliges Sühnopfer. (16) Der höchste Grad der Nächstenliebe ist aber der, daß jemand, wo es Noth thut, nicht blos Ehre, Güter, Gesundheit hingibt für die, welche er liebt (Freunde und Feinde), sonder selbst das Leben. So liebte Christus.
14. Ihr seyd meine Freunde, wenn ihr thut, was ich euch gebiete.
15. Ich nenne euch nun nicht mehr Knechte, denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr thut; sondern ich habe euch Freunde genannt, weil ich alles, was ich von meinem Vater gehört, euch kund gethan habe. (17) (17) Ich nenne euch Freunde, weil ich euch nichts vorenthielt, sondern alle göttlichen Geheimnisse, die ich offenbaren sollte, euch geoffenbart habe. — Christus schließt hier zugleich die Offenbarung, die er später durch den heiligen Geist gab (s. V. 12.), mit ein (Aug., Veda).
16. Nicht ihr habt mich ertwählt, sondern ich habe euch auserwählt; und ich habe eucb gesetzt, daß ihr gehet und Frucht bringet, und eure Frucht bleibe; damit euch der Vater alles gebe, was ihr immer in meinem Namen bitten werdet. (18) Matth. 28, 19.
(18) Nebst der Offenbarung ist ein anderer Beweis seiner großen Liebe zu ihnen, daß er sie zuerst gesucht, bevor sie ihn suchten, und daß er sie zuerst als Reben für seinen Weinstoct bestimmt hat, um bleibende Frucht zu bringen, bevor sie es selbst wollen konnten. Es liegt in diesen Worten das Geheimniß der göttlichen Gnade und der menschlichen Freiheit; das Vorausgehn der göttlichen Gnade, das Nachfolgen der menschlichen Freiheit. Ueber die Schlußworte des Verses s. oben V. 7. —
17. Dieß befehle ich euch, daß ihr euch einander liebet! 1. Joan. 3, 11. 4, 7.
18. Wenn euch die Welt (19) haßt, so wisset, daß sie mich vor euch gehaßt habe. (19) die irdisch gesinnten Menschen.
19. Wäret ihr von der Welt gewesen, so würde die Welt das Ihrige lieben; weil ihr aber nicht von der Welt seyd, sondern ich euch von der Welt auserwählt habe, darum hasset euch die Welt.
20. Gedenket meiner Rede, die ich zu euch gesagt habe: Der Knecht ist nicht größer als sein Herr. Haben sie mich verfolgt, so werden sie euch auch verfolgen; haben sie meine Worte gehalten, so werden sie auch die eurigen halten. (20) Ob. 13, 16. Matth. 10, 24. (20) Wie sie, die hartnäckigen Weltkinder, meine Lehre verworfen haben, so werden sie auch die eurige verwerfen. Vergl. oben 7, 30. Matth. 10, 24. Andere geben den Sinn: Wie sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen; wie aber auch manche mein Wort bewahrten, so werden auch einige euer Wort aufnehmen (Erhard).
21. Aber dieß alles werden sie euch thun um meines Namens willen; (21) denn sie kennen den nicht, der mich gesandt hat. (21) Um meiner Wesenheit willen, um dessen willen, was ich bin, und will, um meiner Übernatürlichen Weisheit und Tugend wegen. Die Welt will nichts von Jesu hören; wie das volle Bekenntniß und die Ausübung seiner Lehre, ist ihr selbst das Wort seines Namens widrig. Man hört die Worte: Schöpfer, lieber Gott, Vorsehung, Himmel, öfter aus ihrem Munde aber den Namen Jesu vermeiden sie ängstlich, wie ihr das, was Jesus ist und will, fremd ist. Und doch. wer Jesum nicht hat und kennt, hat und kennt auch Gott nicht! S, Matth. 10, 22. 1. Joan. 2, 23.
22. Wenn ich nicht gekommen wäre, und zu ihnen nicht geredet hätte, so hätten sie keine Sünde (22) nun aber haben sie keine Entschuldigung für ihre Sünde. (22) Nämlich die Sünde der Verstockung und der Verwerfung des Messias.
23. Wer mich haßt, der hasset auch meinen Vater.
24. Wenn ich nicht die Werke unter ihnen gethan hätte, die kein anderer gethan hat, so hätten sie keine Sünde; nun aber haben sie auch gesehen, und hassen doch mich und meinen Vater. Ob. 10, 37.
25. Aber es mußte das Wort erfüllet werden, das in ihrem Gesetze geschriebene steht: Sie hassen mich ohne Ursache. (23) (23) Diese Worte sind wohl aus Ps. 68, 5. genommen, worin der Psalmist von den Schicksalen des leidenden Messias weissagt.
26.Wenn aber der Tröster kommen wird, den ich euch vom Vater senden werde, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, derselbe wird von mir Zeugniß geben. (24) Luc. 24, 49.
(24) Ihr denket, was wird unsere Predigt nützen, wenn die Welt sie ebenso aufnimmt, wie die deinige. Sorget euch nicht! Der Geist, der vom Vater ausgeht, den ich euch vom Vater senden werde,derselbe wird viele, die früher nicht glauben wollten, von meiner Lehre überzeugen. — Der Geist, die dritte Person in der Einen göttlichen Wesenheit, geht vom Vater und Sohn zugleich aus (s. unten 16, 14.), und wird vom Vater und Sohn zugleich gesandt (oben 5, 19. Gal. 4, 6.). Der Vater kommt von keinem, der Sohn aber vom Vater allein, und der heilige Geist von beiden von Ewigkeit, ohne Anfang und Ende (IV,. Lateranensisches Concil. Cap. 1.).
27. Und auch ihr werdet Zeugniß geben, weil ihr vom Anfange bei mir seyd.(25) (25) Ihr werdet als Augenzeugen meines Wirkens gleichfalls von mir zeugen. Das innere, göttliche Zeugniß, und euer äußeres menschliches, werden meiner Lehre Eingang verschaffen.

Capitel 16


Jesus weissagt seinen Jüngern Verfolgung und Trübsal, wiederholt die Vertheißung des heiligen Geistes und
und künftigen Glückseligkeit der Apostel. Glaube der Apostel an Jesum, und Vorhersagung ihrer Flucht.


Kommentare und Verweise
1. Dieses habe ich zu euch geredet, damit ihr euch nicht ärgert. (1) (1) S. Matth. 13, 21.
2. Sie werden euch aus den Synagogen ausstoßen;(2) ja, es kommt die Stunde, daß jeder, der euch tödtet, Gott einen Dienst zu thun glauben wird. (3) (2) aus der Gemeinschaft ausschließen. ——
(:3) Vergl. Apostg. 6, 12. ff. 7,56. ff. 8, 1. ff
3. Und das werden sie euch thun, weil sie weder den Vater noch mich kennen. (4) (4) S. oben 15, 21.
4. Aber ich habe euch dieß gesagt, damit, wenn die Stunde kommt, ihr euch daran erinnert, daß ich es euch gesagt habe.
5. Anfangs hab’ ich euch dieses nicht gesagt, weil ich bei euch war.(5) Nun aber gehe ich hin zu dem, der mich gesandt hat; und niemand von euch fragt mich: Wo gehst du hin? (5) So lange ich bei euch war, und alle Verfolgungen nur mich treffen sollten, habe ich noch nie so bestimmt von euern künftgen Verfolgungen und Trübsalen gesprochen; nun, da ich euch verlasse, muß ich euch vorbereiten.
6. sondern weil ich euch dieses gesagt habe, hat die Traurigkeit euer Herz erfüllt. (6) (6) Niemand von euch erbittet sich nähern Ausschluß über meinen Hingang, und inwieferne er zu eurem Heile ist; sondern ihr gebt euch nur der Traurigkeit hin. Oben 14, 5. hatte zwar Thomas gefragt, aber die Frage wieder fallen lassen.
7. Aber ich sage euch die Wahrheit: Es ist euch gut, daß ich hingehe; denn wenn ich nicht hingehe, so wird der Tröster nicht zu euch kommen; gehe ich aber hin, so werde ich ihn zu euch senden. (7) (7) Erst auf die Verherrlichung Christi konnte die Sendung des heiligen Geistes folgen. S. Apostg. 2,4.
8. Und wenn dieser kommt, wird er die Welt überzeugen von der Sünde, und von der Gerechtigkeit, und von dem Gerichte:
9. von der Sünde nämlich, weil sie nicht an mich geglaubt haben;(8) (8) Im Griech.: nicht an mich glauben. Der heilige Geist wird sie überzeugen, daß sie durch ihren Unglauben und die Verwerfung des Messias schwer gesündigt haben. Diese Überzeugung bewirkte der heilige Geist durch die Predigt der Apostel (Apostg. 13, 12.) und die innerliche Erleuchtung. Von diesen Überzeugten glaubten einige (Apostg.4, 4.), andere wurden noch verstockter (Apostg. 4, 17, ff.)
10. von der Gerechtigkeit aber, weil ich zum Vater gehe, und ihr mich nicht mehr sehen werdet; (9) (9) Der heilige Geist wird sie auch von meiner Gerechtigkeit überzeugen, nämlich daß ich gerecht war, und daß andere durch mich zur Gerechtigkeit geführt werden. Diese Ueberzeugung wird sie gewinnen aus meinem Hingange und meiner Unsichtbarkeit; denn obwohl hingegangen und körperlich unsichtbar, auch für die Vertrautesten, wird sie mich überall wunderbar wirksam erblicken, und daraus den Schluß ziehen, daß ich der Gerechte Gottes gewesen seyn müsse, der allen zur Gerechtigkeit verhilft.
11. und von dem Gerichte, weil der Fürst dieser Welt schon gerichtet ist. (10) (10) Vom Gerichte wird sie der Heilige Geist überzeugen, indem sie sehen wird, wie der Satan im Folge seines Falles (Luc. 10,18 Oben 12,31) allmählich das Feld räumen muss, und seine Werke, Irrthum, Lasterhaftigkeit, Götzendienst, und das daraus hervorgehende elend, immer mehr durch die Verbreitung meines Reiches verschwinden.
12. Ich habe euch noch vieles zu sagen, aber ihr könnet es jetzt nicht tragen.
13. Wenn aber jener Geist der Wahrheit kommt, der wird euch alle Wahrheit lehren; (11) denn er wird nicht von sich selbst reden, sondern, was er hört, wird er reden, (12) und was zukünftig ift, euch verkünden. (11) Im Griech.: wird euch in alle Wahrheit leiten. Ich hätte euch auch vieles zu sagen über manche Geheimnisse des Glaubens, über die Belehrung der Heiden, die Art und Weise, wie der mosaisehe Gottesdienst in den christlichen übergehen soll, über die Regierung der Kirche; aber ihr könnt es noch nicht fassen. Dieß wird der Geist thun, der euch allmählig üiber alles belehren wird. Eigentlich hatte Christus alles schon angedeutet, aber die Entwicklung mancher Lehren und die unfehlbare Verständigung darüber war dem heiligen Geiste vorbehalten. -—
(12) was er vom Vater und Sohne empfängt, wird er lehren, d. i. aus dem göttlichen Wesen und Wissen wird er schöpfen. Hören, sagt der heilige Augustin, ist bei ihm Wissen, und Wissen ist Seyn. Von dem, wovon er ausgeht, hat er Seyn, Wissen und Hören. Auf dieselbe Weise ist das Reden und Sehen beim Sohne zu verstehen (oben 3, 32. 34.). ——
14. Derselde wird mich verherrlichen;(13) denn er wird von dem Meinigen nehmen. und es euch verkünden.(14) (13) alles, was ich bin und will, meine Person, meine Lehre zu Ehren bringen. —
(14) Denn er empfängt das göttliche Wesen und die göttliche Erkenntnis; von mir, und Wird also meine Erkenntniß mittheilen. Aus den Worten "er wird von dem Meinigen nehmen" beweisen die heiligen Väter und der allgemeine Kirchenrath von Florenz (Sitz. 25) die Gottheit des Sohnes und den Ausgang des heil. Geistes vom Sohne wie vom Vater.
15. Alles, was der Vater hat, ist mein; darum habe ich gesagt: Er wird von dem Meinigen nehmen, und es euch verkündigen.(15) (15) Das ganze Eigenthum des Vaters, also sein göttliches Wesen und Wissen und die Eigenschaft der Ausathmung des Geistes (oben 15, 26.), ist auch mein Eigenthum; darum konnte ich sagen, daß der Geist von meinem Eigenthume nimmt, und es euch verkündet. Bemerke wohl: Christus sagt nicht: Der Vater bin auch ich, sondern: alles, was der Vater hat, habe auch ich; denn der Sohn ist nicht Vater, sondern hat nur, was der Vater hat — das göttliche Wesen und die Kraft der Ausathmung des Geistes. Es heißt ferner nicht von dem Geiste, daß er der Sohn (und Vater) sey, sondern nur: daß er von dem Eigenthume des Sohnes (und Vaters) habe; denn obwohl göttliche Person, hat er, vom Vater und Sohn ausgehend, doch nicht die Aushauchung eines andern göttlichen Geistes. Man muß also Wohl die göttlichen Persönlichkeiten, das, was dem Vater, Sohne und Geiste als Personen zukommt, in der göttlichen Wesenheit, die allen gemein ist, unterscheiden. Ueber das Verhältnis der göttlichen Personen zu einander soll jeder katholische Christ das Glaubensbekenntnis; des heil. Athanasius sich einprägen: Der katholische Glaube besteht darin, daß man einen alleinigen Gott in der Dreifaltigkeit und die Dreifaltigkeit in der Einigkeit bekenne und anbete, ohne die Personen unter einander zu vermischen noch die Wesenheit zu trennen. Denn eine andere Person ist die des Vaters, eine andere die des Sohnes: eine andere die des heiligen Geistes. Doch ist die Gottheit des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes an sich nur Eine, auch ihre Glorie durchaus dieselbe, und ihre Majestät von gleicher Ewigkeit. Was und wie hierin der Vater ist, ist auch der Sohn und der heilige Geist. Der Vater ist von niemanden weder gemacht, noch erschaffen oder erzeugt. Der Sohn ist vom Vater allein, nicht gemacht, noch geschaffen, sondern gezeugt. Der heilige Geist ist zwar von dem Vater und Sohne, aber nicht von ihnen gemacht oder erschaffen, noch gezeugt, sondern geht von ihnen beiden aus. Es ist demnach Ein Vater, nicht drei Väter; Ein Sohn, nicht drei Söhne; Ein heiliger Geist, nicht drei heilige Geiste.
16. Noch eine kleine Weile, so werdet ihr mich nicht mehr sehen; und wieder eine kleine Weile, so werdet ihr mich wieder sehen; denn ich gehe zum Vater. (16) (16) Bald werdet ihr mich mit sinnlichen Augen nicht mehr sehen, denn nach meinem Tode und meiner Auferstehung fahre ich zu meinem Vater auf; aber eine kurze Weile darauf werdet ihr mich mit den Augen des Geistes wiedersehen; denn beim Vater angekommen und verherrlicht, werde ich den Geist euch senden, an dessen Wirkung ihr mich, zwar äußerlich unsichtbar, aber doch gegenwärtig erblicken werdet. Vgl. ob. 14,19. ff.
17. Da sprachen einige von seinen Jüngern unter einander: Was ist das, daß er zu uns sagt: Noch eine kleine Weile, so werdet ihr mich nicht mehr sehen; und wieder eine kleine Weile, so werdet ihr mich wieder sehen, und: Denn ich gehe zum Vater?
18. Sie sprachen also: Was ist das, daß er spricht: Noch eine kleine Weile? Wir wissen nicht, was er redet.
19. Jesus aber wußte, daß sie ihn fragen wollten, und sprach zu ihnen: Ihr fraget unter euch darüber, daß ich gesagt habe: Noch eine kleine Weile, so werdet ihr mich nicht mehr sehen; und wieder eine kleine Weile, so werdet ihr mich wieder sehen.
20. Wahrlich, wahrlich, sag’ ich euch, ihr werdet weinen und wehklagen;(17) aber die Welt wird sich freuen. Ihr werdet traurig seyn; aber eure Traurigkeit wird in Freude verwandelt werden! (18) (17) nach meinem Hingange
(18) nach der Geistessendung)
21. Das Weib, wenn es gebärt, ist traurig, weil ihre Stunde gekommen ist; wenn sie aber das Kind geboren hat, so denkt sie nicht mehr an die Angst, wegen der Freude, daß ein Mensch zur Welt geboren worden ist.
22. Auch ihr habt jetzt zwar Trauer, aber ich werde euch wieder sehen, und euer Herz wird sich freuen; und eure Freude wird niemand von euch nehmen. (19) (19) Der Heiland scheint das Gleichniß vom Weibe gewählt zu haben, weil die Apostel, die an die Stelle Jesu getretenen neuen Väter einer neuen Menschheit, nach dem Hingange Jesu zur Zeit der Sendung desdes Geistes gleichsam in den Wehen der Neugeburt waren, bis sie das neue Geschlecht mittels des erhaltenen Geistes zur welt gebaren, in den Wirkungen dieser Neugeburt Jesum erblickten, und dadurch jener unvergänglichen Freude theilhaftig wurden. Der heil. Gregorius wendet passend diese Geburtswehen und Freuden auf jeden Prediger des Evangeliums an.
23. An jenem Tage werdet ihr mich um nichts mehr fragen. Wahrlich, wahrlich, sag’ ich euch, wenn ihr den Vater in meinem Namen um etwas bitten werdet, so wird er euch geben! (20) Matth. 7, 7. 21, 22. Marc. 11, 24. Luc. 11, 9. Ob. 14, 13. Jac. 1, 5.
(20) Jn jener Zeit der Freude, der Neugeburt durch den Geist, habt ihr nicht mehr nöthig, mich um etwas zu fragen, denn der Geist wird euch alle Wahrheit lehren; und wenn ihr etwas erlangen wollet, ist nicht nöthig, daß ich statt euer bitte, sondern, wenn ihr nur in meinem Namen bittet, so wird der Vater es euch geben. Im Namen Jesu bitten heißt: in dem bitten, was Jesus ist, also unter Erwähnuug seiner Verdienste, in seiner Gesinnung und seinem Geiste bitten. Die Kirche richtet deß halb ihre Gebete an Gott den Vater, schließt aber mit dem worten: durch Jesum Christum, unsern Herrn.
24. Bisher habt ihr um nichts in meinem Namen gebeten. (21) Bittet, so werdet ihr empfangen, auf daß eure Freude vollkommen werde. (21) sondern ihr batet mich und ich bat den Vater für euch. Nun, da ich euch verlasse, weise ich euch an den Vater; aber bittet ihn in meinem Namen!
25. Dieses habe ich in Gleichnissen zu euch geredet;(22) es kommt aber die Stunde, da ich nicht mehr in Gleichnissen zu euch rede, sondern offenbar vom Vater euch verkünden werde.(23) (22) Gleichniß steht hier nach dem Zusammenhange für geheimnisvolle und insofern dunkle Rede. Die Rede Jesu insoferne an und für sich geheimnisvoll und dunkel, als die großen Geheimnisse, die er mittheilte, in menschlicher sprache nicht vollkommen mittheilbar waren; für die Apostel war sie es um so mehr, als sie die Fülle des Geistes noch nicht empfangen hatten.
(23) Dies ist die Zeit, da Jesus; durch seinen Geist lehrt. Durch die innere Erleuchtung des heiligen Geistes, besonders aber durch das äußere Lehramt der allgemeinen Kirche wurde das Geheimnissvolle der LEhre Christi den Gläubigen deutlich.
26. An jenem Tage werdet ihr in meinem Namen bitten; und ich sage euch nicht, daß ich den Vater für euch bitten werde;
27. denn der Vater selbst liebt euch, weil ihr mich geliebt, und geglaubt habet, daß ich von Gott ausgegangen bin.
28. Ich bin vom Vater ausgegangen, und in die Welt gekommen; ich verlasse die Welt wieder, und gehe zum Vater.
29. Da sprachen seine Jünger zu ihm: Siehe, nun redest du offenbar, und sprichst kein Gleichniß mehr.
30. Jetzt wissen wir, daß du alles weißt, und nicht nöthig hast, daß dich jemand frage; darum glauben wir, daß du von Gott ausgegangen bist. (24) (24) Jetzt sagst du mit deutlichen Worten, daß du die welt verläßt, und zum Vater gehst; und weil du wußtest, daß wir dich nicht verstanden (V.19.), gabst du uns bestimmte Aufktärunug, ohne daß wir dich fragten. Daraus sehen wir,daß Ddu allwissend bist, und finden uns in unserm Glauben an dich neu gestärkt. Nach so vielen und so großen Dingen, bemerkt der heiligen Chrysostomus sagen sie endlich: Jetzt wissen wir es! Siehst du, wie unvollkommen sie waren!
31. Jesus antwortete ihnen : Glaubet ihr jetzt?
32. Siehe, es kommt die Stunde, und sie ist schon gekommen, daß ihr euch, ein jeder in das Seinige , (25) zerstreuen, und mich allein lassen werdet; aber ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir. Matth. 26, 31. Marc. 14,27.
(25) in seine Wohnung
33. Dieses habe ich zu euch geredet, auf daß ihr Frieden in mit habet.(26) In der Welt werdet ihr Bedrängniß haben; aber vertrauet, ich habe die Welt überwunden! (27) (26)Vom Hasse, womit die Welt mich und euch verfolgt, von meinem Hingange zum Vater, und der Kraft des Gebetes in meinem Namen, habe ich zu euch geredet, damit ihr, wenn alles eintrifft, Trost und Beruhigung im Glauben an mich findet. ——.
(27) und ihr überwindet sie im Glauben an mich auch (S. Joan. 5, 4.).
Capitel 17



Kommentare und Verweise
1. Dieses sprach Jesus; dann erhob er seine Augen zum Himmel, und sprach: Vater! die Stunde ist gekommen, verherrliche deinen Sohn, damit dein Sohn dich verherrliche;(1) (1) Vater! die Stunde meiner Leiden und meines Todes ist gekommen; bringe zu Ehren deinen Sohn durch seine Auferstehung, Himmelfahrt und die Sendung des Geistes, damit die Ehre des Sohnes die Verherrlichung des Vaters werde, wenn, vermöge des verherrlichten Sohnes, alle dich erkennen, verehren und lieben.
2. so wie du ihm die Macht über alles Fleisch gegeben hast, damit er allen, die du ihm gegeben hast, das ewige Leben gebe.(2) Matth. 28, 18.
(2) Gib diese Verherrlichung, weil du mich zum Erlöser aller Menschen bestimmt hast, damit alle das ewige Leben durch mich erhalten. Gib diese Verherrlichung als das Mittel zum Zwecke.
3. Das ist aber das ewige Leben, daß sie dich, den allein wahren Gott, erkennen, und den du gesandt hast, Jesum Christum.(3) (3) Das ewige Leben erwerben sie sich durch die Erkenntniß des Vaters, des allein wahren Gottes, und seines Gesandten, Jesu Christi, des Sohnes. D. i. Wenn sie Gott, den Vater, erkennen (verehren und lieben), nebst seinem Sohne, dem Gesandten, dem Heilande, dem Messias, also den Vater so erkennen (verehren und lieben), wie es der Sohn vorschreibt, so erlangen sie die ewige Glückseligkeit. Bemerke, daß hier die Erkenntniß des Sohnes auf dieselbe Weise gefordert wird, wie die Erkenntiß des Vaters; der Sohn muß also von göttlicher Natur und Wesenheit seyn. Der heilige Geist wird hier nicht ausdrücklich genannt, weil er der Geist des Vaters und Sohnes und unter beiden mitverstanden ist (Aug.).
4. Ich habe dich verherrlichet auf Erden;(4) ich habe das Werk vollbracht, das du mir zu verrichten gegeben.(5), (4) durch die Verkündung deines Willens und die Uebernahme der Erlösung.
(5) Das Werk war dem Willen nach vollbracht; denn er war eben bereit, zum Kreuztode zu gehen.
5. Und nun, Vater! verherrliche mich bei dir selbst mit jener Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war. (6) (6) Laß mich mit meiner Menschheit die Herrlichkeit genießen, die ich als dein Sohn von Ewigkeit her bei dir hatte. Der göttliche Sohn hatte sich durch die Menschwerdung seiner Glorie einigermaßen entäußert, nach der Auferstehung hörte diese Entäußerung auf; mit dem ewigen Worte wurde dann zugleich die heilige Menschheit Jesu verherrlicht.
6. Ich habe deinen Namen (7) den Menschen geoffenbaret, die du mir von der Welt gegeben hast. (8) Sie waren dein, und du hast sie mir gegeben; und dein Wort haben sie gehalten. (9) (7) deine Wesenheit, das, was du bist, dich, den Heiligen, Gerechten x.
(8) die durch deine Gnade zu meinen Jüngern berufen hast, und die treu mirt der Gnade mitgewirkt haben. Der Herr versteht seine Apostel und Jünger. —
(9) S. ob. 6, 37. ’
7. Nun wissen sie, daß alles, was du mir gegeben , von dir ist. Ob. 5,19.
8. Denn die Worte, die du mir gegeben hast, hab’ ich ihnen gegeben; und sie haben dieselben ausgenommen, und wahrhaftig erkannt, daß ich von dir ausgegangen bin, und geglaubt, daß du mich gesandt hast. Ob. 12,49.
9. Ich bitte für sie. (10) Nicht für die Welt bitte ich, sondern für die, welche du mir gegeben hast; denn sie sind dein. (11) (10) daß du sie in deiner und meiner Liebe bewahrest (V. 3.).
(11) Christus hat für alle Menschen gebetet, am Kreuze selbst für seine Kreuziger; für alle hat er seinen Tod als das stärkste Gebet seinem himmlischen Vater aufgeopfert. Die Welt ist also nicht überhaupt von seinem Gebete ausgeschlossen, wohl aber von diesem einzigen Gebete, welches er für seine Jünger zum Vater sendet, um diesen zu zeigen, mit welch besonderer Liebe er ihnen zugethan ist.
10. Und alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, ist mein; (12) und ich bin verherrlicht in ihnen. (13) (12) Oben 16,15.
(13) weil sie mich erkennen, verehren und lieben.
11. Ich bin nicht mehr in der Welt, aber diese sind in der Welt, und ich komme zu dir. Heiliger Vater! erhalte sie in deinem Namen, (14) die du mir gegeben hast, damit sie Eins seyen, wie wir es sind. (15) (14) in deiner Kraft, Gnade, Wesenheit. Heiliger! Schütze sie vor den unheiligen Einflüssen der Welt.
(15) daß sie dem Streben, Wollen und der Liebe nach Eins sind, in ähnlicher Weise, wie wir es der göttlichen Natur nach sind.
12. Als ich bei ihnen war, (16) bewahrte ich sie in deinem Namen. Die du mir gegeben hast, habe ich bewahrt; und keiner von ihnen ist verloren, außer der Sohn des Verderbens, damit die Schrift erfüllt würde. Ob. 1,18. Ps. 108,8.
(16) Das Griech. setzt bei: in der Welt
13. Nun aber konnne ich zu dir, und rede dieses in der Welt, damit sie meine Freude vollkommten in sich haben. (17) (17) durch die Hoffnung, unter deinem Schutze auf Erden zu seyn, und einst deiner Herrlichkeit im Himmel theilhaftig zu werden.
14. Ich habe ihnen dein Wort gegeben, und die Welt hasset sie, weil sie nicht von der Welt sind, so wie auch ich nicht von der Welt bin. Ob.15,18.19.
15. Ich bitte nicht, daß du sie von der Welt wegnehmest, sondern daß du sie vor dem Bösen bewahrest.
16. Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin.
17. Heilige sie in der Wahrheit. (18) Dein Wort ist die Wahrheit. (18) Im Griech; in deiner Wahrheit. Sondere sie dir aus als deine Diener zur Verkündigung deiner Lehre (Chrys, Maldonat»). Andere verstehen unter Heiligung nicht die Bestimmung zum priesterlichen Dienste, sondern die Heiligung des Lebens durch die heilige Lehre; aber der gegebene Sinn liegt im Zusammenhange (V. 18. 19.). Er schließt jedoch den anderen nicht aus, indem die Bestimmung zum priesterlichen Dienste mit Heiligung des Lebens durch die Lehre verbunden gedacht werden muss.
18. Wie du mich in die Welt gesandt hast, so sende ich auch sie in die Welt.
19. Und ich heilige mich selbst für sie, damit auch sie in der Wahrheit geheiligt seyen. (19) (19) Ich selbst bestimme mich für sie zum Opfer, damit auch sie zum Opfer werden, als Lehrer und Priester im dienste der Wahrheit, in der Verkündigung meiner Lehre.
20. Aber ich bitte nicht für sie allein, sondern auch für diejenigen, welche durch ihr Wort an mich glauben werden,
21. damit alle Eins seyen,(20) wie du, Vater! in mir bist, und ich in dir bin,(21) damit auch sie in uns Eins seyen; (22) damit die Welt glaube, daß du mich gesandt hast. (20) in einem Glauben und einer Liebe. (V.3.)
(21) S. V. 11.
(22) duch den Glauben und die Liebe, die mit Gott verbinden.
22. Und ich habe die Herrlichkeit, (23) welche du mir gegeben hast, auch ihnen gegeben; damit sie Eins seyen, wie auch wir Eins sind. (23) Die Lehre und die Kraft wunder zu wirken (Chrys.). Andere verstehen die Kindschaft Gottes.
23. Ich in ihnen und du in mir; Ich damit sie vollkommen Eins seyen, und die Welt erkenne, daß du mich gesandt hast, und sie liebst, wie du auch mich liebst.
24. Vater! ich will, daß, wo ich bin, auch die bei mir seyen, die du mir gegeben hast,(25) damit sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast; denn du hast mich geliebt, ehe die Welt gegründet ward. (24) S. o. 15,1.
(25) nämlich im Himmel
25. Gerechter Vater! die Welt hat dich nicht erkannt; ich aber habe dich erkannt, und diese haben erkannt, daß du mich gesandt hast.
26. 26. Und ich habe ihnen deinen Namen (26) bekannt gemacht, und ich werde ihn bekannt machen, (27) damit die Liebe, womit du mich geliebet, in ihnen sey, und ich in ihnen. (26) S. o. Note 7.
(27) nach meiner auferstehung und Himmelfahrt durch den heiligen Geist, den Geist der Liebe. S. Röm.5,5.
27.

Capitel 18
klick aufs Bild für lesbare Auflösung



Jesus im Garten; wird gefangen und zu Annas geführt. Petrus folgt ihm. Jesus vor Kaipphas. Petrus verleugnet ihn
Jesus vor Pilatus. Barabbas wird ihm vorgezogen.


Kommentare und Verweise
1. Als Jesus dieß gesagt hatte, begab er sich mit seinen Jüngern über den Bach Cedron, (1) wo ein Garten war, in welchen er mit seinen Jüngern ging. 2. Kön. 15,23. Matth. 26, 36. Marc. 14, 32. Luc. 22, 39.
(1) Der Bach Cedron fließt östlich von Jerusalem, zwischen dieser Stadt und dem Ölberge
2. Es wußte aber auch Judas, der ihn verieth, den Ort: denn Jesus war oft mit seinen Jüngern dahin gekommen.
3. Da nun Judas die Wache, (2) und von den Hohenpriestern und Pharisäern die Diener zu sich genommen hatte, kam er dahin mit Laternen, Fackeln und Waffen. (2) einen Theil der römischen Besatzung, die in der Burg Antomia lag. Matth. 26, 47. Marc. 14, 48. Luc. 22, 47.
4. Jesus aber, der alles wußte, was über ihn kommen sollte, trat hervor, und sprachzu ihnen: Wen suchet ihr?
5. Sie antworteten ihm: Jesum von Nazareth. Jesus sprach zu ihnen: Ich bin es! Es stand aber auch Judas, der ihn verrieth bei ihnen.
6. Als er nun zu ihnen sprach: Ich bin es! da wichen sie zurück, und fielen zu Boden. (3) (3) Sieh du den warnenden Blick des barmherzigen Herrn, den drohend geschwungenen Finger des Richters! Aber wie Judas bei den Worten des Herrn verstockt blieb, so verharrte die zu Boden gestürzte Schar in ihrer Gesinnung.
7. Da fragte er sie wiederum: Wen suchet ihr? Sie aber sprachen: Jesum von Nazareth.
8. Jesus antwortete: Ich habe es euch gesagt, daß ich es bin; wenn ihr also mich suchet, so lasset diese gehen. (4) (4) Jesus befiehlt, und es geschieht.
9. Damit das Wort erfüllet würde, welches er gesprochen hatte: Die du mir gegeben hast, keinen von ihnen habe ich verloren.(5) (5) Wären die Jünger mitgefangen worden, so würden vielleicht alle bei ihrem noch sehr schwachen Glauben Jesum verleugnet haben.
Ob. 17, 12.
10. Simon Petrus aber zog das Schwert, das er hatte, schlug den Knecht des Hohenpriesters, und hieb ihm sein rechtes Ohr ab. Der Name des Knechtes aber war Malchus.
11. Da sprach Jesus zu Petrus: Stecke dein Schwert in die Scheide! Soll ich den Kelch, den mir der Vater gegeben hat, nicht trinken? Matth. 20, 22. 26, 42.
12. Die Wache aber, der Oberhauptmann und die Diener der Juden ergriffen Jesum und banden ihn.
13. Und sie führten ihn zuerst zu Annas; denn er war der Schwiegervater des Kaiphas, welcher in diesem Jahre Hoherpriester war.(6) (6) Einige glauben, Annas und Kaiphas haben in einem und demselben Hause gewohnt. So konnte man Annas, der vor Kaiphas Hoherpriester war, anstandshalber wohl nicht übergeben. Nach dem heiligen Augustin war das Haus des Annas an dem Wege, worauf sie Jesum führten, gelegen.
Luc. 3,2. Matth. 26, 3.
14. Es war aber Kaiphas derjenige, welcher den Juden den Rath gegeben hatte: Es ist gut, wenn Ein Mensch für das Volk stirbt. Ob. 11, 49.
15. Simon Petrus aber und ein anderer Jünger (7) folgten Jesu nach. Jener Jünger war dem Hohenpriester bekannt, und ging mit Jesu in den Vorhof des Hohenpriesters. (7) Dies war wahrscheinlich Joannes, der sich gerne so bezeichnet. S.oben 13,23. Unten 20, 2.3.
16. Petrus aber stand draußen vor der Thüre. Da ging der andere Jünger welcher dem Hohenpriester bekannt war, hinaus redete mit der Thürhüterin, und führte Petrus hinein. (8) (8) in den Vorplatz vor dem Verhörsaale.
17. Da sprach die Magd, die Thürhüterin zu Petrus: Bist du auch etwa aus den Jüngern dieses Menschen? Er sprach: Ich bin es nicht. (9) (9) Die erste Verleugnung des Petrus also während des Verhöres bei Annas vor. Die übrigen Evangelisten stellen die drei Verleugnungen als gleichartige Begebenheit zusammen in die Zeit des Verhöres bei Kaiphas, welches sie allein anführen, weil es das entscheidende war. Vgl. Matth.26, 69. ff. und die Noten.
18. Es standen aber die Knechte und die Diener am Kohlenfeuer, und wärmten sich denn es war kalt; (10) auch Petrus stellte sich zu ihnen, und wärmte sich. (10) Im Griech.: Diener, die ein Kohlenfeuer gemacht hatten, weil es kalt war, und wärmten sich. Die Frühlingsnächte sind in Palästina kalt.
19. Der Hohepriester aber fragte Jesum über seine Jünger und über seine Lehre.
20. Jesus antwortete ihm: ich habe öffentlich vor der Welt geredet; ich habe immer in der Synagoge und im Tempel gelehrt, wo alle Juden zusammenkommen; und ich habe nichts im Verborgenen geredet.
21. Was frägst du mich? Frage diejenigen, welche gehört haben, was ich zu ihnen geredet habe; siehe, diese wissen, was ich gesagt habe. (11) (11) Jesus wollte andere statt seiner Zeugen lassen.
22. Als er aber dieses gesagt hatte, gab einer von den Dienern, der dabei stand, Jesu einen Backenstreich, und sprach: Antwortest du so dem Hohenpriester?
23. Jesus antwortete ihm: Habe ich ungerecht geredet, so beweise, daß es Unrecht sey; habe ich aber recht geredet, warum schlägst du mich?
24. Und Annas schickte ihn gebunden zum Hohenpriester Kaiphas. Matth. 26, 57. Marc. 14, 53. Luc. 22,54.
25. Simon Petrus aber stand da, und wärmte sich. Da sprachen sie zu ihm: Bist etwa auch du einer von seinen Jüngern? Er leuguete es, und sprach: Ich bin es nicht.
26. Einer von den Knechten des Hohenpriesters, ein Verwandter dessen, dem Petrus das Ohr abgehauten hatte, sprach zu ihm: Hab ich dich nicht im Garten bei ihm gesehen?
27. Da leugnete Petrus wieder; (12) sogleich krähte der Hahn. (12) zum drittenmale.
28. Sie führten Jesum von Kaiphas in das Gerichtshaus. (13) Es war früh Morgens. Sie gingen aber nicht in das Gerichtshaus hinein , damit sie nicht verunreiniget würden, sondern die Ostermahlzelt essen könnten. (14) (13) in die Wohnung des römischen Landpflegers Pilatus.
(14) Das Osterlamm hatten sie schon am Vorabende des Festes, Donnerstags Abends, gegessen (sieh Matth.26. Note 31. C. 28. Note 1. Marc. 11. Note 10.). Am Festtage selbst, 15. Nisan, und die übrigen Ostertage hindurch, wurden noch andere Opfer geschlachtet, die man ebenfalls Osteropfer (Pascha) hieß, und in gemeinschaftlichen Mahlzeiten verzehrte (vergl. 5.Mos. 16, 2.). Um dabei rein zu sein, durften sie nicht in das Haus des heidnischen, und insoferne unreinen Landpflegers gehen.
29. Pilatus ging also zu ihnen hinaus, und sprach: Welche Anklage habt ihr wider diesen Menschen?
30. Sie antworteten, und sprachen zu ihm: Wenn dieser kein Missethäter wäre, so würden wir ihn dir nicht überliefert haben.
31. Da sprach Pilatus zu ihnen: Nehmet ihr ihn hin, und richtet ihn nach euerm Gesetze! Die Juden aber sagten zu ihm: Uns ist nicht erlaubt, jemanden zu tödten. (15) (15) Todesurtheile durften im ganzen römischen Reiche nur der Kaiser, und in seinem Namen die Statthalter der Provinzen aussprechen und vollziehen.
32. Damit das Wort Jesu erfüllet würde, das er gesagt, um anzudeuten, welches Todes er sterben werde. (16) (16) denn er hatte vorhergesagt, daß er den Heiden ausgeliefert, und durch sie gekreuzigt werde. S. Matth. 20,19. Marc. 10, 33. 34. Luc. 18, 32. 33.
Oben 12,32.33.
33. Da ging Pilatus wieder in das Gerichtshaus hinein, rief Jesum, und sprach zu ihm: Bist du der König der Juden?(17) Matth. 27, 11. Marc. 15, 2.
(17) Dieß hatten die Juden mit in die Anklage gebracht. S Luc. 23,2.
34. Jesus antwortete: Sagst du dieses von dir selbst, oder haben es dir andere von mir gesagt? (18) (18) Jesus trägt nicht, um etwas zu erfahren, sondern will damit sagen: Du sprichst dieses nicht von dir selbst, sondern weil andere dir es gesagt haben.
35. Pilatus antwortete: Bin ich denn ein Jude? (19) Dein Volk und die Hohenpriester haben dich mir überliefert; was hast du gethan? (19) um zu wissen, ob du gerechte Ansprüche auf die Königswürde machest
36. Jesus antwortete: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. (20) Wenn mein Reich von dieser Welt wäre, so würden wohl meine Diener streiten, daß ich den Juden nicht überliefert würde. Nun aber ist mein Reich nicht von hier, ein geistiges und insofern überirdiches. (20) Mein Reich ist nicht von der Art, wie die irdischen Königsreiche, sondern ein geistiges und insofern überirdisches.
37. Da sprach Pilatus zu ihm: Also bist du ein König? Jesus antwortete: Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren, und dazu in die Welt gekommen, daß ich der Wahrheit Zeugnis gebe. (21) Wer immer aus der Wahrheit ist, der höret meine Stimme (22) (21) daß ich die Wahrheit verkündige und durch mein heiliges Leben und wunderbares Wirken bekräftige.
(22) Aus der Wahrheit sein ist soviel als: aus Gott sein.
Sieh darüberer ob. 8, 47. und die Noten.
38. Pilatus sprach zu ihm: Was ist Wahrheit? (23) Und da er dieß gesagt hatte, ging er wieder zu den Juden, und sprach zu ihnen: Ich finde keine Schuld an ihm. (23) aus dieser Frage geht hervor, daß Pilatus die ganze Angelegenheit für geringfügig hielt und keiner weiteren Beachtung werth. Es ist als ob der weltliebende Römer sagte: Was Wahrheit! Was sinnlich angenehm, das ist wahr; alles andere ist Hirngespinnst und Grille; um dieser Willen aber einen Menschen zu tödten, thut nicht Noth.
39. Es ist aber bei euch Gewohnheit, daß ich euch am Osterfeste einen losgebe. wollt ihr nun, daß ich euch den König der Juden losgebe? Matth 27,15. Marc. 15,6. Luc. 23,17.
40. Da schrien sie wieder alle, und sprachen: Nicht diesen, sondern den Barabbas. Barabbas aber war ein Mörder.
Capitel 19
klick aufs Bild für lesbare Auflösung


Geislung und Krönung. Pilatus sucht Jesum zu retten, verurteilt ihn aber aus Menschenfurcht,
Ausführung und Kreuzigung. Joannes und Maria unter dem Kreuze. Durst Jesu; sein Tod.Seine Seite wird geöffnet. Joseph und Nicrodemus besorgen sein Begräbniß.


Kommentare und Verweise
1. Da ließ Pilatus Jesum nehmen und geißeln. Matth. 27, 27. Marc. 15, 16.
2. Und die Soldaten flochteu eine Krone von Dornen, und setzten sie auf sein Haupt, legten ihm einen Purpurmantel um,
3. und traten zu ihm, und sprachen: (1) Sey gegrüßt, du König der Juden! Und sie gaben ihm Backenstreiche. (1) Die Worte: und traten zu ihm, sind nicht im Griechischen.
4. Da ging Pilatus wieder hinaus, und sprach zu ihnen: Sehet, ich führe ihn heraus zu euch, damit ihr erkennet, daß ich keine Schuld an ihm finde.(2) (2) Sehet, ich hab ihn geißeln lassenn, und führe heraus, damit ihr erkennen sollet, daß ich ihn für genug gestraft halte und keine Todesschuld an ihm finde.
5. (Jesus also ging hinaus, und trug die dörnere Krone und den Purpurmantel.) Und er (3) sprach zu ihnen: Welch ein Mensch! (4) (3) Pilatus
(4) Sehet den Unglückliches, schon zu hart gestraften! Habt Mitleid!
6. Als ihn aber dir Hohenpriester und Diener sahen, schrieen sie, und sprachen: Kreuzige, kreuzige ihn! Pilatus sprach zu ihnen: Nehmet ihr ihn hin, und kreuziget ihn; denn ich finde keine Schuld an ihm.
7. Die Juden antwortetem ihm: Wir haben ein Gesetz, und nach dem Gesetze (5) muß er sterben; denn er hat sich selbst zum Sohne Gottes gemacht. (5) Im Griech.: nach unserm Gesetze. Vergl. 3.Mos.24,16.
8. Als nun Pilatus diese Rede gehört, fürchtete er sich noch mehr. (6) (6) Pilatus nahm anfangs die Sache leichtfertig (Ob. 18, 38.); aber schon der Anblick des gegeißelten Jeju brachte ihn zu ernsten Gedanken, und stimmte sein Herz zum Mitleiden um. Nun, da er von einem Sohne Gottes hörte, auch seine Frau ihn vor dessen Verurtheilung warnte, ward er noch mehr betroffen, und ehrfurchtsvolle Scheu befiel ihn. Nach dem heidnischon Aberglauben, von dem sich auch die gebildeten Römer und Griechen nicht ganz frei machen konnten, wandelten die Götter in Menschengestalt unter den Menschen, und hatten Söhne und Töchter, sogenannte Halbgötter (vergl. Apostg. 14, 11. 28, 6.). Wenn Jeus so ein Halbgott wäre, welche Strafe würde ich, mochte Pilatus gedacht haben, zu gewärtigen haben?
9. Und er ging wieder in das Gerichtshaus, und sprach zu Jesu: Woher bist du? Aber Jesus gab ihm keine Antwort.
10. Da sprach Pilatus zu ihm: Mit mir redest dn nicht? Weißt du nicht, daß ich Macht habe, dich zu kreuzigen, und Macht habe, dich loszugeben?
11. Jesus antwortete: Du hättest keine Macht über mich, wenn sie dir nicht von oben herab gegeben wäre; darum hat der, welcher mich dir überlieferte, eine größere Sünde. (7) (7) Deine Macht über mich kommt von Gott; denn es ist Gottes und mein Wil1e, daß ich den Kreuzestod sterbe. Dessenungeachtet aber bist du nicht schuldlos; denn du solltest meinen ungerechten Anklägern widerstehen. Indessen haben die noch eine größere Sünde auf sich als du. Die Juden sündigten aus Bosheit; Pilatus aus Schwäche.
12. Von nun an (8) suchte Pilatus ihn loszugeben. Die Juden aber schrieen, und sprachen: Wenn du diesen losläßt, so bist du des Kaisers Freund nicht; denn jeder, der sich zum Könige macht, widersetzt sich dem Kaiser. (8) Andere geben: deßwegen
13. Als aber Pilatus diese Worte gehört hatte, führte er Jesum hinaus, und setzte sich auf den Richterstuhl, an dem Orte, der Lithostrotos, auf hebräisch aber Gabbatha genannt wird. (9) (9) Das griechische Wort Lithostrotos bedeutet einen mit grfärbten kleinen Steinen ausgelegten Boden. Dieser Boden war wahrscheinlich um den Richterstuhl herum etwas erhöht, und hieß darum in der damaligen hebräischeu (eigentlich aramäischen) Landessprache: Gabbatha, d. i. Anhöhe, gewölbter Ort
14. Es war aber der Rüsttag des Osterfestes (10), so ungefähr die sechste Stunde, (11) und er sprach zu den Juden: Sehet, euer König! (12) (10) der Vorbereitungsort auf den Sabbath in der Osterwoche. S. Marc. 15, 42. Matth. 28, 1. und die Note.
(11) d. i. der Anfang der sechsten Stunde. Daß es ursprünglich »die dritte Stunde« geheißen habe, wie bei Marcus, läßt sich nicht hinlänglich beweisen, und es anzunehmen ist auch gar nicht nötig, da sich die sechste Stunde sehr wohl mit der dritten bei Marcus vereinigen läßt. S. Marc. 15. Note 5.
(12) Sehet, ein solcher nennt sich euern König, könnt ihr von so einem Verlassen fürchten, daß er der öffentlichen Ordnung gefährlich werde?
15. Sie aber schrieen: Hinweg! Hinweg! Kreuzige ihn! Pilatus sprach zu ihnen: Euern König soll ich kreuzigen? (13) Die Hohenpriester antworteten: Wir haben keinen König, als den Kaiser. (14) (13) Dieß scheint Pilatus mit einigem Spotte gegen die Juden gesagt zu haben.
(14) Vergl. Zachar. 11 Note 8.
16. Da übergab er ihnen denselben, daß er gekreuzigt würde. Sie übernahmen also Jesum, und führten ihn hinaus.
17. Und er trug sein Kreuz, und ging hinaus zu dem Orte, den man Schädelstätte nennt, auf hebräisch aber Golgatha. Matth. 27, 33. Marc. 15,22. Luc. 23, 38.
18. Da kreuzigten sie ihn, und mit ihm zwei andere zu beiden Seiten, Jesum aber in der Mitte.
19. Pilatus aber hatte ach eine Überschrift geschrieben, und auf das Kreuz gesetzt. Es war nämlich geschrieben: Jesus von Nazareth, der König der Juden.
20. Diese Ueberschrift nun lasen viele von den Juden; denn der Ort, wo Jesus gekreuzigt wurde, war nahe bei der Stadt. Und es war geschrieben auf hebräisch griechisch und lateinisch. (15) (15) damit alle es lesen könnten. Die hebräische Sprache war die Landessprache; die lateinische die des Volkes, welches über die Juden herrschte, und die griechische die der Juden, welche außerhalb Palästina wohnten, und des Festes wegen in Jerusalem waren. Die heiligen Väter glauben, daß damit angedeutet werden sollte, Christus sey für alle gestorben, und rufe alle Völker zu seinem Glauben. Unter den drei vorzüglichsten Völkern jener Zeit, den Juden, Römern und Griechen seyen nämlich alle übrigen mit verstanden gewesen.
21. Da sprachen die Hohenpriester de Juden zu Pilatus: Schreibr nicht: der König der Juden, sondern, daß er gesagt habe: Ich bin der König der Juden.
22. Pilatus antwortete: Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben.
23. Nachdem nun die Soldaten Jesum gekreuzigt hatten, nahmen sie seine Kleider (und machten vier Theile daraus, für jeden Soldaten einen Theil), und den Rock. Der Rock aber war ohne Nath, von oben an durchaus gewebt. Matth. 27, 35. Marc. 15, 24. Luc. 23, 34.
24. Da sprachen sie zu einander: Wir wollen diesen nicht zerschneiden, sondern das Loos darüber werfen, wessen er seyn soll. Damit die Schrift erfüllet würde, welche sagt: Sie theilten meine Kleider unter sich, und über mein Gewand warfen sie das Loos. (16) Und die Soldaten thaten dieses. (16) S. Ps. 21, 19. Einige heilige Väter finden in den vier Theilen auf geheime Weise angedeutet die vier Weltgegenden, die zur Theilnahme an der Gnade Christi berufen sind; in dem Rocke (Unterkleide) die Einheit den Glaubens und der Liebe, den Grund des christlichen Lebens.
25. Es stand aber bei dem Kreuze Jesu seine Mutter, und die Schwester (17) seiner Mutter, Maria, die Frau des Clrophas, (18) und Maria Magdalena. (19) (17) Verwandte.
(18) des Alphäus (Matth. 10, 3.), die Mutter des heiligen Apostels Jacobus, des Jüngern, und des Judas Thadäus.
(19) Nach den andern Evangelisten ( Matth. 27, 55. Marc. 15, 40. Luc. 23, 49.) standen die Frauen in der Ferne. Joannes beschreibt einen andern Moment, da die obengenannten Frauen zum Kreuze hingetreten waren. Maria und Joannes mußten sehr nahe gestanden seyn, um die Worte Jesu zu verstehen.
26. Da nun Jesus seine Mutter, und den Jünger, den er liebt, stehen sah, sprach er zu seiner Mutter : Weib, siehe, dein Sohn!
27. Hierauf sprach er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! (20) Und von derselben Stunde an nahm sie der Jünger zu sich. — (20) Was während (eines irdischen Lebens Jesus seiner Mutter und sie ihm war, soll Joannes ihr und sie ihm von nun an seyn. Jesus erfüllte die Pflicht eines dankbaren Sohnes, indem er für sie zeitlichen Angelegenheiten seiner Mutter sorgte. Er gibt ihr eine Hilfsquelle in der Person seines geliebten Jüngers Joannes, den er wie durch ein Testament Marien hinterläßt. Die heiligen Väter, und besonders der heilige Augustin bemerken, dass durch den heiligen Joannes hier alle Kinder der Kirche vorgebildet werden, und daß Jesus in der Person dieses Apostels allen Gläubigen Maria zur Mutter gegeben habe.
28. Darnach, da Jesus wußte, daß alles vollbracht sey, sprach er , damit die Schrift erfüllet würde: Mich dürstet. (21) (21) Sein Durst war vorhergesagt Ps. 68, 22.
29. Es stand aber ein Gefäß voll Essig da. Und sie füllten einen Sehwamm mit Essig, steckten ihn auf einen Bsopstengel, und brachten ihn an seinen Mund.
30. Da nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! Und er neigte sein Haupt, und gab den Geist auf.
31. Die Juden aber, damit die Körper am Sabbate nicht am Kreuze blieben, weil es der Rüsttag war (denn jener Sabbat war ein großen Fest), (22) baten den Pilatus, dass ihre Beine gebrochen, und sie abgenommen werden möchten. — (22) weil es der Ostersabbat war. S. Matth. 28, 1. und die Note
32. Da kamen die Soldaten, und zerbrachen die Beine des ersten und des andern, der mit ihm gekreuzigt worden war.(23) (23) Man hat dies, um ihres Todes sicher zu seyn.
33. Als sie aber zu Jesu kamen, und sahen, daß er schon gestorben sey, zerbrachen sie seine Beine nicht,
34. sondern einer von den Soldaten öffnete seine Seite mit einem Sperre, und sogleich kam Blut und Wasser heraus! (24) —— (24) Der Soldat stieß wahrscheinlich in die linke Seite, den Sitz des Herzens, so daß jede Lebenskraft, wenn eine noch vorhanden gewesen wäre, hätte verschwinden müssen. Jesus hatte durch die Geißlung, Krönung und Kreuzigung beinahe alles Blut seines Körpers verloren; der Herzstoß nahm ihm noch sein Herzblut und mit diesem floß Wasser aus der Wunde. In beiden, dem Wasser und dem Blute, erblicken mehrere heilige Väter die geheimnisvolle Andeutung der beiden heiligen Sakramente des Altars und der Taufe, als der vorzüglichen Gaben seines durch den Tod der Liebe gebrochenem Herzens
35. Und der dies gesehen hat, legt Zeugniß davon ab, und sein Zeugnis ist wahrhaftig. Und er weiß, daß er Wahres sagt, damit auch ihr glaubet.
36. Denn dies ist geschehen, damit Schrift erfüllet würde: Ihr sollet an ihm kein Bein zerbrechen. (25) (25) Die wurde buchstäblich von dem Osterlamme gesagt, welches das prophetische Vorbild Jesu Christi war. S. 2. Mos. 12, 46. 4. Mos. 9, 12.
37. Und wieder eine andere Schriftstelle spricht: Sie werden sehen, wen sie durchbohrt haben. (26) (26) Siehe die Erklärung dieser prophetischen Stelle im Zusammenhange bei Zachar. 12, 10.
38. Nach diesem aber bat Joseph von Arimathäa (der ein Jünger Jesu war, aber ein heimlicher aus Furcht vor den Juden) den Pilatus, daß er den Leichnam Jesu abnehmen dürfe. Und Pilatus erlaubte es. Er kam also, und nahm den Leichnam Jesu ab. Matth. 27, 57. Marc. 15, 43. Luc. 23, 50.
39. Es kam aber auch Nicodemus, welcher vormals bei der Nacht zu Jesu gekommen war, und brachte eine Mischung von Myrrhe und Aloe, gegen hundert Pfund. (27) (27) Von der Aloe, einem Baume, kommt des wohlriechende Holz, welches zum Räuchern und Einbalsamieren der Leichen gebraucht wurde. Es war um diese Zeit Sitte, daß man die Leichnahme mit Specereien verschwenderisch belegte. Bei dem Leichenbegräbnis des Königs Herodes wurden sie von 600 Knechten getragen, daher hier 100 Pfund wohl verwendet werden konnten.
40. Da nahmen sie den Leichnam Jesu, und wickelten ihn sammt den Specereien in leinene Tücher ein, wie es die Sitte der Juden beim Begraben ist.
41. Es war aber an dem Orte, wo er gekreuzigt war, ein Garten, und in dem Garten ein neues Grab, in welches noch niemand gelegt worden war. Matth. 27, 60.
42. Dorthin legten sie Jesum wegen des Rüsttages der Juden; denn das Grab war in der Nähe. (28) (28) der schon eintretende große Sabbatverbot die weitere Zubereitung, die Salbung mid vollkommene Bestattung; daher legte ihn Joseph einstweilen in sein ganz nahe bei bei Golgatha gelegenes Grab. Erst nach dem Sabbat sollte er gesalbt werden , und dies Geschäft wollten amersten Wochentag wirklich die Frauen vornehmen S. Marc. 16, 1.

Capitel 20

Maria Magdalena geht zum Grabe und bringt dem Petrus und Joannes die Nachricht, daß das Grab leer sey, worauf diese dahin gehen. Eßngel und Jeus erscheinen der Magdalena. Jesus erscheint den Aposteln, und ertheilt ihnen den heiligen Geist. Jesus erscheint wieder den Aposteln. Thomas sieht und glaubt.


Kommentare und Verweise
1. Am ersten Wochentage aber (1) kam Maria Magdalena früh, da es noch finster war, zum Grabe, und sah den Stein vom Grabe weggewälzt. (2) (1) Am ersten Tage nach dem Sabbate, unserm Sonntage. S. Matth. 28, 1.
(2) Der heilige Joannes übergeht mehrere Umstände der Auferstehungsgeschichte, welche die übrigen Evangelisten anführen so wie er manches Neue berichtet, was jene übergangen hatten. ·Im Zusammenhange kann man sich diese Geschichte so denken: Nach beendigtem Sabbate kauften Maria Magdalena, Maria, des Jacobus Mutter, und Salome (Marc. 16, 1.) Specereien, um am nächsten Morgen die Salbuug deS Leichnames Jesu nachzuholen (s. ob. 19. Note 28.). Sie begaben sich deßhalb am andern Tage, noch ehe es graute, so früh wahrscheinlich aus Furcht vor den Juden, zum Grabe. Auf dem Wege hatten sie die Besorgniß wegen Wegwälzung des Steinen (Marc. 16, 33.). Diese ward aber um diese Zeit durch den Engel bewerkstelligt (Matth. 28, 2.). Als sie nun zum Grabe kamen, und Maria Magdalena den Stein weggewälzt sah (Joan. 20, 1.), lief diese sogleich (Joan. 20, 2.) fort, um es dem Petrus und Joannes zu verkünden. Die zwei andern Frauen aber traten dem Grabe näher, und erblickten die beiden Engel (Luc. 14, 4.), von welchen einer (5. Marc. 16, 6.) ihnen die Auferstehung verkündete, und befahl, sie auch den Jünger zu berichten (Marc. 16, 7.). Nachdem sie, in der Eile sich fortbegebend, das Grab verlassen hatten, kam Maria mit Petrus und Joannes an,, welche dasselbe besahen, und sich dann ebenfalls entfernten (Joan. 20, 2—10.).). Maria war geblieben, um sich ihrem Schmerze zu uberlassen. Als sie aber in das Grab hineinblickte, ward auch sie der beiden Engel gewahr, Welche von den andern Frauen obwohl nicht von den Jüngern, gesehen wurden. Da sie hierauf umblickte, sah sie auch Jesum, den sie anfangs für den Gärtner hielt (Joan. 20, 15. Marc. 16, 9.). Dieser trug ihr auf, seinen Hingang zum Vater den Jüngern zu verkünden, und sie entfernte sich. Nach dieser Erscheinung war es ohne Zweifel daß Jesus auch den beiden andern Frauen, die noch auf dem Rückwege waren, erschien (Matth. 28, 9.), und ihnen Aufträge an die Jünger ertheilte. Auch sie säumten nicht, diesen alles zu verkünden (Luc. 24, 9.), sagten aber sonst niemanden etwas (Marc. 16,8.).
2. Da lief sie und kam zu simon Petrus, und zu dem anderen Jünger, den Jesus lieb hatte, und sprach zu ihnen: Sie haben den Herrn aus dem Grabe genommen, und wir wissen nicht wohin sie ihn gelegt haben.
3. Da gingen Petrus und der andere Jünger hinaus, und kamen zum Grabe.
4. Beide liefen aber zugleich, und der andere Jünger lief noch schneller als Petrus, und kam zuerst zum Grabe
5. Und er neigte sich hinein, und sah die Leintücher (3) da liegen, jedoch ging er nicht hinein. (4) (3) Im Griech.: die Binden; auch so V. 6. 7.
(4) wahrscheinlich, weil von dem heiliger Furcht ergriffen.
6. Da kam Simon Petrus, der ihm folgte, ging in das Grab hinein, und sah die Leintücher liegen,
7. auch das Tuch, welches um sein Haupt gewesen war, das aber nicht bei den Leintüchern lag, sondern abgesondert an einem Orte zusammengewickelt war.(5) (5) Die Ordnung, in welcher die Jünger die Tücher antrafen, sollte ihnen anzeigen, daß der Leichnam nicht geraubt worden
8. Dann ging auch jener Jünger, welcher zuerst zum Grabe gekommen war, hinein; und er sah, und glaubte; (6) (6) fing nun zu glauben an, daß Jesus auferstanden sey;.aber nicht Petrus. Die Ursache, warum nicht, gibt der folgende Vers.
9. denn sie verstanden noch nicht die Schrift, daß er von den Todten auferstehen müsse. (7) (7) Christus sprach öfter von seiner Auferstehung, aber die Neuheit der Sache machte, daß sie glaubten, er spreche nur im figurlichen Sinne, und meine etwa nur das Wiederaufleben seiner Sache, die durch seinen Tod beinahe von allen aufgegeben ward. Eben deßhalb verstanden sie auch die auf Jesu Auferstehung bezügliche Schriftftelle (Ps. 15, 10.) nicht.
10. Da gingen die Jünger wieder fort nach Hause.
11. Maria aber stand außerhalb des Grabes weinend. Da sie nun weinte, und gebückt in’s Grab hineinblickte,
12. sah sie zwei Engel in weißen Kleidern sitzen, da wo der Leichnam Jesu hingelegt war, einen am Haupte und den andern bei den Füßen.
13. Diese sprachen zu ihr: Weib! was weinest du? Sie sprach zu ihnen: Weil sie meinen Herrn weggenommen haben; und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben.
14. Als sie dieses gesagt hatte, wandte sie sich um, und sah Jesum stehen, wußte aber nicht, daß es Jesus sey.
15. Jesus sprach zu ihr: Weib! was weinest du? Wen suchest du? Da meinte sie, es wäre der Gärtner, und sprach zu ihm: Herr! wenn du ihn weggetragen hast, so sage mir, wo du ihn hingelegt hast, damit ich ihn holen kann.
16. Jesus sprach zu ihr: Maria! Da wandte sie stch,(8) und sprach zu ihm: Rabboni (das heißt Meister)! (8) Nachdem sie die obigen Worte gesprochen hatte, überließ sie sich wieder, in sich gekehrt, ihrem Schmerze; als sie aber in dem Rufe Maria die Stimme Jesu erkannte, wandte sie sich rasch wieder zu ihm, und x.
17. Jesus sprach zu ihr: Rühre mich nicht an, denn ich bin noch nicht hinaufgefahren zu meinem Vater; (9) geh aber hin zu meinen Brüdern,(10) und sage ihnen: Ich fahre hinauf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott. Ps. 21, 23. ff.
(9) Maria scheint in der Gluth ihrer Liebe des Umfassens und Küssens der Füße Jesu nicht satt geworden zu seyn. Darum spricht Jesus zu ihr: Laß es gut seyn mit dem Berühren, du kannst ja noch öfter mich leiblich gegenwärtig sehen; denn ich gehe so schnell noch nicht für immer zu meinem Vater heim. — Nach dieser Erklärung ist das Wort "anrühren", für "häufig anrühren" (prägnant) gefaßt, die vergangene Zeit des Textes "hinaufgefahren" dem hebräischen Sprachgebrauche gemäß durch die gegenwärtige ausgedrückt. Weniger nach dem Wortsinne erklären andere: Berühre mich nicht, weil du meiner Berührung noch nicht würdig bist; denn da dein Glaube noch unvollkommen ist, bin ich in deinem Herzen noch nicht zu meinem Vater aufgefahren. Gegen diese Erklärung ist Matth. 28, 9. Unten V. 27.
(10) S. Matth. 28. Note 10.
18. Da kam Maria Magdalena, und verkündigte den Jüngern: Ich habe den Herrn gesehen, und dieß hat er mir gesagt.
19. Als es nun an demselben Tage, am ersten nach dem Sabbate, Abend war, und die Thüren (des Ortes), wo die Jünger sich versammelt hatten, aus Furcht vor den Juden verschlossen waren, kam Jesus, stand in ihrer Mitte,(11) und sprach zu ihnen: Friede sey mit euch! Luc. 24,36.
(11) Jesuß ging mit seinem verherrlichten Leibe durch die verschlossenen Thüren, und stand plötzlich unter den Jüngern.
20. Und als er dieses gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und die Seite. (12) Da freuten sich die Jünger, daß sie den Herrn sahen (12) die Narben seiner Wunden. Warum? S. Luc. 24, 39.
21. Er sprach dann abermal zu ihnen: Friede sey mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende auch ich euch. (13) (13) Die Vollmacht, die mir der Vater zur Entsündigung und Heiligung der Menschen, zur Gründung und Regierung der Kirche gegeben hat, gebe ich auf ähnliche Weise auch euch. Der Vater sandte den Sohn, der Sohn seine Jünger, die Jünger ihre Nachfolger. Die wahre, in der Kraft Gottes zu vollziehende Entsündigung und Heiligung geht also nur von den wahren Gesandten aus.
22. Da er dieß gesagt hatte, hauchte er sie an, und sprach zu ihnen: Empfanget den heiligen Geist! (14) (14) Das Aus- und Anhauchen war eine sinnbildliche Handlung, wodurch das Ausgehen des heiligen Geistes von Christo und dessen Ertheilung an die Apostel bezeichnet wird. Der heilige Geist ward ihnen hier, wie das Folgende zeigt, als Gnade oder Kraft und Vollmacht mitgetheilt, die Sünden nachzulassen oder zu behalten, und Christus setzt damit das heilige Bußsakrament ein. Mehreres über die Mittheilung des heiligen Geistes s. Apostg. 2, 4.
23. Welchen ihr die Sünden nachlassen werdet, denen sind sie nachgelassen; und welchen ihr sie behalten werdet, denen sind sie behalten. Matth. 18, 18.
(15) Könnte über den Sinn aller dieser Worte irgend ein Zweifel obwalten, so hätte denselben die unfehlbare Kirche durch ihre Erklärung gehoben. Der Kirchenrath von Trient sagt (Sitzung 14. Can. 3.): Wenn jemand spricht, die Worte des Herrn: Nehmet hin ec. sehen nicht zu verstehen von der Gewalt, die Sünden im Sakramente der Buße zu vergeben oder zu behalten, wie solches die katholische Kirche von Anbeginn verstanden hat, und er sie wider die Einsetzung dieses Sakraments auf die Gewalt, das Evangelium zu predigen, mit Sinnesverdrehung bezieht, der sey ausgeschlossen. Bemerke auch: Wenn der Herr die Macht der Sünden-Nachlassung oder -Behaltung in die Hand seiner Gesandten legt, so müssen die Gläubigen verpflichtet seyn, nicht nur die Nachlassung der Sünden bei ihnen zu suchen, sondern auch ihren Gewissenszustand ihnen zu entdecken, damit die Gesandten urtheilen können, ob sie der Nachlassung würdig seyen oder nicht.
24. Thomas aber, einer von den Zwölfen, der Zwilling genannt,(16) war nicht bei ihnen, als Jesus kam. (16) S. oben 11, 16.
25. Darum sprachen die andern Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber sagte zu ihnen: Wenn ich nicht an seinen Händen das Mal der Nägel sehe, und meinen Finger in den Ort der Nägel, und meine Hand in seine Seite lege, so glaube ich nicht.
26. Und nach acht Tagen waren seine Jünger wieder darin,(17) und Thomas mit ihnen. Da kam Jesus bei verschlossenen Thüren, stand in ihrer Mitte, und sprach: Friede sey mit euch! (18) (17) in demselben Hause.
(18) Jesus erschien nur von Zeit zu Zeit seinen Jüngern (Apostg. 1, 3.). So gewöhnte er sie allmählig an den geistigen Umgang mit ihm und an die Entbehrung seiner leiblichen Gegenwart.
27. Dann sagte er zu Thomas: Lege deinen Finger herein, und sieh meine Hände, und reiche her deine Hand, und lege sie in meine Seite; und sey nicht ungläubig, sondern gläubig! (19) (19) Bemerke die Güte des Herrn, wie er auch um der Einen Seele willen seine Wunden zeigt, und eigens erscheint, um auch nur diese Eine zu retten (Chrys.).
28. Thomas antwortete, und sprach zu ihm : Mein Herr und mein Gott! (20) (20) Thomas legt das Bekenntniß von Christi Auferstehung und Gottheit ab.
29. Jesus sprach zu ihm: Weil du mich gesehen hast, Thomas!(21) hast du geglaubt; selig, die nicht sehen, und doch glauben!(22) (21) »Thomas« ist nicht im Griechischen. —
(22) Damit, sagt der heilige Gregorius, sind besonders wir bezeichnet, die wir den, welchen wir im Fleische nicht gesehen, im Geiste festhalten.
30. Jesus hat zwar noch viele andere Zeichen vor den Augen seiner Jünger gethan, welche nicht in diesem Buche geschrieben sind;
31. diese aber sind geschrieben, damit ihr glaubet, Jesus sey Christus, der Sohn Gottes;(23) und damit ihr durch den Glauben das Leben (24) habet in seinem Namen.(25) (23) S. Einleitung zu diesem Evangelium.
(24) das Leben der Gnade hier, und das ewige dort. —
(25) d. i. in dem, was er ist; nämlich in seinen Verdiensten als Erlöser.
Capitel 21

Jesus erscheint den Jüngern am See von Tiberias. Wunderbarer Fischfang. Jesus überträgt dem Petrus das oberste Hirtenamt, und weissagt ihm den Kreuzestod. Petrus frägt um das Schicksal des Joannes, und wird zurechtgewiesen. Schluß.


Kommentare und Verweise
1. Darnach offenbarte sich Jesus wieder den Jüngern (1) am Meere von Tiberias.(2) Er offenbarte sich aber auf folgende Weise: (1) Mit den Schlußworten des vorhergehenden Capitels hatte Joannes sein Evangelium schon geschlossen; das nun folgende setzte er als eine Nachschrift bei, vielleicht um die Sage zu widerlegen, welche sich über ihn verbreitet hatte, als sterbe er nicht. Da die Worte Jesu, welche diese Sage veran laßten, im thatsächlichen Zusammenhange mit der Weissagung vom Kreuzestode des Petrus stehen, mußte auch diese, so wie das erzählt werden, was mit ihr zusammenhängt, nämlich die Uebertragung des obersten Hirtenamtes und der Fischfang, also alles, was dieses Capitel enthält. Aber auch an und für sich, abgesehen von dieser Sage, konnten von dem Evangelisten die Begebenheiten dieses Capitels, wenn auch erst in späterer Zeit, als passender Schluß betrachtet werden; denn womit schließt sich die Erzählung von Jesu Wirksamkeit auf Erden besser als mit der Einsetzung seines Stellvertreters, dessen segensreichem Wirken (V. 11.) und glorreichen Tode? Auf ähnliche Weise hatte Matthäus mit der Kirche geschlossen.
(2) also in Galiläa. Dahin hatten sie sich aus den Befehl des Herrn begeben (Matth. 26, 32. Marc. 14, 28.), nachdem sie Ostern gefeiert und noch einige Tage darüber (ob. 20, 26.) in Jerusalem geblieben waren.
2. Es waren bei einander Simon Petrus, Thomas, der Zwilling genannt, Nathanael (3) von Cana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus,(4) und zwei andere von seinen Jüngern. (3)d. i. Bartholomäus. ——
(4) d. i. Jacobus, der Aeltere, und Joannes.
3. Da sprach Simon Petrus zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sprachen zu ihm: Auch wir wollen mit dir gehen. Sie gingen also hinaus, und stiegen in das Schiff;(5) aber diese Nacht fingen sie nichts. (5) Das Griech. setzt bei: sogleich
4. Als es aber Morgen geworden war, stand Jesus am Ufer; jedoch erkannten die Jünger nicht, daß es Jesus sey.
5. Jesus sprach nun zu ihnen: Kinder! habt ihr etwas zu essen? (6) Sie antworteten ihm: Nein. (6) Der heil. Chrysostomus glaubt, er habe so geredet, als wolle er etwas von ihnen kaufen.
6. Er aber sprach zu ihnen: Werfet das Netz zur Rechten des Schiffes aus, so werdet ihr etwas finden. Da warfen sie es aus, und konnten es nicht mehr ziehen wegen Menge der Fische.
7. Da sagte jener Jünger, den Jesus lieb hatte ,(7) zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte, daß es der Herr sey, gürtete er sich das Unterkleid um (denn er war nackt),(8) und warf sich in’s Meer. (7) Joannes
(8) d. i. fast nackt, hatte nämlich bloß das Unterhemd, Fischerhemd an. Ueber dieses zog er schnell das Unterkleid, den Rock an, und gürtete sich mit einem Gürtel.
8. Die andern Jünger aber kamen auf dem Schiffe (denn sie waren nicht weit vom Lande sondern etwa zweihundert Ellen); und sie zogen das Netz mit den Fischen.
9. Als sie nun an’s Land stiegen, sahen sie Kohlenfeuer angelegt, einen Fisch darauf, und Brod dadei.(9) (9) Aus diesem, ohne Zweifel wunderbar hervorgebrachten Mahle konnten die Jünger abnehmen, daß der wunderbare Fischfang Jesu Werk gewesen, und er ihrer nicht nöthig habe.
10. Jesus sprach zu ihnen: Bringet her von den Fischen, die ihr jetzt gefangen habet!
11. Simon Petrus stieg hinein, und zog das Netz, welches mit hundert dreiundfünfzig großen Fischen angefüllt war, an’s Land; und obwohl ihrer so viele waren, zerriß das Netz doch nicht.(10) (10) Als Petrus zum Apostelamte gerufen ward, sollte ihm ein gesegneter Fischfang (Luc. 5.) zum Sinnbilde seyn, daß er einst Menschenfischer werde (Luc. 5, 10.). Nun da er bestimmt wird, auf Erden an Jesu Stelle zutreten (V. 15.17.), segnet Jesus wieder seinen Zug, ohne Zweifel, um seine gesegnete Wirksamkeit zu bezeichnen, wodurch die Gläubigen nun bald in sein Netz, in die Kirche eingehen werden.
12. Jesus sprach zu ihnen: Kommet und haltet Mahl! (11) Aber keiner von denen, die sich lagerten,(12) wagte es, ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wußten, daß es der Herr ist. (11)Wie der Fischfang die Aufnahme der Gläubigen in die Kirche, so sinnbildet das Mahl die zeitliche und ewige Seligkeit der Kirche in Christo. S. Matth. 8, 11. —
(12) Im Griech.: Keiner von den Jüngern wagte x.
13. Da kam Jesus, nahm das Brod, und gab es ihnen, und ebenso auch den Fisch.
14. Dieses war nun das drittemal, daß sich Jesus seinen Jüngern offenbarte, nachdem er von den Todten auferstanden war. (13) (13) Das erste- (ob. 20, 19.) und zweitemal (ob. 20, 26.) geschah es zu Jerusalem; die übrigen Erscheinungen (Matth. 28, 9. 10. Luc. 24, 13. 1.Cor. 15, 5. Matth. 28, 16. 1.Cor. 15, 6. 7.) kommen hier nicht in Betracht, weil sie nur einigen zu Theil wurden, oder später eintrafen.
15. Als sie nun Mahl gehalten hatten, sprach Jesu zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Joannes! (14) liebst du mich mehr als diese? Er sprach zu ihm: Ja Herr! Du weißt daß ich dich liebe. Er sprach zu ihm: Weide meine Lämmer! (14) Nach anderer Lesart: S.o. 1,42.
16. Abermal sagte er zu ihm: Simon, Sohn des Joannes! liebst du mich? Er sprach zu ihm: Ja , Herr! du weißt, daß ich dich liebe. Er sagte zu ihm: Weide meine Lämmer! (15) (15) Im Griech.: meine Schafe.
17. Er sprach zum drittenmale zu ihm: Simon, Sohn des Joannes! liebst du mich? Da ward Petrus traurig, daß er zum drittenmale zu ihm sagte: Liebst du mich? und sagte zu ihm: Herr! du weißt alles, du weißt, daß ich dich liebe. Er sprach zu ihm: Weide meine Schafe! (16) (16) Christus ertheilt mit den Worten: "Weide meine Lämmer, weide meine Schafe", dem heiligen Petrus das Oberhirtenamt über alle seine Gläubigen ohne Ausnahme, selbst über die Apostel, wie er ihm dieses Amt schon vor seinen Leiden übertragen hatte, da er ihn zum Grundsteine seiner Kirche legte (Matth. 16, 19.)Gleichwie dort dieser Vorzug vor den übrigen Aposteln ihm in Folge seines erleuchteteren Glaubens ertheilt wurde, so erhält er ihn hier in Folge seiner größeren Liebe, welche mit,dem Glauben verbunden seyn muß, wenn er lebendig und ächt seyn soll. Die dreimalige Frage geschah wegen der dreimaligen Verleugnung, damit Petrus diese durch ein dreimaliges Bekenntniß wieder gut machte, und um ihm recht einzuschärfen, daß die stärkste, eifrigste und treueste Liebe zu Christo beim Hirtenamte erfordert werde. Daß Christus bei Einsetzung in dieses Hirtenamt alle übrigen Apostel in Petrus mitverstanden habe, dieser nur ihr Repräsentant gewesen, und ihm also kein Vorzug vor ihnen eingeräumt worden sey, kann nur bei völliger, selbstgewollter Verblendung angenommen werden; denn die ganz klaren Textesworte setzen Petrus über die ganze Heerde, zu der auch die Apostel gehörten, und die geforderte größere Liebe deutet offenbar auf die größere Würde, die ihm in Folge davon ertheilt werden sollte. Uebrigens wie das Hirtenamt der Apostel in den Bischöfen, als ihren Nachfolgern, fortlebt, so das Oberhirtenamt in dem Bischofe von Rom, als dem Nachfolger des heiligen Petrus. Mehreres über dieses Oberhirtenamt sieh bei Matth. 16, 19.
18. Wahrlich, wahrlich, sag’ ich dir da du jünger warest, gürtetest du dich selbst, und wandeltest, wohin du wolltest; wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich gürten, und dich führen, wohin du nicht willst! (17) 2.Petr. 1,14
(17) Um ungehinderter gehen zu können, pflegte man das Unterkleid, den Rock auszugürten. Hierauf anspielend sagt Jesus: In deiner Jugend gürtetest du dich nach Belieben, um hinzugehen, wohin du wolltest; in deinem Alter wird, damit du deine Hände ausstreckest (am Kreuze), ein anderer dich gürten (fesseln), und dich hinführen, wo deine natürliche Neigung nicht hingeht (zum Tode).
19. Dieses aber sagte er, um anzuzeigen, durch welchen Tod er Gott verherrlichen sollte. (18) Und als er dieß gesagt hatte, sprach er zu ihm: Folge mir nach! (19) (18) Petrus starb unter Kaiser Nero in Rom den Martyrtod. —
(19) Bei diesen Worten ging Jesus vorwärts, und Petrus folgte ihm. Zugleich mußte aber Jesus die Nachfolge des Petrus zum Kreuze verstanden haben, weil er sie Vers 22 dem natürlichen Tode des Joannes entgegensetzt.
20. Petrus aber wandte sich um,(20) und sah den Jünger, welchen Jesus lieb hatte, nachfolgen, denselben, welcher auch beim Abendmahle an seiner Brust gelegen, und gesagt hatte : Herr! wer ist’s, der dich verrathen wird? Ob. 13, 23.
(20) nachdem er dem Herrn einige Schritte nachgefolgt war.
21. Da nun Petrus diesen sah, sprach er zu Jesu: Herr! was soll aber dieser?(21) (21) Herr! wenn ich nun mit dir gehen, und einst im glorreichen Kreuzestode dir nachfolgen soll, was soll es denn mit dem Jünger werden, den du besonders lieb hast? Soll er nicht mit uns kommen, und was wird sein künftiges Schicksal seyn?
22. Jesus sprach zu ihm: Ich will, daß er so bleibe, bis ich komme. Was geht es dich an? Du, folge mir! (22) (22) Jesus verwies dem Petrus seine Neugierde. Ich will daß Joannes in seinem gegenwärtigen Zustande, frei von dem gewaltsamen Kreuzestode bleibe, bis er natürlichen Todes stirbt, und ich komme, ihn zu mir in den Himmel aufzunehmen. Was geht das dich an? Sey nur du willig, mir bis zum Kreuze zu folgen (Aug., Veda, Thom.), Nach diesen worten scheint Jesus Verschwunden zu seyn, Sein Voranschreiten war wohl nur eine sinnbildliche Handlung, um damit den Petrus zur Nachfolge aufzufordern. Im Griech.: Wenn ich will, daß er, blelbe, bis ich komme was x
23. Daher ging diese Rede unter die Brüder aus, daß jener Jünger nicht sterbe. Jesus aber sprach nicht zu ihm: Er wird nicht sterben; sondern: Ich will, daß er so bleibe, bis ich komme, was geht es dich an? (23) (23) Die Zeitgenossen des heiligen Joannes glaubten also, daß er nicht sterben werde. Nach der Ueberlieferung der heiligen Väter starb Joannes in einem sehr hohen Alter um das Ende des ersten Jahrhunderts zu Ephesus eines ruhigen und sanften Todes.
24. Dieser ist der Jünger, welcher hievon Zeugniß gibt, und dieses geschrieben hat; und wir wissen, daß sein Zeugniß wahr ist.
25. Es ist aber auch noch vieles andere, was Jesus gethan hat; wollte man dieses einzeln aufschreiben, so glaube ich, würde die Welt die Bücher nicht fassen, die zu schreiben wären. (24) (24) Wollte man alle Worte und Thaten Christi einzeln aufschreiben, so würde die Welt mit beinahe unzählbaren Büchern angefüllt werden Die gesteigerte Redeweise gleicht hier der obigen: Cap. 12, 19.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen